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vorgartendann muss ich natürlich auch auf diesen klassiker des dokumentarfilms hinweisen:
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BIG BEN – BEN WEBSTER IN EUROPE
johan van der keuken, NL 1967
die experimentelle direct-cinema-tradition ging hervorragend mit jazz zusammen, s.a. klaus wildenhahns zwei filme über jimmy smith.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Highlights von Rolling-Stone.deDiese 24 Songs retten jedes Weihnachten
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Werbung@thelonicaGenau, beide sehenswert. Die Don Byas Doku fand ich nicht ganz so gelungen, aber natürlich interessant (Don Byas trifft Louis Armstrong u.a. beim Newport Festival). Das Spätwerk von Don Byas kenne ich nur teilweise, spannend finde ich die Aufnahmen von 1963 aus dem Montmartre Jazzhus in Copenhagen.
Die Don Byas-Doku ist diese hier? Habe ich leider noch nicht gesehen.
Die beiden Webster-Dokus habe ich ja inzwischen gesehen. Erzähle ich vllt später mehr dazu.
Mit den Aufnahmen von 1963 in Kopenhagen meinst Du sicher diese hier: Anthropology. Die habe ich vor einer Weile als LP gebraucht geschossen. Habe ich noch nicht oft gehört. Erster Eindruck: Hört sich schon recht anders an als seine früheren Aufnahmen. Vielleicht später auch mehr dazu.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Dieses Album wurde im „Ich höre gerade …“-Thread kurz erwähnt und zufällig hatte ich die Schallplatte vor kurzem günstig ergattert.
Ein Spätwerk, Mai 1969 in Holland mit einheimischen Begleitern aufgenommen. Ein Tribut an Duke Ellington, in dessen Band Ben Webster in den 40ern (und später immer wieder mal) gespielt hatte, und der im April 1969 siebzig Jahre alt geworden war. Mit Ausnahme des von Webster geschriebenen Titelstücks nur Ellington-Kompositionen. „Guv’nor“ war Ben Websters Spitzname für den Duke.
Meist sehr zurückhaltend, zart, oft wie nur getupft. So als hängt Webster alten Erinnerungen nach und spielt nur nebenbei vor und für sich hin. Nur bei wenigen Stücken nimmt das Fahrt auf. Sehr transparent aufgenommen. Die Begleiter mögen keine international bekannte Nummern sein, waren/sind aber in den Niederlanden wohl etablierte Größen und kommen gut zur Geltung. Der Bassist (Jacques Schols) dürfte sich gefreut haben, so klar und deutlich zu hören zu sein.
Sicher kein Muss, aber schön, die Platte zu haben und zu hören.
In den liner notes erfährt man den Namen von Ben Websters Amsterdamer Zimmerwirtin, Vrouw Hartlooper.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)redbeansandrice
Ben Webster – Ben Op Zijn Best
Geburtstag?! da leg ich doch direkt hiermit an, aufgenommen etwa ein Jahr später für das Label der Albert Heijn Supermärkte, mit einer ähnlichen Rhythmusgruppe (Rob Langereis statt Schols) und noch drei niederländischen Bläsern dazu, den Herren Ray Kaart (tp), Ruud Brink (ts) und Herman Schoonderwalt (as)… „Op Zijn Best“ also „von seiner besten Seite“ im Titel verspricht ein bisschen zuviel, aber es ist schon ein schönes Album, Webster steht trotz den anderen Bläsern im Vordergrund, und Brink aus der Pres-Getz-Schule als Kontrast zu Webster ist natürlich ein Plus (zumal ich Brink ohnehin sehr mag)Todestag!
Wenn er 1973 geboren worden wäre, wäre er wohl noch bei uns – aber dann wäre er wohl kein solch charaktervoller Tenorsaxofonist geworden.
Obskure Alben hat Webster in Europa gemacht. Guv’nor wurde nur in Europa veröffentlicht, Ben Op Zijn Best mit diesem Titel natürlich auch nur in den Niederlanden. In Frankreich kam das Album so auf den Markt:
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Ben Webster & Harrry „Sweets“ Edison – Ben & Sweets (1962)
Ich habe dieses Album in einer Re-Issue von 1981 mit dem oben gezeigten Cover. Ursprünglich hieß das Album wohl mal „Ben Webster & Harrry „Sweets“ Edison Wanted To Do One Together“, was auch gleichzeitig der erste Satz der liner notes war und das Album sah so aus.
Was zeigt das Cover meiner Ausgabe eigentlich? Straßenansicht von Kansas City von einem Highway aus?
Ein Treffen zweier Veteranen der Swing-Ära, ein Tenor- und ein Trompetengigant, einer ex-Ellington, einer ex-Basie. Da könnte man eine Jamsession mit ein paar spektakulären Soli befürchten. Hier bekommt man aber stattdessen ein sorgfältig konzipiertes Album. Sehr schön ge-sequenztes Programm: Better Go ist ein uptempo Swinger mit Ben und Sweets, How Long Has This … eine Ballade mit nur Webster als Bläser, Kitty mid-tempo mit beiden, My Romance wieder nur Webster, Did You Call Her Today ein gelassener groover mit beiden und abschließend Embraceble You nur mit Sweets. Die up- und mid-tempo Stücke schön stramm gestrickt mit unisono Riffs von Ben und Sweets, die wie ein kleiner Bläsersatz klingen. Die Balladen hingegen viel lockerer gestrickt, so das Webster und Sweets die Melodie frei umspielen können.
Ben und Sweets bilden ein schönes kontrastreiches Paar an Sax und Trompete mit ihrer jeweils charakteristischen Stimme. Sweets durchgehend an der gestopften Trompete, klar und kristallin aber nicht aufdringlich. Ich hatte ja schon versucht, das Spiel von Ben Webster zu beschreiben. Von herb und zupackend, manchmal sogar ruppig, bis sanft und blütenzart. Hier dachte ich an einen Schauspieler, dessen Mimik in all ihren Nuancen in Musik abgebildet wird – aber man sieht dabei immer das gleiche Gesicht. „Als seien Musik und Körper von der selben Haut umhüllt.“ (Roland Barthes). Hank Jones (p), George Duvivier (b) und Clarence Johnson (dr) bilden eine im besten Sinne wie geschmiert swingende Grundlage. Ein gut gefedertes Fahrwerk mit dem man flott durch die Kurven kommt.
Die Kombination von Websters Sax und Sweets’ Trompete ist toll. Sicher ein Höhepunkt in der Diskografie der beiden.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)gypsy-tail-wind
Tenors 1: Ben Webster umarmt John Coltrane (heute ist sein Geburtstag), der nie so alt werden sollte wie Webster es war, als Roy de Carava 1960 dieses Foto machte. Geoff Dyer hat darüber geschrieben:
https://www.nytimes.com/2017/05/09/magazine/the-intimacy-behind-jazzs-seminal-image.html
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Tenors 2: David Murray über „Coleman Hawkins Encounters Ben Webster“ – er erwähnt auch Paul Gonsalves und hat eine recht einleuchtende These, warum er die New Yorker-Szene so schnell so sehr dominiert hat:I would play straight through the record; and their dissimilarities would force me to change what I did. When Coleman Hawkins played, his rhythm was so dominant; whereas Ben Webster’s sound and vibrato stood out when he played. I wanted both! I never saw either of them live. But a friend of mine, Steve Potts, told me that one time he got a chance to play alongside Ben Webster, and he said you couldn’t stand too close to Ben ‘cause you might get hit with some spit! There was air in his sound. He was so dynamic because you could hear the note before he played it – you could hear his breath forming the note before it actually came out.
Coleman Hawkins was quite different: [sings line of notes in Hawkins-like style]. Whereas Ben was: [exhales and slurs in Webster-like style]. Coleman Hawkins was like fighting with an axe, Ben Webster was like fighting with a feather! I absorbed both. As years went by, and I became a man, I didn’t want to sound like either one of them. They were just milestones and bookmarks for my own individuality. Though I actually recorded ‘You’d Be So Nice To Come Home To’ years later because of that album ….
Before that record, I was really into Paul Gonsalves from the Ellington band; but this was a step higher. I can honestly say that it changed the way I saw things – I realised I wanted to be out in front of a band. As a teenager, I was playing with a lot of R&B bands, blues bands, backing up bad singers. I played in a 21-piece orchestra, and we’d go into country clubs. I learned a lot of old tunes through that. That stayed with me, even though I wasn’t particularly into big band. Maybe 10 years after, when I came to New York and was part of the loft jazz scene, there were a lot of guys around me that only knew how to play one thing – around that time they used to call it avant garde. They played like they hadn’t absorbed anything; whereas I had all this history in my back pocket. I had more references than many of them had; which is why maybe I ended up being quite dominant during that period.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Sehr schönes Foto von Ben Webster und John Coltrane!
Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole:
„Just when I thought I was out, they pull me back in.“ (Al Pacino als Michael Corleone in The Godfather)
Hier ist es Ben Webster, der mich wieder hineinzieht, obwohl ich gerade von ihm loskommen wollte. @vorgarten hatte sich vor einiger Zeit ein Duke Ellington-Album angeschafft, nur um eines Solos von Paul Gonsalves habhaft zu werden. Ich übertreffe das sogar, indem ich wegen eines Solos von Ben Webster ingesamt 4 (vier!) Alben angeschafft habe. Genau genommen ist das Solo aber eher Auslöser als Grund gewesen. Ich hatte die Aufnahme mit diesem Solo ja sogar schon auf Tonträger! Mir geht es hier um 8 Aufnahmen von Ben Webster, die in meinen Ohren den Höhepunkt dieser Mammut-Compilation bilden, bei der man aber neben dem Rauschen auch gleich ein bisschen der Musik mit weggefiltert hat. Ich habe mir nur diese eine und ein paar andere Aufnahmen in etwas besserer Tonqualität gewünscht.
Diese Compilation ist 1975 als LP erschienen und enthält 6 der 8 Aufnahmen von Ben Webster, 2 von Coleman Hawkins und 3 von Lester Young. Die Webster-Stücke waren ursprünglich in den 40ern auf 78er Schelllacks auf einem obskuren Label namens Haven veröffentlicht worden, die Bob Thiele produziert hat und die wohl aus seiner privaten Sammlung stammen. Dan Morgenstern hat die liner notes der LP verfasst. Vermutlich war das damals das erste mal, dass diese Aufnahmen überhaupt wieder erhältlich und hörbar wurden. Diese Compi gibt es inzwischen auch als CD, bei mir stehen inzwischen beide Formate im Regal. Musste sein.
Was mögen diese alten 78er erst für Schätze sein? Ich stelle mir das so vor, als würde man einen Splitter vom Kreuz Jesu oder eine Locke vom Barte des Propheten vor sich haben.
Die Tonqualität ist auf The Big Three geringfügig besser – offen gesagt nicht wirklich entscheidend, aber den Versuch war’s wert. Ging auch nur um ein paar Euro fuffzich. Wenn man will und etwas mehr Geld investieren kann, kriegt man alle 8 damals für Haven aufgenommenen Stücke auf der Chronological 1946-1951. Die Chronological 1944-1946 habe ich dann einfach mal mitbestellt. Ist auch eigentlich alles unverzichtbar. Alle guten Dinge sind hier also vier.
Fortsetzung folgt.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Fortsetzung von Teil 1:
Aber zur Musik: Man kann unter diesen 8 Aufnahmen das kleine Stück Blues Mister Brim hören, eine mir ansonsten unbekannte und eigentlich auch nicht besonders nennenswerte Kompositionen, von der es auch nur eine einzige Aufnahme gibt. Offizieller Komponist und Bandleader war wohl der damals sehr geschätzte Gitarrist Bill DeArango, der sich später aus dem Musikerleben zurückzog. Ich vermute aber, das ist im Studio mehr oder weniger improvisiert worden. Und vielleicht ist es gerade die Spontanität, die diese Aufnahme ausmacht. Jedenfalls gibt es hier ein Solo von Ben Webster (ca. 0:55 – 2:30), in dem sich für meine Ohren vieles verdichtet, was ihn ausmacht und was ich an ihm liebe.
Ich möchte nicht schon wieder aus zweiter Hand Roland Barthes („Was singt meinem Körper das Lied“) zitieren. Auch Weinkenner-Vokabular verkneife ich mir. Dan Morgenstern schreibt: „There are two Websters: The unnashamedely romantic baladeer who wears his heart on the sleeve, and the gruff ready-to-take-on-anyone blues and stomp man. Of course these are two sides of one soul and Ben Webster was soul personified.“
Aber die gleichzeitig knappste und treffendste Beschreibung von Ben Webster hat @gypsy-tail-wind in einem Zitat von David Murray gepostet: When Coleman Hawkins played, his rhythm was so dominant; whereas Ben Webster’s sound and vibrato stood out when he played. (…) a friend of mine (…) told me that one time he got a chance to play alongside Ben Webster, and he said you couldn’t stand too close to Ben ‘cause you might get hit with some spit! There was air in his sound. He was so dynamic because you could hear the note before he played it – you could hear his breath forming the note before it actually came out. Coleman Hawkins was quite different: [sings line of notes in Hawkins-like style]. Whereas Ben was: [exhales and slurs in Webster-like style]. Coleman Hawkins was like fighting with an axe, Ben Webster was like fighting with a feather! (…)
Da steckt alles von der Körperlichkeit, der oft sogar gleichzeitigen Zärtlichkeit und Schroffheit von Ben Webster drin! Und so hört sich auch dieses Solo an. Ich meine hinter dem Schleier dieser alten Aufnahme, tatsächlich Ben Webster atmen zu hören – nein: zu spüren, wie er mit seinem Atem die Töne zuerst nur zärtlich an der Oberfläche streift, um sie zum Klingen zu bringen. Es bebt, es zittert, der Körper und die Luft vibrieren, jeder einzelne Ton schwillt auf und ab, wird aus mehreren Schichten fein modelliert, und trägt bei aller Zartheit immer auch etwas Herbes in sich. Der zupackende virile Gefühlsausbruch im mittleren Teil des Solos kehrt dann genau diese Schroffheit heraus, ist aber nur scheinbar Widerspruch, ist eben die andere Seite der gleichen Sache, der Dreh- und Angelpunkt und der Höhepunkt das ganzen Solos und des Stücks.
Die anderen 7 Stücke dieser Sessions für Haven sind ebenfalls erste Güte. Zwei mal Ellingtonia (The Jeep Is Jumping, I Got It Bad …), ansonsten mir fast oder völlig unbekannte Kompositionen. Ben Webster bringt den Charakter seines Spiels in diesen 8 x 3 Minuten perfekt auf den Punkt. Idrees Sulieman; tp; Tony Scott, cl und Al Haig, p sind noch die bekanntesten der sidemen, die Band swingt wie von selbst und Bill DeArango bringt eine schöne blues-ige Note mit hinein. Und er hat auf Blues Mr. Brim (und auf Dr. Keets unten) auch das erste Solo. Das wollen wir nicht vergessen.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Und das gehört auch hier hinein:
Ben Webster Johnny Hodges Sextet – The Complete 1960 Cellar Door Session (2011)
Dieses Album hatten wir hier schon mal erwähnt. Ich hatte auf einer anderen Zusammenstellung bereits 6 der 12 Tracks der Cellar Door Session gehabt, wo sie aber falsche Titel trugen. @gypsy-tail-wind hatte das dankenswerterweise aufgeklärt und auf eine Mosaic-Box verwiesen, wo alle 12 Stücke komplett und korrekt benannt enthalten sind.
Was für ein Glücksfall, dass Johnny Hodges und Ben Webster (plus Lou Levy (p), Herb Ellis (g), Wilfred Middlerooks(b) und Gus Johnson (dr)) an diesem Novembertag Gelegenheit hatten, in diesem Jazzclub in San Francisco, aber ohne Publikum aufzunehmen! Die Atmosphäre ist offenbar entspannt und alle sind hochkonzentriert bei der Sache. Mit einer Ausnahme nur Kompositionen von Hodges /Webster, wobei es sich dabei eigentlich nur um ein paar Riffs handelt, die als Ausgangspunkt für Improvisationen dienen. Das lässt ein zielloses Gedudel befürchten, aber die Band scheint so gut eingespielt zu sein, dass sie wirkt wie Tänzer, die einander in ihren Bewegungen vertraut sind, und immer wieder zusammenfinden. Ein sehr schönes Verhältnis von Planung und Spontanität, sehr gelassen, sehr lebhaft und gleichzeitig sehr klar und stimmig. Johnny Hodges mit seinem geschmeidigen und eleganten Ton einerseits, Ben Webster kehlig und rau andererseits kontrastieren sehr schön miteinander, dazwischen immer wieder Herb Ellis mit einem bluesigen Solo. Das wirkt aber überhaupt nicht sensationell – im Gegenteil – das klingt völlig unangestrengt, so als füge es sich wie von selbst. Gerade das ist der Reiz daran.
Es ist zwar kein Produzent angegeben, vermutlich hat aber Norman Granz die Aufnahmen für Verve gemacht, sie aber warum auch immer damals nicht veröffentlicht. Sie wurden – zumindest teilweise – erst im Nachlass von Ben Webster entdeckt.
Auf der CD außerdem noch 5 Aufnahmen aus Los Angeles von Anfang 1961 im Oktett mit Arrangements von Jimmy Hamilton (der Ellington-Klarinettist). Ganz anderes Konzept, nicht ganz so stark, aber wenn man da so eine zart schimmernde Perle wie Val’s Lament finden kann, nehme ich das gerne mit.
Sehr schönes Album, auch grafisch ansprechend gestaltet, mit liner notes, Fotos usw. usf., das auf einem obskuren Label namens Solar Records erschien, das wohl hier und da Jazz-Schätze ausgrub, über das man aber ansonsten fast nichts erfahren kann. Wer macht sowas, wer kauft (außer mir) so eine Obskurität und wie finanziert sich das? Zumal ich die CD auch noch gebraucht gekauft habe. Der Vorbesitzer hinterließ in der Hülle einen Ausschnitt aus dem Jazzpodium September 2012 mit einer Rezi des Albums. Mit Ausnahme der fälschlichen Verortung auch der zweiten Session in SFO statt in LA würde ich das auch unterschreiben.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Danke für die schönen Posts @friedrich! Welches Stück versteckt sich im Teil 2 von gestern? Mir wird das als nicht verfügbar angezeigt, aber vielleicht finde ich auf YT eine andere Version davon, die ich anhören kann? (Hat wohl was damit zu tun, aus welchem Land man zugreift … gehe davon aus, dass für die anderen hier der Link funktioniert.)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba@friedrich Danke für die Arbeit.
@gypsy-tail-windDanke für die schönen Posts friedrich! Welches Stück versteckt sich im Teil 2 von gestern? Mir wird das als nicht verfügbar angezeigt, aber vielleicht finde ich auf YT eine andere Version davon, die ich anhören kann? (Hat wohl was damit zu tun, aus welchem Land man zugreift … gehe davon aus, dass für die anderen hier der Link funktioniert.)
Der Titel heißt Val’s Lament. Neben Webster und Hodges mit Ray Nance (tp), Lawrence Brown (tb), Emil Richards (vib), Russ Freeman (p), Joe Mondragon (b) und Mel Lewis (d), arrangiert von Jimmy Hamilton, aufgenommen 31. Januar 1961.
Vielleicht kannst Du es hier hören:
War ein bisschen Fleißarbeit, ging aber – und musste einfach sein! So wie ich es jetzt höre, war Ben Webster nicht nur ein echter Charakter sondern auch ein ganz Großer, dem ein eigender Thread gebührt. Vielleicht kannst Du ihn auch noch im Jazz-Index und im Inhaltsverzeichnis des Tenorgiganten-Threads ergänzen?
Ich habe das fast ausschließlich aus dem Tenorgiganten-Thread zusammenkopiert. Viele Posts waren ursprünglich nicht von mir. Ich habe sie (hoffentlich) alle als Zitat kenntlich gemacht. Der erste Post stammt ursprünglich aus dem Oktober 2018 – das ist 6 Jahre her! Eine fast zufällige Begegnung mit Ben Webster und von da an entfaltete sich nach und nach vor meinen Ohren eine für mich neue und faszinierende Klangwelt. Ich habe inzwischen einiges von oder mit Ben Webster. So ganz zu greifen bekomme ich ihn aber nicht – vielleicht kann man das auch bei meinen wiederholten Versuchen, Ben Websters Spiel zu beschreiben, erkennen. Und es ist natürlich auch sehr viel Material mit Stunden an Spielzeit – dass will erst mal erfasst und geordnet werden.
Eine fast karriere-umfassende Compilation von Ben Webster habe ich noch auf Lager. 2 CDs mit entspechend langer Laufzeit. Die muss ich auch erstmal verdauen, dann schreibe ich gerne noch was dazu.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)@friedrich Die Session von 1961 hab ich ja in der Mosaic-Box von Hodges – war wohl missverständlich, ich meinte den Track im Post, der mit „Fortsetzung von Teil 1“ beginnt, der mit der Passage ca. 0:55–2:30, die Du herausstreichst – danke!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba@gypsy-tail-wind friedrich Die Session von 1961 hab ich ja in der Mosaic-Box von Hodges – war wohl missverständlich, ich meinte den Track im Post, der mit „Fortsetzung von Teil 1“ beginnt, der mit der Passage ca. 0:55–2:30, die Du herausstreichst – danke!
Ach, das hatte ich durcheinandergebracht:
Blues Mr. Brim oder auch einfach nur Mister Brim vom 3. Mai 1946.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Danke, das ist wirklich eine tolle Performance … wie er mittendrin (so bei 1:40?) einen Gang hochschaltet, quasi nochmal von vorn beginnt … da bricht kurz der ruppige Webster durch, unterbricht für ein paar Takte den zärtlichen mit dem riesigen dahingetupften Ton.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba -
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