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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,509
thelonica
soulpopeSicherlich eine Scheideweg, den genialen Komponisten, Arrangeur und „Big Easy“ Mastermind Allen Tousssaint als Musiker in den Vordergrund zu rücken …. eigenständig bleibt das Album, indem hier keine Coverversionen im eigentlichen Sinn, sondern neue Skizzen alter Gemälde entworfen werden …. dass dabei trotzdem keine (offensichtlichen) Abenteuer entstehen, mag eine Schwäche dieses Albums sein, für eine gediegene Hommage an das Lebenswerk des Künstlers vor breiterem Publikum reicht es allemal ….
Sehe das relativ ähnlich, ich vermute Toussaint kannte vor allem die Stücke gut (Django Reinhardt, Monk, Strayhorn/Ellington u. Leonard Feather!). Es ist ja nicht so, dass „moderner“ Jazz nicht in New Orleans gehört wurde. Dr. John z.B. konnte mit Miles Davis was anfangen und war (später) mit Art Blakey (und Bill Evans?) befreundet(?). Obwohl der Drummer auf diesem Toussaint Album hier und da etwas an Sonny Greer erinnert. Toussaint kannte sicherlich nicht nur eine Version von „St. James Infirmary“, aber ganz bestimmt die Versionen von Snooks Eaglin und von Earl Hines. Ausgerechnet beim Stück von Jelly Roll Morton spielte Brad Mehldau Piano! Auf dem anderen Toussaint Album gibt es noch ein Stück von Bill Evans (und Stücke von Strayhorn, Mancini, Earl Hines, Ellington, Professor Longhair, Louis Moreau Gottschalk, Earl King). Beim Stück „Bright Mississippi“ höre ich etwas „Lee Dorsey“ raus, weniger Monk sicherlich ….
Stimmt, „Bright Mississippi“ und Lee Dorsey ein Aspekt, mit Thelonious Monk so gut wie kein vordergründiger Berührungspunkt (was sich jedoch etwas verschiebt, wenn man die Kompatibilität seiner Kompositionen mit anderen Musikrichtungen berücksichtigt) ….
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MINGUS MINGUS MINGUS MINGUS MINGUS
mingus, preston, williams, ericson, woodman, jackson, butterfield, richardson, hafer, ervin, dolphy, mariano, byard, berliner, perkins, richmond, hammer, thiele, simpson (20.1. & 20.9.1963)fünffacher mingus, vervielfältigter leader. aber auch das eher ein quintessenz-album als ein auffächern, resteverwertung aus BLACK SAINT & SINNER LADY, ein paar ellingtonia mit sehr tiefer verbeugung, nochmal der abschiedssong für lester young. alle beteiligten beherrschen das mingus-idiom, eric dolphy kann lupenreine soul-soli („better get hit in yo soul“) und sich aufreizend querstellen wie im closer, auch walter perkins kann accelerandi, auch arrangeur bob hammer kann klangfarben und effektvolle riffs. mir kommt das album wieder etwas glanzlos vor, träge, obwohl alles super funktioniert. immer finde ich eine trompetenschleife zu viel, ein vibrato zu stark, alles irgendwie zu vollgestopft, um abzuheben. geschmackssache sicherlich. man hört dem material an, das es nach draußen will, ins freie, auf die bühne, vor publikum. im studio tritt es sich etwas fest. vielleicht ist der titel auch stecken geblieben am großen namen, kommt nicht weiter, hat sich verschluckt.
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Ich bleib dabei, dass das kein Top-Mingus-Album ist … und finde mich in den Worten daher durchaus wieder.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba79
FAR EAST SUITE
ellington, anderson, williams, ellington, jones, brown, cooper, connors, hamilton, hodges, procope, gonsalves, carney, lamb, jones, strayhorn, mckuen, begley (19.-21.1966)das hier kommt von draußen rein und wird im studio noch mal neu geordnet. beide können nichts dafür, aber es liegt in der logik solcher listen, dass man nach mingus (mingus mingus mingus mingus) direkt die heimgekehrte karawane der ellingtonband hört und plötzlich was scharf stellt, was nur mittelbar miteinander zu tun hat. wenn man musik vom bass aus denkt, muss wohl alles nach vorne. wenn man ellington ist, denkt man multiperspektivisch: wie sieht die klarinette aufs geschehen? wie stellt sich das gebilde vom inneren eines ride-beckens dar? haben wir zeit, an der oase halt zu machen? schau, der sonnenaufgang! blaue gewürze auf der zunge, blaue vögel am himmel. der gepiercte sound der wut spiegelt sich im nicht weniger politischen beharren auf eleganz. aber niemand bei ellington spielt mit dicker hose, das fällt auf. der drive ist ein abfallprodukt der großen einladenden geste, komm und beweg dich mit! nicht in your face, sondern: ich hak dich unter. better get hit in your hips. ellington wird 1966 die hommagen von mingus wahrgenommen haben, und der bass, der den fernen osten gesehen hat, ist auch nicht ohne. und booker ervin war bestimmt mit paul gonsalves mal einen sake trinken. aber aus dieser wunderlampe kommt heute ein anderer rauch.
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gypsy-tail-windIch bleib dabei, dass das kein Top-Mingus-Album ist … und finde mich in den Worten daher durchaus wieder.
oder? ich hab die entsprechenden diskussionen hier nicht mehr vor augen, aber bin froh, mit dem eindruck nicht allein zu sein.
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gypsy-tail-windIch bleib dabei, dass das kein Top-Mingus-Album ist … und finde mich in den Worten daher durchaus wieder.
eine frage der definition, was ein top mingus-album ist, klar gibt es mindestens 10-20 alben von ihm die besser sind, es ist trotzdem immer noch oberste liga ***** ist es allemal wert!
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!Beim ersten Statement bin ich dabei, beim zweiten eben nicht: kriegt von mir vier Sterne Als wir hier die Mingus Umfrage laufen hatten, hatte ich 21 Alben mit mehr Sternen in der Liste sowie 17 weitere mit vieren).
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DANCING IN YOUR HEAD
coleman, nix, ellerbee, tacuma, shannon jackson, palmer, master musicians of jajouka, jordan/burford, maimay/ goldstein (januar 1973/ 28.12.1975)ein thema aus 8 tönen, die eigentlich 2×4 in 2 akkorden sind, nicht nur repetitiv, sondern immer wieder energie tankend und wieder verlierend, sich selbst verzehrend, eine quasi ouruborotische melodie. es gibt auch einen b- und einen c-teil, die genauso funktionieren, aber sie fallen kaum auf, weil man nach 4 takten bereits in hypnose ist. wirklich sehr schwer, zu beschreiben, was da passiert, „dancing in your head“ ist ein super titel dafür, auf diese musik springt ein völlig anderer teil des gehirns an als bei anderen. das tänzerische ist nicht zu bestreiten, dafür werden auch funk-angebote gemacht, aber gleichzeitig geht alles permament in distanz zur funktionalität, und jeder tanz ist auch ein stolpern, ein kontrollverlust. die funkgitarren spielen völlig offene akkorde, und die drums (es sind zwei oder eins mit overdubs, das rätsel hat bisher noch niemand gelöst, es scheint auch niemanden zu interessieren, vielleicht spielt auch nur der geist von denardo hier mit, der einiges davon 8-jährig ingang gesetzt hat) agieren zwar polyrythmisch, aber auch arythmisch (in distanz zum rythmus). spektakulär bewegt sich die saxofonstimme darin, eine idee jagt die andere, verschlingt sich selbst. das stück fängt nach ende einfach wieder an. und dann gibt es noch ein spiegelbild mit multiplizierten drums und multipliziertem blasinstrument mit (angeblich) william burroughs als zuhörer. und da geht ornette coleman dann einfach verloren. wie frei muss man sein, um seine gutausgebildeten musiker dazu zu bringen, so zu spielen? und wie frei kann man auch darauf wieder verzichten, denn es gibt das titelstück ja auch woanders mit drum machine, und er spielt genauso inspiriert dazu? man dreht sich mit und durch. ein wahnsinn.
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vorgarten78
DANCING IN YOUR HEAD
coleman, nix, ellerbee, tacuma, shannon jackson, palmer, master musicians of jajouka, jordan/burford, maimay/ goldstein (januar 1973/ 28.12.1975)
ein thema aus 8 tönen, die eigentlich 2×4 in 2 akkorden sind, nicht nur repetitiv, sondern immer wieder energie tankend und wieder verlierend, sich selbst verzehrend, eine quasi ouruborotische melodie. es gibt auch einen b- und einen c-teil, die genauso funktionieren, aber sie fallen kaum auf, weil man nach 4 takten bereits in hypnose ist. wirklich sehr schwer, zu beschreiben, was da passiert, „dancing in your head“ ist ein super titel dafür, auf diese musik springt ein völlig anderer teil des gehirns an als bei anderen. das tänzerische ist nicht zu bestreiten, dafür werden auch funk-angebote gemacht, aber gleichzeitig geht alles permament in distanz zur funktionalität, und jeder tanz ist auch ein stolpern, ein kontrollverlust. die funkgitarren spielen völlig offene akkorde, und die drums (es sind zwei oder eins mit overdubs, das rätsel hat bisher noch niemand gelöst, es scheint auch niemanden zu interessieren, vielleicht spielt auch nur der geist von denardo hier mit, der einiges davon 8-jährig ingang gesetzt hat) agieren zwar polyrythmisch, aber auch arythmisch (in distanz zum rythmus). spektakulär bewegt sich die saxofonstimme darin, eine idee jagt die andere, verschlingt sich selbst. das stück fängt nach ende einfach wieder an. und dann gibt es noch ein spiegelbild mit multiplizierten drums und multipliziertem blasinstrument mit (angeblich) william burroughs als zuhörer. und da geht ornette coleman dann einfach verloren. wie frei muss man sein, um seine gutausgebildeten musiker dazu zu bringen, so zu spielen? und wie frei kann man auch darauf wieder verzichten, denn es gibt das titelstück ja auch woanders mit drum machine, und er spielt genauso inspiriert dazu? man dreht sich mit und durch. ein wahnsinn.ja, ja und ja. lieblingsalbum.
aber kennst du die drum-machine-version? darauf ja auch ein großartiges coleman-solo:
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
Beiträge: 56,509
Welche neuen Strukturen Ornette Coleman auf „Dancing in your Head“ und folgend auf „Body Meta“ auch schaffte, es waren die Freiräume und deren Durchdringung auf „Soapsuds, Soapsuds“ im Duo mit Charlie Haden welche faszinierende Akzente setzten …. btw funktionierte schlussendlich Beides ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)vorgartenaber kennst du die drum-machine-version? darauf ja auch ein großartiges coleman-solo:
ja, ich glaube, du hast schon einmal darauf hingewiesen. Finde ich auch super. Man merkt dem Coleman-Solo an, dass es sich bewusst ist, nicht soviel Zeit zur Verfügung zu haben. Das gibt nochmal eine größere Schärfe als auf dem Prime Time-Album. Dort ist es dafür irgendwie gütiger, großzügiger, ensemble-orientierter. Bei Jacuma ist er Gast seiner eigenen Komposition. Ich mag dort auch die digitale Kälte, die so auch auf späteren Prime Time-Alben wie Of Human Feelings zu hören ist.
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BLACK, BROWN AND BEIGE
ellington, jackson, anderson, terry, baker, nance, woodman, jackson, sanders, gonsalves, graham, carney, woode, woodyard, townsend, lowell (februar 1958)am anfang ein synkopiert gespielter bass, am ende hängt die alles andere als runtergedimmte stimme von mahalia jackson im raum. die konzeptmusik dazwischen ist erfreulicherweise allem illustrativen und pittoresken enthoben, sie variiert stimmungen, einen song („come sunday“), einen zustand („work song“) und endet mit einem abgründigen psalm, bei dem die einzelnen stimmen auseinandergehen. sehr beeindruckend, wie eine grundidee (der stumpf getrommelte groove des arbeitslieds) sofort angefunkelt und komplex wird, ohrwurmthemen, einander anflirtende klangschichten, minimal umspielende einzelstimmen (eine violine, ein baritonsax) bleiben noch ein bisschen in der stimmung. aus dem programmatischen zugang ist vielleicht nur die growlende trompete übriggeblieben, die eine aufgewühlte menschliche stimme übersetzt.
und jetzt ist ja „come sunday“ ohnehin einer der schönsten jazzsongs, die es gibt, aber wie hier, instrumental vorbereitet, plötzlich die stimme von mahalia jackson anwesend ist, die ich wirklich noch nie mit jazzbegleitung gehört habe, ist atemberaubend. volle acht minuten breitet sie den song aus, reduziert unterstützend, aber trotzdem kommen da akkordfolgen, die ihre stimme völlig neu beleuchten, erst singt, dann summt sie, (im psalm macht sie etwas, wofür ich kein wort habe). und dann darf ray nance das nochmal reflektieren. natürlich konnte man jackson keine songs of unrequited love vorsetzen, auch keinen blues im engeren, weltlichen sinne, aber ein jazzalbum, um ihre spritualität herum geschrieben, wäre ein großartiges projekt für ellington gewesen, glaube ich. aber ich bin dankbar für das, was es gibt – und dafür, dass sie sich darauf eingelassen hat.
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76
BIG SWING FACE
rich, shew, findley, scottile, murakami, trimble, meyers, corre, keller, flax, wimberly, watts, davis, starling, resnicoff, gannon, bock, heider (22.–25.2./10.3.1967)in beschreibungen dieser band liest man viele technische begriffe. andere arbeiten sich am charisma des leaders ab, ob er nun ein bully war oder eigentlich herzensgut. über big band drumming kann man lesen, dass das eine anspruchsvolle aufgabe ist, einige intrumente muss man locken, andere einfangen… ich bin sicher, dass rich das alles konnte. messerscharf sind die arrangements, die nach ellington natürlich etwas funktional klingen, gespielt, nach dem schmettern wirkt die leise bass-klavier-ostinato-figur natürlich besonders gut, die soli sind unspektakulär, aber auf den punkt, das herz schlägt im energetischen unruheherd des schlagzeugumfelds, das sich nicht langweilen will und von anderen verlangt, es nicht zu langweilen. straight-ahead-jazz, eine für die zeit zu teure besetzung, im kurzschluss von hardbop zu lennon/mccartney, und vor allem, das darf man nicht vergessen: live. das ding ist dazu da, menschen aus socken zu hauen. ich überlege, ob ich mit jemandem, der sowas für ein highlight der jazzgeschichte hält, ein bier trinken gehen möchte – aber vielleicht findet er ja wie ich auch nur den irrwitzigen frontalangriff gut.
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Highlight nicht gerade – ich hätte auch ein anderes der Alben gewählt … aber mit mir hast Du ja schon ein Bier getrunken, das zählt eh nicht
BB&B hast Du heute aber nicht zum ersten Mal gehört, oder? Ich habe da eine geraume Weile gebraucht, um das Album zu verstehen, bekam es zu früh in die Finger (eine ausrangierte 70er-Nachpressung mit hässlichem Alternativcover von einer alten Nachbarin) und es klang für meine an Miles und Coltrane und Monk und Cannonball schon ein wenig geschärften Ohren wie Dixieland … den Stimmungs-Zauber, den Du sehr schön beschrieben hast, entdeckte ich dann ein paar Jahre später, natürlich erst auf dem Umweg über andere Ellington-Alben.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba -
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