Retromania | ist Pop tot?

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  • #8682539  | PERMALINK

    hal-croves
    אור

    Registriert seit: 05.09.2012

    Beiträge: 4,617

    Wirklich faszinierend: es gibt eine distinkte Gattung von Forumsbeiträgen, für die ich noch einen griffigen Namen finden muss, die stets zum Inhalt hat, Ausschluss- bzw. Erkennungsmerkmale für die Blöden, Doofen und Ignoranten zu definieren, die deutlich erkennen lassen, dass der jeweilige Autor selbstverständlich nicht zu denen gehört. ;-)

    EDIT: Ich hab’s! Ich werde solche Beiträge fortan Pharisäerbriefe nennen.

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    "Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=
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    #8682541  | PERMALINK

    nicht_vom_forum

    Registriert seit: 18.01.2009

    Beiträge: 6,438

    ReinoFast so schwer zu definieren wie „Popmusik“: Wer sind die „wirklich Musikinteressierten“? Kann jemand, der sich für Popmusik begeistert, ein „wirklich Musikinteressierter“ sein? Oder muß ein „wirklich Musikinteressierter“ sich für ALLE Arten von Musik interessieren, inklusive klassischer Musik, Popmusik, Fahrstuhlmusik und Rolf Zuckowski?

    Ok, das war schlecht formuliert. Mir geht’s um die kleine Gruppe Leute, die nicht nur hört, was a) gerade im Radio läuft oder b) aktuell war, als sie Jugendliche waren.

    Hal CrovesWirklich faszinierend: es gibt eine distinkte Gattung von Forumsbeiträgen, für die ich noch einen griffigen Namen finden muss, die stets zum Inhalt hat, Ausschluss- bzw. Erkennungsmerkmale für die Blöden, Doofen und Ignoranten zu definieren, die deutlich erkennen lassen, dass der jeweilige Autor selbstverständlich nicht zu denen gehört. ;-)

    Falls Du mich damit meinst: Ich finde nichts Schlimmes daran, keinen ausgeprägten und reflektierten Musikgeschmack zu haben oder irgendwann nur noch bekanntes zu hören. Man kann sich ja nicht für alles interessieren. Überheblichkeit damit nichts zu tun. Ich gehöre zwar tatsächlich (noch) nicht zu dieser Gruppe, dafür interessiere ich mich allerdings für andere Dinge nicht. ;-)

    --

    Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.  Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dick
    #8682543  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    Herr RossiDen Wälzer von Reynolds habe ich mir nun zugelegt, der liest sich aber nicht an einem Nachmittag.

    Ich bin gespannt, ob du nach Lektüre dem einen oder anderen Denkansatz Reynolds doch etwas abgewinnen kannst.

    AlbertoEs gehört nicht ausschließlich zum Thema, teilweise aber doch:

    Miriam Meckel legt in ihrem Vortrag in der Teleakademie (lief heute früh auf 3sat) dar, wie die Algorithmen im Internet dafür sorgen, dass sich dort letzten Endes alles nach dem richtet, was schon vorher da war.

    Danke für den sehr interessanten Link. Der Vortrag der Medienkommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel spannt einen großen Bogen zum Thema Veränderung der Gesellschaft, der natürlich auch Popkultur und Popmusik enthält. In ihren Thesen deuten sich sogar Ursachen für retromanisches Verhalten an.

    I-like-Button bei Facebook: „das Objekt kann nicht gemocht werden!“

    Wo wir leben, was wir kaufen, wohin wir reisen, mit wem wir sprechen, was wir mögen, wen wir lieben – all das ist in den Computernetzwerken längst über uns gespeichert und wird so ausgewertet, dass wir vorhersagbar werden. Der Computer weiß, wie wir entscheiden werden, bevor wir das selbst wissen. Wir kaufen Bücher, die Amazon uns vorschlägt, wir hören Musik, die Apple uns empfiehlt, wir befreunden uns mit Menschen, die Facebook für passend hält. Alles wird analysierbar. Aus Kunden werden Produkte. Der Determinismus der Rechenmaschinen führt im Internet nicht zu grenzenloser Freiheit der Entscheidungen, sondern in die Echokammer netzbedingter Kurzsichtigkeit [und mittels iPod in die Schäfchenwelt eines guided life]. Aber um welchen Preis?

    [Miriam Meckel | aus: Total Recall – Wie das Internet unser Denken und Leben verändert]

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    #8682545  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    Wo wir leben, was wir kaufen, wohin wir reisen, mit wem wir sprechen, was wir mögen, wen wir lieben – all das ist in den Computernetzwerken längst über uns gespeichert und wird so ausgewertet, dass wir vorhersagbar werden. Der Computer weiß, wie wir entscheiden werden, bevor wir das selbst wissen. Wir kaufen Bücher, die Amazon uns vorschlägt, wir hören Musik, die Apple uns empfiehlt, wir befreunden uns mit Menschen, die Facebook für passend hält. Alles wird analysierbar. Aus Kunden werden Produkte. Der Determinismus der Rechenmaschinen führt im Internet nicht zu grenzenloser Freiheit der Entscheidungen, sondern in die Echokammer netzbedingter Kurzsichtigkeit [und mittels iPod in die Schäfchenwelt eines guided life]. Aber um welchen Preis?

    [Miriam Meckel | aus: Total Recall – Wie das Internet unser Denken und Leben verändert]

    Kann die nicht einfach die Klappe halten? Das ist ja ein unerträglich flaches Geseiere…

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    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #8682547  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    lathoKann die nicht einfach die Klappe halten? Das ist ja ein unerträglich flaches Geseiere…

    ;-)

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    #8682549  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    lathoKann die nicht einfach die Klappe halten? Das ist ja ein unerträglich flaches Geseiere…

    die ist halt ausgebrannt…

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    #8682551  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    Testcard #21: Überleben, was nun? Ignorieren, rumjammern, konvertieren, positionieren?

    Popkultur war lange Zeit Rebellion gegen alles Bürgerliche; lebte im und aus dem Überfluss. Junge schöne Menschen führten vor, dass das Leben intensiver, cooler, freier, glamouröser sein kann als der bürgerliche Trott. Wer dabei zu Tode kam, starb als jugendlicher Märtyrer im Dienste des Vitalismus, im Dienste des Exzesses, mit anschließender Apotheose. Live fast, die young. Wer dieses Ziel verfehlte, kaufte sich dann eben später doch eine Villa nebst Treppenaufgang für die Platinschallplatten. Eingebettet war diese Verheißung in ein gesamtgesellschaftliches Fortschrittsklima, das so selbstverständlich und stabil schien, dass es wahlweise ignoriert, kritisch hinterfragt oder utopisch überboten werden konnte. Und wenn es mit der Utopie dann doch nicht klappte, blieb als Trostpreis immer noch der Rückzug in den Bürgerstand, Beamtenjob, Familie und Haus.

    Sicher war es früher nicht nur so. Und sicher ist es heute nicht nur anders. Doch dass sich das Klima seit dem Golden Age of Pop kulturell, sozial und ökonomisch grundlegend verändert hat, kann nur bestreiten, wer die Stones 2011 noch für die hipste Band der Welt hält. Eine heikle Frage, denn Teil der Geschäftsgrundlage von Pop war es, die Frage nach der eigenen Lebensgrundlage (das Schließlich-auch-von-irgendetwas-leben-müssen) immer als Nebenwiderspruch zu behandeln, die sich irgendwie von selber regelt: durch kommerziellen Erfolg, solidarische Netzwerke oder undergroundige Bedürfnislosigkeit. Und ist die aktuelle Konjunktur von Überlebens-Fragen nicht vielleicht nur die Bestätigung dafür, dass der allgemeine Sicherheitswahn nun auch Pop- und Subkulturen erreicht hat?

    Der Wandel betrifft zunächst die popinterne Generationenlogik, wo sich anstelle des vermeintlich ewigen Kulturkampfs der jeweils neuesten Jungen Wilden gegen die jeweils neuesten Alten Fürze inzwischen eine schwammige Koexistenz von altersbestimmten wie alterslosen Role Models samt den zugehörigen, mehr oder weniger würdevollen Alterungs-, Überlebens- und auch Ablebensmodi ausgebreitet hat. Noch mehr verschoben haben sich allerdings die gesamtökonomischen Rahmenbedingungen: Scheint die laute Aufbruchsstimmung von einst doch über die Jahrzehnte, und im Lauf der Nullerjahre immer offener, einer leisen Abbruchsstimmung gewichen zu sein. Immer weniger ist von Überschreitungen und Fortschritt, immer mehr dagegen von Bestandswahrung und Überlebensstrategien die Rede. War Pop früher mit Arbeitsverweigerung, Lob der Faulheit oder zumindest der Geste des Nichtstuns verbunden, geriert sich der Popbetrieb mittlerweile als buntes Berufsfeld, bei dem prinzipiell jede und jeder mitmachen darf, kann, soll und zuguterletzt auch muss.

    Aber mag solche Kritik, sofern sie nicht aus dem Glashaus saturierten Pop-Beamten- oder Ex-Revoluzzertums kommt, auch in Teilen berechtigt sein, sie ändert doch nichts am Befund, dass sich auf dem Feld der Pop- und Anti-Popkultur einst selbstverständliche Chancen, Erwerbsmöglichkeiten, Residuen, Lebensmodelle, Bezahlgepflogenheiten, Absicherungen und Ausstiegsoptionen auf eine Art verdünnt haben, die allen, die mehr und anderes wollen als Ackermann/Bohlen/Zuckerberg, die Frage nach der eigenen materiellen und ideellen Lebensgrundlage immer intensiver aufdrängt: Finanzielle und kulturelle Kapitalströme wurden umgeleitet, Konzern-Renditen maximiert, Verluste sozialisiert, Sozialleistungen einkassiert, reale Infrastrukturen und Produkte virtualisiert oder ins Unbezahlbare ideologisiert, neuer Content eingespart, vorhandener oben copyrightisiert und unten enteignet, vormals feste, tariflich bezahlte Stellen wegrationalisiert oder mit Praktikantinnen besetzt, Konzernrenditen weiter maximiert, umstrukturiert, flexibilisiert, outgesourced, reformiert, bolognisiert – und dabei immer tendenziell mehr Freiraum einkassiert als neu eröffnet.

    Was tun? Vier Strategien:
    – Ignorieren (was oft hilfreich und heroisch, aber auch naiv, verlogen oder kontraproduktiv sein kann).
    – Rumjammern (was entgegen dem herrschenden Popdiskurs-Kasernenhof-Verdikt dagegen, durchaus hilft, aber nicht weiterführt; zumal die Lautstärke meist umgekehrt proportional zum Anlass ist).
    – Konvertieren (also im Arschloch des Systems verschwinden, wobei die Frage ist: In welchem System eigentlich genau? Und zu welchem Preis? Wie tief? Wie endgültig? Wie totalitär?).
    – Die ökonomischen Macht- und Feldverschiebungen möglichst nüchtern analysieren und möglichst unernüchterte Positionen dazu entwickeln, erproben und gegebenenfalls erkämpfen.

    [Holger Adam, Roger Behrens, Wolfgang Brauneis, Jonas Engelmann, Frank Apunkt Schneider, Johannes Ullmaier, Christian Werthschulte, Chris Wilpert (Hrsg.) | aus: Überleben. Pop und Antipop in Zeiten des Weniger]

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    #8682553  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    Aber mag solche Kritik, sofern sie nicht aus dem Glashaus saturierten Pop-Beamten- oder Ex-Revoluzzertums kommt, auch in Teilen berechtigt sein, sie ändert doch nichts am Befund, dass sich auf dem Feld der Pop- und Anti-Popkultur einst selbstverständliche Chancen, Erwerbsmöglichkeiten, Residuen, Lebensmodelle, Bezahlgepflogenheiten, Absicherungen und Ausstiegsoptionen auf eine Art verdünnt haben, die allen, die mehr und anderes wollen als Ackermann/Bohlen/Zuckerberg, die Frage nach der eigenen materiellen und ideellen Lebensgrundlage immer intensiver aufdrängt: Finanzielle und kulturelle Kapitalströme wurden umgeleitet, Konzern-Renditen maximiert, Verluste sozialisiert, Sozialleistungen einkassiert, reale Infrastrukturen und Produkte virtualisiert oder ins Unbezahlbare ideologisiert, neuer Content eingespart, vorhandener oben copyrightisiert und unten enteignet, vormals feste, tariflich bezahlte Stellen wegrationalisiert oder mit Praktikantinnen besetzt, Konzernrenditen weiter maximiert, umstrukturiert, flexibilisiert, outgesourced, reformiert, bolognisiert – und dabei immer tendenziell mehr Freiraum einkassiert als neu eröffnet.

    Seufz. Die Wiederholung, die Repetition, das Aneinanderreihen ähnlicher Wörter, die Verkettung von Synonymen und die Duplizierung der immergleichen Tiraden, Parolen, Schlagwörter und Slogans machen einen Text, eine Glosse, eine Aussage oder eine Kritik nicht besser, sinnvoller, geistreicher oder gar lesbarer.

    Seriously, streng dich mal etwas mehr mit deinen Fundstücken an. Oder besser, schrieb selber etwas.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #8682555  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    Kultur des Überlebens und des Durchwurschtelns.

    David Mackenzie zeigt in seinem Film wie Überleben funktioniert. In PERFECT SENSE verlieren die Menschen nach und nach all ihre Sinne. Trotzdem geht ihr Leben immer irgendwie weiter. Können sie nicht mehr riechen, würzen sie ihr Essen um ein Vielfaches. Können sie nicht mehr hören, pressen sie ihre Ohren dicht an die Musikboxen. Vielleicht schmecken sie ja doch noch etwas, vielleicht fühlen sie wenigstens, wie die Vibrationen der Musik den eigenen Körper treffen. Gegen Ende verlieren sie dann ihr Augenlicht, während sie aufeinander zugehen. Sie schaffen es gerade noch, sich aneinander festzuhalten. Eine Stimme aus dem Off sagt: Wenn sie jetzt jemand sehen würde, sähen sie aus wie ein normales Liebespaar. Sie wissen alles, was sie wissen müssen – selbstvergessen gegenüber der Welt um sie herum. Nur so geht das Leben weiter. Im Überlebensmodus ist die Welt um uns herum nur noch ein Störfaktor. Selten hatte der Kampf ums Überleben einen so prominenten Platz in der Popkultur wie heute. Dabei geht es nur scheinbar immer ums Ganze: Im Grunde geht es immer nur darum, selbst irgendwie über die Runden zu kommen: die volle Dröhnung Nichts.

    Der Popkritiker Martin Büsser hat das Phänomen des Überlebens in seinem Buch MUSIC IS MY BOYFRIEND einmal am Beispiel von Phil Collins erzählt. Dieser mache Musik, von der niemand sagen könne, wofür sie eigentlich steht – von Collins selbst einmal ganz zu schweigen. Seine Musik schwebe nun seit nunmehr dreißig Jahren überall ‘in the air’. Er ist der erste Mensch, dem es gelang, alleine über die Erzeugung von völliger Interesselosigkeit zum Milliardär zu werden. Überleben, egal wie, egal wofür – das Prinzip begleitet die Popkultur mit Phil Collins mindestens seit den 70er Jahren. Der Punk hatte sich mit seinem ‘No Future’ abzugrenzen versucht, gesagt: das hier ist kein Leben. Doch geblieben ist nicht Punk, sonder Phil.

    Was hat das nun für Folgen? Wie sich diese Kultur des Überlebens und des Durchwurschtelns, die man aus allen sozialen Sphären kennt entwickelt hat, könnte man auch in dem Wandel von der Kulturindustrie zur Popkultur beschreiben. Beide Begriffe charakterisieren nie ein gesellschaftliches Subsystem, sondern immer die Gesellschaft als Ganzes. Kulturindustrie beschreibt den Versuch, die vormals nur einer Elite zugängliche Hochkultur in der aufgekommenen Massengesellschaft zu verankern. Da in der Massengesellschaft die Warenproduktion alle Lebensbereiche durchdringt, wird auch die Kultur zur Ware. Popkultur wäre demzufolge der Zustand, in dem die Ware selbst zur Kultur erhoben wird, Pop somit eine medial vermittelte Intensität, die im Leben einzulösen den Rezipienten bereits deshalb unmöglich erscheint, weil sie diese Intensität schlechthin nur noch als medial vermittelte kennen – so Büsser. Die Popkultur reproduziert die immer gleichen Versprechen nach Liebe und intensivem Erleben, weil uns in einer Welt, wo nur noch Bier und Küsse schmecken, nichts anderes bleibt, als entweder vom Verlust zu singen oder die Lust zu trommeln.

    Warum ist die Suche nach verstörenden Momenten nun so schwer geworden? Zum einen, weil der so verstandenen Avantgarde seit geraumer Zeit eine Kategorie abhanden gekommen ist: die des Neuen. Der digitale Zugang zu den kulturellen Artefakten der Vergangenheit, stelle eine Form des Überflusses dar, die längst Krise geworden sei. Musik bestehe zu weiten Teilen nur noch aus Referenzen. Somit ist das per se verstörende Element des Neuen weggefallen. Popmusik und dessen Kritik befinden sich weitgehend in einem selbstreferentiellen Loop. Zum anderen haben sich die, die sich vom Mainstream abgrenzen wollen, in Nischen eingenistet, eigene Netzwerke, alternative Vertriebswege gefunden. Aber wer soll da noch den Überblick behalten? Und wie sollen die vielen Nischen eine Wirkung erzeugen?

    [Sebastian Dörfler/Martin Büsser | aus: Überall, nur nicht hier]

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    #8682557  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    lathoSeriously, streng dich mal etwas mehr mit deinen Fundstücken an.

    Foreplay! :-)

    --

    #8682559  | PERMALINK

    reino

    Registriert seit: 20.06.2008

    Beiträge: 5,700

    #8682561  | PERMALINK

    demon

    Registriert seit: 16.01.2010

    Beiträge: 66,870

    tolomoquinkolomKultur des Überlebens und des Durchwurschtelns. uswusf…

    Danke für all diese Zitate; massig Stoff zum Nachdenken.

    Aber je mehr ich davon lese, desto mehr komme ich zu der Überzeugung:
    Weniger die Popmusik hat ein Problem, als vielmehr ihre intellektuellen
    Kritiker.
    Der Kultur werfen sie Stillstand vor, aber selber sind sie in den
    Denkmustern von anno Tuck gefangen, und die „Krise“ besteht in Wahrheit
    darin, dass diese Denkmuster heute nimmer funktionieren.
    Das ist ungefähr so, als würde man dem kalten Krieg nachtrauern, mit der
    Begründung, er habe Menschen zu Höchstleistungen motiviert.

    --

    Software ist die ultimative Bürokratie.
    #8682563  | PERMALINK

    hotblack-desiato

    Registriert seit: 11.11.2008

    Beiträge: 8,595

    Vor allem kann man immer genug Punkte finden um diese Diskussion aufzublasen. So als ob man jeden neuen Film als Retro abtut indem man sagt: Iihh, ein Film mit Menschen und Handlung.

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    ~ Mut ist, zu wissen, dass es weh tun kann und es trotzdem zu tun. Dummheit ist dasselbe. Und deswegen ist das Leben so schwer. ~
    #8682565  | PERMALINK

    tolomoquinkolom

    Registriert seit: 07.08.2008

    Beiträge: 8,651

    DemonDanke für all diese Zitate; massig Stoff zum Nachdenken. Aber je mehr ich davon lese, desto mehr komme ich zu der Überzeugung: Weniger die Popmusik hat ein Problem, als vielmehr ihre intellektuellen Kritiker. Der Kultur werfen sie Stillstand vor, aber selber sind sie in den Denkmustern von anno Tuck gefangen, und die „Krise“ besteht in Wahrheit darin, dass diese Denkmuster heute nimmer funktionieren. Das ist ungefähr so, als würde man dem kalten Krieg nachtrauern, mit der Begründung, er habe Menschen zu Höchstleistungen motiviert.

    Genügt es denn schon über Fragen nachzudenken, um als intellektuell zu gelten? Ich weiß nicht recht. In Reynolds sehe ich z.B. keinen Intellektuellen, sondern einen Musikfan (der allerdings etwas vermisst und dies auch schreibt).

    Und die Kritik am (gefühlten) Stillstand der Popkultur (Musik/Film) ist ja nicht so abwegig, wenn man genauer hinsieht. Der laute Aktionismus der medialen Geschmacksmonopolisten ähnelt eher multiplen Rochaden mit austauschbaren Künstlern und Produkten, als einer feststellbaren Entwicklung irgendwohin. Von der musikalischen Sackgasse z.B. mit metastasisch infantilem Dancefloor-Geblubber (einer modernen Form von Marschmusik) und dilettierenden Sampling- und Remix-Clowns, bei deren konfettiartiger Arbeitsweise vom Zitatcharakter nur noch der erste Wortteil übrig blieb, bis zur Flucht der Popmusikkonsumenten in die sichere Retro-Wohlfühlzone ist es nur ein kleiner Schritt vom Dschungel in den Zoo.

    Von welchen Denkmustern der Kritiker sprichst du?
    .

    --

    #8682567  | PERMALINK

    demon

    Registriert seit: 16.01.2010

    Beiträge: 66,870

    tolomoquinkolom
    […] mit metastasisch infantilem Dancefloor-Geblubber (einer modernen Form von Marschmusik) […]
    Ich liebe es, wenn provozierende Aussagen in Nebensätzen versteckt
    werden!:liebe:
    (Bring deine Aussage zu Tanz- vs. Marschmusik als eigenes Thema
    aufs Parkett, dann reden wird drüber. Das ist ja nicht uninteressant.)

    Von welchen Denkmustern der Kritiker sprichst du?

    Z.B. vom Denkmuster, dass Innovation einen Wert an sich hat,
    und dass sie zeitlosen Gesetzmäßigkeiten folgen müsse.

    --

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