Die Last und Lust der Mühe

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    dougsahm
    Moderator

    Registriert seit: 26.08.2002

    Beiträge: 17,863

    Das Thema beschäftigt mich schon länger. Ist es sinnvoll allgemein respektierte Alben häufiger zu hören, obwohl man anfänglich nichts oder wenig damit anfangen kann ?

    Ich beantworte diese Frage inzwischen für mich mit „Nein“.

    Letzter Auslöser waren für mich die Kommentare zu Joanna Newson „Is“ und Oldhams „The Letting Go“. Z.B. tops sprach davon, dass man schon etwas Mühe aufwenden müsse, um sich Ersteres zu erschließen.
    http://www.rollingstone.de/forum/showpost.php?p=992018&postcount=52
    Mein Mühebudget ist aber bereits durch Beruf, Sport und Familie ausgeschöpft. Es lohnt sich einfach nicht, sich durch Mühe Alben zu erschließen, wenn man dafür andere Alben, die einen beim ersten Hören bereits begeistern zurückdrängt – meine ich. Grob geschätzt bleibt der erste Eindruck in 98 % der Fälle bestehend. Lohnt es sich für die restlichen 2 % ca. 10-20 % der Musikbeschäftigungszeit aufzuwenden ?

    Als junger Mensch wurde meine Mühe 2 x belohnt. Miles Davis und Coltrane habe ich mir permanenter Auseinandersetzung erschließen können. Aber inzwischen gibt es prominente Beispiele, dass das meist nicht gelingt: Zunächst Smiths und Costello, später Nick Drake und Scott Walker und in jüngster Zeit eben Newson, Oldham oder auch Arcade Fire. Ich weiss, dass die genannten Interpreten gut sein sollen / müssen und würde in der Tat gerne das Essentielle daran erkennen wollen. Die Mühe wurde aber nicht belohnt.

    Ich will keine Diskussion über die genannten Interpreten anzündeln. Sie dienen nur der Illustration.

    Ich will am liebsten Gegenargumente hören, warum es sich lohnt / sich jahrzehntelang lohnen könnte, Mühe aufzuwenden, sich auf den ersten Hördurchgang ungeliebte Interpreten zu erschließen, wenn aufgrund des Zeitbudgets dabei das Geliebte zeitlich in die 2. Reihe gedrängt wird.

    Bin beileibe keiner, der ungewohnte Klänge ablehnt. Aber ich habe es satt Mühe aufzuwenden für eine kulturelle Freizeitbeschäftigung. Verfechter der These „man muss sich hin und wieder Alben erarbeiten“, meldet Euch. Würde gerne wissen warum aus Eurer Sicht diese Mühe sinnvoller investiert ist statt sich gleich ohne Umwege mit den Alben zu beschäftigen, die einen begeistern. ((Wenn Kultur mein Beruf wäre, würde ich natürlich Mühe nicht scheuen.))

    ((PS: Das Argument Horizonterweiterung gilt nicht. Ich höre mit Begeisterung in gleicher Weise die Dellnhauser Musikanten sowie Skerik’s Syncopatet Taint Septet.))

    --

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    #5389207  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 26,193

    Bin zwar nicht der Verfechter des „Erarbeitens“ (also ein Album 4 Mal hintereinander zu hören), aber daß sich Alben erst nach dem 5. oder 6. Durchgang erschließen, habe ich oft erlebt.

    Nur „zwinge“ ich mich nicht dazu, sondern ich fühle in der Regel, daß sich mir das Album nicht erschlossen hat und lege es erst mal zur Seite.
    Dann höre ich es mir immer wieder mal an, und da können teils auch Tage/Wochen dazwischen liegen. Meine Stimmungslage ändert sich auch täglich, also werde ich das Album in möglichst verschiedenen Stimmungslagen (mal morgens, mal spät nachts etc.) probieren.
    Entweder es funktioniert und es „öffnet sich mir“, oder es funktioniert nicht und ein „Meisterwerk“ bleibt mir verschlossen. Dann kann ich`s auch bleiben lassen…wie z.B. im Fall der The Smiths.
    Trotzdem kann es Jahre später (wie kürzlich bei „Grateful Dead“) passieren, daß ich aus einer ganz anderen Verbindung (z.B. Ryan Adams) auf einmal den Zugang finde, und dann loslegen kann…

    Warum klappts oft gerade beim „Neuen Album vom Neuen Künstler“ nicht beim ersten Mal?
    Weil ich in der Regel den Künstler und seinen Stil/Vorgehensweise/Charakteristik nicht kenne.
    Ich nenne es mal die „Persönlichkeit“ des Künstlers.
    Wenn ich z.B. von Wilco alle Alben v. „A.M.“ bis „A ghost is born“ gut kenne und den gemeinsamen Nenner herausfilter, bleibt die „Persönlichkeit“ v. Tweedy b.z.w. der Stil von Wilco übrig.

    Wenn jemand zum ersten Mal „A.M.“ hört, wird sein erster Eindruck es in die Americana Schiene schieben und ist evtl. mit Vorurteilen behaftet. Das „A ghost is born“ würde er in die eher experimentelle rockige Ecke verfrachten und auch hier hat der Hörer evtl Vorurteile.
    Sprich der erste eher oberflächliche Eindruck läßt einen nicht weiter vordringen. Auch der Klang (Sound) hindert manchmal das Weiterkommen/tiefer dringen.

    Genau dieses gilt es (aus meiner Sicht) zu überwinden. Mal den Sound, Produktion, Stil beiseite lassen, und versuchen die Songs in ihrer „Essenz“ zu erfassen.
    Wie es Tweedy bei seinen Soloauftritten praktiziert.

    Langfristig bleiben Alben bei mir nur dann Dauerbrenner, wenn mir der Kern der Musik/der Songs zusagt. Da helfen oft die einfallsreichsten Arrangements und Produktion nichts.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #5389209  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Es fällt mir schwer, hier einen sozusagen „objektiven“ Kommentar abzugeben. Denn die Beschäftigung mit Rock- und Popmusik ist mein Job. Und ich muss zugeben, wenn es nicht so wäre, würde ich u.U. eher zu dougsahms Haltung neigen. Andererseits stelle ich immer wieder fest – ähnlich wie es Krautathaus schon andeutete – dass es durchaus lohnt, immer mal wieder zu Platten und Künstlern zurückzukehren, die einem eigentlich fremd oder gleichgültig waren. Unter einem veränderten Blickwinkel, in einer anderen Hörsituation, erschließen sich plötzlich Dinge, die man zuvor gar nicht wahrnahm.
    Ich glaube, was doug meint, das sind vor allem auch die „anstrengenden“ Platten, die von jedem Hörer eine erhöhte Aufmerksamkeit und ein intensives Beschäftigen verlangen. Wenn einen solche Platten nicht gleich bewegen oder mitnehmen, dann lässt man es gerne sein.
    Und ich muss zugeben, dass z.B. die letzte Scott Walker LP zwar zu den faszinierendsten und auf ihre Art großartigsten Platten des Jahres gehört, dass ich sie aber nicht guten Gewissens zu meinen Lieblings-LPs des Jahres zählen kann, weil mir das Zuhören nach wie vor Anstrengung und Mühe abverlangt.
    Insofern verstehe ich dougs Haltung sehr gut. Und doch möchte ich ebenfalls darauf bestehen, dass es auch für jemanden, der sich „nur“ als Musikliebhaber ohne professionelle Verpflichtung oder Ambition versteht, einfach sinnvoll und ratsam ist, sich auch mit Platten zu beschäftigen, die er nicht zu seinen persönlichen Favoriten zählt. Es erweitert einfach den Horizont. Und es hilft mitunter, die eigenen Favoriten unter ganz anderem Hörwinkel zu goutieren.

    --

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    #5389211  | PERMALINK

    krautathaus

    Registriert seit: 18.09.2004

    Beiträge: 26,193

    MikkoUnd doch möchte ich ebenfalls darauf bestehen, dass es auch für jemanden, der sich „nur“ als Musikliebhaber ohne professionelle Verpflichtung oder Ambition versteht, einfach sinnvoll und ratsam ist, sich auch mit Platten zu beschäftigen, die er nicht zu seinen persönlichen Favoriten zählt. Es erweitert einfach den Horizont. Und es hilft mitunter, die eigenen Favoriten unter ganz anderem Hörwinkel zu goutieren.

    Da kann ich Dir nur mit vollem Herzen beipflichten.

    --

    “It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko
    #5389213  | PERMALINK

    observer

    Registriert seit: 27.03.2003

    Beiträge: 6,709

    Ich finde es prinzipiell sehr lohnenswert, sich nicht nur vom ersten Eindruck leiten zu lassen, sondern sich auch mal an einer Platte „abzuarbeiten“. Oft genug hat das schon zu überraschenden Hörerlebnissen geführt. Es ist mir dann schon mehrmals so ergangen, dass genau diese Alben, die nicht meinem sonstigen Hörspektrum entsprachen, mich am meisten beeindruckt haben.

    Es muss aber natürlich ein Impuls gesetzt werden, dass man überhaupt bereit ist, sich mehrmals damit auseinander zu setzen. Das sind dann für mich entweder Anregungen aus dem Freundes- bzw Forumskreis. Leute, deren Geschmacksprofil man einschätzen und einordnen kann. Kritikermeinungen spielen da für mich eher eine untergeordnete Rolle, da in der Regel der persönliche Bezug fehlt. Ein weiterer Grund sind ungewöhnliche Veröffentlichungen von vertrauten Künstlern (sei es unter eigenem Namen oder innerhalb anderer Projekte oder unter anderem Namen). Und manchmal, da komme ich direkt zu dougsahms Ausgangspost zurück, ist es einfach Intuition, dass man spürt, dass ein bestimmtes Album ein großes Potential in sich trägt, was einer tiefer gehenden Beschäftigung bedarf. Und damit meine ich derzeit z.B. auch Joanna Newsom.

    --

    Wake up! It`s t-shirt weather.
    #5389215  | PERMALINK

    merlot

    Registriert seit: 07.09.2006

    Beiträge: 667

    Es muss ja irgendetwas gegeben haben, um mir ein Album zu kaufen. Egal, wie der Musiker heißt. Oftmals ist es nur ein Track aus diesem Album, wie z.B. „Better Off Without A Wife“ von Waits bei „Nighthawks At The Diner“. Beim erstmaligen Hörens fand ich das Album sonst langweilig und anstrengend.

    Über die Jahre hinweg ist es zu einem meiner Lieblingsalben geworden. Das Beschäftigen über die Jahre hinweg eröffnete mir ein wunderbares Livealbum mit sovielen einzelnen Fragmenten, was mir jeden Track und das Album näher brachte.

    Wenn es nicht Waits gewesen wäre, sondern vielleicht ein anderer Künstler… keine Ahnung, ob ich mich damit intensiver beschäftigt hätte. Doch jedes Album verstaubt bei mir einfach nicht, welches ich mir kaufte. Somit sehe ich die Investition in ein Album, gleichzeitig als Auftrag mich damit auseinanderzusetzen… auch wenn es Jahre dauert.

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    "Ich trinke gern eine Zigarette zum Kaffee." (Straßenumfrageantwort)
    #5389217  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Eine Notwendigkeit sich Platten zu erarbeiten oder sich gar an ihnen abzuarbeiten, die von Kritikern/Freunden etc. empfohlen werden, sehe ich nicht. Wie Observer andeutet, gibt es aber sicher Platten, die man sich aus irgendeinem inneren Grund erforschen möchte, weil sie irgendetwas haben, das einen anlockt.
    So höre ich gerade Moondog. Musik, die ich schon vor 35 Jahren wahrgenommen habe; aber erst nach zwei-, dreimaliger Rootsbeschallung im Laufe der letzten Jahre fiel der Groschen. Ich spürte die SOgkraft der Musik. Heute möchte ich ohne seine Musik nicht mehr leben.
    Y’s lockt mich ein wenig, also werde ich sie anhören. Arcade Fire lockt mich gar nicht.

    --

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    #5389219  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    Ein Beispiel: Ich habe mir auf Empfehlung meines Plattenhändlers Anfang der 90`er Jahre ein Album von Liquid Jesus mitgenommen ohne es vorher anzuhören.
    Beim ersten Hören zuhause, war ich dann der Überzeugung einen ziemlich tiefen Griff ins Klo getan zu haben. Album weggepackt und fast vergessen.
    Ein gutes Jahr später, fiel es mir wieder in die Hände und beim vorsichtigen Wiederanhören fand ich es grossartig. Es gehört heute noch zu meinen Favoriten. Was ist da wohl passiert?
    War ich beim ersten Hören in der falschen Stimmung? Bin ich damals zu oberflächlich ran gegangen? Ich habe heute noch keine Ahnung!
    Es beweisst mir aber, das manche Musik Zeit braucht und man sich immer weiterentwickelt. Wahrscheinlich ist es das was Musik für mich einzigartig macht, man erlebt immer wieder Überraschungen und entdeckt sich und seinen Geschmack immer wieder neu.
    Deswegen gehe ich heute mit Musik viel entspannter um, erschliesst sich mir ein Album nicht auf Anhieb, lasse ich es liegen. Höre zu einem späteren Zeitpunkt wieder rein, ob sich was in meiner Wahrnehmung geändert hat. Wenn nicht, packe ich es wieder weg. Vielleicht gefällt es mir in 10 Jahren. Wie gesagt, spannend allemal!

    --

    #5389221  | PERMALINK

    ah-um

    Registriert seit: 24.02.2006

    Beiträge: 1,398

    Mir gefallen die Begriffe „Mühe“ und „Erarbeiten“ in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Auch für mich ist die Beschäftigung mit Musik Hobby und Freizeitvergnügen. Und dieses Vergnügen besteht darin, mich so oft es eben geht hinzusetzen und konzentriert zuzuhören. Das macht mir erheblich mehr Spaß als Musik nur nebenher bei irgendwelchen anderen Tätigkeiten zu konsumieren.
    Die Freude besteht dabei zu einem erheblichen Teil im Zuhören selbst. Es geht gar nicht so sehr darum, darauf zu warten, ob etwas nun gefällt oder nicht. Man braucht auch nicht verzweifelt auf „Zugang“ zu der Musik zu drängen; die Töne kommen von ganz allein. Man muss nur aufhören, nach gewissen akustischen Schlüsselreizen zu suchen, die einem in der Vergangenheit Freude bereitet haben.
    Wenn man das tut (und natürlich einige Erfahrung hat), kann man auch neue Musik schon beim ersten Hören ziemlich zutreffend beurteilen. Wenn ein Album nach wiederholtem Hören zu „wachsen“ beginnen sollte, dann spräche das m.E. nicht für das Album, sondern eher gegen mein Urteilsvermögen.
    Und die üblichen Kritikerlieblinge kaufe und höre ich soweit möglich. Zum einen, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass die Mehrheit der Kritiker in der Regel durchaus richtig liegt. Und zum anderen aus purer Neugier und um Mitreden zu können.

    --

    There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)
    #5389223  | PERMALINK

    dougsahm
    Moderator

    Registriert seit: 26.08.2002

    Beiträge: 17,863

    Ah Um Wenn ein Album nach wiederholtem Hören zu „wachsen“ beginnen sollte, dann spräche das m.E. nicht für das Album, sondern eher gegen mein Urteilsvermögen.

    Bemerkenswerter Gedanke. Den hatte ich bisher so noch nicht.

    … zu manch anderen Meinungen äusser ich mich schon auch noch – wenn mehr Zeit ist – meinerseits…

    --

    #5389225  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Ich stimme Ah Um weitgehend zu.

    --

    FAVOURITES
    #5389227  | PERMALINK

    natsume

    Registriert seit: 24.07.2005

    Beiträge: 5,562

    Ah UmMir gefallen die Begriffe „Mühe“ und „Erarbeiten“ in diesem Zusammenhang überhaupt nicht. Auch für mich ist die Beschäftigung mit Musik Hobby und Freizeitvergnügen. Und dieses Vergnügen besteht darin, mich so oft es eben geht hinzusetzen und konzentriert zuzuhören. Das macht mir erheblich mehr Spaß als Musik nur nebenher bei irgendwelchen anderen Tätigkeiten zu konsumieren.

    Nur stehen diese Begriffe in einem direkten Zusammenhang mit dem bewussten Erleben von Musik.
    Egal ob es darum geht, dem Text zu folgen und ihn auszulegen oder musikalische Feinheiten zu entdecken:
    die intensive Beschäftigung ist immer auch ein mühevoller Prozess, weshalb man sich den Zugang durchaus
    ab und zu auch erarbeiten muss und sollte. Musik, die sofort „funktioniert“, finde ich mittlerweile sogar eher langweilig.

    Krautathaus‘ Vorschlag, ein Album zuerst an den Songs zu anzupacken,
    halte ich für sinnvoll. Diese Methode hat mir den Zugang zu vielen
    Künstlern ermöglicht, für die ich zunächst nicht viel übrig hatte, die
    ich nun aber nicht mehr missen möchte (Ryan Adams, The Decemberists,…).

    Da hier Joanna Newsom wiederholt als Beispiel genannt wurde: Sie macht es uns auf ihrem neuen Album nun wirklich
    leicht, es strotzt geradezu vor großartigen Ideen und Melodien.

    --

    #5389229  | PERMALINK

    ah-um

    Registriert seit: 24.02.2006

    Beiträge: 1,398

    Natsume
    Egal ob es darum geht, dem Text zu folgen und ihn auszulegen oder musikalische Feinheiten zu entdecken:
    die intensive Beschäftigung ist immer auch ein mühevoller Prozess, weshalb man sich den Zugang durchaus
    ab und zu auch erarbeiten muss und sollte. Musik, die sofort „funktioniert“, finde ich mittlerweile sogar eher langweilig.

    Meine (natürlich angreifbare These) lautet eher: Die Musik selbst „funktioniert“ immer unmittelbar. Tut sie das nicht, liegt es am Zuhörer und dessen Einstellung.
    Immerhin soll es Leute geben, bei denen auch „The Drift“ oder Coltranes „Ascension“ unmittelbar funktionieren. Bei „Ys“ dürften dies sogar noch einige mehr sein.

    Dass konzentriertes Zuhören Voraussetzung zum wirklichen Genuss ist, halte ich für selbstverständlich. Ich wende mich eher gegen die offenbar weit verbreitete Annahme, für den Musikgenuss gelte das gute alte puritanische Motto „Ohne Fleiß kein Preis“. Wäre Musikhören Arbeit, würde ich sofort damit aufhören.

    Selbstverständlich ist es Arbeit und Mühe, die beim Hören gewonnenen Eindrücke zu verbalisieren und zu systematisieren, zu vergleichen und zu bewerten. Der Job des Kritikers oder Musikwissenschaftlers eben. Die Eindrücke selbst entstehen jedoch von ganz allein.

    --

    There is a crack in everything; that's how the light gets in. (Leonard Cohen)
    #5389231  | PERMALINK

    daniel_belsazar

    Registriert seit: 19.04.2006

    Beiträge: 1,253

    Ah UmIch wende mich eher gegen die offenbar weit verbreitete Annahme, für den Musikgenuss gelte das gute alte puritanische Motto „Ohne Fleiß kein Preis“. Wäre Musikhören Arbeit, würde ich sofort damit aufhören.

    Die Eindrücke selbst entstehen jedoch von ganz allein.

    Würde meine Arbeit mir nicht auch grundlegend Vergnügen bereiten, würde ich damit auhören. Anders ausgedrückt: „Mühe“ muss nicht notwendigerweise mit fremdbestimmter Sklavenarbeit synonym gesetzt werden. Auch persönliche Weiterentwicklung ist oft mit Mühe verbunden (das wird mir übrigens zurzeit jeden Tag an meinen Kindern immer wieder deutlich).

    Und in diesem Sinne gibt es immer auch Musik, die „mühsam“ zu hören ist. Die Motivation zum Hören solcher Musik liegt dann wohl weniger in der unmittelbaren sinnlichen „Lust“-Erfahrung, sondern eher in der Erweiterung meines Horizonts, also in Erkenntnisgewinn – was einen mit Befriedigung erfüllen kann. Heißt in Folge auch, dass der Begriff „Eindruck“ nicht hinreicht, um die geistige Erkenntnisdimension, die Musik besitzen kann, zu beschreiben.

    Ob man sich dieser Mühe unterziehen will, hat in erster Linie mit dem eigenen Willen zu tun. Will ich das oder nicht? Die Antwort auf diese Frage kann beeinflusst sein durch Anknüpfungspunkte wie vorherige Hörerfahrungen oder Empfehlungen von Freunden, Kritikern oder wem auch immer. Oft hängt die Antwort auch von der Situation – sei es die grundlegende Lebenssituation wie z.B. Alter oder aktuelle Umwelt-Einflüsse – ab, in der man sich befindet. Diese Motive finden sich ja auch in verschiedenen Posts zu diesem Thread.

    Beantworten kann es am Ende immer nur der Einzelne. Insofern: Ich mühe mich dann, wenn ich der Meinung bin, es lohnt sich. Nicht immer tut es das übrigens, das sind dann Enttäuschungen. Wenn dies bei Empfehlungen bestimmter Personen immer wieder passiert, folge ich den Empfehlungen dieser Personen in der Regel nicht mehr. Gilt umgekehrt genauso.

    --

    The only truth is music.
    #5389233  | PERMALINK

    oldboy

    Registriert seit: 12.10.2004

    Beiträge: 7,593

    Ich bin mittlerweile an dem Punkt, dass ich versuche, bereits beim ersten Hören zu entscheiden, ob die Musik gut oder schlecht ist. Ich glaube nicht mehr an Alben, die sich mir nach einer Weile „erschließen“. Diese Alben sind nämlich meistens die, die man dann irgendwann nur mag, weil einem die Songs geläufig sind. Das ist zu wenig. Die Musik muss mich beim ersten Mal wenigstens ansprechen. Bestes Beispiel: Die neue Yo La Tengo hab ich nach einem Mal Hören sofort verschenkt, auf die Gefahr hin, dass sie mir nach dem dritten, vierten mal vielleicht ganz gut gefallen hätte. Aber das war mir einfach zu uninteressant..

    --

    sent via personal computer - bitte entschuldigen sie eventuelle INSZENIERUNGEN
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