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vorgartenszwed erzählt, dass ra mal um 1961 einem schmächtigen schwarzen teeenager auf der straße begegnet ist, der sich ihm als „gott“ vorgestellte. ra darauf: „hallo gott, wie geht’s?“ und der junge: „ich mag dich, sun ra, niemand anderer würde mich ernst nehmen.“
Nice.
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Werbungvorgartenich weiß nicht, ich finde solche diskussionen nicht ganz auf der höhe ihres gegenstands. möchte man sich wirklich mit der programmatik von john coltrane und sun ra beschäftigen (das wäre viel arbeit und würde einiges an text- und musik-exegese verlangen)? wohl kaum einer hier. coltrane ernsthaftigkeit abzusprechen würde mir nie einfallen. aber auch „space is the place“ ist auf irgendeiner ebene ziemlich ernstgemeint. 1961 war ja auch das jahr, in dem zum ersten mal ein mensch die erde aus ziemlicher entfernung einmal umflogen hat. und als ausdruck einer persönlichen utopie oder eines in-den-vorliegenden-lebensrealitäten-nicht-leben-könnens sowieso (was ich immer den realitäten zum vorwurf machen würde, nicht demjenigen, der damit nicht klar kommt).
also soll musik, vor allem avantgardistische, spaß machen – aber wenn sie spaß macht, wie bei ra, darf man sie deswegen auch ein bisschen belächeln (nicht ernst nehmen)? kirk ein clown? (hatten wir doch gerade hier, oder?) ich habe eigentlich nur über die musik geredet, überlegt, dass sie spaß macht, aber eben auch sehr ernsthaft betrieben wird – und da glaube ich beim arkestra eher zaubersprüche als kalauer (oder „praktizierte lebensfreude“) zu hören.
Nö, das müssen wir hier nicht ausdiskutieren, auch wenn die Programmatik von Sun Ra für dessen Musik und das Verständnis davon sicher nicht unwesentlich ist. Bei Sun Ra ist ja nicht nur die Musik programmatisch, das von Herman Blount geschaffene alter ego Sun Ra selbst ist Programm.
Ich fühle mich missverstanden: Habe ich gesagt, dass Sun Ra ein Clown ist, der Kalauer reißt? Überhaupt nicht! Auch ich meine bei Sun Ra einen utopischen Gegenentwurf zur „vorliegenden lebensrealität“ zu hören. Und dieses Utopia ist ein Himmelreich der unbegrenzten Möglichkeiten und wo sich unendliche Weiten auftun. Da herrscht auch Experimentierfreude, Verspieltheit, Freude, da darf der Avantgardist auch mal in bunten Gewändern auftreten, im übertragenen Sinne „zauberei“ praktizieren und Spaß haben ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen und da darf sogar mal gelacht werden. Wenn ich’s mal ganz platt ausdrücken wollte: Da herrscht Freiheit! Ja, Space Is the Place ist „auf irgendeiner ebene ziemlich ernstgemeint“ und ernst zu nehmen, und es schwingt auch gleichzeitig darin mit, dass dieses gelobte Land in unendlicher Ferne, noch jenseits von somewhere over the rainbow liegt und nie erreicht werden kann. Auch nicht mit Rocket Number 9. Außer in der Musik. Vielleicht kann man sagen: Die Musik ist Sun Ras Utopia.
Es ist mir schon klar, was die Weltraumfahrt der 50er/60er Jahre für Phantasien ausgelöst hat (btw: R.I.P. Spock), aber dass die Menschheit durch diesen technischen Fortschritt willens und fähig wäre, eine ideale neue Welt im Weltall zu schaffen, war doch auch damals Science Fiction und Utopie, aber keine realistische Vorstellung. In den 50er/60er Jahren dürfte es ja langsam gedämmert haben, dass Projekte vom gelobten Land, ob es nun die USA oder die UdSSR oder Deutschland über Alles oder was auch immer ist, am Ende doch nicht das einlösen, was man sich davon versprach. Herman Blount muss das mit seinen Erfahrungen als Afro-Amerikaner ja nun mehr als deutlich wahrgenommen haben. Alles andere wäre naiv.
Übrigens habe ich auch keineswegs behauptet, dass man die Musik von Sun Ra oder Sun Ra selbst belächeln darf. Habe ich nicht! Es ärgert mich, dass mir da etwas in den Mund gelegt wird und mir eine Einstellung unterstellt wird, die ich nicht habe und auch nicht zum Ausdruck gebracht habe. Ich verstehe aber auch nicht, warum man etwas, das Freude und Heiterkeit ausstrahlt – meinetwegen auch Humor hat – nicht ernst nehmen sollte. Ich nehme Sun Ra durchaus ernst, gerade weil er eine freudige Utopie entwirft, wobei mir aber auch immer klar scheint, dass diese Utopie natürlich niemals dauerhaft – höchstens für die Dauer, die die Musik spielt und hoffentlich danach noch im Kopf – verwirklicht wird. Das halte ich, so paradox es klingt, sogar für sehr realistisch und daher für ernst zu nehmen!
vorgartenszwed erzählt, dass ra mal um 1961 einem schmächtigen schwarzen teeenager auf der straße begegnet ist, der sich ihm als „gott“ vorgestellte. ra darauf: „hallo gott, wie geht’s?“ und der junge: „ich mag dich, sun ra, niemand anderer würde mich ernst nehmen.“
Das halte ich übrigens für sehr geistreichen Humor!
Viel Text, ich weiß, aber ich finde das interessant. Jetzt wieder Musik!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)oh, sorry, ich verstehe jetzt fast alles, was du schreibst, und habe das tatsächlich missverstanden. ich bin von deinem „praktizierte lebensfreude im hier und jetzt“ abgebogen, was mir bei jemandem, der seine band täglich 6 stunden üben und dann 4 stunden auftreten lässt und im wesetnlichen utopisch unterwegs ist, nicht naheliegend erschien.
FriedrichNö, das müssen wir hier nicht ausdiskutieren, auch wenn die Programmatik von Sun Ra für dessen Musik und das Verständnis davon sicher nicht unwesentlich ist. Bei Sun Ra ist ja nicht nur die Musik programmatisch, das von Herman Blount geschaffene alter ego Sun Ra selbst ist Programm.
was ich meine: das können wir nicht ausdiskutieren, weil keiner von uns sich mit der programmatik wirklich beschäftigt. und herman blount hat es meines erachtens nach nie gegeben…
Friedrichim übertragenen Sinne „zauberei“
wieso im „übertragenen sinne“?
Friedrich
Übrigens habe ich auch keineswegs behauptet, dass man die Musik von Sun Ra oder Sun Ra selbst belächeln darf. Wieso denn? Es ärgert mich sogar, weil mir da etwas in den Mund gelegt wird und mir eine Einstellung unterstellt wird, die ich nicht habe und auch nicht zum Ausdruck gebracht habe.hast du auch nicht. sorry.
FriedrichJetzt wieder Musik!
unbedingt.
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vorgartenoh, sorry, ich verstehe jetzt fast alles, was du schreibst, und habe das tatsächlich missverstanden. ich bin von deinem „praktizierte lebensfreude im hier und jetzt“ abgebogen, was mir bei jemandem, der seine band täglich 6 stunden üben und dann 4 stunden auftreten lässt und im wesetnlichen utopisch unterwegs ist, nicht naheliegend erschien.
Die Konzerte sind praktizierte Lebensfreude. Eine Feier des Lebens! (<- Klick! Ausgerechnet Halloween ...) [QUOTE]was ich meine: das können wir nicht ausdiskutieren, weil keiner von uns sich mit der programmatik wirklich beschäftigt. und herman blount hat es meines erachtens nach nie gegeben... Wissen wir nicht. Da würde ich ja fast schon wieder zu Robert Zimmerman abbiegen, der sagte, schon als Jugendlicher hatte er das Gefühl, von den falschen Eltern am falschen Ort und zur falschen Zeit in die (falsche) Welt gesetzt worden zu sein. Und dann ist er nach Greenwich Village gezogen und hat sich in Bob Dylan umbenannt. Meine Interpretation ist: Herman Blounts Utopie heißt Sun Ra. [QUOTE]wieso im "übertragenen sinne"? Na, Du weißt schon. Ich glaube nicht wirklich an das Kaninchen aus dem Hut. Aber die Illusion ist toll! [QUOTE]hast du auch nicht. sorry. Kein Problem. Ein Gespräch hilft ja oft weiter. [QUOTE]unbedingt. :bier: Bin ja schon dankbar, wenn man mir hier nicht schon wieder Hausverbot erteilt ...
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)erste aufnahmen aus dem choreographers workshop (1961)
die schnell organisierte studiosession war eine überraschende gelegenheit für das arkestra, in new york mit der arbeit anzufangen. das tatsächliche ankommen in der stadt, die organisation der band, arbeits- und probenmöglichkeiten waren deutlich schwierigere projekte. ein glück für sun ra war, dass bald schon ein neues festes mitglied zum arkestra dazustieß, das sich über viele jahrzehnte ziemlich unverzichtbar machen würde: tommy „bugs“ hunter, der nicht nur als drummer die band bereicherte, sondern auch gleich damit anfing, die proben des arkestras mit einem gebraucht gekauften ampex 601 rekorder aufzunehmen.
ra und hunter stießen schon 1947 in der band der r&b-sängerin lil green aufeinander. hunter war in chicago gut vernetzt und konnte ra jobs verschaffen. mit pat patrick zusammen bildeten sie 1951/52 das „space trio“, in dem ra zum ersten mal mit avantgardistischen kompositionen experimentierte. als sich das arkestra 1956 zu einer festen band zusammensetzte, war hunter allerdings schon in new york – u.a. weil er wegen einer frauengeschichte in chicago ziemlich bedrohlichen kontakt zur rotlichtszene bekam (ra fuhr ihn zum flughafen und brachte ihn so in sicherheit). schon in ihrer frühen gemeinsamen zeit brachte der pianist seinen drummer dazu, die proben aufzuzeichnen.
auch bei der probenraum-suche war hunter hilfreich. da er tanzensembles und sänger begleitete, hatte er u.a. zugang zum „choreographers‘ workshop“, einem haus mit mehreren übungsräumen in hell’s kitchen (414 W. 51st St., später, ab 1968, der ort des „cubiculo theatres“, einem wichtigen off-off-broadway-space und heimat der national shakespeare company), die das arkestra in der woche nach 21 uhr und am wochenende nutzen konnte. die meisten aufnahmen aus den ersten drei new yorker jahren entstehen hier. einiges schickte ra nach chicago zu alton abraham, der – meist sehr viel später – daraus alben zusammenstellte und auf el saturn records herausbrachte. das album mit den frühesten so entandenen aufnahmen war BAD AND BEAUTIFUL, es erschien 11 jahre später, 1972.
die band ist auf ein sextett geschrumpft: die drei saxophonisten gilmore, allen und patrick werden von ra, boykins und hunter begleitet und wechseln dabei gelegentlich zu einfachen percussioninstrumenten. allen spielt fast ausnahmslos flöte und hält sich ohnehin stark zurück. neben einige lyrischen baritonpassagen von patrick sind es vor allem der pianist und sein tenorsaxophonist, die den solo spot erhalten. hunter bekommt in der halligen kellerakustik des probenraums einen ziemlich transparenten sound aufs band, wenn er überhaupt etwas vernachlässigt, ist es sein eigenes drum kit. boykins ist jederzeit heraushörbar, und wenn die bläser pausieren, bekommt die rhythm section eine schöne, etwas buttrige präsenz, durch die gilmore und patrick beim wiedereinsatz scharf hindurchschneiden.
The first recordings was with just one microphone hanging in the center of everybody, but then I got enough money and I had three microphones. All those records were with three microphones mostly.
TP: You did a good job.
HUNTER: Well, you know how you’d place them was, the bass player and Sun Ra would be on one mike, you’d put an omnidirectional mike on the floor, and you’d have the bass player standing there, and you could adjust the volume between the two of them by lowering the mike or bringing it up closer to the piano. So it would take me a couple of minutes to do that, and then have a mike for the horns . . . All the horns had to stand around the mike, so he had them sitting around one mike. Then the other mike was for whoever was singing.
(hunter im interview mit ted panken.)
gesungen wird auf BAD AND BEAUTIFUL nicht. aber es gibt ein paar verrutschte show tunes, das titelstück aus dem 1952er hollywoodmelodram, „and this my beloved“ und „just in time“, wobei die ersteren wenig mehr als eine interessant arrangierte variation über das thema bieten (durch ras comping und allens schiefe flöte wirkt das allerdings sehr campy). „just in time“ ist ein schönes feature für gilmore, wohingegen ra die harmonien sehr deutlich nicht hinbekommt.
daneben gibt es ein paar sehr interessante aufnahmen, die ein anderes sound-interesse deutlich machen. „ankh“ (schon seit 1956 im arkestra-repertoire) wird ordentlich eingedüstert und leise glimmend durch patricks bariton gehaucht. es gibt einen sehr interessanten abstrakten blues („search light blues“), den boykins so hinreichend absichert, dass sich ra komplett aus der begleitung in ein schräges kommentieren verabschieden kann. und dann wiederum einen dezidiert traditionellen-blues (mit einem klassischen in-solo von patrick), in dem ra sogar zusätzlich zu boykins‘ walking bass linkshändige boogie-woogie-figuren beisteuert (außerdem ein großartiges solo, wo sich altes und neues komplett infrage stellen). „exotic two“ schließlich ist ein großer latin-operetten-auftritt des pianisten, ohne bläser, dafür mit viel percussion und einem drummer, der ums verrecken keinen latin-beat dazu spielen will.der broadway ist in laufweite, in den eher schäbigeren kinos laufen die ersten hongkong-martial-arts-filme, das arkestra ist musikalisch noch unbekannt, im stadtbild allerdings schon auffällig – die musiker tragen ihre bühnenkleidung auf der straße, zumal es für das arkestra auch erst 1962 eine erste bühne geben wird. tommy hunter entdeckt durch zufall einen reverb-effekt in seiner aufzeichnungsapparatur, und das arkestra wird sich von show tunes und in-spiel immer weiter entfernen. aber darüber dann in den nächsten posts.
hier der „search light blues“:
und, weil es so schön ist, noch das hier:
zuletzt geändert von vorgarten--
Ich habe jetzt beim späten Frühstück die Muße das mal aufmerksam zu lesen.
Ja, das ist böse und schön und interessant, in welchem Milieu das Arkestra sich damals bewegte, was zeigt, welchen Einflüssen es damals ausgesetzt war, vermuten lässt, dass der Cocktail auch noch weitere Zutaten hatte und dass das Arkestra keine Berührungsängste zeigte. Broadway, Off-Off-Broadway, Tanztheater, natürlich der Jazz, den man in der eigenen DNA mitbrachte und was-immer-sonst-noch. Hat Sun Ra nicht viel später auch Songs aus Disney-Filmen gespielt?
Und – Haha! – dank google kann ich mir jetzt auch anschauen, wo das Arkestra damals geprobt hat.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)FriedrichHat Sun Ra nicht viel später auch Songs aus Disney-Filmen gespielt?
ja, ende der 80er. allmusic erklärt die verbindung. und ein fan hat sich mal den spaß erlaubt, musik und film zusammenzubringen:
FriedrichUnd – Haha! – dank google kann ich mir jetzt auch anschauen, wo das Arkestra damals geprobt hat.
ja, aber jetzt sind das natürlich alles luxus-condos, „described on a real estate site as a fabulous brownstone penthouse duplex with 4 bedrooms, 3 full baths ‚right out of La Bohème but without all the coughing and the poverty.'“ (von hier.)
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vorgartenja, ende der 80er. allmusic erklärt die verbindung. und ein fan hat sich mal den spaß erlaubt, musik und film zusammenzubringen:
(…)
Ja, genau. Hier ist noch ein von Bild- und Tonqualität besseres Video. Das ist wirklich toll!
vorgartenja, aber jetzt sind das natürlich alles luxus-condos, „described on a real estate site as a fabulous brownstone penthouse duplex with 4 bedrooms, 3 full baths ‚right out of La Bohème but without all the coughing and the poverty.'“ (von hier.)
Das ist der Lauf der Dinge. Immerhin treffend beschrieben. Auch als Berliner kann man davon ein Lied singen.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Der Thread motiviert mich nicht nur, meine Lücken bei Sun Ra zu schließen, sondern auch die Alben zu hören.
Bad and Beautiful ist sicher eines der konventionelleren Alben von Sun Ra. Wenn man es mit The Futuristic Sounds vergleicht, dann fällt auf, dass das Savoy Album viel mehr typische Elemente der anderen Sun Ra Alben besitzt. Die überbordende, seltsame Perkussion, an der man viele Sun Ra Alben erkennt fehlt auf Bad and Beautiful fast gänzlich oder steht im Hintergrund. Stattdessen dominieren die Bläser, weshalb es relativ normal wirkt – wie ein schlecht aufgenommenes zeittypisches Jazzalbum. Keine seltsamen Gesänge, kein Space-Organ.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75Bad and Beautiful ist sicher eines der konventionelleren Alben von Sun Ra. Wenn man es mit The Futuristic Sounds vergleicht, dann fällt auf, dass das Savoy Album viel mehr typische Elemente der anderen Sun Ra Alben besitzt. Die überbordende, seltsame Perkussion, an der man viele Sun Ra Alben erkennt fehlt auf Bad and Beautiful fast gänzlich oder steht im Hintergrund. Stattdessen dominieren die Bläser, weshalb es relativ normal wirkt – wie ein schlecht aufgenommenes zeittypisches Jazzalbum. Keine seltsamen Gesänge, kein Space-Organ.
sehe ich tendenziell genauso. beides sind natürlich übergangsalben und haben als solche ihren reiz. auf FUTURISTIC SOUNDS kommen die präzisen arrangements mehr zum tragen. und es gibt zumindest einen festen congaspieler. aber BAD AND BEAUTIFUL ist auch nicht so zeittypisch, finde ich – die saxophonisten spielen ja auch mehr percussion als saxophon, und der sound ist meines erachtens nach eher speziell als schlecht (man hört ja alles). über gilmores beiträge freue ich mich auch immer mehr, aber es ist pat patrick, der – in dieser verhallten akustik – diese dunkle eleganz wiedereinbringt, die ich bei den allerersten chicago-aufnahmen des arkestras so toll finde und die zwischendurch etwas weg war. und: auf BAD hört man mehr ra als auf FUTURISTIC.
aber es stimmt schon – beide alben sind nicht wirklich existenziell, und die arkestra-typische brillanz liegt in der savoy-aufnahme schon in den arrangements; auf dem folgealbum muss sie sich erst durch die soli ereignen.
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Ok, dann sind wir uns ja weitgehend einig. Der Sound auf Bad & Beautiful ist eben furchtbar verhallt. Ja, man hört alles, aber es klingt, als sei es in einem Schuhkarton aufgenommen worden.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75… Der Sound auf Bad & Beautiful ist eben furchtbar verhallt. Ja, man hört alles, aber es klingt, als sei es in einem Schuhkarton aufgenommen worden.
Wie in einer Waschküche! Und so ähnlich wird es wohl auch tatsächlich gewesen sein.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)nail75Der Sound auf Bad & Beautiful ist eben furchtbar verhallt. Ja, man hört alles, aber es klingt, als sei es in einem Schuhkarton aufgenommen worden.
hall in einem schuhkarton?
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Ich habe gestern einen Post nicht abschicken können, keine Ahnung, was los war … darin stand die Frage, wie Hunter denn sonst so ist. Auf „Bad and Beautiful“ klingt er nicht nur schlecht sondern spielt – so man das denn unterscheiden kann – für mein Empfinden auch alles andere als toll. Bin mir nicht sicher, ob ich schon anderes mit ihm vorliegen habe, daher einfach mal die Frage hier. Die Drummer auf den Chicago-Aufnahmen (Robert Barry!) finde ich jedenfalls deutlich interessanter, und Hunter war ja bald einer von mehreren Drummern bzw. Perkussionist neben anderen Drummern, daher sei die Frage gestattet (und das schmälert ja keineswegs seine Verdienste, was die Dokumentation der Band betrifft).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbavorgartenhall in einem schuhkarton?
Ne, du hattest schon recht mit dem vorherigen Post, klingt nach Betonraum.
@gypsy: Keine Ahnung, aber recht hast du, die Musik lebt von den Soli. Vielleicht durfte er nur mitmachen, weil er Equipment und technisches Verständnis (?) mitbrachte.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum. -
Schlagwörter: Chicago, Cosmic Jazz, Free Jazz, Jazz, John Gilmore, Knoel Scott, Marshall Allen, Pat Patrick, Ronnie Boykins, Sun Ra
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