Konzertimpressionen und -rezensionen

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  • #10651539  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-windEs gab direkt vor dem Konzert eine Einführung mit Ammann, der erzählte, wie sein Werk 2012/13 (für die Wittener Tage für neue Kammermusik, wo es 2013 von Carolin Widmann mit dem WDR Sinfonierochester Köln uraufgeführt worden ist – war @vorgarten damals vielleicht dabei?) entstanden ist, überhaupt, wie er beim Komponieren vorgehe.

    verrückt – ich war tatsächlich in dem jahr in witten, aber das ammann-stück bildete den abschluss des festivals und das konzert hatte totale verspätung, so dass ich zur pause gehen musste, um den zug zu kriegen… es war also das einzige stück, das ich nicht gehört habe – was ich nach deiner beschreibung jetzt sehr bedaure.

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    #10651551  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    vorgarten

    gypsy-tail-windEs gab direkt vor dem Konzert eine Einführung mit Ammann, der erzählte, wie sein Werk 2012/13 (für die Wittener Tage für neue Kammermusik, wo es 2013 von Carolin Widmann mit dem WDR Sinfonierochester Köln uraufgeführt worden ist – war @vorgarten damals vielleicht dabei?) entstanden ist, überhaupt, wie er beim Komponieren vorgehe.

    verrückt – ich war tatsächlich in dem jahr in witten, aber das ammann-stück bildete den abschluss des festivals und das konzert hatte totale verspätung, so dass ich zur pause gehen musste, um den zug zu kriegen… es war also das einzige stück, das ich nicht gehört habe – was ich nach deiner beschreibung jetzt sehr bedaure.

    Schade, hätte mich natürlich wundergenommen, ob Du meine positive Einschätzung teilst. Ist ja alles nicht so leicht bei Zeitgenossen – es gibt keine Schulen mehr, nur noch Individualstile (oder – mehr oder weniger verstockte – Anhänger von Schulen, die irgendwie auch längst „vorbei“ sind) … darüber sprach Ammann auch zur Einleitung und meinte dann zu seiner Vorgehensweise beim Komponieren, die sei total ineffizient, weil er quasi von Klang zu Klang gehe und nach jedem Klang überlege, was denn nun folgen könnte, er käme jedenfalls nie auf die Idee, zu Beginn (oder unterwegs) einen Plan zu erstellen … am Violinstück hatte er 18 Monate und es lag zwischendurch lange brach oder Ideen wurden verworfen. Und irgendwann merkte er auch noch, dass er die Solo-Stimme völlig vergessen hatte – und musste entsprechend in Fertiges nochmal eingreifen.

    Er erwähnte auch – so beiläufig, dass es wirklich nicht eitel wirkte – dass Boulez ihn sehr unterstützt hätte … ich hab noch nicht nachgesehen, ob es da allenfalls auch Aufnahmen oder Konzertaufzeichnungen oder sowas gäbe. Bei mir im Regal steht gerade ein Werk von Ammann, „Glut“ von 2016, das im selben Jahr vom Tonhalle-Orchester unter Markus Stenz (der gerade die „Fin de partie“ in Mailand dirigierte) uraufgeführt wurde (und in die Jubiläums-Box des Tonhalle-Orchesters aufgenommen wurde, aus der ich auch noch keinen Ton gehört habe).

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10651567  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy-tail-wind
    Ist ja alles nicht so leicht bei Zeitgenossen – es gibt keine Schulen mehr, nur noch Individualstile (oder – mehr oder weniger verstockte – Anhänger von Schulen, die irgendwie auch längst „vorbei“ sind) …

    dazu ein leiser einspruch – die spektralmusik ist ja schon (seit den 70ern, so richtig aber ab ende der 80er) ein völlig anderer weg aus den schulen der 50er heraus – auch wenn natürlich nur wenige sich dem (oder irgendeinem) label unterwerfen würden, sondern auf ihrer individualität beharren (georg friedrich haas z.b.). zurecht natürlich. aber es waren doch ein haufen neuer, vernetzter ideen, die sich vorläufig eben schon auf einen begriff bringen ließen. (und das war der punkt bei mir, als mich zeitgenössische klassik wieder zu interessieren begann, weil es anschlüsse gab an den jazz, den ich damals hörte – m-base usw. – die ja jetzt wirklich manifest sind, steve lehman als schüler von murail, coleman am ircam usw.)

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    #10651837  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Mit dem Einspruch hatte ich ob meiner pauschalen Formulierung natürlich gerechnet @vorgarten – ich habe da auch nicht den grossen Durchblick. Es geht heute wohl darum, Dinge fortzuführen, sich anzueignen, sich in Traditionen allenfalls irgendwie einzuschreiben und diese dadurch aber auch zu verwandeln.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10664249  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Das vorweihnachtliche Programm war mal wieder ziemlich dicht … ein paar kurze Zeilen:
     
     
    Zürich, Tonhalle-Maag – 09.12.2018

    Quatuor Ebène
    Pierre Colombet, Violine
    Gabriel Le Magadure, Violine
    Marie Chilemme, Viola
    Raphaël Merlin, Violoncello

    Ludwig van Beethoven Streichquartett Nr. 1 F-Dur op. 18 Nr. 1
    Johannes Brahms Streichquartett Nr. 1 c-Moll op. 51 Nr. 1

    Ludwig van Beethoven Streichquartett Nr. 16 F-Dur op. 135

    Los ging es mit einem grossartigen Konzert des Quatuor Ebène. Begonnen hat es mit Verspätung, Einlass war ungefähr, als das Konzert beginnen sollte und es dauerte fast 20 Minuten, bis die vier auf die Bühne kamen. Das Publikum wurde allmählich unruhig, doch schon nach wenigen Tönen war klar: dafür hätte man auch zwei Stunden gewartet! Beeindruckend, wie die vier zugleich aktiv gestaltend und doch sehr präzise, zugleich spontan und vollkommen durchdacht, zu Werke gingen. Beethovens erstes und sein letztes Quartett standen auf dem Programm, dazwischen das erste von Brahms. Auf die Gelegenheit, Op. 132 auch mal im Konzert zu hören, warte ich noch, Op. 135 hörte ich bereits mit dem Kuss Quartet, das wohl schlanker, weniger romantisch spielt als die Ebènes. Bei Brahms fand ich ihren Zugriff vielleicht noch etwas passender, aber alle drei Werke gefielen sehr und das Quartett beeindruckte schwer.

    Bericht in der NZZ:
    https://www.nzz.ch/feuilleton/das-quatuor-ebene-dringt-zum-kern-der-musik-vor-ld.1443814
     

     
    Zürich, Tonhalle-Maag – 11.12.2018

    Sheku Kanneh-Mason, Violoncello
    Isata Kanneh-Mason, Klavier

    Luigi Boccherini Sonate Nr. 6 A-Dur für Violoncello und Basso continuo
    Francis Poulenc Sonate für Violoncello und Klavier FP 143

    Claude Debussy Sonate d-Moll für Violoncello und Klavier L 135
    Johannes Brahms Sonate Nr. 2 F-Dur op. 99 für Violoncello und Klavier

    Encore: Gustav Holst In the Bleak Midwinter (arr. Kanneh-Mason)

    Das Konzert des jungen Cellisten Sheku Kanneh-Mason fand im Rahmen einer Reihe statt, für die ich ein Abo gekauft habe – sonst hätte ich es mit Sicherheit nicht auf dem Schirm gehabt, und das wäre doch schade gewesen. Begleitet wurde er von seiner Schweser Isata am Klavier, und wie die beiden zusammen musizierten, war eine Freude: intensiv, den gelegentlichen Fehlgriff nicht scheuend, vor allem das Cello mit brennendem Ton, der nicht glänzen wollte sondern tief in die Musik eintauchte (auch wenn ihm, so schien mir, die Projektionskraft da und dort ein wenig zu fehlen schien). Die Bochherini-Sonate war eine hübsche Aufwärm-Übung, mit Poulenc ging es dann so richtig zur Sache. Nach der Pause Debussy, zurückhaltend und ohne jegliche Grossspurigkeit – das Publikum war am Ende unsicher, ob das nun wirklich das Ende war, so fein klang das Stück aus. Brahms‘ zweite Sonate gehört wohl zu den schönsten und eindrücklichsten Sonaten für Cello und Klavier, und auch dieses Werk meisterten die beiden Geschwister gekonnt und einmal mehr mit viel Schwung und viel Gefühl. Als Zugabe spielten sie dann noch ein Stück von Gustav Holst, „In the Bleak Midwinter“, das ich aber nicht erkannt hätte – es wird aber im Bericht im Tagesanzeiger erwähnt:
    https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/klassik/Ein-wirkliches-Talent/story/31980265
     

     
    Zürich, Tonhalle-Maag – 15.12.2018.

    Tonhalle-Orchester Zürich
    Daniel Blendulf
    , Leitung
    Janine Jansen, Violine

    Michail Glinka Ouvertüre zu „Ruslan und Ljudmila“
    Anders Eliasson Violinkonzert „Einsame Fahrt“

    Sergei Prokofiev Symphonie Nr. 5 B-Dur Op. 100

    Das letzte Konzert, das ich im alten Jahr mit dem Tonhalle-Orchester hörte, war auch das erste mit der derzeitigen Artist in Residence, Janine Jansen (ihren zweiten Auftritt vor einigen Wochen musste sie absagen, Veronika Eberle sprang ein). Ihr Ehemann, Daniel Blendulf, gab zugleich sein Debut am Pult des Tonhalle-Orchesters und gerade im feinen Violinkonzert von Eliasson (1947–2013) wurde ihre Komplizenschaft deutlich. Los ging es mit der Ouvertüre zu „Ruslan und Ljudmila“ von Glinka, das Orchester folgte dem Dirigenten, schwung- und kraftvoll. Eliassons Konzert wurde von einem Orchestermusiker mit ein paar launigen, aber auch recht nichtssagenden und meines Erachtens überflüssigen Worten angesagt, wohl ein Zugeständnis an die Ablehnung, auf die zeitgenössische Musik auch hierzulande leider immer noch in vielen, ja den meisten Fällen trifft. Das Werk läuft ohne Pause durch, man kann es wohl tatsächlich als eine „einsame Fahrt“ sehen, doch für klischeehafte Bilder von nordische Schneelandschaften ist es dann doch zuwenig flüssig, zuwenig kühl. Jansen schien sich fast schon in das Werk zu verwandeln, war auch dann von grösster Präsenz, wenn sie aussetzte. Das Zusammenspiel mit dem Orchester klappte bestens, alle schienen auf der Stuhlkante zu sitzen. So war es auch nach der Pause in der fünften Symphonie Prokofievs, die geradezu überschwänglich daherkam. Das machte vom Musikantischen her zwar grossen Spass, aber man darf das tatsächlich auch hinterfragen, in Bezug auf die beklemmende Geschichte des Werkes. Nichtsdestotrotz ein sehr guter Abend.

    Bericht in der NZZ:
    https://www.nzz.ch/feuilleton/eine-russische-umarmung-fuer-das-tonhalle-orchester-zuerich-ld.1445268

    Bericht auf Seen and Heard International:
    http://seenandheard-international.com/2018/12/musical-year-ends-with-a-big-smile-blendulfs-prokokiev-fifth/
     

     

    Kammerorchester Basel
    Nuria Rial
    Sopran
    Reinhold Friedrich Trompete

    Johann Sebastian Bach Sinfonia aus Kantate „Bringet dem Herrn Ehre seines Namens“ BWV 148
    Giuseppe Torelli Konzert D-Dur für Trompete, Streicher und Basso continuo
    Georg Philipp Telemann „Erscheine bald du Irrstern“ aus „Die last-tragende Liebe oder Emma und Eginhard“ (TWV 21:9)
    Johann Sebastian Bach Kantate „Jauchzet Gott in allen Landen“ BWV 51 für Sopran, Trompete und Streicher

    Arcangelo Corelli Sonata a quattro D-Dur für Trompete, 2 Violinen, Streicher und Basso continuo
    Arcangelo Corelli Concerto grosso g-Moll op. 6 Nr. 8 „fatto per la notte di natale“
    Katalanische Weihnachtslieder „Nit de vetlla“ und „El cant dels ocells“
    Georg Friedrich Händel „Let the bright seraphim“ für Sopran, Trompete und Streicher aus „Samson“

    Etwas enttäuschend fand ich dann das letzte Konzert mit der grossartigen Nuria Rial – an ihr lag es wohlgemerkt gar nicht. Im Gegenteil, wie leicht ihr Gesang ist, mit welcher Natürlichkeit sie singt, ist auch im Konzert schwer zu fassen. Allerdings war sie gar nicht so oft zu hören, eine weitere Arie aus Telemanns Werk („Das Auge starrt, die Lippen beben“) stand direkt vor der gesungenen im Programm, wurde aber leider nicht aufgeführt. Der Kaltstart, den Friedrich hinlegte, das wieder einmal eher etwas verhaltene Spiel des KOB, vermochten nicht wirklich zu packen. Rials Gesang bewegte sich auf ganz anderen Höhen, die Bach-Kantate zumal war vielleicht das schönste, was es an dem Abend zu hören gab. Allerdings war ich überrascht, wie schlecht die Textverständlichkeit war – was ich allerdings bei einer solchen Stimme am Ende nicht so schlimm finde. Nach der Pause hatte das KOB mit und ohne Friedrich wieder einen längeren instrumentalen Teil zu spielen, der wohl etwas besser glückte als in der ersten Konzerthälfte, aber so richtig zu glänzen vermochte Friedrich leider auch nun nicht (ich erinnerte mich unweigerlich ans vorweihnachtliche Konzert, das Regula Mühlemann vor einem Jahr mit der ebenfalls nicht gänzlich überzeugenden Capella Gabetta in der Tonhalle gegeben hatte – dort stand „Let the Bright Seraphim“ ebenfalls auf dem Programm und der damalige Trompetensolist war phantastisch, auch wenn Mühlemann sicher nicht den natürlichen „Flow“ schafft (dafür versteht man bei ihr aber auch wirklich jede Silbe), den Rial ganz einfach zu haben scheint, ohne dass sie dafür etwas zu tun braucht (klick). Der Höhepunkt in der zweiten Konzerthälfte war aber nicht die abschliessende Händel-Arie sondern das zweite der katalanischen Weihnachtslieder, bei dem es sich um „El cant dels ocells“ handelte, jenes Stück, mit dem Pau Casals nach dem Gang ins Exil jedes seiner Konzerte beendete. Die beiden Lieder hat Quito Gato arrangiert, der an der Theorbe bzw. an Gitarren im Orchester sass, ein guter Mann, der auch für die kürzliche alpha-CD „De vez en cuando la vita“ verantwortlich zeichnete, auf der Leonardo Garía Alarcon mit seiner Cappella Mediterranea Lieder von Serrat (arrangiert eben von Gato) mit Musik des „siglo de oro“ koppelt. Gato war sicherlich auch der Mann hinter der Zugabe, einer Vokalise von Duke Ellington (ich vermute aus der Zeit mit Ivie Anderson, Rials Ansage verstand ich nur zur Hälfte, obwohl ich ganz vorne sass), für die Friedrich zum Flügelhorn griff und wohl ein wenig improvisierte, dabei aber mit seinem grossen Ton Rial und das Orchester ein paar mal fast zu übertönen drohte. Fazit: das KOB braucht wohl, um richtig gut zu sein, einen Dirigenten, der den Tarif durchgibt – sei es Heinz Holliger wie kürzlich mit Schubert/Gubaidulina in Basel (bzw. auf der aktuellen CD mit Schuberts „grosser“ Symphonie C-Dur) oder noch besser Giovanni Antonini, der derzeitige Principal Guest Conductor, mit dem das KOB auch am Haydn-Projekt von alpha bzw. der Haydn-Stiftung in Basel beteiligt ist.
     
     
    Weiter geht es am 2. Weihnachtstag in Luzern mit Gounods „Roméo et Juliette“, letztere gesungen von der von mir bekanntlich geschätzten Regula Mühlemann … bin gespannt, auch wegen der Lektüre von Peter Hagmanns Kritik, die mich überhaupt zum Kauf einer Karte verleitete:
    http://www.peterhagmann.com/?p=1858

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #10680471  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Den Start ins musikalische Konzertjahr hatte ich schon am 3. Januar, als ich eine der handvoll Wiederaufnahmen von Händels „Semele“ sah, die extra zum 30. Bühnenjubiläum von Cecilia Bartoli an der Oper Zürich gespielt wurden. William Christie am Pult von La Scintilla (dem Alte-Instrumente-Ensemble des Opernhauses), eine gute, meist recht ausgewogene Besetzung auf der Bühne, und mittendrin eben die Bartoli … sehr toll!

    Kaufleuten, Zürich – 10.01.2019

    MusikerInnen des Tonhalle-Orchesters:
    Haika Lübcke Flöte und Piccolo
    Elisabeth Harringer-Pignat Violine
    Cathrin Kudelka Violine
    Johannes Gürth Viola
    Christian Proske Violoncello
    Ute Grewel Kontrabass

    Erwin Schulhoff Concertino für Flöte, Viola und Kontrabass
    Antonín Dvořák Streichquintett Nr. 2 G-Dur op. 77
    Erwin Schulhoff Fünf Stücke für Streichquartett

    Lunchkonzert nennt sich das, aber die wenigsten, die da um 12:15 auf engen Stühlen sitzen, gehen noch einer beruflichen Tätigkeit nach (und beim Eingang sagt ein Herr von der Tonhalle freundlich „guten Morgen“) … aber gut, das war ja – leider – zu erwarten. Ich hatte Mühe, einen vernünftigen Platz zu kriegen, doch so voll war es am Ende gar nicht und der befürchtete nicht optimale Platz auf dem Balkon war sehr in Ordnung. Hin wollte, musste ich, weil man ja leider nur höchst selten die Gelegenheit hat, Musik von Erwin Schulhoff zu hören (der anscheinend als knapp zehnjähriger dem Direktor des Konservatoriums Parg vorgestellt wurde, einem gewissen Dvorák).

    Das Trio für Flöte/Piccolo, Viola und Kontrabass von Schulhoff ist vermutlich ein ziemlich tolles Ding, aber es kam mir leider vor, als hätte nur die Dame an der Flöte wirklich geübt, zwischen den Steichern gab es die eine oder andere Unklarheit. Bei einem Stück, das man vermutlich am besten nonchalant hinknallen müsste, ist das nicht sehr erfreulich. Das Quintett von Dvorák hatte ich wohl bisher ebensowenig gehört (auch auf Tonträger noch nicht), es kam mir trotz aller schönen (teils wohl volkstümlichen?) Melodien etwas langfädig vor, was durchaus mit der zurückhaltenden Gestaltung der Ausführenden zu tun haben könnte. Das Stück ist aber auch schlicht etwas lang für ein solches Konzert über Mittag.

    Am besten gefiel mir dann der Schlusspunkt, vor dem leider ein Teil der Silberrücken schon gingen (es gab aber gar kein Buffet), Schulhoffs Fünf Stücke für Streichquartett. Hier traten die vier nun wirklich fast wie ein austariertes Quartett auf (wobei das bei Dvorák schon auch gut lief, bloss die Gestaltung, die Dynamik, die Spannung hätten da und dort etwas mehr ins Gewicht fallen dürfen). Schulhoffs fünf kurze Stücke sind an Tänze angelehnt, es gibt einen düsteren Tango, in dem das Cello eine Art Tango-Begleitung spielt – und am Schluss alle vier die übrige Luft aus dem Bandoneón-Balg entweichen lassen. Der dritte Satz, „Alla Czeca“, klang für meine Ohren allerdings eher nach Csardas oder so … davor gibt es „Alla Valse viennese“ und „Alla serenata“, den Abschluss macht dann „Alla tarantella“, im passend schindellerregenden Tempo. Ein fast schon altmodisches Stück, das natürlich über gefällige Harmonien weit hinausgeht, aber sich dennoch an einen engen Rahmen hält, und aus dieser Vorgabe Überraschendes macht.

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    soulpope
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    gypsy-tail-windKaufleuten, Zürich – 10.01.2019 MusikerInnen des Tonhalle-Orchesters: Haika Lübcke Flöte und Piccolo Elisabeth Harringer-Pignat Violine Cathrin Kudelka Violine Johannes Gürth Viola Christian Proske Violoncello Ute Grewel Kontrabass Erwin Schulhoff Concertino für Flöte, Viola und Kontrabass Antonín Dvořák Streichquintett Nr. 2 G-Dur op. 77 Erwin Schulhoff Fünf Stücke für Streichquartett Lunchkonzert nennt sich das, aber die wenigsten, die da um 12:15 auf engen Stühlen sitzen, gehen noch einer beruflichen Tätigkeit nach (und beim Eingang sagt ein Herr von der Tonhalle freundlich „guten Morgen“) ….  Am besten gefiel mir dann der Schlusspunkt, vor dem leider ein Teil der Silberrücken schon gingen (es gab aber gar kein Buffet), Schulhoffs Fünf Stücke für Streichquartett. Hier traten die vier nun wirklich fast wie ein austariertes Quartett auf (wobei das bei Dvorák schon auch gut lief, bloss die Gestaltung, die Dynamik, die Spannung hätten da und dort etwas mehr ins Gewicht fallen dürfen). Schulhoffs fünf kurze Stücke sind an Tänze angelehnt, es gibt einen düsteren Tango, in dem das Cello eine Art Tango-Begleitung spielt – und am Schluss alle vier die übrige Luft aus dem Bandoneón-Balg entweichen lassen. Der dritte Satz, „Alla Czeca“, klang für meine Ohren allerdings eher nach Csardas oder so … davor gibt es „Alla Valse viennese“ und „Alla serenata“, den Abschluss macht dann „Alla tarantella“, im passend schindellerregenden Tempo. Ein fast schon altmodisches Stück, das natürlich über gefällige Harmonien weit hinausgeht, aber sich dennoch an einen engen Rahmen hält, und aus dieser Vorgabe Überraschendes macht.

    Dank für den Bericht …. Schulhoff kommt nun doch dann und wann zu konzertanten Ehren, jedoch seine Kammermusik und insbesondere seine Streichquartette liegen bis dato nicht in einer Referenzeinspielung vor …. das wäre doch was für das Belcea Q ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #10680511  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ich glaube, seitdem ich hier verfolge, was so aufgeführt wird (ca. seit der Saison 2014/15 wohl) war das die erste Gelegenheit, Musik von Schulhoff zu hören. Das unterscheidet sich aber ja auch ziemlich, je nachdem, ob man in Wien oder Zürich oder anderswo in Europa ist (Franz Schmidt z.B. wird ausserhalb von Österreich kaum je aufgeführt, was auch ziemlich schade ist, wenn ich die Aufführung seiner Vierten mit den Berlinern unter K. Petrenko in Luzern zum Massstab nehmen darf).

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    soulpope
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    gypsy-tail-windIch glaube, seitdem ich hier verfolge, was so aufgeführt wird (ca. seit der Saison 2014/15 wohl) war das die erste Gelegenheit, Musik von Schulhoff zu hören. Das unterscheidet sich aber ja auch ziemlich, je nachdem, ob man in Wien oder Zürich oder anderswo in Europa ist (Franz Schmidt z.B. wird ausserhalb von Österreich kaum je aufgeführt, was auch ziemlich schade ist, wenn ich die Aufführung seiner Vierten mit den Berlinern unter K. Petrenko in Luzern zum Massstab nehmen darf).

    Schulhoff „dann und wann“ in Wien ist nur von Null weg als Steigerung spürbar  ;-)   ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #10686033  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Opernhaus Zürich – 04.01.2019

    Semele
    Opera after the manner of an Oratorio von Georg Friedrich Händel (1685-1759)
    Libretto von William Congreve

    Musikalische Leitung William Christie
    Inszenierung Robert Carsen
    Bühnenbild und Kostüme Patrick Kinmonth
    Lichtgestaltung Robert Carsen, Peter van Praet
    Choreinstudierung Ernst Raffelsberger

    Semele Cecilia Bartoli
    Ino Deniz Uzun
    Juno Katarina Bradić
    Iris Rebeca Olvera
    Jupiter/Apollo Frédéric Antoun
    CadmusSomnus Nahuel Di Pierro
    Athamas Christophe Dumaux

    Orchestra La Scintilla
    Chor der Oper Zürich
    Statistenverein am Opernhaus Zürich
    Continuo: Claudius Herrmann (vc), Ruslan Lutsyk (b), Brian Feehan (theorbo), William Christie (hps), Giorgio Paronuzzi (hps, org)

    Doch noch ein paar Worte zur Aufführung von „Semele“ … es handelt sich um eine Wiederaufnahme einer Inszenierung aus den Neunzigern, die vor ca. zehn Jahren schon Zürich gespielt wurde. Fünf mal wurde die Produktion um den Jahreswechsel erneut auf den Spielplan gesetzt, um Cecilia Bartolis 30jähriges Bühnenjubiläum an der Oper Zürich zu feiern (ein Konzert fand zusätzlich auch noch statt). Die Produktion ist auf die zugeschnitten, aber das ganze Ensemble war überzeugend. Dumaux vielleicht manchmal etwas dünn und wenn er forcierte (was er wohl schon muss, wenn er mezzoforte singen soll) auch ziemlich scharf. Sehr gut aber die beiden Mezzos Uzun (sie gehört zum Ensemble und ich höre sie immer wieder gerne) und Bradic, ebenfalls toll Olvera als begnadete Komödiantin, die Bartoli in mancher Szene fast die Show stahl. An Di Pierro und Antoun gab es nichts auszusetzen, Di Pierro gehört zwar nicht zum Ensemble, aber ich hörte ihn Ende letzer Saison – hervorragend – als Seneca in „L’incoronazione di Poppea“ und davor schon in einer umwerfenden Christie-Aufführung von Charpentiers „Médée“, in „Le comte Ory“ und „Die Entführung aus dem Serail“. Am Orchester gab es ebenfalls nichts zu bemängeln, William Christie dirigierte und übernahm (meist bei Rezitativen) auch immer wieder das Continuo-Cembalo, die Continuo-Gruppe leistete überhaupt sehr gute Arbeit und sorgte dafür, dass auch was die Begleitung betrifft ein grosser Farbenreichtum herrschte. Bartoli selbst fand ich im gerade erwähnen „Comte Ory“ vielleicht eine Spur toller, wirklich beeindruckend fand ich sie aber vor drei Jahren als Alcina – sie ist weiterhin in den stillen, leisen Momenten am beeindruckendsten, ihre Koloraturen sind aber in jeder Lautstärke perfekt – und ihr komödiantisches Talent kam in der „Semele“ stärker zum Tragen als in den bisherigen Aufführungen, die ich mit ihr sah.

    Peter Hagmann schrieb in der NZZ 2007 über die Aufführung:
    https://www.nzz.ch/articleETQ1X-1.97155

    Tonhalle-Maag, Zürich – 11.01.2019

    Tonhalle-Orchester Zürich
    Juanjo Mena
    Leitung
    Julia Fischer Violine

    Benjamin Britten Violinkonzert d-Moll op. 15
    Zugabe: Niccolò Paganini Caprice Nr. 17

    Anton Bruckner Sinfonie Nr. 6 A-Dur

    Letzten Freitag gind es dann, einen Tag nach dem Lunchkonzert, auch erstmals im neuen Jahr zum ausgewachsenen Konzert mit dem Tonhalle-Orchester. Auf dem Programm standen zwei mir noch völlig unvertraute Werke. Das Violinkonzert von Britten hat mich schwer beeindruckt. Ein Trümmer, in dem doch viele zarte Melodien stecken, ein Virtuosenwerk, das Julia Fischer zugleich intensiv und gelassen darbot, sich der Musik hingebend, aber auch die schwierigsten Passagen – Doppelgriffe, mehrstimmige Passagen – spielte sie mit einer Souveränität, die beeindruckte. Und das mit einem völlig klaren Ton, eine fast schon durchsichtigen Gestaltung. Nach der Pause folgte Bruckners Sechste, Mena dirigierte jetzt ohne Partitur, er führte ziemlich straff, manchmal vielleicht etwas zu zügig, aber ohne die Details aus den Augen zu verlieren – er scheint mit dem Werk wirklich bestens vertraut zu sein. Mir gefielen die beiden mittleren Sätze am besten, gerade beim Vierten merkte ich, dass ich abschweifte – aber das mag auch an der Menge an Musik gelegen haben, oder an Bruckner selbst, bei dessen Musik ich immer zum abschweifen neige.

    Die Rezension von Seen and Heard International (2. Aufführung von dreien) entspricht eher meiner (3. Abend) Wahrnehmung als die Rezension der NZZ (1. Abend):
    https://www.nzz.ch/feuilleton/julia-fischer-spielt-benjamin-brittens-violinkonzert-ld.1450422
    http://seenandheard-international.com/2019/01/julia-fischer-and-juanjo-mena-excel-in-less-popular-fare/

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    #10686063  | PERMALINK

    soulpope
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    Das Britten Violinkonzert ist wahrlich beeindruckend …. die Brucknersche 6te ist – zwischen den Gassenhauern 4 + 5 und 7 + 8 eingepflanzt – ein tendenziell unnahbarer(er) Monolith …. und auch nur als Solitär gehört (für mich) eine widerkehrende Herausforderung ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
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    gypsy-tail-wind
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    Tonhalle-Maag, Zürich – 18.01.2019

    Tonhalle-Orchester Zürich
    Paavo Järvi
    Leitung
    Janine Jansen Violine (Artist in Residence)

    Olivier Messiaen „Les offrandes oubliées“
    Wolfgang Amadeus Mozart Violinkonzert Nr. 5 A-Dur KV 219

    Olivier Messiaen „Le tombeau resplendissant“
    Ludwig van Beethoven Sinfonie Nr. 1 C-Dur op. 21

    Nach dem ersten Abend mit dem Tonhalle-Orchester im neuen Jahr, der nicht ganz so berausched endete, wie er mit Britten begonnen hatte, war das Konzert mit dem künftigen Chefdirigenten Paavo Järvi in der Tat eine Offenbarung: Das Orchester wirkte wie ausgewechselt, völlig auf der Höhe sowohl in den beiden Frühwerken von Olivier Messiaen wie auch in Beethovens erster Symphonie, die den Abschluss machte. Das knallte, wie man es kennt, wenn Giovanni Antonini am Pult steht (mit dem das Tonhalle-Orchester auch gerne und gut zusammenarbeitet – zuletzt hörte ich die Kombination bei der Dernière in der alten Tonhalle vor dem Umbau) und hebte sich so auch deutlich von den ja doch auch sehr hörenswerten Beethoven-Aufnahmen ab, die mit Zinman entstanden sind (und ebenfalls die „Findungen“ der HIP-Leute berücksichtigten, aber einer anderen HIP-„Schule“ als jener von Antonini).

    Dazu gab es vor der Pause Janine Jansen mit Mozarts fünftem Violinkonzert KV 219. Eine sehr interessante Darbietung, vor allem wegen ihrer Herangehensweise, aber der Rahmen passte dann nicht ganz; bei dem Zugang, den Jansen wählte, hätte wohl bloss ein Dutzend Leute mitspielen dürfen oder es hätte noch mehr Fokus auf das kammermusikalischen Musizieren gebraucht, damit das auch wirklich geklappt hätte. Die stark reduzierte Orchesterbesetzung war immer noch zu gross – zu fliessend, zu kontinuierlich das Spiel der Begleitung, während Jansen immer wieder neu anzusetzen, ja geradezu ins Stück hineinzuhorchen schien.

    Dennoch, im Fazit wohl der beste Abend des Tonhalle-Orchesters seit längerem!

    Ausführlicher haben Peter Hagmann auf seinem Blog, die NZZ sowie Seen and Heard International berichtet:
    http://www.peterhagmann.com/?p=2011
    https://www.nzz.ch/feuilleton/paavo-jaervi-in-der-tonhalle-ist-das-noch-dasselbe-orchester-ld.1452238
    http://seenandheard-international.com/2019/01/the-dawn-of-a-new-era-paavo-jarvi-and-the-tonhalle-orchester-zurich/

    Am 19. Januar hörte ich dann in der saukalten Kirche St. Peter eine leicht gekürzte Version von Haydns Oratorium Die Jahrezeiten mit drei Solisten (den Namen der kurzfristig eingesprungenen Sopranistin kenne ich nicht, Nino Aurelio Gmünder war der Tenor, René Perler der Bass), der Singgemeinde Pfäffikon und der Camerata Cantabile unter der Leitung von Nicolas Plain. In dem Chor singt seit ich mich erinnern kann meine Mutter mit, aber hin bin ich auch, weil ich Haydns Werk bisher nicht kenne und neugierig war. Die Aufführung war – trotz der Kälte (man hatte die Heizung zu spät angestellt, wie ich nachher erfuhr), die vor allem für das Orchester schwierig war und natürlich keine ideale Bedingung bot – sehr ansprechend, aber ich merkte mal wieder, wie selten mich Chormusik wirklich zu fesseln vermag (es sind in der Regel eher die Soli – oder aber der Chor muss halt so grossartig sein wie z.B. Gardiners Monteverdi Choir, da bin ich dann schon total fasziniert, z.B. bei der Aufführung des Verdi-Requiems vor einem Jahr). Sehr schön fand ich aber, was Haydn da fürs Orchester komponiert hat, und auch die Soli haben immer wieder wunderbare Momente, trotz des albernen Texts/Plots. Das Duett Sopran und Tenor im Herbst fand ich besonders schön, auch weil sich die Stimmen der Sängerin und des Sängers so wunderbar mischten. Ein paar Aufnahmen sind bereit, darunter Jacobs, Gardiner, Harnoncourt (live 2007), aber auch ältere (Fricsay, Böhm) und die jüngst von McCreesh herausgebrachte englische, die ich wohl auch schon mal anhörte, weil sie mir wärmstens empfohlen wurde – hangen geblieben ist dann wohl nicht, aber man kann sich wohl den Text leichter schönhören, wenn er englisch ist …

    Les Pêcheurs de perles
    Oper in drei Akten von Georges Bizet (1838-1875)

    Libretto von Michel Carré und Eugène Cormon

    Musikalische Leitung Pavel Baleff
    Inszenierung Jens-Daniel Herzog
    Bühnenbild Mathis Neidhardt
    Kostüme Sybille Gädeke
    Lichtgestaltung Jürgen Hoffmann
    Choreinstudierung Janko Kastelic
    Dramaturgie Ronny Dietrich

    Léïla Olga Kulchynska
    Nadir Sergey Romanovsky
    Zurga Brian Mulligan
    Nourabad Wenwei Zhang

    Philharmonia Zürich
    Chor der Oper Zürich

    Statistenverein am Opernhaus Zürich

    Samstag vor einer Woche ging es dann wieder in die Oper, zu einem ganz anderen Abend als vor einem Monat mit Bartoli und Händel. Französische Oper hörte ich zuletzt in Luzern (Gounods „Roméo et Juliette“ mit der fabelhaften Regula Mühlemann, ich hatte im Opern-Thread berichtet). Bizets Perlenfischer hat Jens-Daniel Herzog in der Saison 2010/11 für die Oper Zürich inszeniert und ich freute mich auf die Wiederaufnahme, auch wegen des Wiederhörens von Olga Kulchynska, die ich als Adina in Donizettis Liebestrank mit Nello Santi gehört und sehr gut gefunden hatte. Das war sie auch als Léïla wieder, dieser seltsamen Priester-Prostituierten, wie man es sie in der hinduistischen Kultur ja tatsächlich gibt. Ein ambivalentes Vergnügen, aber gemeint war ja nur das Faible für Exotisches, das man damals in Europa pflegte, gerade in Frankreich. Ein guter Abend fand ich, das Orchester in gute Form und bei Baleff (den ich nicht kannte) auch in guten Händen. Die drei Hauptdarsteller ebenfalls sehr gut zusammenpassend und Wenwei Zhang (der einzige, der kein Rollendebut gab) als souverän-bedrohlicher Spielmeister im Hintergrund.

    Die Inszenierung fand ich sehr stimmig, die Darstellung der „geschichteten“ Gesellschaft mag auf den ersten Blick antiquiert wirken, aber wer so etwas glaubt, ist dem Märchen auf den Leim gekrochen, das uns die globale Oberschicht leider ziemlich erfolgreich auftischt. Die Inszenierung war aber keineswegs platt sondern öffnete im Helldunkel des Lichtes und der Farben der Musik einen Spannungsraum, der höchst effektiv bespielt wurde.

    Die NZZ berichtete damals über die Premiere:
    https://www.nzz.ch/mehr_als_nur_fabel-1.7615022

    Eine längere Rezension zu einer der ersten Aufführung der Wiederaufnahme, die noch im alten Jahr stattfand, ist hier zu finden:
    https://bachtrack.com/de_DE/review-bizet-les-pecheurs-de-perles-zurich-opera-herzog-mulligan-kulchynska-romanovsky-zhang-december-2018

    Tonhalle-Maag, Zürich – 29.1.

    Collegium Novum Zürich
    Johannes Stockhammer
    Leitung

    Hugues Dufourt (*1943) „L’Europe d’après Tiepolo“ für Ensemble (2010-2011)
    Morton Feldman (1926 – 1987) Instruments II (1975)

    Fabio Nieder (*1957) „Was mir das Kind erzählt“ – Erinnerungen an slowakische und slowenische Volkslieder für Ensemble (Kompositionsauftrag des CNZ im Rahmen des von der Landis & Gyr Stiftung ermöglichten Schwerpunkts Fokus Osten)
    Jonathan Harvey (1939 – 2012) „Wheel of Emptiness“ für Ensemble (1997)

    Fast schon familiär war das Konzert des Collegium Novum in der Tonhalle, am letzten Dienstag – das allererste Mal, dass ich das CNZ im Konzert hörte. Leider, möchte ich anfügen, denn das war ein toller Abend und ich habe wohl so einiges verpasst (möchte aber noch zwei weitere Konzerte in der laufenden Saison besuchen). Los ging es im Foyer mit einem Stück, das die Flötistin des Ensembles, Susanne Peters, mit Gymnasiasten erarbeitet hatte. Dann gab es im Saal eine Einführung, bei der auch Fabio Nieder anwesend war, der Triestiner Komponist, von dem die Uraufführung des Abends stammte. Viel kann ich über den Abend allerdings nicht schreiben, bei neuer Musik fehlen mir wie so oft die Worte, beschreibendes findet man in knapper Form hier (ein ausführlicheres Programmheft wurde auch abgegeben), und auch die NZZ hat berichtet:
    https://www.nzz.ch/feuilleton/o-gespaltenes-und-idealisiertes-europa-ld.1455878

    Next Up im Februar:

    Kammerorchester Basel, Mikhail Pletnev – Tonhalle-Maag, Mo 4.2.
    Sol Gabetta/Kristian Bezidenhout – Tonhalle-Maag, Do 14.2.
    Mozart: Don Giovanni (Heil/von Peter) – Luzerner Theater, Sa 16.2.
    Strauss: Der Rosenkavalier (Luisi/Bechtolf, mit Stoyanova, Stéphany, Devieilhe) – Opernhaus Zürich, Sa 23.2.
    Donizetti: Lucia di Lammermoor (Santi/Michielotto) – Opernhaus Zürich, Do 28.2.

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    soulpope
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    gypsy-tail-wind Strauss: Der Rosenkavalier (Luisi/Bechtolf, mit Stoyanova, Stéphany, Devieilhe) – Opernhaus Zürich, Sa 23.2.

    Schaut vielversprechend aus ….

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    gypsy-tail-wind
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    soulpope

    gypsy-tail-wind Strauss: Der Rosenkavalier (Luisi/Bechtolf, mit Stoyanova, Stéphany, Devieilhe) – Opernhaus Zürich, Sa 23.2.

    Schaut vielversprechend aus ….

    https://opernhaus.ch/spielplan/kalendarium/der-rosenkavalier/season_50348/

    Schon, denn Stéphany (Octavian) und Devieilhe (Sophie) zählen zu meinen liebsten unter den derzeit aktiven Sängerinnen, Fischesser singt den Ochs, bei Stoyanova hoffe ich, dass der Akzent nicht zu übel ist (ich hörte sie in Mailand in „Don Carlo“ und da fand ich sie nicht so doll mit ihrem dicken Akzent, keine Ahnung, was das nun für eine deutsche Oper heisst). Bechtolf fand ich bisher allerdings meistens langweilig-gepflegt (was ja besser ist als depperte Regie-Einfälle, aber einen guten Theaterabend kriegt man mit einer Inszenierung, die sich zurückhält halt auch niemals hin – Ausnahme übrigens der Zürcher „Don Carlo“ mit der überragenden Anja Harteros). Stoyanova fand ich dann aber auch so übel nicht, als dass ich nicht (Devieilhe, Mühlemann) einen weiteren Ausflug nach Mailand plane:
    http://www.teatroallascala.org/en/season/2018-2019/opera/ariadne-auf-naxos.html

    Ich freue mich aber auch sehr auf den Giovanni in Luzern:
    http://www.peterhagmann.com/?p=2000
    https://www.nzz.ch/feuilleton/mozart-als-ego-shooter-ld.1451725

    Für die „Lucia“ hatte ich auch eine Karte gekauft, weil Damrau die Titelrolle singen sollte – dass sie das nicht tut ist schon seit vor dem Saisonstart klar (warum weiss ich nicht), aber wenn Santi am Pult bzw. am Upright-Klavier steht, lohnt der Besuch ja sowieso …

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    gypsy-tail-wind
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    Ein paar Zeilen nur, damit ich nicht alles vergesse …

    Zürich, Tonhalle-Maag – 04.02.2019

    Kammerorchester Basel
    Mikhaul Pletnev, Klavier

    Wolfgang Amadeus Mozart Symphonie Nr. 35 D-Dur KV 385 „Haffner“
    Johann Sebastian Bach Klavierkonzert Nr. 5 f-Moll BWV 1056

    Igor Stravinsky Pulcinella-Suite
    Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 24 c-Moll KV 491

    Ein schöner Abend, Pletnev spielte unglaublich zart schon in Bachs Konzert BWV 1056, das in der ersten Konzerthälfte auf eine feine Aufführung von Mozarts Haffner-Symphonie folgte. In der zweiten Konzerthälfte gab es dann, leider in der Reihenfolge umgetauscht, Stravinskys etwas alberne Pulcinella-Suite, in der das Kammerorchester Basel sich aufs Schönste präsentieren konnte, dann folgte Mozarts Klavierkonzert Nr. 24 f-Moll KV 491, in dem wieder nachdenklicher, aber gerade so engagiert musiziert wurde. Pletnev spielte einen monströsen Flügel von Shigeru Kawai, den er aber ganz zart klingen, ja singen liess. Für mein Empfinden ein wunderbares Konzert, bei dem auch das KOB sich von seiner allerbesten Seite zeigte (Daniel Bard sass als Konzertmeister am ersten Pult, Mozart und Stravinsky wurden ohne Dirigent aufgeführt, nicht etwa mit Pletnev am Pult).

    Die NZZ meinte, da sei aneinander vorbei gespielt worden – so empfand ich das nicht, wenngleich es tatsächlich Momente der Unsicherheit gab zwischen dem Solisten und dem Orchester. Diese wurden jedoch, so mein Empfinden, in gegenseitigem Einvernehmen wieder aufgelöst.
    https://www.nzz.ch/feuilleton/da-treffen-welten-aufeinander-mikhail-pletnev-beim-kammerorchester-basel-ld.1457387

    Zürich, Tonhalle-Maag – 14.02.2019

    Sol Gabetta Violoncello
    Kristian Bezidenhout Fortepiano (Blüthner, 1856)

    Franz Schubert Sonate (Sonatine) für Klavier und Violine D-Dur D 384 (bearb. für Violoncello)
    Robert Schumann Fünf Stücke im Volkston Op. 102

    Ludwig van Beethoven Sonate für Klavier und Violoncello Nr. 3 A-Dur Op. 69

    Encore: Frédéric Chopin Étude Op. 25/7 cis-Moll (transcr./arr. Alexander Glasunow)

    Der nächste Abend war etwas kurz, doch das täuschte nicht über das in seiner Dichte und Konzentration seltene Spiel hinweg, das Sol Gabetta und Kristian Bezuidenhout boten. Mit der Bearbeitung für Cello (statt Violine) der D-Dur Sonate D 384 von Schubert ging es los (im Programm waren Schubert und Schumann noch umgekehrt gedruckt, aber hier ergab die Umstellung Sinn), mich packten dann erst so richtig die Fünf Stücke im Volkston von Schumann. Grossartig, wie Gabetta zurückhaltend und doch sehr zielstrebig an die Stücke heranging, wie Bezuidenhout auf seinem Klavier die Gestaltung mitformte auch da, wie er auch da, wo sein Instrument etwas zu leise war Farben und Stimmungen zu gestalten vermochte. Der Saal war – wohl wegen Gabetta – gut gefüllt, doch die beiden, die dann auch noch eine sehr feine Version der Beethoven-Sonate und eine berührende kleine Zugabe lieferten, hatten es absolut nicht darauf angelegt, zu gefallen oder zu beeindrucken – es schien eher fast schon so, als verschwänden sie in der Musik, die ja doch erst erklingen konnte, weil sie sie so schön formten … die reine Innerlichkeit, sofern das Sinn ergibt.

    Auch darüber hat die NZZ berichtet:
    https://www.nzz.ch/feuilleton/sol-gabetta-und-kristian-bezuidenhout-in-zuerich-ld.1460389

    Luzerner Theater – 16.02.2019

    Zur Aufführung von Mozarts „Don Giovanni“ (Dirigent: Clemens Heil; Regie: Benedikt von Peter) schrieb ich drüben schon ein paar Zeilen:
    http://forum.rollingstone.de/foren/topic/die-wunderbare-welt-der-oper/page/29/#post-10717645

    Gestern hörte ich die Neue Musik-Pianistin Tamriko Kordzaia (sie war beim Collegium Novum am 29.1. dabei, siehe oben) in einem Impro-Trio, dazu drüben in der Jazz-Ecke gleich auch ein paar Zeilen.

    Heute geht es in den „Rosenkavalier“ … und vor ein paar Tagen kaufte ich eine Karte für „Ariadne auf Naxos“ in Mailand Ende April – wie heute Abend sind Krassimira Stoyanova und Sabine Devieilhe dann auch wieder dabei …

    Weiter geht es mit:

    28.2. – Opernhaus Zürich, Donizetti: Lucia di Lammermoor (niemand in der Besetzung, deren/dessentwegen ich hin müsste, aber Nello Santi am Pult)
    1.3. – Rezital Seong-Jin Cho (Bach, Schubert, Chopin, Mussorgsky), Tonhalle-Maag
    4.3. – Anja Harteros, Liederabend mit Wolfram Rieger (Klavier) (Lieder von Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms, Wolf)
    5.3. – Heinz Holliger/Daniel Schnyder etc. (Beethoven: Quintett Es-Dur op. 16, Mozart: Quintett Es-Dur KV 452)
    7.3. – Scintilla-Konzert, Opernhaus Zürich (Leitung: Riccardo Minasi) (Bach: Brandenburgische Konzerte)

    Ein bisschen viel, zweimal Jazz/Impro (Bill Frisell Trio und Kontrabassduo Studer-Frey mit den Gästen Hans Koch und Giancarlo Schiaffini) kommt noch dazu … aber ich freu mich!

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