Re: bft 5 – katharsis

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Habe mir auch Katharsisens Blind Fold Test runtergeladen. Da möchte ich es dann doch nicht versäumen ein paar Worte dazu zu sagen. Wäre ja sonst auch Verschwendung. Die Beschränkung auf das stilistische Spektrum Hard Bop mit nur ein paar wenigen Ausreißern nach macht es mir nicht leicht, da man es dabei nicht mit grundsätzlich verschiedenen Konzepten zu tun hat, sondern der Unterschied im Detail liegt. Aber ich probier es mal. Auch wenn ich keine einziges Stück erraten kann.

# 01
Sympathisch ist mir auf Anhieb das leichte Vinyl-Knistern. Da ist etwas, das offenbar schon seit langer Zeit geschätzt wird. Auch der leichte Latin-Einschlag gefällt. Vermute mal, dass das aber keine Latinos sind (sonst hätten sie eine Conga oder Bongos!). Geht mir gut und geschmeidig ins Ohr. Bar Jazz im besten Sinne.

# 02
Es geht gelassen weiter, wieder Latin ohne Latinos? Sehr schön tänzerisch spielerisches Sax. Könnte ich mit gut im Sonnenuntergang an der Theke der Strandbar anhören. Vielleicht fange ich dann auch an, ein wenig zu tänzeln.

# 03
Sehr prominenter Bass. Ist das der Leader? Klingt schon um einiges raffinierter als die beiden Vorgänger. Der Drummer ist auch sehr sophisticated. Ebenso der Saxer. Hat so ein gewisses understatement, das mir gut gefällt.

# 04
„I’ve been working on the chain gang ….“ Klingt so richtig schön nach klassischem Hard Bop, mit unisono vorgetragenem Thema. Könnten fast die Adderley Bros. sein, sind sie aber nicht.

# 05
Fällt für mich in eine ähnliche Kategorie wie # 04. Kann mich aber nicht so mitreißen. Nächstes Stück bitte! PS: Die Rhythmusgruppe hält die ganze Zeit stur das Thema durch, während das Sax spazieren geht. Ach ja, das sind zwei Saxe. Okay, also doch ganz interessant, wobei ich vor allem den Kontrast zwischen Rhythmusgruppe und Bläsern reizvoll finde.

# 06
Uih, das rumpelt und knistert. Sehr schön. Eigenartig quietschiger Sax-Sound, der völlig außer Rand und Band gerät. Ist das ein Sopran? Die Trompete schmettert lustig dazwischen und der Drummer hat auch seinen Spaß. Hört sich fast an wie eine Parodie auf Jazz. Verrückt! Macht mir Spaß, muss lachen, das würde mich aber auf die Dauer in den Wahnsinn treiben.

# 07
Understatement ist bei diesem Sax nicht das richtige Wort. Kurz, schnell, laut!

# 08
Jetzt wird es lyrisch. Die Spannung lässt für mich etwas nach, wenn das Stück Fahrt aufnimmt. Dieses kleine Pianomotiv im Übergang gefällt mir dann aber schon wieder. Schade, dass das aber auch so schnell wieder vorbei ist.

# 09
Mmmh? Weiß nicht, bleibt bei mir irgendwie nicht haften.

#10
Bleibt auch nicht haften. Aber langsamer. ;-)

# 11
Auf jeden Fall haben wir hier schon mal ein komplexes und ungewöhnliches arrangement. Was macht das Vibraphon da denn eigenartiges? Harmonisch so ein bisschen gegen Strich, oder? Das Vibe ist für mich ja hier der Star, aber dann drängeln sich die Bläser vor. Das wiederkehrende Vibraphonmotiv macht für mich das Stück. Auch das Solo des Vibraphonisten ist es für mich. Ist der Vibraphonist der Leader? Sollte er jedenfalls sein!

#12
Zieht mich sofort in diese melancholische Stimmung rein. Nimmt sich alle Zeit der Welt, und das in nicht mal 3 Minuten. Toll!

#13
Ah, jetzt geht es aber gleich etwas zupackender weiter. Die Karawane setzt sich in Bewegung. Ich mag das ja, wenn die Rhytmusgruppe ein klares Motiv so konsequent durchhält. Die soli sind schön, aber der Groove ist der Star. Schönes, einfaches Thema auch. Hat fast etwas emblematisches, könnte die Titelmusik eines Filmes sein oder so.

#14
Ist mir grundsätzlich erst mal sympathisch mit seiner lyrischen Stimmung. Was ist das denn für ein Sax? Und so schön gehaucht. Oder ist das eine Klarinette? Hört man ja nicht so oft. Die Komposition finde ich jetzt nicht so stark, bleibt bei mir nicht recht hängen. Der Klang der Klarinette ist es!

#15
Das scheint mir ausnahmsweise mal neueren Datums zu sein. Der Trompeter ist ein Profi, hatte ich fast gesagt. Der hat da so kleine rasende Läufe. Virtuos, aber berührt mich nicht so richtig.

# 16
Hier gilt das gleiche wie bei # 12: Zieht mich sofort in eine andere Stimmung, in ein anderes Raum-Zeit-Kontinuum. Kenne weder das Stück noch die Sängerin. Finde die Stimme toll, relativ tief für eine Frau, oder? Eigenartige Wendung der Rhythmusgruppe ganz am Ende, aber toll. Könnte dann eigentlich noch ein bisschen weiter laufen. Soll aber wohl nicht sein. Schade eigentlich!

Auch von mir: Gute Nacht!

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)