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gypsy-tail-windHuch, die Cannell, die ich gekauft hatte, lief noch kein einziges Mal und ist gerade irgendwo verlegt (in einem der vielen Stapel) … Die Vallon finde ich schon klar bei vier. Bei der Mobley könnte man wohl streiten … als Dokument vier, musikalisch halt doch nur drei, daher dreieinhalb, ein gut eidgenössischer Kompromiss Hätte mich ja riesig gefreut, wenn sie richtig gut gewesen wäre, aber das ist sie halt leider wirklich nicht.
Cannell hat auch dieses Jahr ein Album veröffentlicht, das aber bislang nur als Download und/oder Kassette erhältlich ist („Hunter Huntress Hawker“). Sowas passiert selten, aber das hier ist wirklich Musik die (bei mir) zu Hause besser funktioniert als in dieser überfüllten romanischen Kirche in Mulhouse…
In Sachen Mobley: Was ich dieses Jahr auch gekauft habe, waren diverse Alben von Wim Overgauw, der auf der Mobley und auf der Griffin aus Warschau so hinreissend Gitarre spielt… leider alles überproduzierter Unfug, kein Treffer bislang…
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Werbunggypsy-tail-wind gibt sich jedes Jahr sehr viel Mühe mit seinem Rückblick.
Ich habe ihn auch dieses Mal mit großem Vergnügen und Interesse gelesen. Auch wenn ich keine „Noten“ vergeben möchte in meinen Bewertungen – noch diskutieren, ob das * oder *1/2 ist – ziehe ich viele Anregungen daraus.Danke, schön.
Auch freuen mich die vielen Konzertbeschreibungen. Ich besuche selber gerne und häufiger Konzerte, doch nur in meiner Wohnstadt, Düsseldorf lebt mehr von seiner Jazztradition vergangener Jahrzehnte als von der Innovation. Immerhin gibt es Ende des Monats ein Brötzmann Konzert in einer recht merkwürdigen Zusammenstellung („wuppertal JAZZ workshop“: Peter Brötzmann & Wolfgang Schmidtke-reeds; Roman Babik-p; Dieter Manderscheid-b; Peter Weiss-dr)!
Die zwei Alben, die ich mir allerdings aufgrund des neuen Jahresrückblicks noch zulegte, weil ich mich wieder erinnerte, waren Virelles‘ Gnosis und Chicago/London Underground – ich glaube, vorgarten erwähnte diese gleich zu Beginn. Mit beiden Alben bin ich noch längst nicht fertig, tue mich schwerer als ich es vorher vermutete. Abwarten und viel Zeit nehmen.
zuletzt geändert von dietmar_--
dietmar_gypsy-tail-wind gibt sich jedes Jahr sehr viel Mühe mit seinem Rückblick.
Ich habe ihn auch dieses Mal mit großem Vergnügen und Interesse gelesen. Auch wenn ich keine „Noten“ vergeben möchte in meinen Bewertungen – noch diskutieren, ob das * oder *1/2 ist – ziehe ich viele Anregungen daraus.Danke, schön.
Auch freuen mich die vielen Konzertbeschreibungen. Ich besuche selber gerne und häufiger Konzerte, doch nur in meiner Wohnstadt, Düsseldorf lebt mehr von seiner Jazztradition vergangener Jahrzehnte als von der Innovation. Immerhin gibt es Ende des Monats ein Brötzmann Konzert in einer recht merkwürdigen Zusammenstellung („wuppertal JAZZ workshop“: Peter Brötzmann & Wolfgang Schmidtke-reeds; Roman Babik-p; Dieter Manderscheid-b; Peter Weiss-dr)!
Die zwei Alben, die ich mir allerdings aufgrund des neuen Jahresrückblicks noch zulegte, weil ich mich wieder erinnerte, waren Virelles‘ Gnosis und Chicago/London Underground – ich glaube, vorgarten erwähnte diese gleich zu Beginn. Mit beiden Alben bin ich noch längst nicht fertig, tue mich schwerer als ich es vorher vermutete. Abwarten und viel Zeit nehmen.
Gerne, und danke für die Rückmeldung – und auch für Deinen Rückblick! Ja, @vorgarten hat „Gnosis“ und das Chicago/London Underground-Album wohl beide auch schon früher im Jahr im Forum erwähnt (letzteres auf jeden Fall), ersteres ist für mich sofort zugänglich, dass man sich an letzterem ein wenig die Zähne ausbeissen kann verstehe ich aber sofort.
Was die Konzerte betrifft, ich bin halt ungebunden und es macht mir grossen Spass, irgendwohin zu fahren, tags durch die Stadt zu ziehen und abends wenn möglich noch Musik zu hören. Letzteres ist aber keinesfalls nötig für einen gelungenen Urlaub, aber es lässt sich oft ganz gut einrichten. Wobei noch gesagt werden muss, dass Norditalien von Zürich aus halt wirklich nah ist, in Mailand bin ich in vier Stunden und wenn ich früh buche für 9 oder 19 Euro, eine Fahrt nach da (wo eben die Jazzkonzerte sonntags um 11 Uhr leider eingestellt wurden – es gibt natürlich auch andere Konzerte dort, aber aber bei der erwähnten Reihe gab es halt spezielle Projekte oder Bands zu sehen, die nicht tagelang durch Europa tingeln, deshalb waren sie besonders genug, dass ich ein paar Mal hingefahren bin) oder von da weiter nach Novara ist also wirklich fast nur ein Katzensprung (und natürlich ist mein Geld dort ziemlich viel wert, das will ich nicht unterschlagen).
Das Brötzmannkonzert mit Schmidtke klingt aber doch mal gut! Aus Düsseldorf könntest Du ja Deinen Radius durchaus bis Köln und ab und zu auch mal bis Amsterdam ausweiten … ich kenne jedenfalls Leute, die das so machen (fahre ja selbst auch nicht Auto, das ist wohl dann schon die Voraussetzung, wenn man nicht vor Konzertende wieder aufbrechen möchte).
Was das Besternen betrifft, so richtig ernst ist das ja nie bzw. an sich müsste man das alles in ein paar Jahren wieder anschauen … aber bei der Menge an Musik, die hier herumschwirrt, ist das kaum zu machen bzw. immer nur teilweise, bei den Dingen, an denen man eben länger hängen bleibt oder auf die man aus irgendwelchen Gründen wieder stösst. Aber es hilft halt schon, eine Art Ordnung in all die Sachen zu bringen … bei mir wächst da konkret übers ganze Jahr hindurch ein File, das jeweils auf dem Desktop liegt und das ich immer wieder ergänze, verändere etc. – das ist aber auch gerade das einzige, was organisiert ist … ich habe nach wie vor keine „wish list“ oder sowas und verpasse auch immer mal wieder was (wie eben gerade Benjamin Clementine, dessen zweites Album natürlich her muss, aber halt erst im neuen Jahr).
Dieses Jahr habe ich seit meiner Rückkehr vor einem guten Monat so intensiv Alben aus dem laufenden Jahr gehört wie wohl noch gar nie (ich war fast zwei Monate unterwegs/weg und da ich CD-Hörer bin hatte ich die neue Musik unterwegs nicht mit, vieles, was im Herbst erschien kaufte ich überhaupt erst Ende November oder im Dezember). Das hat auf jeden Fall grossen Spass gemacht, auch weil das Jahr wirklich reich an tollen Aufnahmen war.
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@redbeansandrice Ich kann mir gut vorstellen, dass Overgaauw gerade in so einem kargen Rahmen am besten funktioniert, oder? Bei Griffin gibt es ja die meiste Zeit nicht mal ein Schlagzeug … das ist ja eigentlich immer das Trio der Jacobs-Brüder (bei Mobley um Han Bennink erweitert, bei Griffin mit Kenny Drew statt Pim am Klavier und der Tiel mit Drums ist dann ohne Overgaauw wie ich grad sehe … und natürlich sind dann noch die Aufnahmen mit Rita Reys (die glaub ich den einen Jacobs geheiratet hat?), Fresh Sound hat das ja alles gesammelt („Marriage in Modern Jazz“ von 1960 mit dem Trio und „Jazz Pictures at an Exhibition“ mit dem Trio plus Kenny Clarke sowie nochmal nur mit dem Trio von 1960 in Antibes, das Material war auch davor schon im Umlauf). Und in der NJA-Reihe gibt es ja auch noch eine Cannonball Adderley-CD, auf der eine Session mit dem Jacobs Trio sowie Cees See zu finden ist – genau eine der CDs aus jüngerer Zeit, die nicht mehr wieder lief, aber wie ich mich erinnere ist es diese Studio-Session von 1966, die wirklich lohnt, weil man von der gut dokumentierten 1960er Tour des Adderley Quintets, von der die erste längere Hälfte stammt, klanglich und musikalisch überzeugendere Aufnahmen kennt.
Wenn es mehr Vergleichbares mit Overgaauw gäbe, wäre ich tatsächlich interessiert, aber ich kann mir ungefähr denken, wie man ihn ein paar Jahre später zu produzieren versuchte bzw. in welchen Kontext man ihn halt gepackt hat (oder er sich selbst, wer weiss).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba<quote>Das Brötzmannkonzert mit Schmidtke klingt aber doch mal gut! </quote>
Schmidtke, Manderscheid, alles gut – Babik kenn ich nicht – ob Weiss die Qualität und das Verständnis mitbringt, bezweifele ich. Aber ich bin sehr gespannt, sah B. noch nie im Konzert und freue mich sehr. Sogar meine Frau kommt mit! Mit Free Jazz kann ich die normalerweise jagen. ;)<quote>Aus Düsseldorf könntest Du ja Deinen Radius durchaus bis Köln und ab und zu auch mal bis Amsterdam ausweiten</quote>
Na ja, wenn man 10 bis 12 Stunden arbeitet, hat man nicht immer Lust noch “vor die Tür“ zu gehen. Und an Wochenenden „muss“ ich dann mal Konserven hören. ;) Klar, Köln ist nahe – eine halbe Stunde mit dem Zug – ich arbeite dran. ;)<quote>Was das Besternen betrifft, so richtig ernst ist das ja nie bzw. an sich müsste man das alles in ein paar Jahren wieder anschauen … aber bei der Menge an Musik, die hier herumschwirrt, ist das kaum zu machen bzw. immer nur teilweise, bei den Dingen, an denen man eben länger hängen bleibt oder auf die man aus irgendwelchen Gründen wieder stösst. Aber es hilft halt schon, eine Art Ordnung in all die Sachen zu bringen</quote>
Ich habe aber auch nichts gegen die Sterne. So schafft man einfacher eine Grundlage. Ich erwähne, wie in diesem Thread, dann halt keine mäßigen, gar schlechten Alben.edit:
zuletzt geändert von dietmar_
Hm, ich bin ja noch neu hier. Und wenn ich mein Zitieren jetzt sehe, ahne ich, warum oft hier ganze Posts ziteiert werden.--
in Sachen Overgauw… sowas hier muss eigentlich super sein…
https://www.muziekweb.nl/Link/JE24572/Delightful-duets-vol-1
ab diese CDs (Blue Jack Jazz Records) findet man selbst in Holland kaum noch…. ich halte die Augen offen… seine eigenen Alben sind mit Streichern, im Stil von Benny Goodman, nur Standards mit dem Wort „blue“ im Titel… jedes für sich genommen kein Problem, aber in der Summe dann halt doch…
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.@dietmar: guck dir mal an, wie leicht man von Düsseldorf zum Bahnhof Köln Ehrenfeld und weiter zum Loft kommt! tendiere ja selber dazu, in meiner Arbeit ein bisschen zu ertrinken, aber in der Sache ist das echt machbar…
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.dietmar_…
Du brauchst < blockquote > und < /blockquote > damit es geht, der Rest passt schon. Ganze Posts zitieren ist meistens unhöflich, das aufsplitten in mehrere Teile (was ich oben hätte tun können) wird manchmal etwas zuviel … ein @ plus Benutzername geht auch ganz gut, wenn ich hier @dietmar_ reinschreibe, kriegst Du eine Benachrichtigung mit Link zum Post, in dem ich Dich erwähne – das kann man eigentlich als Alternative zum Zitieren gut verwenden (wenn die betreffenden Posts dann aber wiederum zitiert werden, wäre es nett, die @-Nennungen rauszunehmen, weil das sonst jedes Mal wieder eine Benachrichtigung auslöst, im blödesten Fall dann wirst Du dann benachrichtigt darüber, dass Du Dich selbst erwähnt hast )
Ansonsten das mit den langen Arbeitstagen kenne ich, war aber zum Glück die letzten Jahre immer steuerbar und wird es wohl künftig noch mehr sein, sprich da, wo ich jetzt bin, sind Überstunden nicht wirklich erwünscht, man hat also höchste Flexibilität, wenn man mal ein paar davon hat, was bei mir gewiss bald der Fall sein wird, genau damit ich etwas Freiraum habe, um mal spät zu kommen oder früher zu gehen. Aber klar, bei meiner Konzertfrequenz geht auch schon mal was unter, weil ich nicht mehr wirklich aufnahmefähig bin oder auch mal völlig übermüdet bin … die letzten zwei, drei Jahre, seitdem ich regelmässig Klassikkonzerte besuche (für die ich immer schon Monate im voraus Karten kaufe, weil man sonst kaum okaye günstige Plätze finden kann), habe ich auch extrem viele Konzerte gehört, das wird sich auf die Dauer auch wieder etwas einpendeln (ich will auch mal wieder ins Kino, letztes Jahr habe ich vielleicht ein halbes Dutzend Filme gesehen, zwei davon im Urlaub … es gab auch Jahre mit 4-5 Filmen pro Woche und entsprechend fast keinen Konzerten).
@redbeansandrice: Das war der falsche dietmar, den Du da erwischt hast mit dem @ – das Forum ist da pingelig, sind ja alles Nullen und Einsen und so
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Fave Jazz Lps 2017 (Top 10):
01. ILL CONSIDERED- Live At The Crypt Part 1 * * * *
02. CÈCILE MCLORIN SALVANT- Dreams And Daggers: Live At Village Vanguard
03. TONY ALLEN- The Source
04. ILL CONSIDERED- Ill Considered
05. MEGALODON COLLECTIVE- Animals * * * 1/2
06. BLACK MOTOR- Branches
07. NICOLE MITCHELL- Mandorla Awakening II: Emerging Worlds
08. WILDFLOWER- Wildflower
08. YAZZ AHMED- La Sabateuse
09. VIJAY IYER SEXTETT- Far From Over
10. BINKER AND MOSES – Journey To The Mountain Of Forever--
gypsy-tail-windUff, was für ein Jahr wieder!
ein frohes neues aus berlin & danke für diesen rückblick! vieles hatte ich aus deinen konzertberichten und den diskussionen der letzten zeit ja noch präsent, aber ich habe doch mal wieder gemerkt, dass ich einige sachen weiterverfolgen sollte, susana santos silva z.b.
gypsy-tail-wind
Dass viele Frauen dabei sind, überrascht nicht, wenn man den erwähnten BFT mitgekriegt hatte – der ja ausschliesslich Alben von Musikerinnen präsentierte. Da ändert sich wohl wirklich gerade etwas, es gab jedenfalls noch keine Epoche in der Jazzgeschichte, in der Frauen – jenseits von Sängerinnen und gelegentlich Pianistinnen – so zahlreich vertreten waren.das stimmt sicherlich, aber 2017 war auch das jahr einer großen sexismus-debatte im jazz, zumindest in den usa, nicht zuletzt getriggert durch ein unseliges interview von ethan iverson mit robert glasper im märz, bei dem letzter die musikalische produktivkraft auf jazzbühnen im wesentlichen als männlich voraussetzte und die rolle von frauen in diesem kontext als empfängerinnen handfester erotischer signale schön passiv im publikum verortete. das ganze war natürlich (natürlich!) wertschätzend als spiel der geschlechter gemeint, und der shitstorm, der iverson danach erreichte, hatte vor allem damit zu tun, dass er da dem kollegen nicht in die parade gefahren ist. typische reaktion: der sich als liberal und unmarkiert weiß und männlich verstehende iverson erschreckt sich, fühlt sich als opfer, bis man ihm mal vorrechnet, mit wie vielen männern (42) und wie vielen frauen (0) er bislang seine vielbeachteten interviews geführt hat. diese schöne antwort (fast ein halbes jahr später) einer 19-jährigen jazzvibrafonistin zeigte wohl am besten die tragweite des problems.
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vorgarten
gypsy-tail-wind
Dass viele Frauen dabei sind, überrascht nicht, wenn man den erwähnten BFT mitgekriegt hatte – der ja ausschliesslich Alben von Musikerinnen präsentierte. Da ändert sich wohl wirklich gerade etwas, es gab jedenfalls noch keine Epoche in der Jazzgeschichte, in der Frauen – jenseits von Sängerinnen und gelegentlich Pianistinnen – so zahlreich vertreten waren.das stimmt sicherlich, aber 2017 war auch das jahr einer großen sexismus-debatte im jazz, zumindest in den usa, nicht zuletzt getriggert durch ein unseliges interview von ethan iverson mit robert glasper im märz, bei dem letzter die musikalische produktivkraft auf jazzbühnen im wesentlichen als männlich voraussetzte und die rolle von frauen in diesem kontext als empfängerinnen handfester erotischer signale schön passiv im publikum verortete. das ganze war natürlich (natürlich!) wertschätzend als spiel der geschlechter gemeint, und der shitstorm, der iverson danach erreichte, hatte vor allem damit zu tun, dass er da dem kollegen nicht in die parade gefahren ist. typische reaktion: der sich als liberal und unmarkiert weiß und männlich verstehende iverson erschreckt sich, fühlt sich als opfer, bis man ihm mal vorrechnet, mit wie vielen männern (42) und wie vielen frauen (0) er bislang seine vielbeachteten interviews geführt hat. diese schöne antwort (fast ein halbes jahr später) einer 19-jährigen jazzvibrafonistin zeigte wohl am besten die tragweite des problems.
Hatte ich überhaupt nicht mitgekriegt, macht das Männermachogehabe aber nur noch jämmerlicher … sollen sie labern, interessanter ist doch, wer die wirklich anregende (ähm nein, nicht sexuell, eher intellektuell, aber das begreifen viele Männer halt auch nicht so richtig, auch nicht die alten Jazzsilberrücken, aber die sterben ja gerade davon – ob das nun gut oder schlecht für den Jazz ist, weiss ich nicht, denn viel Publikum wächst ja nicht gerade nach) Musik macht – und da haben die Frauen schon enorm zugelegt und kriegen bei manchen Labeln auch Platz.
Drüben auf Org kam gerade die Frage hoch, ob wir denn in der Zeit der Frauen angekommen sind und da hat Herr Sangrey gerade mal wieder zu einem ungenauen Rundumschlag ausgeholt, in dem er ein Interview mit einer Komponistin zeitgenössischer Musik zitiert, die die gesamte westliche Musik als aus männlicher Sicht sexuell aufgeladen (lots of thumping and then a climax oder so ähnlich wäre die Kurzformel) betrachtet – und das als völlig uninteressant betrachtet. Nicht ganz von der Hand zu weisen, befürchte ich, gerade Modelle, in denen Musik weiterläuft, endlos, in Schleifen etc. haben es ja doch ziemlich schwer bzw. fristen ein Dasein in Subkulturen, werden als exotisch betrachtet etc.
Aber klar, es läuft daneben auch ein gigantischer Backlash, der selbst einen TV-Clown wie Trump an die Spitze zu spülen vermag – das ist sehr beängstigend. Und ob es sich dabei nur um ein letztes Aufbäumen handelt mag ich nicht zu beurteilen, ich befürchte leider nicht.
Anderswo las ich gerade ein Interview (Herr Sangrey weiss nicht mehr, wer diese Komponistin war, ich weiss es noch: Zadie Smith in der NZZ, aber ich las parallel dazu noch was zum Thema, glaube ich, und das bringe ich auch nicht mehr zusammen, zuviel gelesen die letzten Tage), in dem der Punkt erörtert wird, dass es nicht die Hip Hop-Welt ist, die frauenverachtend etc. sei, sondern dass diese Szene uns gleichsam einen Spiegel vorhalte, in dem halt die ganzen Maskeraden, die im Alltag, in der Politik, der Businesswelt etc., so mühsam aufrecht erhalten werden, heruntergerissen wurden, in der natürlich auch mit Mitteln wie Parodie, Übertreibung etc. vorgegangen wird. Das ist gewiss keine allzu steile oder neue These …. und was Du über Glasper schreibst (ich muss das erstmal nachlesen, verfolge Iverson selbst nicht und hier wurde man glaube ich nicht darauf hingewiesen? sonst habe ich das verpasst) lässt aber gerade nicht schliessen, dass er ein solches Spiel betreibt. Es sind ja auch nicht alle dazu gemacht, leider, die Dinge zu hinterfragen – und das kann gerade in der Szene (ich rechne ihn jetzt mal im weiteren Sinn der Hip Hop-Welt zu, das darf man wohl?) dann natürlich völlig in die falsche Richtung losgehen.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaGypsy, soulpope, vorgarten, Ihr seid nicht allein! Aber als Musikhörer, der sich nur sehr peripher mit Jazz beschäftigt, halte ich hier lieber die Klappe.
Dietmar, ich zitiere im TEXT- Modus, indem ich von dem zu Zitierenden mit dem Cursor eine Zeile tiefer gehe und das gerahmte „ anklicke. Mein Cursor wandert dann nach links unter dem Zitierten. Dann kann ich schreiben. Wenn das zu Zitierende deutlich zu lange ist, lösche ich durch Drüberziehen mit dem Cursor und durch die rechte Maustaste mit „Löschen“ das Unerwünschte. Funzt. Habe ich mich verständlich ausgedrückt?
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Contre la guerre ...and everybody’s shouting “Which Side Are You On?”@stormy-monday: Ich finde es schade, wenn man sich hier nicht beteiligt, nur weil man sich peripher mit Jazz beschäftigt.
Vielen Dank an @gypsy-tail-wind für seinen sehr ausführlichen Jahresbericht, an @redbeansandrice für seinen Hörbericht, der auch altes enthält, an alle anderen für die intensiven Diskussionen sowie an jeden einzelnen Poster einer Liste aus der ich häufig Anregungen entnehmen kann, die man im Laufe des Jahres übersehen oder vergessen hat.
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Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...Der Großteil der Alben, die ich 2017 angeschafft habe sind hier – meist von gypsy tail wind – schon erwähnt worden und kommen im weitesten Sinn aus dem Clean-Feed- und Intakt-Kosmos (Eve Risser und Kaja Draksler sollte ich da speziell hervorheben, mir fällt aber spontan schwer, zwischen den Alben aus 2017 und den Neuanschaffungen aus dem Back-Catalogue zu unterscheiden.).
Darüber hinaus waren es insbesondere (die Reihenfolge ist keine Wertung sondern eher Stream of Consciousness und die Loft-Prägung ist für den Eingeweihten klar erkennbar ;-)):
Ken Vandermark – Momentum 1
Nate Wooley – Battle Pieces 2
Stephan Crump, Ingrid Laubrock, Cory Smythe – Planktonic Finales
Sylvie Courvoisier, Mary Halvorson – Crop Circles
Chris Corsano, Sylvie Courvoisier, Nate Wooley – Salt Task
Ken Vandermark, Nate Wooley, Jasper Stadhouders, Steve Heather - Shelter
Jaimie Branch – Fly Or Die
Vijay Iyer Sextet – Far From Over
Roscoe Mitchell – Bells for the South Side
Charles Lloyd New Quartet – Passin‘ Thru
The Dorf – Lux
Frank Gratkowski, Simon Nabatov – Mirthful Myths
Simon Nabatov, Max Johnson, Michael Sarin – Free Reservoir
Christian Lillinger, Tobias Delius – Dicht
The Wisseltangcamatta – Indes
Robert Landfermann & Elisabeth Coudoux – KehdataPersönliche Neuendteckung des Jahres war auf jeden Fall Woody Shaw mit den Boxen von Mosaic bzw. Columbia.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. DickDie Sexismus-Debatte … kann nicht sagen, sie in der kurzen Zeit wirklich nachgelesen zu haben, aber das Interview mit Glasper (interessant dort die Aussagen zu Kenny Kirkland aber auch zu Mulgrew Miller und Jason Moran und anderen) und die ausführliche Antwort von Sasha Berliner habe ich gerade gelesen. Eine Reaktion darauf fällt mir in mancher Hinsicht nicht leicht. Dass einiges im Argen ist – und dass sich das nicht nur auf amerikanische Musikschulen bezieht – ist ja leider sowieso klar … ob das dauernde Gerede von den „safe spaces“ usw. die richtige Antwort ist, weiss ich aber nicht. Es gibt denn bei Berliner auch üble Kommentare über die „Realität“ usw., sie ist sich des Aspektes ja auch selbst schon bewusst … was ich sagen will: es sollte selbstverständlich sein, dass Jugendlichen (aber: Wie lange ist man heute Jugendliche_r? Bis 40 mindestens, oder? Leider im Guten wie im Schlechten, ich wäre ja durchaus für mehr Erwachsene Leute, aber das ist wohl auch schon fast eine Zumutung, das von Mitmenschen zu verlangen … und abgesehen davon: was heisst erwachsen sein?) Raum gelassen wird, sich zu entwickeln, zu lehren, Versuche zu starten usw., ohne dass sie ständig in Bedrängnis geraten, ausgenutzt, bedroht, missbraucht werden. Dazu sollte keine „save spaces“ nötig sein, aber die Tatsache, dass solche Debatten überhaupt geführt werden, spricht leider eine ganz andere Sprache. So gesehen ist Berliners Bericht eben doch ziemlich schockierend, weil er halt vor Augen führt, wie es sich für eine junge Musikerin anfühlt, in dieser Welt unterwegs zu sein bzw. den Versuch zu machen, Fuss zu fassen.
Witzig auch: Allen Lowes Kommentar dort … in der Sache hat er ja vermutlich recht. Aber: wie soll man sich denn an seiner Stelle äussern? Die Reaktion kam ja postwendend, ist auch klar. Sollte man auf den Kommentar denn gleich verzichten? Auf ihn einmal, an dieser Stelle verzichten? Sollte es nicht möglich sein, dass ein altgedienter und wirklich mit breitem und tiefem Wissen operierender (weisser, heterosexueller) Mann nicht doch noch einen kleinen Hinweis abgeben darf? Was ist mit der Debattenkultur los, gibt es sie überhaupt noch? In diesem Sinne, das gehört ja auch ins vergangene Jahr, finde ich auch den Umgang mit den Protestbewegungen an Hochschulen schwierig, die Auftritte von missbeliebigen Rednern verhindern wollen … und nein, ich finde nicht, dass man darüber sprechen muss, ob ein mehrfach beschuldigter vermutlicher aber nicht überführter Sexualstraftäter Gouverneur eines US-Staates werden darf oder nicht – man müsste aber darüber reden, weshalb ein solcher es überhaupt so weit bringen kann und was man dagegen unternehmen kann … aber da sind wir wohl wieder beim riesigen Backlash, der mir persönlich auch Angst macht – er findet ja nicht nur in den USA statt.
Aber gut, andere Frage: die Macho-Ästhetik der Jam-Sessions und die Sexualmetaphern („axe“), der Wettkampf („cutting contests“), der Schweiss (die Photos von Alfred Lion – men at work – in der Ästhetik steckt ja bekanntlich die Ethik, nicht nur als Wortspielchen) … der Jazz entstand nunmal – auch wenn es, darüber weiss ich leider auch nicht viel, vielleicht schon in der Swing-Ära Frauenorchester gab – in einer Ära, in der Rollenbilder (die sich ja nicht nur auf Mann vs. Frau beziehen, die sexuelle Aufladung des „Negers“ ist ja auch nochmal so ein Ding, die Ängste und die Neugierde/Sensationsgeilheit, die da aufgebaut wurden usw.) noch viel zementierter waren als heute, wo wir immerhin Debatten darüber führen, auch wenn sich in der Praxis noch viel zu wenig verändert hat. Die Frage ist halt: kann man einer so gewachsenen Musik ihre eigene „Kultur“ (Unkultur) austreiben und sie darüberhinaus bewahren? Kann man gewiss, aber wie tut man das, ohne die zugleich so zentralen Traditionsbezüge zu kappen? Aufs Werk statt auf den Autoren zu fokussieren ist ja z.B. keine wirkliche Lösung … und: wo wir es von den vielen guten Musikerinnen hatte, die derzeit aktiv sind: ist in ihrem Spiel, in ihren Spielanlagen denn ein Gestus zu erkennen, der anders ist, der sich vom Männlichkeitswahn der Jazztradition hörbar, fühlbar abhebt? Die Reaktionen auf meinen BFT lassen ja vermuten: alles in allem nicht – vielleicht da und dort ansatzweise, aber insgesamt nein.
Nächster Punkt: Ist die „klimaxlose“ Musik von Leuten wie Ingrid Laubrock oder Mary Halvorson eine Antwort? Findet sich da ein Modell, das Musik anders strukturiert als es die grosse Erzählung der westlichen Musik macht? Und schon klar, auch dafür kann man Vorbilder finden, was weiss ich, Erik Satie, die Minimal Music (wobei die ja irgendwie auch gerade wieder nicht?) … oder ist das alles eh völliger Quatsch, weil Storytelling nun mal hilfreich ist dabei, einen Punkt rüberzubringen? Müsste man entsprechend, um sich der männlich-dominierten westlichen Kultur, dem bösen Blick zu entziehen, darauf nicht ganz verzichten?
Und wie ist das überhaupt mit der Sexualität bzw. – wichtiger Unterschied – viel eher der Erotik, die in der Musik doch eine ganz zentrale Komponente … nicht darstellt, blöde Formulierung: ist, in ihr steckt.
Auf der Website von NPR hat Michelle Mercer eine gute Zusammenfassung der „Saga of Musical Clitoris“ geschrieben, die ich auch gerade noch las. Sie schreibt da auch: „But I would like to thank Glasper for bringing up eroticism in jazz. Jazz fans too often cede bodily pleasure to more popular music, when jazz can also arouse the mind, body and soul.“ – Danach dreht sie aber gleich wieder ab und kritisiert – völlig zu Recht natürlich – die bekloppten Statements von Glasper im Interwiew … aber der Punkt würde mich dennoch interessieren, weil die laufenden Debatten ja manchmal die Frage aufwerfen, ob man heute an so etwas überhaupt noch ohne schlechtes Gewissen denken darf. Und wie ist das denn eigentlich: das Konzert – auch – als kollektive erotische Erfahrung, die man mit hunderten anderen teilt, mal mit Anzugträgern im gesitteten Saal, dann schwitzend in der gedrängten Menge eines Clubs … man ist da ja letztlich immer mit sich allein, wenigstens was die intellektuelle Ebene betrifft (ohne die Erotik ja eh nicht funktioniert), vielleicht muss man auch deshalb gar nicht mehr darüber sagen.
Das sind alles unsortierte Gedanken, pardon – aber jedenfalls keine, die mir bloss durch die Lektüre von Glasper bzw. Berliner durch den Kopf gehen.
Als Nachtrag zum Post oben: Ich möchte nur noch rasch richtigstellen, dass ich der Hip Hop-Welt die umfassende Selbstreflexivität gewiss nicht zugestehen will … viele machen da vermutlich auch mit, ohne zu hinterfragen, sich wirklich für gesellschaftliche Zusammenhänge zu interessieren – aber als historische Entwicklung betrachtet läuft das nichtsdestotrotz mit, denke ich. Kunst nimmt ja immer Bezug auf gesellschaftliche Zustände, entsteht immer vor dem Hintergrund „ihrer Zeit“ oder sowas, das sind Plattitüden klar, da muss man im Einzelfall genauer hinschauen, den doppelten Boden erstmal öffnen, so er denn da ist usw. Glasper kann ich zuwenig einschätzen, er interessiert mich nicht wirklich, Mercer erwähnt und verlinkt ja ein paar weitere Sachen (notorischer Provokateur usw.) – vielleicht hat er den doppelten Boden, aber die male-bonding-Statements, die er mit Iverson da abzieht sind schon von der übelsten Sorte, auch wenn die Ebene – da sind wir teils durchaus bei der Erotik, teils aber auch bei der rohen Sexualität … ist diese denn nun „animalisch“? auch wieder nur eine nette Abgrenzung, die es uns leichter macht, so zu tun als stünden wir darüber – des „deshalb machen wir ja Musik“ gewiss nicht völlig von der Hand zu weisen ist bzw. in vielen Fällen wohl *auch* eine Rolle spielt … und man das auch nicht einfach abstreiten/totschweigen/unter den Teppich kehren sollte, bloss weil es kein genehmes Gesprächsthema ist.
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nein, darüber haben wir hier nicht diskutiert, passte weder in den hörthread noch zu den instrumentalisten interview mit verweisen auf den „storm“ steht hier, für den rest iverson+glasper googeln. bei organissimo (was wiederum ich nur sporadisch verfolge) war davon also auch nie die rede? über „zeitalter der frauen“ usw. mag ich auf dem niveau nicht nachdenken, aber unsere beiden bfts fand ich diesbezüglich schon sehr intressant, weil es da um den reichtum der musik geht, den man – will man den wirklich ernsthaften aspekten der diskussion folgen – traditionell strukturell erschwert oder verhindert (hat). vijay iyer z.b. ist auch hier sehr aktiv, also das heißt im ermöglichen!, auch in seiner funktion eines musikhochschullehrers in harvard. von ihm (via facebook) habe ich das meiste über diese debatte erfahren.
á propos jason moran output: auf seinem label gibt es jetzt (oder bald?) auch alles auf cd: hier.
@nicht_vom_forum könntest du ein, zwei sätze zu lillinger/delius schreiben?
edit. hat sich jetzt alles mit dem post von @gypsy-tail-wind überschnitten, darauf dann noch mal später ausführlich, sobald ich dazu komme.
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Schlagwörter: 2017, Jahresrückblick, Jazz
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