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Kraftmeierei? Angeberei? Narzissmus gar? Meint Ihr denselben Kirk, den ich kenne und schätze?
Ich fand bei ihm stets die Mercury/EmArcy/Limelight-Alben besser als fast alles auf Atlantic … „The Inflated Tear“ und das tolle Album mit Al Hibbler sind die Ausnahmen. Aber Live-Aufnahmen aus der Atlantic-Zeit gehören mit zum Besten, was er aufgenommen hat (sind aber vom tollen „Bright Moments“ abgesehen eher nicht bei Atlantic erschienen … ich meine z.B. „Gifts and Messages“ – das noch vom Ende der EmArcy-Zeit kommt – oder die diversen Aufnahmen, die Joel Dorn veröffentlicht hat, allen voran die Zusammenstellung „Dog Years in the Fourth Ring“).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deSo klingen die größten Schlagzeuger ohne ihre Band
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Werbunggypsy tail windKraftmeierei? Angeberei? Narzissmus gar? Meint Ihr denselben Kirk, den ich kenne und schätze?
Ich fand bei ihm stets die Mercury/EmArcy/Limelight-Alben besser als fast alles auf Atlantic … „The Inflated Tear“ und das tolle Album mit Al Hibbler sind die Ausnahmen. Aber Live-Aufnahmen aus der Atlantic-Zeit gehören mit zum Besten, was er aufgenommen hat (sind aber vom tollen „Bright Moments“ abgesehen eher nicht bei Atlantic erschienen … ich meine z.B. „Gifts and Messages“ – das noch vom Ende der EmArcy-Zeit kommt – oder die diversen Aufnahmen, die Joel Dorn veröffentlicht hat, allen voran die Zusammenstellung „Dog Years in the Fourth Ring“).
Aber hallo!
Auf dieser Aufnahme hier (If I loved You von Bright Moments) hat er eigentlich bei 6:30 min den Höhepunkt erreicht- aber dann setzt er noch einen drauf und noch einen und noch einen … Lass mal gut sein, Roland, ich weiß ja, dass du das kannst! Das ist im Live-Kontext sicher eine tolle Show und eigentlich auch amüsant, aber auf Dauer kann mich das auch ermüden.
Ich habe ja auch eine ganze Menge von RRK. Kann jetzt nicht sagen, was oder welche Phase ich von ihm am liebsten mag. RRK’s Gesamtwerk ist ja kunterbunt mit Pendelausschlägen in alle Richtungen. Schwer zu sagen, wo da eigentlich der Kern ist. Falls es da sowas wie einen Kern überhaupt gibt.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Na, ich denke man hört raus, dass ich ihn auch sehr schätze. Und gerade in seinem Mut, alles zu spielen, was ihm gefällt, auch wenn’s Mal nicht ernst klingt, merkt man, wie ernst ihm die Musik ist.
Aber trotzdem gibt es auch Momente der Angeberei finde ich, wie eben das erwähnte Stück. Wie er Sachen zitiert (a love supreme) klingt mir auch manchmal etwas plakativ. Ich glaube aber auch, dass große Künstler sehr oft einen Schuss Narzissmus mit drin haben, der liefert den Antrieb, die Kunst auch in die Welt zu tragen (die anderen werden Alkoholiker und werden alle zehn Jahre von jemandem überredet, sich mit einem Werk nach draußen zu trauen).Apropos live-Platten: Brotherman in the fatherland finde ich unglaublich gut. Nach den genannten werde ich mal Ausschau halten.
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dropped bomb(…) Ich glaube aber auch, dass große Künstler sehr oft einen Schuss Narzissmus mit drin haben, der liefert den Antrieb, die Kunst auch in die Welt zu tragen (die anderen werden Alkoholiker und werden alle zehn Jahre von jemandem überredet, sich mit einem Werk nach draußen zu trauen).
Auch kleine Künstler haben oft einen gehörigen Schuss Narzissmus mit drin. Sich als zu unrecht verkannte Genies fühlende, eher kleine Leuchten gibt’s schließlich reichlich.
Grübel, grübel …
Aber das führt off topic.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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gypsy tail windKraftmeierei? Angeberei? Narzissmus gar? Meint Ihr denselben Kirk, den ich kenne und schätze?
Angeberei würde ich aus dem Hinweis „no ovedubbs“ eher nicht ableiten, denn erstens kam in dieser Zet das „overdubben“ immer mehr in Mode und gleichzeitig war sein Spiel doch so unglaublich frappierend…..also für mich vollkommen ok, da „wer kann`s der kann`s“…..
Rahsaan Roland Kirk war eine Naturgewalt, jedoch auch als solcher mit den „Up`n downs“ bei Schallplattenaufnahmen und Kozerten versehen…..die Studioaufnahmen wirken manchmal vergleichsweise etwas gehemmt, aber er war natürlich schon eine Art Popstar unter den Atlantic Jazz-Vertragsmusikern (ähnlich wie Herbie Mann) Ende der 60er und daher ist hinter einer manchmal gefühlten „Glättung“ auch kommerzielles Kalkül dahinter(gewesen)……aber zahlreiche seiner Liveaufnahmen sind SPITZENklasse und ich nenne hier stellvertretend jenen Auftritt aus dem Village Vanguard 1st set, May 12th, 1970, welcher auf dem Atlantic Album „Rahsaan,Rahsaan“ festgehalten ist – nur Stunden davor ist die Nachricht des Todes von Johnny Hodges bekannt geworden und Kirk ändert daraufhin sein Programm und spielt ein tief ins Herz gehende Medley „Going Home / Sentimental Journey / In Monument / Lover“ – hier ist wahrlich kein Showman, sondern ein überaus feinfühliger Musiker der seiner tiefen Trauer Ausdruck verleiht…..mein Freund hat diesen Auftritt damals unmittelbar erlebt und erzählte, daß im Publikum die Tränen und der Alkohol flossen……
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Vielleicht bin ich bei Kirk einfach auf einem, manchmal auch auf beiden Augen blind – aber ich empfinde ihn als ganz grossen Künstler (schon klar hat jeder Künstler irgendeine Form von Sendungsbewusstsein, aber Narzissmus ist doch etwas ganz anderes), der – da macht die Hodges-Bemerkung gerade viel Sinn – z.B. in die Tradition von Ellington gehört … die „Great Black Music“ halt. Dass er manchmal austickt ist nicht von der Hand zu weisen (Mingus at Carnegie Hall, Atlantic), aber als Kraftprotz oder Angeber nehme ich ihn nun wirklich nicht wahr.
Die Atlantic-Alben fügen sich durchaus ein in das Gesmatbild, auch die letzten drei Auf Warner … er ging halt, das hatten wir u.a. im Lateef-Thread schon, mit Dorns Versuchen mit, irgendwie Relevantes, Neues zu machen, das durchaus auch auf den Markt schielte (daran ist ja nichts Falsches, solange es nicht entgegen dem Willen des Künstlers geschieht – und manchmal wohl selbst dann nicht, aber das müsste man natürlich wiederum am Einzelfall diskutieren).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDas ist der ganze Text auf der „Prepare …“ (die Danksagungen ausgelassen):
And, if there are any non-believers that this Saxophone Concerto is not a non-stop venture, I would invite you to grab a horn or try singing along or try talking without stopping as long as this record plays. There are no overdubs – THIS IS THE NATURAL TRUTH.
Now that this miracle has been put on record it is my hope to present somewhere in „plantation“ America a non-stop Saxophone marathon – so listen and don´t breathe – naturally. RAHASAAN ROLAND KIRK.Ich finde es offenkundig, dass da „showing-off“ im Spiel ist. Aber das gehört vielleicht auch gerade bei schwarzer Musik etwas dazu, (oder anders formuliert: wir Europäer haben vielleicht besondere Probleme mit Unbescheidenheit) – Hip Hop jedenfalls empfinde ich als ein einziges tongewordenes Showing-Off.
Ich finde das Saxophone Concerto extrem beeindruckend. Ich empfinde Kirk ebenfalls als ganz großen Künstler. Ich finde, manchmal gibt er an. Da ist für mich kein Widerspruch.--
sorry, unausgegoren:
klar ist da show im spiel, und selbstinszenierung und so, und wenn einer von uns sich so auf die Bühne stellen würde, wäre das mehr als albern; und ich bin schwer dafür, das als eigenheiten der afro-amerikanischen kultur zu deuten – eins zu eins lässt sich das genausowenig in unsere kultur übersetzen wie zB rap; und klar ist dieses showelement bei kirk nochmal eine spur selbstbezogener als zB bei sun ra (der ja vielleicht noch eine größere show um seine musik hat), also: während ra sich mehr als bindeglied zu fernen welten wie nubien und saturn inszeniert, inszeniert sich kirk als „musikalische mensch-maschine“ oder so… ich würd ihm das nie vorwerfen, mir ist eine gute show/story immer noch lieber als leute, die im sweatshirt auf die bühne kommen und einem die essenz ihrer gedanken vortröten…
und noch ein halber nachsatz zu kirk als mensch-maschine… man darf auch nicht vergessen, dass kirk blind („behindert“) war, da find ich es eigentlich nicht ganz überraschend, dass ein subtext von fast all seiner musik ist „guck mal was dieser mann kann“… und ich würd das nicht narzissmus nennen wollen, bzw: ich würd nicht die guten von den schlechten, narzistischen momenten trennen wollen; narzistisch ist das wenn man will alles, und manchmal klappt es fantastisch und manchmal nicht
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.dropped bombIch finde es offenkundig, dass da „showing-off“ im Spiel ist. Aber das gehört vielleicht auch gerade bei schwarzer Musik etwas dazu, (oder anders formuliert: wir Europäer haben vielleicht besondere Probleme mit Unbescheidenheit) – Hip Hop jedenfalls empfinde ich als ein einziges tongewordenes Showing-Off.
Ich finde das Saxophone Concerto extrem beeindruckend. Ich empfinde Kirk ebenfalls als ganz großen Künstler. Ich finde, manchmal gibt er an. Da ist für mich kein Widerspruch.
There is no business like show business. Mit Betonung auf show. Und RRK war bestimmt ein großer show man.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Gewiss, aber das hat mir Narzissmus und Angeberei nichts zu tun. Nicht jeder, der seine „personality“ entwickelt und vorne hinsteht und etwas bietet (und das tat Kirk, immer!) ist auch ein Narzisst, das sehe ich wirklich nicht so. Coltrane war gewiss keiner, hat aber einstündige Soli geblasen …
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dropped bombDas ist der ganze Text auf der „Prepare …“ (die Danksagungen ausgelassen)
Ich finde es offenkundig, dass da „showing-off“ im Spiel ist. Aber das gehört vielleicht auch gerade bei schwarzer Musik etwas dazu, (oder anders formuliert: wir Europäer haben vielleicht besondere Probleme mit Unbescheidenheit) – Hip Hop jedenfalls empfinde ich als ein einziges tongewordenes Showing-Off.
Ich finde das Saxophone Concerto extrem beeindruckend. Ich empfinde Kirk ebenfalls als ganz großen Künstler. Ich finde, manchmal gibt er an. Da ist für mich kein Widerspruch.Also um es kurz zu machen :
Er spielt selbst=THIS IS THE NATURAL TRUTH
Bei ihm ist da auch viel (Selbst)Ironie aka „tongue in cheek“ im Spiel ist – „hard core showing off“ empfinde ich daher eher nicht…….aber dieses Thema ist wohl ein Nebenthema, denn Kirk`s Musik spricht deutlich für sich….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Ich glaube, eigentlich sind wir alle einer Meinung. Vielleicht ist bei einigen der Begriff „angeben“ sehr negativ konnotiert. Ich finde das schon in Ordnung, wenn man etwas kann und das zeigt. Narzissmus ist ohnehin eine psychologische Grundfunktion, die jeder hat, die aber pathologische Ausmaße annehmen kann.
Ich mag RK wie gesagt sehr gerne. Trotzdem überkommt mein europäisches, auf Bescheidenheit getrimmtes Stilempfinden ein gewisses Unwohlsein, wenn jemand sein eigenes Werk als „Wunder“ bezeichnet. Das wollte ich erwähnen, ohne damit den Künstler abwerten zu wollen.Ich finde am Jazz ganz besonders faszinierend, wie sehr die Musik und die Persönlichkeit des Künstlers zusammengehören. Bei Kirk gehört wohl eine Tendenz zur Großmäuligkeit zur Persönlichkeit, was man in der Musik hören kann, das finde ich super. Umgekehrt könnte ich mir kaum vorstellen, dass Coltrane zu einem Solo-Marathon aufgerufen hätte.
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dropped bomb Umgekehrt könnte ich mir kaum vorstellen, dass Coltrane zu einem Solo-Marathon aufgerufen hätte.
klar, der hätte den einfach gemacht, und auf Anfrage erwiedert, dass es ihm im rahmen seiner beschränkten fähigkeiten nicht möglich war, die idee in ein kürzeres solo zu packen :lol:
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.redbeansandriceklar, der hätte den einfach gemacht, und auf Anfrage erwiedert, dass es ihm im rahmen seiner beschränkten fähigkeiten nicht möglich war, die idee in ein kürzeres solo zu packen :lol:
Genau, verdammert Narzisst und show-off
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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redbeansandriceklar, der hätte den einfach gemacht, und auf Anfrage erwiedert, dass es ihm im rahmen seiner beschränkten fähigkeiten nicht möglich war, die idee in ein kürzeres solo zu packen :lol:
:burn:
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin) -
Schlagwörter: Bright Moments, Jazz, Rahsaan Roland Kirk, Roland Kirk
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