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topsAllerdings solltest Du auch Dein Licht nicht unter den Scheffel stellen, denn Dein Wirken (vor allem) in diesem Thread hat offenkundig schon manchen Leser bewogen, auf 45 umzudenken (eine Paraphrase des berühmten Ausspruchs von Phil Spector: „Albums? I think 45“) und sich selbst Singles zuzulegen
So ist es, ich gehöre zu jenen, als stiller Mitleser seit Beginn. Dein Thread, Otis und Roots natürlich haben mich zum Singles-Liebhaber gemacht. Danke dafür!
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50’sAn die 50er habe ich keine Hörerinnerungen, jedenfalls keine, die Popmusik beträfen, bin mithin ein Nachgeborener. Die Singles jener Zeit konnte ich mir dementsprechend erst im Nachhinein durch Lesen, Suchen, Forschen, Vergleichen erschließen. Das macht Spaß, öffnet die Blickwinkel, bringt immer tiefere Einsichten, nicht nur in die Musik, sondern auch in das Lebensgefühl jener Zeit, und ist deshalb ungemein bereichernd.
Heute habe ich einige Singles ausgesucht, die nicht die allerwichtigsten der 50s sein mögen. Aber sie sind mir lieb geworden und mögen durch ihr Umfeld auch andere interessieren.
Lloyd Price: Stagger Lee / You Need Love 1958 D-ElectrolaSpecialty war ein kalifornisches Label, das sich auf schwarze Musik spezialisiert hatte und in den 50ern vor allem mit seinen Little Richard-Aufnahmen große Erfolge verbuchen konnte. Einer der ersten Künstler, die bei dem Label aufhorchen ließen, war Lloyd Price aus New Orleans, den man als Achtzehnjährigen Anfang der 50er verpflichtet hatte und der dann auch gleich mit Lawdy Miss Clawdy 1952 einen No.1. Hit hatte. Nach sechs Top Ten-Hits rückte Price in den Korea-Krieg ein und konnte erst 1958 bei ABC-Paramount wieder an frühere Erfolge anknüpfen und diese gar übertrumpfen. Besonders diese Single war ein weltweiter Millionseller.
Stagger Lee ist ein personalisierter Topos im amerikanischen Folk. Lee Sheldon alias Stagger Lee (Stack-O-Lee, Stagolee…) war ein brutaler Mörder, der 1895 seinen Freund wegen einer Kleinigkeit erschoss. Weil er ihm den Hut vom Kopf gerissen hatte, so die Historie, nach einem Streit beim Kartenspiel, sagt die Song-Legende. Nach diesem Mord verließ Lee den Saloon des Grauens, als wäre nichts gewesen. „Sheldon took his hat from the hand of the wounded man and coolly walked away“ vermeldete der St. Louis Globe Democrate andertags.
Eine Story, wie man sie aus Hunderten von Western kennt, aber zum Ende des 19. Jhdts. auf Grund der demonstrativ zur Schau gestellten Gefühlskälte wohl doch schon eine besondere war, weswegen die Geschichte alsbald legendär und besungen wurde.
Dieses Traditional wurde sehr häufig gecovert (W. Pickett, B. Darin, N. Cave, Grateful Dead…), die Price-Version aber machte sie erst zum Pop-Hit und sie ist in ihrer Art auch unübertroffen.
Nach zwei einleitenden Versen, die den Hörer zunächst in die heile Welt eines lauen Herbstabends entführen, erzählt Price dann mit seiner unvergleichlichen Stimme die Mörder-Saga. Mir kommt beim Hören das Bild eines weinenden Jungen vor Augen, der nach Hause läuft und seiner Mutter völlig aufgelöst von dem gerade zuvor Erlebten berichtet. Fassungslosigkeit gepaart mit Atemlosigkeit. Absolut fantastisch. Der Gesang also das eigentliche Highlight der Aufnahme. Aber keine Frage, Don Costa’s Orchester und die Background-Vocals geben dem Ganzen einen ebenbürtigen Rahmen. Schneidend scharf das alles, kompromisslos direkt und ohne jegliches Augenzwinkern. So sehr, dass die Story für einen American Bandstand-Auftritt mit Happy End versehen wurde!! Lee und sein Fraund vertragen sich wieder.
Kein Wunder aber auch, dass diese Aufnahme sehr schnell von der angedachten B-Seite zur A-Seite wurde und, einmal entdeckt, über Nacht ein Riesenhit wurde.
You Need Love wäre sicher eine gute Single gewesen, aber gemessen an Stagger Lee doch sehr harmlos. Louis Prima fällt mir als Vergleich ein.(·) Als deutsche Pressung sicher nicht ganz leicht zu bekommen. Aber wohl auch nicht allzu teuer.
Don And Dewey: Jungle Hop / A Little Love 1957 US-SpecialtySpecialty hatte seit 1955 mit Little Richard ein ganz heißes Eisen im Charts-Feuer, der reichlich exaltierte Sänger stellte ein schwarzes Gegengewicht zum King dar und hatte eine entsprechende Gefolgschaft. Immerhin so sehr, dass noch die ersten Aufnahmen von Otis Redding eindeutig auf das große Vorbild zurückgingen.
Wer Jungle Hop hört, erkennt ebenfalls auf Anhieb den Bezug zum großen labelmate. Die rauen vocals der beiden (Don Harris, Dewey Terry), nein, die ganze Aufnahme hätte gut und gern von Penniman selbst stammen können. Ungestümer Rock’n Roll mit vielen breaks, jumping and driving, hier allerdings mit tollem Gitarrensolo anstelle des Klaviers. Und selbiges ist wohl Don zuzuschreiben, der später zur Violine griff und als Don „Sugarcane“ Harris bei Zappa reüssierte. Zwischenzeitig dürften Don und Dewey von den Tantiemen einiger ihrer Songs, wie Farmer John, I’m Leaving It All Up to You, Justine etc. ganz gut überlebt haben.
A Little Love ist übrigens kaum weniger toll.(·) Die Single dürfte um die 20 $ kosten. Ich weiß allerdings nicht, ob es zwischenzeitig Reissues davon gegeben hat.
Sam Cooke: You Send Me / Summertime 1957 US-KeenAls Little Richard Penniman sich 1957 vom schnöden Rock’n Roll lossagte und zum Prediger mutierte, war das gleichzeitig der Anfang vom Ende des großartigen Specialty-Labels. Denn ebenfalls zu der Zeit traf Label-Chef Art Rupe eine folgenschwere Entscheidung, die ihn sein Lebtag gereut haben dürfte: Er entließ Sam Cooke aus seinem Vertrag. Cooke hatte bis dahin mit seinen Soul Stirrers die Gospelklientel von Specialty bedient und wollte nun auf den weltlichen Markt. Rupe zögerte, dabei mitzumachen, und Sam Cooke ging zu Keen.
Dies ist seine erste Single dort, sie wurde auf Anhieb 1,7 Millionen Mal verkauft und markierte den Beginn seiner Pop-Karriere, wenn nicht den Beginn der Soulmusik.
Als Autor ist auf Grund eines Urheberrechtstreites mit dem alten Label „L.C. Cooke“ angegeben, ein „Bruder“ Sams.
You Send Me ist ein Wunderwerk von Popsong, extrem einfach gehalten, das Arrangement aufs Äußerste reduziert, ein bisschen Chor, ein wenig Gitarre und sanfte drums. Alles im Dienste der unvergleichlichen Stimme Sam Cookes. Absolut brillant, ein Alltime-Klassiker, eine unvergleichliche Perle im Reiche der Love-Songs.
Gershwin’s Summertime hat entgegen den Erwartungen deutlich mehr drive als die A-Seite, kommt also mit vergleichsweise gehörigem Beat daher. Die E-Gitarre gibt dem Song gar ein ganz eigenes Gepräge, wie man es damals kaum andernorts bei Summertime-Aufnahmen gefunden haben dürfte. Ebenfalls überaus hörenswert.(·) Diese Single ist nicht sonderlich selten, aber, wie alle großen 45s jener Zeit, in mint wohl recht begehrt.
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FAVOURITES
Wilbert Harrison: Kansas City / Listen, My Darling 1959 US-FuryJerry Leiber und Mike Stoller waren das größte Songwritergespann der 50s. Zwei Weiße, die ganz dem R&B verfallen waren, und schon als Zwanzigjährige Hound Dog (für Big Mama Thornton) geschrieben hatten, was Elvis drei Jahre später, 1956, dann noch einmal vergoldete.
Die Zusammenarbeit mit dem King, für den sie in seinen besten Jahren die wichtigsten Songlieferanten waren, brach urplötzlich ab, als Colonel Parker allzu unverschämt wurde und von ihnen erwartete, dass sie ihm einen Blanko-Vertrag unterschrieben. Das mussten sie sich nicht mehr antun. Denn längst hatten sie den 50s mit ihren Songs, die den R&B pop-kompatibel gemacht hatten, einen ureigenen Stempel aufgedrückt.
Noch vor Hound Dog hatten sie Kansas City geschrieben und als KC Loving mit Little Willie Littlefield auf den Markt gebracht. Ein Hit wurde dieser Song aber erst mit dieser Aufnahme im Jahre 1959, danach allerdings noch zig-mal gecovert (Little Richard, Brenda Lee, Beatles…).
Wilbert Harrison spielte Kansas City für das kleine New Yorker Fury-Label ein. Es wurde ein später, aber nichtsdestotrotz absolut großartiger und durchaus originärer Rock’n Roll-Klassiker. Weniger rockend als rollend ist er eine Hommage an die käufliche Liebe in Kansas City. Dabei lebt der Track nicht so sehr von dem gemächlichen Fats Domino-Style, den man zu Beginn zu hören glaubt, sondern vielmehr von den scharf durchgeschlagenen Beats, die einen Typen erkennen lassen, der ziemlich genau weiß, was er will. Das Gitarrensolo von Wild Jimmy Spruill gehört ebenfalls zum schärfsten, was die 50s in dieser Hinsicht zu bieten hatten. Große Klasse.
Auf Listen, My Darling, einer Ballade, kann Spruill eine ganz andere Seite seines Spiels zeigen, denn er kehrt hier ausgesprochen hörenswert eine Art Jimmy Reed heraus. Ein feiner Track.(·) Diese Platte müsste für 15-20$ zu bekommen sein.
The Coasters: Poison Ivy / I’m A Hog For You 1959 D-LondonSmokey Joe’s Café mit den Robins war nach Hound Dog der zweite große Hit von Leiber und Stoller in der ersten Hälfte der 50s. Die Band war von Johnny Otis entdeckt worden und nannte sich ab ´56 The Coasters. Von da an folgten vierundzwanzig Chartserfolge, allesamt aus der Feder der beiden Songwriter, viele davon Klassiker.
Für damalige Zeiten recht cool von den Texten her, selbstironisch und frech, fanden Songs wie Yakety Yak oder Charlie Brown ein dankbares jugendliches Publikum. War Yakety Yak ein flottes leichtes Etwas (ganz großartig natürlich und mit einem fantastischen Sax-Solo von King Curtis), so ließ Poison Ivy schon die kommenden 60s erahnen.
Der Song handelt von einer Giftpflanze, die arge Hautreizungen hervorrufen kann. Damit war natürlich ein entsprechendes Mädchen gemeint, dem man besser aus dem Weg ging, das einen dennoch bis unter die Bettdecke verfolgte. Der Text mag also noch typisch für die Fifties gewesen sein, aber die Aufnahme selbst weist schon in die 60er. Sie hatte einen deutlich langsameren und kräftigeren Beat als frühere und die Vocals waren sehr schön eingebettet in eine Art Band-Arrangement. Kein Wunder also, dass das Arrangement sich einige Jahre später fast unverändert als Beatnummer präsentieren konnte (Manfred Mann, Lords…). Ein Standard auch in den Sixties.(·) Als obige dt. London in bester Erhaltung sicherlich recht selten, ansonsten wohl leichter zu finden.
The Johnny Otis Show: Willie And The Hand Jive / Ring-A-Ling 1958 D-CapitolObschon griechischer Abstammung wuchs Johnny Otis in LA in einer schwarzen Umgebung auf und war, wie Leiber und Stoller, dem R&B verfallen. Mit dieser Musik feierte er in den 50ern selbst große Erfolge als Produzent, Songwriter, Bandleader etc. Er entdeckte die Robins (Coasters), Etta James, Esther Philips, Big Mama Thornton und viele Namhafte mehr, indem er sie in seiner Johnny Otis-Show präsentierte und singen ließ. Einer der größten Hits dieser Johnny Otis Show war Willie And The Hand Jive von 1958, musikalisch eine schöne Hommage an Bo Diddley. Wenngleich textlich eher bescheiden, hatte die Nummer einen mitreißenden Drive, der sie sogleich zum Millionseller machte. Dabei weiß J. Otis hier allemal auch als Sänger zu überzeugen.
Ring-A-Ling ist eine überschäumend schnelle Rock’n Roll-Nummer, die von der Produktion her allerdings nicht annähernd mithalten kann und eher wie eine billige Live-Aufnahme klingt.
Oben habe ich ein altes, recht seltenes deutsches Capitol-Firmencover abgebildet, das eine Anleitung zum Umgang mit den Mittelstücken der Singles bei entsprechenden Plattenspielern zeigt. Gemessen an den herausgebrochenen Tri-Centers besaßen damals leider wohl viel zu viele Leute einen „Plattenteller mit dickem Zapfen“. Ich nehme aber an, dass die Hülle etwas älter sein dürfte als die Platte selbst. Weiß jemand mehr? Wir warten weiter sehnsüchtig auf das dicke Buch zur Geschichte der deutschen Firmenlochcover. ,-)(·) Die Single muss sich in D ganz gut verkauft haben, dürfte von daher nicht allzu teuer sein.
Today’s Tops:
1 Sam Cooke *****
2 Price ****1/2
3 Harrison ****1/2
4 Coasters ****
5 Johnny Otis ****
6 Don and Dewey ****PS: Kommentare von Gastlesern gern auch an otis-online@gmx.de
Notizen:
Johnny Otis, der Mama Thorntons Hound Dog aufgenommen hatte, verlor den Prozess, in dem er versuchte an den Autorenrechten dafür beteiligt zu werden.Autorenrechte waren in den Fifties ohnehin Handelsware. Elvis und Parker waren an den Tantiemen durchweg beteiligt, obwohl sie natürlich keinerlei Autorenschaft vorweisen konnten.
Art Rupe glaubte, Ansprüche auf You Send Me geltend machen zu können, weil Sam den Song noch während der Vertragslaufzeit geschrieben hatte. Das wurde mit der Zuschreibung auf den Bruder umgangen.
Bei Specialty war Sonny Bono Produzent (er könnte auch die obige Don & Dewey-Single produziert haben). Das war mir neu. Ich hatte mich immer etwas über das erhebliche Selbstbewusstsein Bonos gewundert, gerade in der Zusammenarbeit mit Cher. Aber er war eben ein alter Hase und mit allen musikalischen Wassern gewaschen.
Erst bei den Recherchen habe ich Wild Jimmy Spruill kennengelernt und registrieren müssen, dass er an den Aufnahmen von so einigen meiner Fave-Singles beteiligt war.
Wikipedia meldet: In 1956, Stoller survived the sinking of the SS Andrea Doria. After his rescue, Leiber greeted him at the dock with the news that „Hound Dog“ had become a hit for Elvis. His reply was „Elvis who?“
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FAVOURITESEine ganz tolle Runde, Otis! Vor allem auch deshalb, weil du uns (mir) damit die Musik der Fifties wieder ein Stückchen näher gebracht hast. Ich kannte zwar alle Songs (mehr oder weniger gut), aber ich wusste bisher so gut wie nichts zu ihren Hintergründen oder Interpreten.
Eine Rangliste möchte ich nicht posten. Ich müsste mir die einzelnen Tracks alle erst nochmal anhören. Was ich sicher auch demnächst tun werde.--
Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!Exquisite Runde, Otis, besonders bezüglich Deiner Begleittexte. Eine Ergänzung zu Johnny Otis: er brauchte seine schwarzweiße Herkunft anfangs nicht zu verleugnen, weil er als „Weißer“ in der schwarzen Nachbarschaft gewiß keinen Vorteil gehabt hätte. Interessant, daß er dann aber in den R & B-Wirren der Fifties vollends zum Farbigen mutierte, weil etliche Clubs auf den „Echtheitsbonus“ bestanden. So wurde er (’55 oder ’56) zum Black Entertainer Of The Year gewählt und war mächtig stolz darauf. Inzwischen ist er quasi eingemeindet und wird heute etwa vom Institute For African-American Studies „dazugerechnet“, die griechische Herkunft väterlicherseits „kleinrechnend“. Eine jahrzehntelange Charade vor dem Hintergrund wechselnder sozialer Bezüge und Bedingungen im US-Musicbiz. Eddie Cochran, der sich als Teenager von Otis-Shows beeindrucken ließ, zählte ihn später in Interviews neben Wynonie Harris zu seinen „schwarzen Vorbildern“. Otis, der so weit ich weiß noch lebt (pushing the big 90), hat das sicher befriedigt zur Kenntnis genommen. Unabhängig von der Konstellation der Gene war seine Musik nie etwas anderes als schwarz. Im Gegensatz zu Sam Cooke, aber das ist wieder eine andere Geschichte…
Mein Ranking:
1. Cooke * * * * 1/2
2. Price * * * * 1/2
3. Otis * * * *
4. Harrison * * * *
5. Coasters * * * *
6. D & D * * * 1/2--
Tops, weißt du, wie es zu dem schlechten Sound der Willie-B-Seite kommt? Oder ist das nur bei der dt. Pressung so?
Was sagst du zu dem Capitol-Cover? Von wann?--
FAVOURITESIch habe die Single garnicht, den „Jive“ nur auf einer UK-EP von ’59 (ebenfalls Capitol), die prima klingt. Das Label-Sleeve ist natürlich fein, müßte Ende der Fünfziger Verwendung gefunden haben. Habe allerdings ein paar deutsche Singles von Wanda Jackson aus dieser Zeit mit anderem Sleeve („Party“ bereits mit dem Capitol-Tower-Design, aber da schrieb man ja auch schon 1960). Ein Buch zum Thema Label-Sleeves wäre tatsächlich äußerst nützlich. Du könntest Dir das doch mal vornehmen, als Lebensaufgabe oder so. Mein Dank würde Dir überallhin folgen. Und wenn das als Anreiz nicht genügen sollte, gebe ich Dir Geld. Okay?
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Otis, sag tops bitte, daß Du es nur dann machst, wenn er im Gegenzug ein Buch mit seinen liebsten Singles und LPs abliefert.
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Mick, das mit den FLCs ist eher ein running gag. Natürlich mache ich kein Buch darüber.
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FAVOURITESotisMick, das mit den FLCs ist eher ein running gag. Natürlich mache ich kein Buch darüber.
Schade, ich dachte schon, jetzt hätte man endlich ein Druckmittel.
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Hallo Otis,
habe die letzten beiden Nächte Deine 7″ „durchgearbeitet“. Bin erst kürzlich darauf gestoßen. Was kann ich sagen? GRANDIOS & WUNDERBAR!!! Besitze nur 5:
S.17 Prince
S.49 Cathy Davey
S.59 Hazeldine
S.69 The Duke Spirit
S.81 The Raconteurs
Wie man sieht, bin ich ein Nachgeborener, kann aber die Faszination annähernd verstehen, damals in den 50s/60s. „Vor Satisfaction war ich 15, nach dem Hören 17 Jahre alt“. Diese Aussage von tops bringt es auf den Punkt.
Die anderen 7″ Faves werde ich mir in den nächsten Tagen zu Gemüte führen. Wird bestimmt genauso aufregend und unterhaltsam, sind ja ausgewiesene Koryphäen am Werk.
THANKS!--
Faves #72
The Mamas & The Papas: Straight Shooter / Twelve Thirty 1967 D-RCAMusikhören in den 50s und 60s war oft ein Gemeinschaftserlebnis. Man teilte die teure Platte mit Freunden. Selbstverständlich hörenderweise, nicht was den Verleih anging. So verbrachte ich 66/67 viele Nachmittage mit einem guten Freund und Aftermath, Buttons, Animals, Kinks und den ersten Soul-Sachen. Dann kam er plötzlich mit dieser Single daher. Mamas And Papas! Monday Monday hatte ich im Jahr zuvor noch toll gefunden, aber jetzt war man älter, da schien mir diese Band uncool geworden. Der Freund wusste es besser, Mama Cass-sei Dank. Als geborener Fan der Dame (er liebte sie wegen ihrer leiblichen Fülle, also ihrer Unweiblichkeit wegen ;-)) zwang er mir diese Single auf und ich danke es ihm bis heute. Er öffnete mir damit die Ohren wieder für softere Varianten von guter Musik. Dabei ist Straight Shooter, wie der Titel schon sagt, recht straight und nur wenig soft. Ein Song von M&P-Mastermind John Phillips, der die Kalifornier etwas weg vom Folkrock in die Nähe der Byrds rückt. Eine Preziose par excellence, schnell konnte ich mich damals mit ihr anfreunden.
Bei 12:30 dauerte es ein ganz klein wenig länger, bis das Naserümpfen aufhörte und mir auch diese Seite mit ihrer wunderbaren Melodieführung und den traumhaften harmonies ans Herz gewachsen war. Eine wunderschöne Single, wohl ihre beste.(·) Als deutsche Pressung recht gut zu bekommen.
The Yardbirds: Evil Hearted You / Still I’m Sad 1965 D-EpicDie Yardbirds waren eine Singles-Band und errangen mit ihrer Handvoll prächtiger 7“s Weltgeltung. Die Claptons, Becks und Pages waren Teil der Band, ihr Ruhm schon zu Lebzeiten beträchtlich, der Nachruhm erheblicher. Ich habe die Yardbirds in den 60s kaum zu hören bekommen, obwohl ich heiß drauf war. Kaum jemand besaß die Singles, selten wurden sie im Radio gespielt. Die Schulband immerhin hatte Still I’m Sad drauf, was mich absolut begeisterte.
LPs, die ich mir später kaufte, waren nicht die Yardbirds, wie ich sie kannte und wollte. Es mussten die Singles sein, denn diese wunderbaren, oft mollgetönten Tracks wollten nur auf ihnen richtig zur Geltung kommen. Und gerade obige Single ist es, die diesbezüglich besonders hervorsticht. Beide Tracks beinhalten eine Tiefe und Größe, die man bei anderen Bands jener Zeit so nicht findet. Hier ist keinerlei Gitarren-Akrobatik zu hören, nur Song und songdienliches Arrangement, und das von großer Erhabenheit. Still I’m Sad ist für mich auch heute noch kaum zu toppen, was die popmusikalische Umsetzung einer solchen Aussage anbelangt.
Die A-Seite ist kaum weniger grandios. Allein die Gitarrenschläge zu Beginn, der Songaufbau, der Gouldman-Song selbst und das wunderbare Solo von Jeff Beck. Dass der Backgroundchor auf beiden Seiten (besonders prägend natürlich bei Still I’m Sad) fernab jeder Finesse auf unnachahmliche Weise die Stimmung unterstreicht bzw. begründet, findet in dieser Form ebenfalls kaum Parallelen in der Popgeschichte der 60s.(·) Yardbirds-Singles waren schon immer recht teuer. Neuwertige Exemplare der „Hits“, wozu auch diese gehört, liegen bei mindestens 20 Euro, die selteneren Single gehen weit darüber hinaus.
Oasis: Don’t Look Back In Anger / Step Out 1995 UK-CreationOasis haben mich aus meiner Pop-Lethargie geweckt. Ich hatte mich einige Jahre, ab Ende der 80er, kaum noch um Popmusik gekümmert, hatte viel Klassik gehört und (leider) viel von dem verkauft, was sich vorher angesammelt hatte.
Dann kamen Oasis. Definitely Maybe hatte ich schon am Rande mitbekommen, der Sommer 1995 aber machte mich endgültig wieder zum bedingungslosen Pop-Fan. Ich hatte meine unbändige Freude an der Kraft dieser Band, an ihrer musikalischen Potenz, an ihrem Größenwahn, und, ich gestehe, an dem Blur-Bashing. Das machte wieder jung, versetzte einen zurück in die 60s.
In jener heißen August-Woche von Roll With It vs. Country House war ich zudem zufällig mit meiner Familie im UK und genoss die Aufregung, diesen battle of the bands. Das Schönste: die Idole meiner zwölfjährigen Tochter, Grunge-Nirvana, bekamen endlich eine echte Konkurrenz. So konnten wir beide in seliger Anbetung der neuen Stars schwelgen. Wann hat man das schon?
Don’t Look Back ist meine liebste Oasis-Single, knapp vor Live Forever. Ein unnachahmlich perfekter Aufbau, musikalische Spannungsbögen, die nicht abreißen wollen, wunderbar ausgespielt und bis ins Feinste austariert, atemloses Zuhören garantiert. Und das mit so einfachen Mitteln.
Selbst der pausenlose Einsatz als ZDF-Titeltrack während der EM 96 konnte einem diese großartige Platte nicht verleiden. Nein, ich freute mich vielmehr darüber, dass endlich wieder richtig tolle Musik in die Charts einzog.
Bis heute hält der Oasis-Kick an. Thx, lads!(·) Alte Oasis-Singles sind gesucht, aber bis auf die ersten nicht sonderlich selten, allerdings dennoch nicht billig.
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FAVOURITES
Marvin Gaye: I Heard It Through The Grapevine / You’re What’s Happening (In The World Today) 1968 NL-Tamla MowtonUnglaublich: Der größte Motown-Hit der 60er blieb lange Zeit unveröffentlicht in der Schublade, weil Labelchef Berry Gordy nichts davon wissen wollte.
Norman Whitfield hatte Grapevine zusammen mit Barrett Strong geschrieben und mit Smokey und den Miracles eine erste Version produziert. Abgelehnt. Die zweite Version mit den Isley Brothers ereilte das gleiche Schicksal. Im Bewusstsein, einen großen Song in der Hand zu haben, machte Whitfield mit Marvin Gaye einen weiteren Versuch. Abermals von Gordy abgelehnt. Zuguterletzt versuchte er es mit einer schnelleren, Southern Soul orientierten Gospel-Version mit Gladys Knight & The Pips. Endlich gab Gordy sein ok und ließ die Single im September 67 veröffentlichen. Sie wurde ein Hit, No.2 der Pop-Charts, No.1 der R&B-Charts. Ich lernte diese Version damals kennen und lieben, sie gehörte mit zu den ersten Soulsingles, die ich richtig ins Herz geschlossen hatte.
Aber noch immer nichts von Marvin Gaye.
Im folgenden Jahr erschien seine Aufnahme dann auf dem Album In The Groove und bekam ein ziemliches Airplay. Dies schließlich führte endlich dazu, dass Motown sie, immerhin ein Jahr nach der Knight-Version, doch noch auf den Singles-Markt warf. Mit überwältigendem Erfolg. Gayes erste Nr. 1, die Single führte die Pop(!)-Charts sieben lange Wochen an und führte zur Umbenennung der LP.
Was macht Marvin Gayes Aufnahme so besonders?
Whitfield setzt ganz auf Marvin Gayes Stimme. Die Instrumente sind zurückgenommen, der Beat nicht motownhaft aufdringlich, sondern eher unscheinbar, wodurch einem der Track langsamer vorkommt. Die neue Tonart ist deutlich höher, dadurch wirkt Gayes Gesang etwas angestrengter, leidender und die Geschichte von der auseinanderbrechenden Beziehung viel intensiver und betroffener. Die tollen Strings im Hintergrund unterstreichen die unglückselige Situation. Alles bleibt in einem schwebenden Zustand der Angst vor der Wahrheit und des Festklammerns an der zu Ende gehenden Liebe.
Ein großartiger Song über ein alltägliches Liebesdrama und eine absolut perfekte musikalische Inszenierung. Einzig verwunderlich, dass Gordy die unvergleichliche Klasse dieser Aufnahme nicht auf Anhieb gehört hat.
(·) Diese holländische Single mit Sleeve ist sicher nicht sonderlich selten, dennoch nicht leicht zu bekommen. Weiß jemand, ob es eine dt. Pressung mit Bildhülle gibt?
Reparata & The Delrons: Captain Of Your Ship / Toom Toom (Is A Little Boy) 1968 D-malaReparata und ihre Delrons hatten ihre Wurzeln im Ausgang der Girl Groups-Zeit mit Hits wie Whenever A Teenager Cries und He’s the Greatest um 64/65. Dann tauchten sie ein wenig ab und kamen 1968 mit dieser Single wieder groß heraus. Zumindest waren sie in den Top Twenty im UK vertreten und bei uns immerhin so präsent, dass sie damit im Beatclub auftraten. Auch die Stones waren beeindruckt und verpflichteten sie ein Jahr später als Background-Sängerinnen für die Aufnahme von Honky Tonk Women.
Captain Of Your Ship ist anders als es das Girlgroup-Muster vermuten lassen würde. Der klassische Backgroundgesang fehlt ebenso wie das Girliehafte. Es ist eine Art moderner Sirenenstory. Lorraine Mazzola singt wie durch ein Megaphon, sirenenhaft becircend zieht sie das Männliche an. Der Song ist dramaturgisch geschickt aufgebaut, es gibt kein Entkommen.
Heißt es noch zu Beginn “and if you hadn’t guessed, this is a SOS if you still love me answer yes”, was durch entsprechende Morsezeichen unterstrichen wird, so endet die zweite Strophe mit „and now the compass points to love“. Wunderschön. Leicht psychedelisch angehaucht, perfekt produziert und absolut earcatching.
Ich habe diese Aufnahme damals geliebt, die Single eigentlich immer gesucht, aber ich hatte die Interpreten vergessen. Das mag auch daran gelegen haben, dass der Beatclub-Auftritt der Sängerin den Fünfzehnjährigen damals etwas enttäuschte. Roots weckte die Erinnerung wieder und so habe ich diese dt. Pressung fast zwei Jahre lang gesucht. In der Zeit wurde sie, so weit ich es mitbekommen habe, nur zweimal bei ebay angeboten. Eine davon habe ich gekauft. Die UK-Pressung ist häufiger, die Platte war ja ein Hit auf der Insel.(·) Die dt. Pressung ist recht selten, aber scheint bislang nicht allzu teuer. Die UK-Pressung, mit einem wunderschön gestalteten Label übrigens, dürfte bei 8 – 10 Pfund liegen.
Townes Van Zandt: Riding The Range / Dirty Old Town 1996 UK-ExileAuf einem der ersten Orange Blossom Specials in Beverungen lernte ich die Good Sons kennen. Ich unterhielt mich etwas länger mit Michael Weston King, dem Sänger der Band. Er erzählte mir von seiner Zusammenarbeit mit Townes und ich kaufte mir noch vor Ort ihr Album. Auf der Heimfahrt verliebte ich mich in Riding The Range, das er im Duett mit Townes aufgenommen hatte. Erst einige Zeit später registrierte ich, dass Townes selbst den Song auch auf einer Solo-Single veröffentlicht hatte. Diese Single nun fand ich zunächst ohne Hülle, dann kam aus Berlin vor kurzem auch das passende wunderschöne Sleeve dazu. Die Platte war erschienen auf Doebelings Label „Exile“!
Ich höre diese Single als ein Vermächtnis. Aufgenommen im September 1996 -Townes starb am 1. Januar 1997- enthält sie in ergreifender Weise eine Art Quintessenz seines Schaffens, wenngleich beide Songs aus fremder Hand stammen. Vielleicht gerade deshalb wirkt diese Platte so eindringlich und ergreifend. Denn selbst hinter den fremden Songs bleibt Townes jener unverwechselbare Musiker und Mensch, der er wohl immer war: Wortkarg, die Stimme brüchig jetzt, sehr reduziert musizierend, immer humorvoll und in allem zutiefst menschlich.
Das alte Lied von der Dirty Old Town, jener schmutzigen Stahl- und Industriestadt, die nichts zu bieten hat als das bisschen Farbe, das die Liebe hineinträgt, erscheint bei ihm in einem weit altersmilderen Licht. So ändert er die originalen Lyrics “I’m gonna make me a sharp axe”, die Stadt zu zerstören, in “I’m gonna make me a picture fine shining still covered in the fire.”
Riding The Range ist ein Song, der die Welt ein letztes Mal einzufangen sucht auf dem „own piece of the west“. Letzte Wehmut, ein letztes Treffen, ein letztes Good Bye.
Diese Single packt einen, schüttelt einen, nicht oft ist derart Ergreifendes in Rillen gepresst worden. Dass Townes seinen Humor aber selbst kurz vor seinem Tod nicht verloren hatte, zeigt sich nirgendwo schöner als in den letzten Takten, da er das Geheul des Coyoten nachahmt. Dank an WD als executive producer, dass er die howls in der Aufnahme beließ, und an ihn als sleeve designer, dass er auf dem Cover eigens darauf hinwies.
Tröstende Musik für den letzten Auftritt, belebende Musik für den Weg bis dahin.(·) Soweit ich weiß, lagern noch einige wenige Exemplare der 2000er-Auflage bei WD in Berlin. Der Preis dürfte Verhandlungssache sein.
Today’s Tops:
1 Gaye
2 Yardbirds
3 Townes
4 Oasis
5 M&P
6 Reparata(geändert nach nochmaliger, reichlicher Überlegung)
PS: Kommentare von Gastlesern gern auch an otis-online@gmx.de
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FAVOURITESotisSelbst der pausenlose Einsatz als ZDF-Titeltrack während der EM 96 konnte einem diese großartige Platte nicht verleiden. Nein, ich freute mich vielmehr darüber, dass endlich wieder richtig tolle Musik in die Charts einzog.
Ein wichtiges Kriterium für gute Musik. Greil Marcus wurde einmal gefragt, ob der Einsatz von Pop-/ Rock-Klassikern in der Werbung denn nicht furchtbar schlimm sei. Worauf Marcus nur meinte, daß ein guter Song das überleben würde. Und „Don’t Look Back in Anger“ hat es überlebt.
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What's a sweetheart like me doing in a dump like this?Sehr schöne Runde, Otis!
„Captain Of Your Ship“ habe ich mit einem anderen Sleeve, das die Damen beim Auftritt zeigt. Ein holländisches glaube ich.
Mit dem Mamas & Papas und speziell dieser Single ging es mir ähnlich wie Dir, allerdings wohl ein paar Jahre später, als ich die Kalifornier für mich neu entdeckte.
Deinen Texten ist an sich nichts hinzuzufügen.Meine TOP 6
1 Gaye
2 Yardbirds
3 Oasis
4 M&P
5 Reparata
5 TownesIch muss die Townes Single mal wieder hören. Möglicherweise rangiert sie dann doch höher.
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties! -
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