Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Über die Klasse der Klassik › Ich höre gerade … klassische Musik!
-
AutorBeiträge
-
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Ah ja, es dämmert … Die ICON habe ich, darauf ja auch Ausschnitte aus den Kantaten, dann noch vieles verstreut, aber wahrscheinlich nicht alles von den EMI-Sachen. Ich bin ja mit den Labels und Firmen nicht so im Bilde, vergesse das oft, Du weißt: Hast Du da jetzt den „Morgen“ von Strauss?
--
Highlights von Rolling-Stone.deDie 50 besten Doppel-Alben aller Zeiten
Alle Schlagzeuger von The Who: Keith Moon, Zak Starkey und Co.
Die 100 besten Hardrock- und Metal-Alben: die komplette Liste
Der wilde, aber romantische Westen: „Der mit dem Wolf tanzt“
Kritik: „Black Mirror“ auf Netflix – alle Episoden im Ranking
Kritik: Prince „The Beautiful Ones“ – Skizzen eines Lebens
WerbungJa, ist alles auch in der Box … ich glaube man hat da wohl in etwa alles, was man schon mal auf CD herausgab, gesammelt, und eine riesige Box damit gemacht … (die paar Strauss-Lieder hatte ich auf einer einzelnen EMI-CD mit unterschiedlichen Stücken, französisches, englisches, deutsches, Recital hiess die glaub ich – habe ich alles meiner Mutter gegeben, die ICON überschnitt sich aber so sehr damit, dass ich die nicht auch noch mitreichen mochte).
Jetzt noch CD 1 – Monteverdi, die Scarlattis (1969 mit Leppard), Schütz, Schein, Lilius (mit DFD, Kenneth Heath-vc, George Malcolm-org, 1970).
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #162: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records, 8.4., 22:00; # 163: 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaclasjaz (Und nur nebenbei, mit Gruß an grünschnabel, an der Mimik hat er ja doch nichts geändert?)
Wie bitte, wo? Tut mir leid, aber ich kann dir in dieser Mimik-Sache ehrlich gesagt gar nicht mehr folgen.
--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
gypsy tail windMonteverdi, die Scarlattis (1969 mit Leppard)
„Salve Regina“, „Cantata Pastorale“ und einige Arien von Monteverdi, ja, darunter das phantastische „Lasciatemi morire“, das „Addio, Roma“? Und natürlich dieses „Salve Regina“, dazu würde ich immer greifen, wenn es mal knapp wird.
grünschnabelWie bitte, wo? Tut mir leid, aber ich kann dir in dieser Mimik-Sache ehrlich gesagt gar nicht mehr folgen.
Beethoven, Brendel, Masur. Hier. Ich sagte aber doch, dass mir die Mimik bei Brendel nicht so wichtig sei? Ich sehe da aber keinen Unterschied zu früheren Mitschnitten, soweit ich sie kenne. Und von diesem Unterschied hattest doch Du gesprochen. Dieses Beethoven-Konzert habe ich mir jetzt noch einmal angehört, den ersten Satz. Du wirst es womöglich auch unverständlich finden und nochmals: ich möchte den Brendel nicht madig machen. Aber er geht mir auf den Geist, selbst wenn ich ihn wie jetzt ohne Bild anhöre. Ich sagte es oben schon, gerade dieses Spiel erscheint mir teutonisch, wozu Masur etliches dazutut. Gut, pinch hatte ja schon gesagt, dass das nicht so toll sei, im Vergleich zu anderen Einspielungen. Ich höre Weihrauch und, pardon, sehe ihn fast, wenn ich ihn nur höre. Der kloppt da in die Tasten, dass es mich fast schon erschreckt. Aber lassen wir das vielleicht – oder wie geht es Dir mit diesem Konzert und diesem Mitschnitt? Zumindest hier kann ich nicht hören, nicht sehen, dass er nur die Musik im Sinn hätte.
--
clasjaz“Salve Regina“, „Cantata Pastorale“ und einige Arien von Monteverdi, ja, darunter das phantastische „Lasciatemi morire“, das „Addio, Roma“? Und natürlich dieses „Salve Regina“, dazu würde ich immer greifen, wenn es mal knapp wird.
Genau! Und gerade dieses „Salve Regina“ läuft jetzt. Was für eine Stimme!
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #162: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records, 8.4., 22:00; # 163: 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaclasjazBeethoven, Brendel, Masur. Hier. Ich sagte aber doch, dass mir die Mimik bei Brendel nicht so wichtig sei? Ich sehe da aber keinen Unterschied zu früheren Mitschnitten, soweit ich sie kenne. Und von diesem Unterschied hattest doch Du gesprochen. Dieses Beethoven-Konzert habe ich mir jetzt noch einmal angehört, den ersten Satz. Du wirst es womöglich auch unverständlich finden und nochmals: ich möchte den Brendel nicht madig machen. Aber er geht mir auf den Geist, selbst wenn ich ihn wie jetzt ohne Bild anhöre. Ich sagte es oben schon, gerade dieses Spiel erscheint mir teutonisch, wozu Masur etliches dazutut. Gut, pinch hatte ja schon gesagt, dass das nicht so toll sei, im Vergleich zu anderen Einspielungen. Ich höre Weihrauch und, pardon, sehe ihn fast, wenn ich ihn nur höre. Der kloppt da in die Tasten, dass es mich fast schon erschreckt. Aber lassen wir das vielleicht – oder wie geht es Dir mit diesem Konzert und diesem Mitschnitt? Zumindest hier kann ich nicht hören, nicht sehen, dass er nur die Musik im Sinn hätte.
Ich komme bei dir nicht mit. Du beschäftigst dich einerseits ganz stark mit Brendels Auftreten und projizierst auch irgendwelche (geplanten?) Empfindungen dort hinein, andererseits betonst du, dir sei seine Mimik nicht wichtig, aber interessieren würden dich Mimik und Gestik dennoch, aber Brendels Überlegungen hinsichtlich einer stimmigen Korrespondenz zwischen Spielapparat und musikalischem Ergebnis seien „kurios“, da das ja ganz außermusikalisch sei… ich finde da kaum etwas für mich Greifbares.
Das Gute ist: Für mich als Hörer sind diese Fragen ziemlich Banane. Von mir aus kann jeder Interpret Grimassen schneiden oder wie Gould laut und falsch mitsummen oder sonstwas – ich konzentriere mich auf die Umsetzung der Komposition (Gould macht es einem da manchmal wirklich nicht leicht). Ich sehe auch keine Veranlassung, da nun spekulative Küchenpsychologie zu betreiben – das klangliche Ergebnis zählt.
Das klangliche Ergebnis beim Beethoven in der Kombi Masur / Brendel ist ja schon aufnahmetechnisch so unter aller Sau, dass ich mir da keinen Kommentar abverlangen möchte. Wie das wirklich geklungen hat, kann wohl keiner so richtig sagen, wenn die Streicher klangfarbentechnisch schon schlimmer klingen als von so ziemlich jedem Synthesizer gespielt.
Aber wenn dich also nun doch noch weiter interessiert, wie weit Brendel mit seiner mimischen Selbstdisziplinierung gekommen ist, müsstest du halt irgendwelche Aufnahmen vergleichen, da kann ich dir nicht helfen – und das ist überhaupt nicht böse gemeint.--
Als Zwischenruf: die Idee, die Mimik passe nicht zur Musik, finde ich äusserst seltsam, wenn sie vom betroffenen Musiker selbst geäussert wird – das wäre ja Grund, ins Wasser zu gehen, eine komplette Niederlage. Ich weiss nun nicht, wie Brendel das formuliert hatte und ob das hier überspittz wiedergegeben wurde, aber wie gesagt, die Vorstellung befremdet mich, denn der Interpret muss doch wissen, ob er beim Spielen eins mit der Musik ist bzw. sich so fühlt, wie er das haben will (mit der Musik eins sein ist ja nicht immer das Ziel, nehme ich mal an, sind ja nicht alles Mystiker ;-)) – und wenn das eben stimmt, ist es doch komplett Wurst, wie das auf die Aussenwelt wirkt – da bin ich ja sogar gewillt, Jarrett zu ertragen (allerdings nur im Jazz).
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #162: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records, 8.4., 22:00; # 163: 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy tail windAls Zwischenruf: die Idee, die Mimik passe nicht zur Musik, finde ich äusserst seltsam, wenn sie vom betroffenen Musiker selbst geäussert wird – das wäre ja Grund, ins Wasser zu gehen, eine komplette Niederlage. Ich weiss nun nicht, wie Brendel das formuliert hatte und ob das hier überspittz wiedergegeben wurde, aber wie gesagt, die Vorstellung befremdet mich, denn der Interpret muss doch wissen, ob er beim Spielen eins mit der Musik ist bzw. sich so fühlt, wie er das haben will (mit der Musik eins sein ist ja nicht immer das Ziel, nehme ich mal an, sind ja nicht alles Mystiker ;-)) – und wenn das eben stimmt, ist es doch komplett Wurst, wie das auf die Aussenwelt wirkt – da bin ich ja sogar gewillt, Jarrett zu ertragen (allerdings nur im Jazz).
Ich finde die Idee alles andere als seltsam. Nicht jeder Musiker macht die Selbsterfahrung, dass das Zusammenspiel von Mimik und klanglicher Realisation übereinstimmt, wenn er sich sieht. Ein solcher Automatismus ist nicht selbstverständlich und kann an ganz einfachen physiologischen / physiognomischen oder gar schwereren körperlichen Defiziten bis hin zu psychischen Gegebenheiten scheitern.
Ich habe mich gerade heute – da es nun doch noch von Interesse zu sein scheint – übrigens daran erinnert, wo ich Brendels Überlegung begegnet bin, und kann das zur weiteren Aufklärung auch zitieren:„Als ich mich zum erstenmal im Fernsehen sah, war das wie ein Schock. Mir wurde bewußt, wie sehr mein Aussehen während des Spielens von der Musik ablenkte; Gesten und Grimassen widersprachen nicht nur der Vorstellung, die ich selbst von den notwendigen Bewegungsvorgängen hatte, sie widersprachen auch in grotesker Weise dem, was ich tatsächlich spielte. Man mußte damals die Augen fest schließen, um hören zu können, was ich spielte. Jemand schenkte mir dann einen großen, mehrteiligen Spiegel, den ich neben meinen Flügel stellte; ich sah zwar selten hinein, aber er stand da, und seine Wirkung machte sich geheimnisvoll bemerkbar. Er half mir dabei, meine musikalische Vorstellung mit dem zu koordinieren, was ich durch Bewegungen ausdrücken wollte. Es gibt viele Beispiele für Stellen, in denen der Spieler optisch eingreifen muß. Am Schluß der h-Moll-Sonate von Liszt etwa, vor dem Eintritt des pianissimo auf den drei H-Dur-Akkorden, ist ein wichtiges crescendo auf einem Akkord vorgeschrieben, welches man nur durch eine Körperbewegung suggerieren kann.“ [Alfred Brendel: Nachdenken über Musik. München 1977, S.197.]
--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Dieses Aneinandervorbeireden ist aber auch interessant! Du sagst nun, grünschnabel, dass es Dir auf die Umsetzung der Komposition ankomme – ja, eben, sage ich ja auch. Ob da einer im Gummianzug oder mit Nudelhölzern, summend, stöhnend oder sonst mit Mitteln sich behilft, ist mir gleich. Wenn es aber geschieht, dann kann mich das schon interessieren. Ich sehe da keinen Widerspruch. Brendels Auffassung scheint mir genau dagegen dogmatisch, vielleicht nicht gerade ein Grund, ins Wasser zu gehen, aber doch etwas verschwurbelt in dem Sinn, den gypsy herausgehoben hat, dass also einer sich doch nicht allzusehr um die Außenwelt kümmern müsse, wenn er mit der Umsetzung der Komposition ansonsten zurecht kommt. Bezieht er so etwas wie Spiegel mit ein – sei ihm ja unbenommen -, dann ist das aber außermusikalisch. Und dass solches einfließt, geschenkt. Nur, das alles dann umzudeuten in eine angemessene Kongruenz von Mimik, Gestik und Interpretation halte ich für übertrieben. Und meine Kritik an der geplanten Empfindung bei Brendel galt gerade der Interpretation. So höre ich das. Und es wird Dir ja nicht anders gehen, nehme ich an, wenn es einem x-mal so geht mit einem Interpreten, dann lässt man die Umstimmungen und Entdeckungen gelassen auf sich zukommen.
Dennoch, noch hierzu:
grünschnabelIch finde die Idee alles andere als seltsam. Nicht jeder Musiker macht die Selbsterfahrung, dass das Zusammenspiel von Mimik und klanglicher Realisation übereinstimmt, wenn er sich sieht. Ein solcher Automatismus ist nicht selbstverständlich und kann an ganz einfachen physiologischen / physiognomischen oder gar schwereren körperlichen Defiziten bis hin zu psychischen Gegebenheiten scheitern.
Es handelte sich ja offensichtlich nicht um einen Automatismus, auch bei Brendel nicht, meinetwegen mag er Wert auf eine „Übereinstimmung“ gelegt haben – aber: worin besteht die denn eigentlich? Worin ein Scheitern, worin ein Gelingen? Und was sollen da die schwereren körperlichen Defizite? Natürlich hindert eine Erkrankung am Spiel, wie bei Fleisher, wie bei Solomon. Aber sie verhindert dann das Spiel tatsächlich und solange es noch gelingt, eben nicht. Und die „psychischen Gegebenheiten“? Das vermag ich nicht nachzuvollziehen, nein, ganz und gar nicht, was soll das sein, die Übereinstimmung von Mimik und klanglicher Realisation? Einer kann sich ein mimisches, privates Ziel setzen und das mag dann in eine Korrespondenz zu setzen sein mit der Interpretation, aber allzu sehr würde ich da nicht drauf bauen.
Bei dem Brendelzitat sollte man auch nicht vergessen, da Du ihn genannt hast, dass Brendel nicht nur einmal gegen Gould gewettert hat. Und das – man kennt Konkurrenz als Stachel der Selbsterfindung längst und immer und überall – sollte nicht außer Acht gelassen werden. Gould selbst ist ja mit ähnlichem durch die Jahrzehnte gegangen: Horowitz als Gegenpianist.
--
clasjazDieses Aneinandervorbeireden ist aber auch interessant!
Finde ich nicht. Es macht die Sache m.E. eher zäh. Aber immerhin geben wir beide uns ja Mühe.
clasjazBrendels Auffassung scheint mir (…) dogmatisch
Kann ich nicht ansatzweise nachvollziehen. Ich sehe das so: Brendel merkt, dass seine Mimik dem musikalischen Ausdruck nicht nur nicht entspricht, sondern wirkungstechnisch sogar kontraproduktiv ist. Er sieht dies als verbesserungsbedürftig an und achtet entsprechend mehr darauf. Für mich ein von A-Z völlig nachvollziehbarer Vorgang. Hat auch nur mit ihm und seinen künstlerischen Vorstellungen zu tun. Mehr ist da nicht.
Auch der Bezug des Zitats zu Gould offenbart sich mir bislang überhaupt nicht. Brendels Ablehnung diesem gegenüber hatte meinem Kenntnisstand nach mit einer völlig unterschiedlichen Auffassung von „Werktreue“ zu tun.clasjaz Und es wird Dir ja nicht anders gehen, nehme ich an, wenn es einem x-mal so geht mit einem Interpreten, dann lässt man die Umstimmungen und Entdeckungen gelassen auf sich zukommen.
Ja, das ist auch für mich völlig normal.
clasjaz Es handelte sich ja offensichtlich nicht um einen Automatismus, auch bei Brendel nicht, meinetwegen mag er Wert auf eine „Übereinstimmung“ gelegt haben – aber: worin besteht die denn eigentlich? Worin ein Scheitern, worin ein Gelingen?
Ich kann das für Brendel nicht beantworten. Geht es eventuell darum, dass der spannungsreiche Septsprung aufwärts im langsamen Satz durchaus mit einer hochgezogenen Augenbraue korrespondieren könnte?
clasjaz Und was sollen da die schwereren körperlichen Defizite? Natürlich hindert eine Erkrankung am Spiel, wie bei Fleisher, wie bei Solomon. Aber sie verhindert dann das Spiel tatsächlich und solange es noch gelingt, eben nicht.
Es ging mir hier darum, dass es Musiker gibt, deren Spielapparat trotz klanglicher Bewältigung der Interpretation wirkungstechnisch nicht automatisch eine Einheit damit suggerieren muss. Plakativ: Ein Gesichtsgelähmter kann das „Ballett der Küchlein in ihren Eierschalen“ kaum mimisch passend begleiten. Weniger plakativ: Ich kenne eine Geigerin, die eine Sehschwäche hat und oftmals aussieht, als würde sie beim Spielen angestrengt blinzeln. Das findet optisch seltenst eine sinnhafte Entsprechung in der Musik.
clasjazUnd die „psychischen Gegebenheiten“?
Wir alle haben ja ein begrenztes mimisches Repertoire. Auch einem Musiker werden vor diesem Hintergrund je nach psychischer Konstitution einige Facetten musikalischen Ausdrucks leichter „gelingen“ als andere. Bei Brendels Es-Dur-Beethoven z.B. habe ich eine Stelle bemerkt, an welcher er ganz leidend guckt, obwohl die Interpretation das in dem Moment gar nicht hergab. Da habe ich mir – weil ich wegen dieser Diskussion hier ja gerade auch auf das Äußere geachtet habe – gedacht: Mensch, Alter, werd mal locker.
--
Ich mische mich nochmal kurz ein – und bedanke mich erstmal für die Mühe, die Du mit dem Brendel-Zitat gemacht hast! Und füge an, dass …
grünschnabelFinde ich nicht. Es macht die Sache m.E. eher zäh. Aber immerhin geben wir beide uns ja Mühe.
… ich Dein Gefühl verstehen kann, die Diskussion aber gerne mitverfolge!
grünschnabelKann ich nicht ansatzweise nachvollziehen. Ich sehe das so: Brendel merkt, dass seine Mimik dem musikalischen Ausdruck nicht nur nicht entspricht, sondern wirkungstechnisch sogar kontraproduktiv ist. Er sieht dies als verbesserungsbedürftig an und achtet entsprechend mehr darauf. Für mich ein von A-Z völlig nachvollziehbarer Vorgang. Hat auch nur mit ihm und seinen künstlerischen Vorstellungen zu tun. Mehr ist da nicht.
Auch der Bezug des Zitats zu Gould offenbart sich mir bislang überhaupt nicht. Brendels Ablehnung diesem gegenüber hatte meinem Kenntnisstand nach mit einer völlig unterschiedlichen Auffassung von „Werktreue“ zu tun.Da liegt für mich der Hund begraben – beim merken, dass die Mimik die Musik stört. Das ist ja reines persönliches Empfinden. Natürlich mit der Einschränkung, dass – entschuldige, ich kann wieder nur Beispiele aus dem Jazz liefern – McCoy Tyners kaum hörbares, hohes und feines Mitsingen der Linien seiner linken Hand niemanden stören wird, während Keith Jarretts lautes Gestöhn und spastisches Gezucke wohl viel mehr seiner Zuhörer irritieren dürfe (erst recht, wenn die sich während des ganzen Konzerts nicht rühren dürfen) … aber dennoch, das ist ein individuelles Gefühl, und darüber wundere ich mich eben immer noch: dass man sein Verhalten während dem Spiel überhaupt auf eine solche Weise „überarbeiten“, „verbessern“ mag, denn beim Spielen ging es einem doch auch davor ganz gut, weil doch das, was man tat, für einen selbst passte. So würde ich denken und dann eben finden, dass es dementsprechend recht egal ist, ob sich ein paar Leute darüber aufregen oder nicht. Dass man allerdings nach Begutachtung von TV-Aufnahmen darauf kommt, etwas zu verändern, find ich durchaus nachvollziehbar – aber ich hinterfrage dann halt einfach die – ich finde gerade keine besseren Wörter dafür – die künstlerische Relevanz dieses Unterfangens, das ja die Kunst selbst eigentlich gar nicht betrifft. Es geht dann eben um Image … und natürlich, die vermeintlich so spontanen Gould-Interviews, die im Gould-Thread neulich so schön beschrieben wurden, stammen ja soweit ich weiss alle aus einer Zeit, in der Gould schon keine Fragen mehr beantworten mochte, die er nicht zuvor gehört hatte, keine frei formulierten Antworten gab, sondern sich alles en détail im Voraus zurecht gelegt hat. Das ist natürlich auch Image-Pflege, genau so wie Rubinsteins regungsloses Dasitzen Imagepflege ist. Mich irritiert bloss die Idee, dass man vom einen Tag auf den anderen darauf kommt, dieses Image umzugestalten.
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #162: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records, 8.4., 22:00; # 163: 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba@Gypsy: Danke für die Rückmeldung. Schön, dass der Austausch hier für dich nicht zu kleinkramsig geworden ist. Ich hatte ein wenig die Befürchtung, dass der Verlauf nicht gerade zum Mitlesen einlädt.
gypsy tail windMich irritiert bloss die Idee, dass man vom einen Tag auf den anderen darauf kommt, dieses Image umzugestalten.
Das ist für mich nachvollziehbar. Denn wenn es das „Image“ beträfe, wäre es auch für mich (fast) irrelevant. Trotzdem verstehe ich das anders. Brendels Auffassung ist meiner Überzeugung nach zutiefst künstlerisch geprägt. Auch wenn ich selbst nicht so ticke, erlebe ich es immer wieder, dass Musiker wie Hörer den Vortrag nicht nur puristisch auf klangliche Kriterien reduzieren. Für viele is(s)t das Auge mit. Und dafür gibt es auch verständliche Gründe, denn im Konzert ist nun einmal auch der physische Aspekt vorhanden. Dass ein Künstler es als problematisch ansieht, wenn es da kontraproduktive Tendenzen gibt, macht mir kein schlechtes Gefühl. Zudem betont Brendel in diesem Zitat am Ende auch, dass die Physis z.T. sogar substanziell (!) die Musik mitgestaltet. Das halte ich für symptomatisch hinsichtlich seines Selbstverständnisses.
Noch ein persönlicher Gedanke: Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Klavierprofessorin, die mir voller Enthusiasmus davon erzählte, dass sie im Konzert an der Mimik und Körperhaltung eines Orchesterpaukisten – nicht zuletzt während seiner Spielpausen! – den musikalischen Verlauf einer Sinfonie „ablesen“ konnte. Das hatte sie zutiefst beeindruckt. Und ich habe daran auch gemerkt, dass Körperlichkeit als Teil der musikalischen Kommunikation zu begreifen sein kann.--
Wenn der Paukenspieler döste, war also das Adagio?
--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #162: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records, 8.4., 22:00; # 163: 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy tail windWenn der Paukenspieler döste, war also das Adagio?
Ich kann mich nicht daran erinnern, ob es sich da wirklich um eine Tschaikowski-Sinfonie handelte. Aber ungefähr so stelle ich mir das vor, ja.
--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Oh, ich lese auch noch mit …
grünschnabelIch sehe das so: Brendel merkt, dass seine Mimik dem musikalischen Ausdruck nicht nur nicht entspricht, sondern wirkungstechnisch sogar kontraproduktiv ist. Er sieht dies als verbesserungsbedürftig an und achtet entsprechend mehr darauf. Für mich ein von A-Z völlig nachvollziehbarer Vorgang. Hat auch nur mit ihm und seinen künstlerischen Vorstellungen zu tun. Mehr ist da nicht.
Auch der Bezug des Zitats zu Gould offenbart sich mir bislang überhaupt nicht. Brendels Ablehnung diesem gegenüber hatte meinem Kenntnisstand nach mit einer völlig unterschiedlichen Auffassung von „Werktreue“ zu tun.Mehr ist da nicht … komm, ich habe nichts anderes gesagt. Mehr als eine persönliche Überlegung von Brendel samt Entscheidung ist da nicht. Es ist seine persönliche Auffassung von irgendeiner Relevanz des Wirkungstechnischen (gefällt mir gar nicht, das Wort, aber gleich). Um es so kurz wie möglich zu sagen: So etwas wie Werktreue nun gar noch an die Mimik zu knüpfen, empfinde ich als bizarr.
Was den Bezug zu Gould betrifft; es gibt etliche Äußerungen von Brendel zu dessen Manierismen, gut, das mag eben auch aus seinen Mimikgeschichten motiviert sein. Es geht mir überhaupt nicht um die Bewertung von beider Interpretationen, da überschneidet sich ohnehin wenig. Auch wenn das jetzt wieder nicht nachvollziehbar sein sollte: Gould hat die Konzerte sicher nicht aufgegeben, weil er seine Gestik und Mimik nicht abstellen konnte (zum Summen hat er ja gesagt, es störe ihn, aber wenn er das unterlasse, spiele er schlechter). Anders, was hätte Brendel denn nun gemacht, wenn er eine Gesichtslähmung wie die Violinistin, die Du erwähnst, gehabt hätte und zugleich seine Gedanken? Sodass ich meine Meinung zu alldem auch so formulieren kann: Es liegt in dem so sehr stillschweigenden Postulat einer möglichen Übereinstimmung von Mimik und Interpretation, werktreu hin oder her, auch etwas Denunzierendes. Was kümmert’s mich, wenn ein Musiker beim Spielen blinzelt, wenn mir das nicht gefällt, mache ich halt die Augen zu, wenn ich anders nicht zuhören kann.
Was ich also kaum verstehe, ist Dein Beharren auf einem richtigen Zusammenhang von Mimik und Interpretation. Aber das habe ich ja schon gesagt. Denn darum:
Geht es eventuell darum, dass der spannungsreiche Septsprung aufwärts im langsamen Satz durchaus mit einer hochgezogenen Augenbraue korrespondieren könnte?
geht es hoffentlich nicht. Ob jemand die Augenbraue hochzieht, sie absenkt oder die Augen schließt oder einfach nur guckt bei irgendeinem Akkord, wird hoffentlich von niemandem gegenüber dem, was dann da aus den Saiten oder sonstwoher kommt, kritisiert. Also stört mich an Brendel wahrscheinlich genau diese Suggestion, da sei etwas möglich, wirkungstechnisch kontraproduktiv. Und nochmal anders: Wenn Brendel in einer Stelle im Es-Dur-Konzert leidend guckt, wird er dafür einen Grund haben.
gypsy tail windDa liegt für mich der Hund begraben – beim merken, dass die Mimik die Musik stört. Das ist ja reines persönliches Empfinden. Natürlich mit der Einschränkung, dass – entschuldige, ich kann wieder nur Beispiele aus dem Jazz liefern – McCoy Tyners kaum hörbares, hohes und feines Mitsingen der Linien seiner linken Hand niemanden stören wird, während Keith Jarretts lautes Gestöhn und spastisches Gezucke wohl viel mehr seiner Zuhörer irritieren dürfe (erst recht, wenn die sich während des ganzen Konzerts nicht rühren dürfen) … aber dennoch, das ist ein individuelles Gefühl, und darüber wundere ich mich eben immer noch: dass man sein Verhalten während dem Spiel überhaupt auf eine solche Weise „überarbeiten“, „verbessern“ mag, denn beim Spielen ging es einem doch auch davor ganz gut, weil doch das, was man tat, für einen selbst passte.
Für mich auch, also der Hund und deshalb darf Jarrett auf der Bühne auch machen, was er will und McCoy Tyners Mitsingen von Linien ist ohnehin die Linie, die viel interessanter ist als die einer durch den Werktreue-Einfall unterfütterten Idee richtiger Mimik.
grünschnabelDass ein Künstler es als problematisch ansieht, wenn es da kontraproduktive Tendenzen gibt, macht mir kein schlechtes Gefühl. Zudem betont Brendel in diesem Zitat am Ende auch, dass die Physis z.T. sogar substanziell (!) die Musik mitgestaltet. Das halte ich für symptomatisch hinsichtlich seines Selbstverständnisses.
Darum, dass jemand etwas persönlich etwas als problematisch ansieht und dann etwas ändern möchte, geht es doch gar nicht. Dass die Physis beim Spielen beteiligt ist, geschenkt, was sonst? Die Betonung von Mimik und Gestik „im Dienst des Werks“ bleibt aber eine Umdeutung dieser schlichten Erkenntnis, was heißt „Erkenntnis“, es ist ja nur eine Tatsache.
Etwas launisch gerade, ich weiß.
Hier jetzt:
--
-
Schlagwörter: Klassik, klassische Musik, Tagebuch
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.