Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Blue Note – das Jazzforum › 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert
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sorry fürs wahrscheinlich monologische raumeinnehmen, aber da ich mit CTI gerade eine pause mache, habe ich mir ein nächstes beklopptes projekt überlegt. ein paar subjektive texte über jazzalben, die man kennen könnte, wollte ich schreiben, habe mir die üblichen bestenlisten angeschaut und dann gedacht, wenn ich schon hier bin, kann ich auch die des rolling stone nehmen. darauf fehlt natürlich unendlich viel, was ich spannender finde als das was da steht, aber das ist bei jeder dieser listen so, und diese hat den vorteil, dass sie keine boxen, kompilationen oder spezialausgaben aufführt.
ich freue mich natürlich über jeden kommentar, jede kritik und sonstiges einhaken, und hoffe, dass ich keine groben fehler einbaue oder nur oberflächen produziere. natürlich gibt es zu den meisten dieser alben unendlich viele texte, aber zumindest dürfte die musik auch nicht-spezialist*innen bekannt sein und man kann abgleichen.
im vorspann stehen jeweils titel, beteiligte (inklusive produktion und aufnahme) und die aufnahmedaten.
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DUKE ELLINGTON AND JOHN COLTRANE
ellington, coltrane, garrison, bell, jones, woodyard, thiele, van gelder (26.9.1962)
(sentimental) moods und feelings (of jazz). weiche gemeinsame nenner, wenn geprüft werden soll, ob zwei männer aus verschiedenen jahrhunderten miteinander noch über das gleiche sprechen. das war zu vorsichtig gedacht, denn ellington nimmt hier zwar nicht den coltrane, aber bereitet ihm einen eleganten abpfiff. „take the coltrane“ und „big nick“ sind geschenke füreinander, für die ambivalent gesetzten akkordrahmen für die aus der form fliegenden, neu strukturierten elemente. „stevie“, das älteste zeug hier, mit einem bühnenerprobt insistierenden beat, setzt ausgerechnet die sheets of sound in gang, die hätten auch 27 chorusse in newport getragen. die session hier ist vielleicht ein bisschen ideenbegrenzung, aber sie ist auch sehr spontan und hat einen besonderen sound. links glühen, rechts glitzern. wer nicht spielt, wenn der andere spielt, kann zuhören.
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99
THE CLOWN
mingus, knepper, hadi, legge, richmond, shepherd,ertegun, hiller/dowd (15.2./12.3.1957)
worauf das zuläuft, ist das elend des unterhaltungskünstlers, dem die welt schal wird, und der weiß, das am ende nicht das wertgeschätzt wird, woran er gearbeitet hat. da kann man kurzschlüsse ziehen, doch auf dem cover steht, dass diese geschichte so improvisiert ist wie die musik drum herum. beides spielt mit der passiven aggressivität, die diesem bass ohnehin immer eigen ist, der nie ausschwingen darf, sondern immer nur stiche setzt, ungeduldig, immer vor dem beat. eine band im workshop, so klingen sie auch, körper im nutzraum und nicht auf teppichen, (so einen altsaxsound gibt es ein paar jahre später schon nicht mehr,) mit schroffen vorgaben, aus denen heraus sie sich wieder in etwas vertrautes hineinarbeiten müssen. aus dem kampfsong wird die jahrhundertealte klage. aus den klangforschungen die liedform. irgendwo, auf dem weg, bleibt der punk am türbogen kleben und lässt sich seufzend wieder in die arena ziehen. und stemmt seine nummer.
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98
THE CANNONBALL ADDERLEY SEXTET IN NEW YORK
adderley, adderley, lateef, zawinul, jones, hayes, keepnews, fowler (12. & 14.1.1962)
hipness is a fact of live (not a state of mind). ein veritables live-jazz-club-album braucht ein bestimmtes publikum, das macht der conférencier in seinem eingangsstatement deutlich – und disst zunächst die stadt mit all den zuhörer*innen, die sich vornehmen, hip zu sein, um dann das konkrete publikum zu loben, das sich darüber keine gedanken macht und deswegen die aufnahmeprüfung für das erste live-album der band in dieser stadt besteht. dass die musik selbst hip ist, darüber besteht von anfang an kein zweifel. wie sie dazu geworden ist, scheint mir durchaus bedenkenswert, denn sie vertraut nicht auf einfache formeln, die in jeder jamsession funktionieren würden. manchmal wirken die ausgereiften, aber niemals über-überlegten arrangements wie das kondensat einer swing-band, die einen adäquat großen raum bewegen will. in der materialauswahl, dem einsatz der spezifischen klangfarben der instrumente, in der wertschätzung jeder einzelnen individuellen musikalischen fähigkeit liegt ein besonderes wissen. das eben auch um unterschiedliche räume, städte, publika weiß. ein album für new york, ein album fürs village vanguard. in dem ein bass weiß, wie extrakurz die töne schwingen würfen, um bestimmte muskeln zuhörender körper zu stimulieren. in dem ein schlagzeugbecken weiß, wie blechern es widerhallen muss, um die letzte reihe zu spüren. man kann aber auch genausogut über klangfarben nachdenken, über kornett und oboe zum beispiel. über ein funkiges klavier, von dem miles davis behauptet hat, dass es ein alpines wissen in sich und nach new york trägt.
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Schöne Idee, die alte RS-Liste als Grundlage zu nehmen, um die vorgestellten Alben zu kommentieren. Wir hatten aufgrund dieser Liste ja dann auch eine eigene Forums-Liste erstellt.
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...atomWir hatten aufgrund dieser Liste ja dann auch eine eigene Forums-Liste erstellt.
das war ja echt eine aggro-diskussion, hatte ich schon wieder vergessen
und vom ergebnis her nicht so inspirierend, aber die rs-liste scheint mir auch wesentlich kuratierter, da hat am ende schon jemand drauf geschaut, dass am ende nicht nur davis/coltrane/mingus/evans rauskommt.
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Das vergisst man schnell, dass alle, die hier noch posten, auf ihre stille Art Überlebende sind… :D und wenn man guckt, wie friedlich wir jetzt sind, sieht man, dass wir entweder mild geworden sind, oder die Aggressoren erfolgreich vertrieben haben, auch wenn es manchmal Kraft gekostet hat, oder beides… Schöne Liste hatte ich damals jedenfalls… Und eine sehr schöne Threadidee, die kommenden Wochen sind düster aber beim einen oder anderen Album hör ich sicher mit…
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.Ich habe den Thread vorhin nochmal quergelesen. Puh, ich bin echt froh, wo wir jetzt sind.
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...redbeansandriceDas vergisst man schnell, dass alle, die hier noch posten, auf ihre stille Art Überlebende sind… :D und wenn man guckt, wie friedlich wir jetzt sind…
So richtig zur Sache ging es auf Seite 7/8, aber dann war schnell die Luft raus, oder nicht? Abseits davon lassen sich noch ein paar gute Jokes/replies finden (Magical Mystery Tour, Eastern Sounds…).
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Haha, okay … musste da gestern noch etwas reingucken, danke für die Flashbacks, ich hoffe es wurde nicht wieder wem übel
Schöne Idee @vorgarten – ist doch kein Ding mit dem Raum nehmen, solche „Projekte“ verfolgen ja einige hier immer gern!
Über den Alpen-Funk bei Adderley denke ich noch immer nach … da könnte irgendwie schon was dran sein, es gibt ja auch quasi „dark ländler“ in der Musik von Gustav Mahler, das driftet auch mal nach Osten oder Südosten (Balkan) ab. Dass Zawinuls Mutter eine Sintiza war, sein Vater aus Mähren stammte … die Tanzmusik aus diesen Gegenden und eben auch aus dem Alpenbogen war ja so übel nicht bevor sie vom Musikantenstadel und ähnlichen Kommerzmaschinen konfektioniert wurden (und es gibt da ja aus immer noch andere Strömungen – nicht einfach „back to the roots“ wollende –, selbst im Ländler, aber das ist jetzt nicht wirklich mein Gebiet). Aber gut, eine flapsige Bemerkung vom rappenden Cannonball muss jetzt nicht gleich die nächste Doktorarbeit auslösen – ich weiss konkret nichts darüber, mit welcher Musik Zawinul sozialisiert und grossgeworden ist … aber völlig abwegig finde ich das alles nicht.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #162: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records, 8.4., 22:00; # 163: 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-windÜber den Alpen-Funk bei Adderley denke ich noch immer nach … da könnte irgendwie schon was dran sein, es gibt ja auch quasi „dark ländler“ in der Musik von Gustav Mahler, das driftet auch mal nach Osten oder Südosten (Balkan) ab. Dass Zawinuls Mutter eine Sintiza war, sein Vater aus Mähren stammte … die Tanzmusik aus diesen Gegenden und eben auch aus dem Alpenbogen war ja so übel nicht bevor sie vom Musikantenstadel und ähnlichen Kommerzmaschinen konfektioniert wurden (und es gibt da ja aus immer noch andere Strömungen – nicht einfach „back to the roots“ wollende –, selbst im Ländler, aber das ist jetzt nicht wirklich mein Gebiet). Aber gut, eine flapsige Bemerkung vom rappenden Cannonball muss jetzt nicht gleich die nächste Doktorarbeit auslösen – ich weiss konkret nichts darüber, mit welcher Musik Zawinul sozialisiert und grossgeworden ist … aber völlig abwegig finde ich das alles nicht.
ich glaube, das war miles, und bestimmt hat er da eher über zawinuls ideen und texturen um IN A SILENT WAY herum nachgedacht und über stille und weite in den bergen… aber wer weiß, die werden sich unterhalten haben. hat zawinul bei adderley eigentlich auch arrangiert? das konnten ja einige in der band, aber es fällt wirklich auf, wie ambitioniert, aber auf engstem raum relativ simpel, die bläsersätze gesetzt sind, weswegen so ein live-auftritt immer mehr ist als swing mit solo-abfolge, da ändern sich sehr schnell und grundsätzlich stimmungen, was man bei solch einem programm gar nicht erwartet.
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Ich weiss nichts Näheres zu den Arrangements – ich denke, das ist da sicher auch ein Band-Effort, der auch stark auf der Jones/Hayes-Achse aufbaut, die sind ja auch blitzschnell und wahnsinnig nuanciert. Diese ständigen Wechsel finden ja auch bei Bass und Drums statt und das prägt wirklich die ganze Combo, das geht ja schon in den Quintett-Versionen (mit Timmons und danach Victor Feldman – noch einer, der auch arrangieren konnte) los. Selbst die frühe Band mit Junior Mance ist schon nicht im Thema-Solos-Thema-Schema gefangen bzw. schafft eine ums andere kleine Miniaturen (die mich aber auf die Dauer auch etwas frustrieren, ich brauche da die lockeren Savoy-Sessions mit ihren schönen dunklen Stimmungen als Korrektiv/Ergänzung).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #162: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records, 8.4., 22:00; # 163: 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbadanke, du kennst da viel mehr als ich. jones/hayes haben mich gestern auch ziemlich umgehauen, als ich das tatsächlich zum ersten mal gehört habe…
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Schöne Idee, ich werde auf jeden Fall mitlesen. Gibt es die RS- und die Forumsliste irgendwo als Text? Die Klick-Galerie ist irgendwie unhandlich. Und den Forumsthread?
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dickvorgartendanke, du kennst da viel mehr als ich. jones/hayes haben mich gestern auch ziemlich umgehauen, als ich das tatsächlich zum ersten mal gehört habe…
„At The Lighthouse“, The Soul Society, „Louis Hayes“ auf Vee Jay und das Barry Harris Album „At The Jazz Workshop“ würde ich auch gern mehr vertiefen, kenne allerdings The Soul Society und die Aufnahmen aus San Francisco. Louis Hayes, Sam Jones und Oscar Peterson zusammen finde ich ebenfalls nicht unspannend, das hat viel mit Jones/Hayes zu tun.
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