Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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Opernhaus Zürich – 04.01.2019

Semele
Opera after the manner of an Oratorio von Georg Friedrich Händel (1685-1759)
Libretto von William Congreve

Musikalische Leitung William Christie
Inszenierung Robert Carsen
Bühnenbild und Kostüme Patrick Kinmonth
Lichtgestaltung Robert Carsen, Peter van Praet
Choreinstudierung Ernst Raffelsberger

Semele Cecilia Bartoli
Ino Deniz Uzun
Juno Katarina Bradić
Iris Rebeca Olvera
Jupiter/Apollo Frédéric Antoun
CadmusSomnus Nahuel Di Pierro
Athamas Christophe Dumaux

Orchestra La Scintilla
Chor der Oper Zürich
Statistenverein am Opernhaus Zürich
Continuo: Claudius Herrmann (vc), Ruslan Lutsyk (b), Brian Feehan (theorbo), William Christie (hps), Giorgio Paronuzzi (hps, org)

Doch noch ein paar Worte zur Aufführung von „Semele“ … es handelt sich um eine Wiederaufnahme einer Inszenierung aus den Neunzigern, die vor ca. zehn Jahren schon Zürich gespielt wurde. Fünf mal wurde die Produktion um den Jahreswechsel erneut auf den Spielplan gesetzt, um Cecilia Bartolis 30jähriges Bühnenjubiläum an der Oper Zürich zu feiern (ein Konzert fand zusätzlich auch noch statt). Die Produktion ist auf die zugeschnitten, aber das ganze Ensemble war überzeugend. Dumaux vielleicht manchmal etwas dünn und wenn er forcierte (was er wohl schon muss, wenn er mezzoforte singen soll) auch ziemlich scharf. Sehr gut aber die beiden Mezzos Uzun (sie gehört zum Ensemble und ich höre sie immer wieder gerne) und Bradic, ebenfalls toll Olvera als begnadete Komödiantin, die Bartoli in mancher Szene fast die Show stahl. An Di Pierro und Antoun gab es nichts auszusetzen, Di Pierro gehört zwar nicht zum Ensemble, aber ich hörte ihn Ende letzer Saison – hervorragend – als Seneca in „L’incoronazione di Poppea“ und davor schon in einer umwerfenden Christie-Aufführung von Charpentiers „Médée“, in „Le comte Ory“ und „Die Entführung aus dem Serail“. Am Orchester gab es ebenfalls nichts zu bemängeln, William Christie dirigierte und übernahm (meist bei Rezitativen) auch immer wieder das Continuo-Cembalo, die Continuo-Gruppe leistete überhaupt sehr gute Arbeit und sorgte dafür, dass auch was die Begleitung betrifft ein grosser Farbenreichtum herrschte. Bartoli selbst fand ich im gerade erwähnen „Comte Ory“ vielleicht eine Spur toller, wirklich beeindruckend fand ich sie aber vor drei Jahren als Alcina – sie ist weiterhin in den stillen, leisen Momenten am beeindruckendsten, ihre Koloraturen sind aber in jeder Lautstärke perfekt – und ihr komödiantisches Talent kam in der „Semele“ stärker zum Tragen als in den bisherigen Aufführungen, die ich mit ihr sah.

Peter Hagmann schrieb in der NZZ 2007 über die Aufführung:
https://www.nzz.ch/articleETQ1X-1.97155

Tonhalle-Maag, Zürich – 11.01.2019

Tonhalle-Orchester Zürich
Juanjo Mena
Leitung
Julia Fischer Violine

Benjamin Britten Violinkonzert d-Moll op. 15
Zugabe: Niccolò Paganini Caprice Nr. 17

Anton Bruckner Sinfonie Nr. 6 A-Dur

Letzten Freitag gind es dann, einen Tag nach dem Lunchkonzert, auch erstmals im neuen Jahr zum ausgewachsenen Konzert mit dem Tonhalle-Orchester. Auf dem Programm standen zwei mir noch völlig unvertraute Werke. Das Violinkonzert von Britten hat mich schwer beeindruckt. Ein Trümmer, in dem doch viele zarte Melodien stecken, ein Virtuosenwerk, das Julia Fischer zugleich intensiv und gelassen darbot, sich der Musik hingebend, aber auch die schwierigsten Passagen – Doppelgriffe, mehrstimmige Passagen – spielte sie mit einer Souveränität, die beeindruckte. Und das mit einem völlig klaren Ton, eine fast schon durchsichtigen Gestaltung. Nach der Pause folgte Bruckners Sechste, Mena dirigierte jetzt ohne Partitur, er führte ziemlich straff, manchmal vielleicht etwas zu zügig, aber ohne die Details aus den Augen zu verlieren – er scheint mit dem Werk wirklich bestens vertraut zu sein. Mir gefielen die beiden mittleren Sätze am besten, gerade beim Vierten merkte ich, dass ich abschweifte – aber das mag auch an der Menge an Musik gelegen haben, oder an Bruckner selbst, bei dessen Musik ich immer zum abschweifen neige.

Die Rezension von Seen and Heard International (2. Aufführung von dreien) entspricht eher meiner (3. Abend) Wahrnehmung als die Rezension der NZZ (1. Abend):
https://www.nzz.ch/feuilleton/julia-fischer-spielt-benjamin-brittens-violinkonzert-ld.1450422
http://seenandheard-international.com/2019/01/julia-fischer-and-juanjo-mena-excel-in-less-popular-fare/

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