Startseite › Foren › Kulturgut › Das musikalische Philosophicum › Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …
-
AutorBeiträge
-
nail75
nicht_vom_forum
bullitt
latho
plattensammler […] Und jeder kann sich aussuchen, ob er lieber auf der Seite der Diskriminierten oder der Diskriminierenden stehen möchte und entsprechend in das jeweilige Horn blasen.
Weil es natürlich nur zwei Seiten gibt und nichts dazwischen.
Zumindest mal ganz spannend, den Radikalisierungsprozessen anderer live beizuwohnen.
Zum Glück besteht die Gefahr der Radikalisierung ja immer nur bei anderen.
Aber hallo! Bullitt hat seine eigene Radikalisierung vermutlich gar nicht auf dem Schirm.
Radikalisierung durch nicht anpassen des Mindsets? Politisch, ideologisch, religiös motivierte Restriktionen von Kunst – in welcher Ausprägung auch immer – habe ich nie gutgeheißen und werde ich nie gutheißen. Punkt. Wenn das in diesem Forum irgendwann nicht mehr Status Quo sein sollte, brauche ich mich hier auch nicht mehr weiter über Kunst auszutauschen.
--
Highlights von Rolling-Stone.deDire Straits und „Brothers In Arms“: Gitarre in den Wolken
Alle Alben von Paul McCartney im Ranking
13 irre Fakten zu den Videos von Queen und Freddie Mercury
50 Jahre „The Köln Concert“: Fliegen mit gestutztem Flügel
Sid Vicious: Die letzten Tage im Leben des Sex-Pistols-Bassisten
Xavier Naidoo: Das „Ich bin Rassist“-Interview in voller Länge
Werbung
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
irrlichtGanz grundsätzlich: Gibt es aber nicht auch einen Grundsatz, der vorsieht, dass Werke so erscheinen, wie sie auch vom Künstler intendiert waren? Ich finde diese Frage bei sehr starken Eingriffen (und das wären Bespiele wie komplette textliche Änderungen, Berufsänderungen von Figuren usw.) doch sehr relevant.
Wie ich anderer Stellen schon ironisch schrieb, haben alle Verlage angestellte Zensoren, die die Werke von Autoren bearbeiten, die sie aber zur Tarnung Lektoren nennen. Nun mag es sicher den ein oder anderen Autoren geben, wo das weniger gemacht wird als bei anderen, geschenkt.
Das scheint mir eine sehr romantische Vorstellung von „Kunstwerken“ zu sein. Verlage, Plattenfirmen, Filmverleiher u.v.a.m. ändern seit je her die „Kunstwerke“, wenn sie denken, das tut dem Verkauf gut. So geht es in deutschen Versionen vom Hitchcockfilm nicht mehr um Nazis, sondern um Drogenhändler, Prince’s Dreifachalbum wird zu einem Doppelalbum verkürzt, „zu viel“ Dialog wird aus Filmen rausgeschnitten, dafür kommen ein paar mehr Sexszenen rein (war noch von einem anderen Film übrig) usw. usw. Das ist alles business as usual. Hat – das nur nebenbei – zu der lustigen Entwicklung geführt, dass man einem Film dann ein paar Jahre später als Directors-Cut nochmal verkaufen kann. Da kommen dann der Director und seine Fans zu ihrem „wahren Kunstwerk“ und der Verleih kann nochmal Kasse machen. Und ich hoffe, es fällt jetzt niemand in Ohnmacht, wenn er erfährt, dass in einem Theaterstück nur äußerst selten der Text so aufgesagt wird, wie er ihn aus seinem Reclamheftchen kennt. Briefwechsel zwischen Autoren und Verlegern füllen ihrerseits meterweise Regale, wo es darum geht, was und wie der Autor schreiben solle… Kunstwerke werden vor, während oder nach der Produktion verändert, aus den unterschiedlichsten Gründen, die man gut oder schlecht finden kann.
--
bullitt
nail75
nicht_vom_forum
bullitt
latho
plattensammler […] Und jeder kann sich aussuchen, ob er lieber auf der Seite der Diskriminierten oder der Diskriminierenden stehen möchte und entsprechend in das jeweilige Horn blasen.
Weil es natürlich nur zwei Seiten gibt und nichts dazwischen.
Zumindest mal ganz spannend, den Radikalisierungsprozessen anderer live beizuwohnen.
Zum Glück besteht die Gefahr der Radikalisierung ja immer nur bei anderen.
Aber hallo! Bullitt hat seine eigene Radikalisierung vermutlich gar nicht auf dem Schirm.
Radikalisierung durch nicht anpassen des Mindsets? Politisch, ideologisch, religiös motivierte Restriktionen von Kunst – in welcher Ausprägung auch immer – habe ich nie gutgeheißen und werde ich nie gutheißen. Punkt. Wenn das in diesem Forum irgendwann nicht mehr Status Quo sein sollte, brauche ich mich hier auch nicht mehr weiter über Kunst auszutauschen.
Was ich meine, das erkläre ich dir, wenn/falls wir uns mal wieder persönlich sehen. Das würde hier im Forum nur böse enden.
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.@nail75 Sehr gerne. Ergibt sich hoffentlich demnächst mal wieder eine Gelegenheit. 🙂
--
bullitt Wenn das in diesem Forum irgendwann nicht mehr Status Quo sein sollte, brauche ich mich hier auch nicht mehr weiter über Kunst auszutauschen.
Nur die Ruhe. Davon sind wir dankenswerterweise weit entfernt: Hurra, wir streiten noch! Was mich betrifft: Ich habe hier von Leuten, die mir zustimmen, und Leuten, die mir widersprechen, so viel Bedenkenswertes gelesen, dass mich der Austausch weiterhin bereichert.
--
nail75
Wenn man die Grenzen allzu weit fast, dann bietet sich ein Geschlechterwechsel für manche Art von Sportlern geradezu an. Einige Verbände erklären deshalb schon, dass nur Athleten bei dem Geschlecht mitmachen dürfen, in dem sie die Pubertät durchlebt haben. Für Amateursportler/innen mag das ärgerlich sein, aber auf Profi-Niveau drohen einfach nicht zulässige Verzerrungen.
Dass man irgendwie mit der Thematik umgehehen muss, ist meiner Meinung nach offensichtlich. Ich denke allerdings, dass gerade im Sport, wo prinzipbedingt alle Regeln künstlich sind und nicht ausgleichbare körperliche Ungleichheiten den Wettkampf ja oft gerade erst ausmachen, auch Regelungen möglich sind, die nicht diskriminieren und/oder entwürdigen (im Gegensatz zu fast allem, was momentan so durch die Presse geistert). Mir fallen spontan beispielsweise Gewichtsklassen oder ähnliches ein.Was mich aber bei der Transgender/Sport-Thematik schon wieder stört, ist dass auch dieses Thema viel größer gemacht wird als es letztendlich sein wird. Genausowenig wie ein DAX-Vorstandsmitglied das Geschlecht wechseln wird, um wegen einer Frauenquote bessere Chancen auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden zu haben, wird sich ein männlicher Profi-Verein geschlossen als transgender erklären, nur um zwei Ligen aufzusteigen.
Ich finde es auch bedenklich, dass sich ausgerechnet bei Transgender-Sportlern auf einmal Gedanken wegen Verzerrungen gemacht werden, während von den selben Leuten alle anderen verzerrenden Aspekte geradezu aktiv ausgeblendet werden: Beispielsweise Geld, Technik, Trainingsmöglichkeiten usw. usf…
--
Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dicknail75 Solche Fälle verdeutlichen aber, dass man eben vieles „selbstbestimmen“ kann, es aber immer noch einen Faktor Natur gibt, denn man nicht komplett ausschließen kann. Jeder Fußballfan weiß, dass ein gut trainiertes männliches U17-Team jede Frauenfußballmannschaft aus dem Stadion schießt. Gleiches gilt für Tennis, Golf, Handball, Volleyball und alle anderen Sportarten abgesehen von Reiten. Wenn man die Grenzen allzu weit fast, dann bietet sich ein Geschlechterwechsel für manche Art von Sportlern geradezu an. Einige Verbände erklären deshalb schon, dass nur Athleten bei dem Geschlecht mitmachen dürfen, in dem sie die Pubertät durchlebt haben. Für Amateursportler/innen mag das ärgerlich sein, aber auf Profi-Niveau drohen einfach nicht zulässige Verzerrungen.
Ich habe genau zur Thematik Sport ein paar Seiten vorher schon ein paar Zeilen geschrieben, im Grunde das, was N_v_F eben inhaltlich stark ausgeführt hat. Short: Nischenthema, das den meisten, die sich darüber beschweren, ohnehin letztlich restlos egal ist (auf einmal sind alle Herberts und Sandras Feuer und Flamme für die Rechte von Frauen im Handball) und das oft schon dadurch relativiert wird, dass es körperlich schon von Mann zu Mann massive Unterschiede gibt. Kann man diskutieren, als Headline für die zehn Fälle im Jahr, bei denen das relevant wird, taugt es nicht (und die sollen bitte die Verbände klären und eben nicht die Sandras und Herberst in den Kommentarspalten bei SPON).
plattensammler Wie ich anderer Stellen schon ironisch schrieb, haben alle Verlage angestellte Zensoren, die die Werke von Autoren bearbeiten, die sie aber zur Tarnung Lektoren nennen. So geht es in deutschen Versionen vom Hitchcockfilm nicht mehr um Nazis, sondern um Drogenhändler, Prince’s Dreifachalbum wird zu einem Doppelalbum verkürzt, „zu viel“ Dialog wird aus Filmen rausgeschnitten, dafür kommen ein paar mehr Sexszenen rein (war noch von einem anderen Film übrig) usw. usw. Das ist alles business as usual.
Das ist alles natürlich richtig, aber viele Aspekte betreffen ja die Erstveröffentlichung. Mir ging es darum, ob es im Sinne der Kunstschaffenden ist, wenn ein Werk später stark abgewandelt wird. Theater lebt natürlich immer auch von Variation, Musik meinetwegen schon durch Cover auch, aber Bücher? Ich stelle mir gerade einen Murakami Roman vor, bei dem alles Sexuelle gedämpft wird und all die schönen Randbemerkungen zu geschätzter Literatur und Musik, die vielleicht irgendwann dem Zeitgeist nicht mehr angemessen ist, geändert wird. Es wäre in der Stimmung für mich ein anderes Werk, wenn der Held der Geschichte auf einmal nicht mehr den schlimmen Wagner hört, sondern Lang Lang.
--
Hold on Magnolia to that great highway moonbullitt@nail75 Sehr gerne. Ergibt sich hoffentlich demnächst mal wieder eine Gelegenheit. 🙂
Kurt Vile kommt im Juni nach Heidelberg. ;)
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nicht_vom_forum
Dass man irgendwie mit der Thematik umgehehen muss, ist meiner Meinung nach offensichtlich. Ich denke allerdings, dass gerade im Sport, wo prinzipbedingt alle Regeln künstlich sind und nicht ausgleichbare körperliche Ungleichheiten den Wettkampf ja oft gerade erst ausmachen, auch Regelungen möglich sind, die nicht diskriminieren und/oder entwürdigen (im Gegensatz zu fast allem, was momentan so durch die Presse geistert). Mir fallen spontan beispielsweise Gewichtsklassen oder ähnliches ein.
Was mich aber bei der Transgender/Sport-Thematik schon wieder stört, ist dass auch dieses Thema viel größer gemacht wird als es letztendlich sein wird. Genausowenig wie ein DAX-Vorstandsmitglied das Geschlecht wechseln wird, um wegen einer Frauenquote bessere Chancen auf den Posten des Vorstandsvorsitzenden zu haben, wird sich ein männlicher Profi-Verein geschlossen als transgender erklären, nur um zwei Ligen aufzusteigen.
Ich finde es auch bedenklich, dass sich ausgerechnet bei Transgender-Sportlern auf einmal Gedanken wegen Verzerrungen gemacht werden, während von den selben Leuten alle anderen verzerrenden Aspekte geradezu aktiv ausgeblendet werden: Beispielsweise Geld, Technik, Trainingsmöglichkeiten usw. usf…Wir müssen aufpassen, dass wir nicht unterschiedliche Themen vermischen. Mir ging es hier ausschließlich um Profisport, nicht darum, ob jemand in einer High-School-Mannschaft antritt.
Zu deinem letzten Punkt: Natürlich sind Geld, Technik und Trainingsmöglichkeiten relevante Themen, das kann ich dir als jemand sagen, der Profisport seit Mitte der 80er-Jahre verfolgt. Geld ist sogar ein absolutes Dauerthema in fast jeder Sportart.
Sicherlich ist das Fußball-Beispiel absurd, aber in Einzelsportarten wird es gleich weitaus realistischer. Man verzeihe mir auch, wenn ich das Thema als Sportfan ernster nehme als ihr, die ihr dem Thema eher desinteressiert gegenübersteht. Ich sage voraus, dass es zunehmend relevanter werden wird, da die Zahl der transsexuellen Menschen stark steigt. Es gibt auch ganz einfache Lösungen, die ich oben skizziert habe, die aber vermutlich von den Betroffenen als diskriminierend empfunden werden.
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.plattensammlerDas scheint mir eine sehr romantische Vorstellung von „Kunstwerken“ zu sein. Verlage, Plattenfirmen, Filmverleiher u.v.a.m. ändern seit je her die „Kunstwerke“, wenn sie denken, das tut dem Verkauf gut. So geht es in deutschen Versionen vom Hitchcockfilm nicht mehr um Nazis, sondern um Drogenhändler, Prince’s Dreifachalbum wird zu einem Doppelalbum verkürzt, „zu viel“ Dialog wird aus Filmen rausgeschnitten, dafür kommen ein paar mehr Sexszenen rein (war noch von einem anderen Film übrig) usw. usw. Das ist alles business as usual. Hat – das nur nebenbei – zu der lustigen Entwicklung geführt, dass man einem Film dann ein paar Jahre später als Directors-Cut nochmal verkaufen kann. Da kommen dann der Director und seine Fans zu ihrem „wahren Kunstwerk“ und der Verleih kann nochmal Kasse machen. Und ich hoffe, es fällt jetzt niemand in Ohnmacht, wenn er erfährt, dass in einem Theaterstück nur äußerst selten der Text so aufgesagt wird, wie er ihn aus seinem Reclamheftchen kennt. Briefwechsel zwischen Autoren und Verlegern füllen ihrerseits meterweise Regale, wo es darum geht, was und wie der Autor schreiben solle… Kunstwerke werden vor, während oder nach der Produktion verändert, aus den unterschiedlichsten Gründen, die man gut oder schlecht finden kann.
Das erscheint mir eine sehr realistische Sichtweise auf Kunst zu sein. Die Idee des sich selbstverwirklichenden Künstlers, der außerhalb eines kommerziellen Umfelds agiert, ist nicht realistisch. Und klar nehmen Verleger, Produzenten, Labels etc. massiv Einwirkung auf ein Kunstwerk, vor allem wenn es sich irgendwie verkaufen soll. Bei Filmen ist das ja eine ganze Industrie, die Werk so gestaltet, dass sie möglichst großen Erfolg erzielen – was natürlich nicht immer klappt. Neben den ganz erfolglosen Künstlern ist es nur wenigen vorbehalten, wirklich „ihr eigenes Ding zu machen“, äußere Einflüsse außen vor zu halten und sich um kommerzielle Zwänge so gar nicht zu scheren.
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
irrlicht
nail75 Solche Fälle verdeutlichen aber, dass man eben vieles „selbstbestimmen“ kann, es aber immer noch einen Faktor Natur gibt, denn man nicht komplett ausschließen kann. Jeder Fußballfan weiß, dass ein gut trainiertes männliches U17-Team jede Frauenfußballmannschaft aus dem Stadion schießt. Gleiches gilt für Tennis, Golf, Handball, Volleyball und alle anderen Sportarten abgesehen von Reiten. Wenn man die Grenzen allzu weit fast, dann bietet sich ein Geschlechterwechsel für manche Art von Sportlern geradezu an. Einige Verbände erklären deshalb schon, dass nur Athleten bei dem Geschlecht mitmachen dürfen, in dem sie die Pubertät durchlebt haben. Für Amateursportler/innen mag das ärgerlich sein, aber auf Profi-Niveau drohen einfach nicht zulässige Verzerrungen.
Ich habe genau zur Thematik Sport ein paar Seiten vorher schon ein paar Zeilen geschrieben, im Grunde das, was N_v_F eben inhaltlich stark ausgeführt hat. Short: Nischenthema, das den meisten, die sich darüber beschweren, ohnehin letztlich restlos egal ist (auf einmal sind alle Herberts und Sandras Feuer und Flamme für die Rechte von Frauen im Handball) und das oft schon dadurch relativiert wird, dass es körperlich schon von Mann zu Mann massive Unterschiede gibt. Kann man diskutieren, als Headline für die zehn Fälle im Jahr, bei denen das relevant wird, taugt es nicht (und die sollen bitte die Verbände klären und eben nicht die Sandras und Herberst in den Kommentarspalten bei SPON).
plattensammler Wie ich anderer Stellen schon ironisch schrieb, haben alle Verlage angestellte Zensoren, die die Werke von Autoren bearbeiten, die sie aber zur Tarnung Lektoren nennen. So geht es in deutschen Versionen vom Hitchcockfilm nicht mehr um Nazis, sondern um Drogenhändler, Prince’s Dreifachalbum wird zu einem Doppelalbum verkürzt, „zu viel“ Dialog wird aus Filmen rausgeschnitten, dafür kommen ein paar mehr Sexszenen rein (war noch von einem anderen Film übrig) usw. usw. Das ist alles business as usual.
Das ist alles natürlich richtig, aber viele Aspekte betreffen ja die Erstveröffentlichung. Mir ging es darum, ob es im Sinne der Kunstschaffenden ist, wenn ein Werk später stark abgewandelt wird. Theater lebt natürlich immer auch von Variation, Musik meinetwegen schon durch Cover auch, aber Bücher? Ich stelle mir gerade einen Murakami Roman vor, bei dem alles Sexuelle gedämpft wird und all die schönen Randbemerkungen zu geschätzter Literatur und Musik, die vielleicht irgendwann dem Zeitgeist nicht mehr angemessen ist, geändert wird. Es wäre in der Stimmung für mich ein anderes Werk, wenn der Held der Geschichte auf einmal nicht mehr den schlimmen Wagner hört, sondern Lang Lang.
Aber warum sollte das ein Unterschied sein, ob es die Erstveröffentlichung betrifft oder nicht. Der springende Punkt ist, dass es übliche Kulturpraxis ist, Kunstwerke zu verändern.
Was mir noch so spontan einfällt:
Gerade bei deutschen Übersetzungen von fremdsprachiger Literatur ist es ja so, dass jede Neuübersetzung völlig anders ist.
Beispiel Murakami: „Die Chroniken des Aufziehvogels“ und „Gefährliche Geliebte“ wurden neu übersetzt. Das sind schon sehr unterschiedliche Versionen… in dem Fall kommt noch „erschwerend“ hinzu, dass die ersten deutschen Versionen Übersetzungen der englischen Versionen waren, die neuen Übersetzungen aus dem japanischen). Wer sich über den Austausch von einzelnen Worten schon so aufregt, dass der Blutdruck in gefährliche Regionen steigt, der kann eine solche Veränderungen kaum überleben! Oder ist allein schon die Übersetzung eine so starke Abwandlung des Werks, dass das eigentlich gar nicht geht? (Sehen manche ja tatsächlich so.)
Früher haben die Verlage die Übersetzungen von fremdsprachigen Romanen auch gnadenlos zusammengekürzt. Und viel später kamen dann die ungekürzten Ausgaben. Ein ähnliches Phänomen wie der Director’s Cut.
Bei Büchern mag es ansonsten nicht so oft vorkommen wie bei Filmen und Platten, keine Ahnung. Aber mir ging es auch mehr darauf hinzuweisen, dass die Veränderungen von Kunstwerken eine völlig übliche Kulturpraktik ist. Die literarische Qualität von RDs Roman wird durch den Austausch einzelner Wörter nicht weiter tangiert.
Interessant wird es beim Thema Kulturelle Aneingnung ja deswegen, weil sich da aufeinmal Leute über Änderungen aufregen, die sich über andere – weitaus gravierendere Veränderung von „Kunstwerken“ – nicht äußern. Ich würde mal vermuten, dass das politische Gründe hat. Und das ist ja auch richtig so, weil es um Politik geht und nicht um Kunst(werke).
Daher vermute ich: Wem es in diesem Zusammenhang tatsächlich und aus vollem Herzen nur um „Zensur“ und/oder die armen Kunstwerke geht, der hat einiges noch nicht verstanden. Zum einen nicht, um was es bei kultureller Aneignung (und ihren Widersprechern) geht, zum anderen nicht, was Zensur ist, und zum Dritten wahrscheinlich auch nicht, was ein Kunstwerk ist. Oder hat einen sehr eingeschränkten Fokus auf einen Aspekt des Themas, dass ich aufgrund seiner Marginalität nur nur mäßig interessant finde.
Kontrovers und gewinnbringend zu diskutieren gäbe es an kultureller Aneignung nämlich eine ganze Menge. Da haut ja vieles nicht so richtig hin auf der theoretischen Ebene, weshalb das in der Wissenschaft ja auch kaum noch eine Rolle spielt. In der politischen Arena allerdings schon, bleibt aber wegen der theoretischen Unzulänglichkeiten eine ganz heikle Strategie – und ist dadurch ein sehr spannendes Thema.
--
nail75
Zu deinem letzten Punkt: Natürlich sind Geld, Technik und Trainingsmöglichkeiten relevante Themen, das kann ich dir als jemand sagen, der Profisport seit Mitte der 80er-Jahre verfolgt. Geld ist sogar ein absolutes Dauerthema in fast jeder Sportart.Ja, klar sind das Themen die diskutiert werden, und das Feld ist nicht komplett regellos. Aber viele Sportarten würden wohl komplett andere Ranglisten haben, wenn es beispielsweise im Radsport Einheitsfahrräder gäbe oder für Fußballvereine wirklich funktionierende finanzielle Limits für die Spielerkäufe (um mal zwei plakative Beispiele zu machen). Mir ging es darum, dass die Leute, die wegen Trans-Personen plötzlich so besorgt um die Fairness sind, vorher nicht gerade zu dem Thema aufgefallen sind. Genauso wenig wie zu den Zuständen in Gefängnissen, Frauentoiletten usw. Siehe auch „Ethics in gaming journalism“.
Sicherlich ist das Fußball-Beispiel absurd, aber in Einzelsportarten wird es gleich weitaus realistischer. Man verzeihe mir auch, wenn ich das Thema als Sportfan ernster nehme als ihr, die ihr dem Thema eher desinteressiert gegenübersteht. Ich sage voraus, dass es zunehmend relevanter werden wird, da die Zahl der transsexuellen Menschen stark steigt. Es gibt auch ganz einfache Lösungen, die ich oben skizziert habe, die aber vermutlich von den Betroffenen als diskriminierend empfunden werden.
Was mich an der Diskussion, soweit ich sie mitbekomme, primär stört, ist der Tonfall. Das Thema wird selten so aufbereitet, dass es darum geht, Menschen, die die Eigenschaft „trans“ haben, zu ermöglichen, ihre Sportart weiter auszuüben(unter Berücksichtigung der Fairness für alle Beteiligten). Meistens geht es darum, dass bei zu lockeren Kriterien eine Cis-Person (im Klartext: Eine Transfrau) mit dem Genderwechsel einen „Lifehack“ zur Verfügung hat, um durch Betrug den sportlichen Erfolg zu steigern. Und da ist für mich die Grenze zur Transfeindlichkeit wieder in greifbarer Nähe.
zuletzt geändert von nicht_vom_forum--
Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. DickBeim Sport find ich die Lösung eigentlich relativ leicht: wenn jeder sein eigenes Geschlecht hat, alles viel komplexer als Ying und Yang, dann sollte es auch nur einen Wettbewerb geben, eine Zweiteilung ist künstlich angesichts all der Vielfalt… Bei den Gefängnissen ist es leider wirklich komplizierter (da scheint eine einfache Lösung ein drittes Geschlecht für alle, die nicht mit ihrem Geburtsgeschlecht in den gleichen Trakt wollen, aber als Lösung greift das zu kurz)
--
.nail75
bullitt@nail75 Sehr gerne. Ergibt sich hoffentlich demnächst mal wieder eine Gelegenheit. 🙂
Kurt Vile kommt im Juni nach Heidelberg. ;)
Ach, noch gar nicht mitbekommen. Das wäre auf jeden Mal eine nette Gelegenheit, sofern das nicht mit Rancid und den Interrupters kollidiert. Das wird ein Konzert-Overkill im Sommer…🙈
--
nicht_vom_forumWas mich an der Diskussion, soweit ich sie mitbekomme, primär stört, ist der Tonfall. Das Thema wird selten so aufbereitet, dass es darum geht, Menschen, die die Eigenschaft „trans“ haben, zu ermöglichen, ihre Sportart weiter auszuüben(unter Berücksichtigung der Fairness für alle Beteiligten). Meistens geht es darum, dass bei zu lockeren Kriterien eine Cis-Person (im Klartext: Eine Transfrau) mit dem Genderwechsel einen „Lifehack“ zur Verfügung hat, um durch Betrug den sportlichen Erfolg zu steigern. Und da ist für mich die Grenze zur Transfeindlichkeit wieder in greifbarer Nähe.
Du vermischst auch im ersten Teil wieder Dinge, die zu trennen sind, und zwar erstens die ernsthafte Problematik, wie man mit solchen Athleten umgehen soll und zweitens die hysterische, aggressive Debatte, wie sie am rechten Rand geführt wird. Die haben zwar oberflächlich betrachtet ein ähnliches Thema, aber wie du oben richtig schreibst, interessiert die Rechten das Thema eigentlich überhaupt nicht. Ihnen geht es um die Hetze gegen Transsexuelle.
Ich halte in diesem Zusammenhang den Begriff des „Betrugs“ für völlig falsch. Darum geht es ja überhaupt nicht. Es geht darum, wie man einen fairen Wettbewerb gewährleisten soll, wenn ein als Mann geborener Mensch, der die männliche Pubertät durchlaufen hat, sich als Frau identifiziert und bei sportlichen Wettbewerben für Frauen antreten will. Da kommen wir nämlich an dieselbe natürliche Grenze wie bei der Schwangerschaft. Genausowenig wie diese Frau Kinder gebären kann, ist sie in der Lage ihre männliche Pubertät rückgängig zu machen.
zuletzt geändert von nail75--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum. -
Schlagwörter: AfD, Alt-Right, Bildzeitung, Deppengelaber, Incels, Machwerke, Pornos, Poros, rechtsextrem, rechtsradikal, Verschwörungsideologen, Welt
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.