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plattensammlerDas scheint mir eine sehr romantische Vorstellung von „Kunstwerken“ zu sein. Verlage, Plattenfirmen, Filmverleiher u.v.a.m. ändern seit je her die „Kunstwerke“, wenn sie denken, das tut dem Verkauf gut. So geht es in deutschen Versionen vom Hitchcockfilm nicht mehr um Nazis, sondern um Drogenhändler, Prince’s Dreifachalbum wird zu einem Doppelalbum verkürzt, „zu viel“ Dialog wird aus Filmen rausgeschnitten, dafür kommen ein paar mehr Sexszenen rein (war noch von einem anderen Film übrig) usw. usw. Das ist alles business as usual. Hat – das nur nebenbei – zu der lustigen Entwicklung geführt, dass man einem Film dann ein paar Jahre später als Directors-Cut nochmal verkaufen kann. Da kommen dann der Director und seine Fans zu ihrem „wahren Kunstwerk“ und der Verleih kann nochmal Kasse machen. Und ich hoffe, es fällt jetzt niemand in Ohnmacht, wenn er erfährt, dass in einem Theaterstück nur äußerst selten der Text so aufgesagt wird, wie er ihn aus seinem Reclamheftchen kennt. Briefwechsel zwischen Autoren und Verlegern füllen ihrerseits meterweise Regale, wo es darum geht, was und wie der Autor schreiben solle… Kunstwerke werden vor, während oder nach der Produktion verändert, aus den unterschiedlichsten Gründen, die man gut oder schlecht finden kann.
Das erscheint mir eine sehr realistische Sichtweise auf Kunst zu sein. Die Idee des sich selbstverwirklichenden Künstlers, der außerhalb eines kommerziellen Umfelds agiert, ist nicht realistisch. Und klar nehmen Verleger, Produzenten, Labels etc. massiv Einwirkung auf ein Kunstwerk, vor allem wenn es sich irgendwie verkaufen soll. Bei Filmen ist das ja eine ganze Industrie, die Werk so gestaltet, dass sie möglichst großen Erfolg erzielen – was natürlich nicht immer klappt. Neben den ganz erfolglosen Künstlern ist es nur wenigen vorbehalten, wirklich „ihr eigenes Ding zu machen“, äußere Einflüsse außen vor zu halten und sich um kommerzielle Zwänge so gar nicht zu scheren.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.