Re: Otis´ 7" Faves

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otis
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Faves #72


The Mamas & The Papas: Straight Shooter / Twelve Thirty 1967 D-RCA

Musikhören in den 50s und 60s war oft ein Gemeinschaftserlebnis. Man teilte die teure Platte mit Freunden. Selbstverständlich hörenderweise, nicht was den Verleih anging. So verbrachte ich 66/67 viele Nachmittage mit einem guten Freund und Aftermath, Buttons, Animals, Kinks und den ersten Soul-Sachen. Dann kam er plötzlich mit dieser Single daher. Mamas And Papas! Monday Monday hatte ich im Jahr zuvor noch toll gefunden, aber jetzt war man älter, da schien mir diese Band uncool geworden. Der Freund wusste es besser, Mama Cass-sei Dank. Als geborener Fan der Dame (er liebte sie wegen ihrer leiblichen Fülle, also ihrer Unweiblichkeit wegen ;-)) zwang er mir diese Single auf und ich danke es ihm bis heute. Er öffnete mir damit die Ohren wieder für softere Varianten von guter Musik. Dabei ist Straight Shooter, wie der Titel schon sagt, recht straight und nur wenig soft. Ein Song von M&P-Mastermind John Phillips, der die Kalifornier etwas weg vom Folkrock in die Nähe der Byrds rückt. Eine Preziose par excellence, schnell konnte ich mich damals mit ihr anfreunden.
Bei 12:30 dauerte es ein ganz klein wenig länger, bis das Naserümpfen aufhörte und mir auch diese Seite mit ihrer wunderbaren Melodieführung und den traumhaften harmonies ans Herz gewachsen war. Eine wunderschöne Single, wohl ihre beste.

(·) Als deutsche Pressung recht gut zu bekommen.


The Yardbirds: Evil Hearted You / Still I’m Sad 1965 D-Epic

Die Yardbirds waren eine Singles-Band und errangen mit ihrer Handvoll prächtiger 7“s Weltgeltung. Die Claptons, Becks und Pages waren Teil der Band, ihr Ruhm schon zu Lebzeiten beträchtlich, der Nachruhm erheblicher. Ich habe die Yardbirds in den 60s kaum zu hören bekommen, obwohl ich heiß drauf war. Kaum jemand besaß die Singles, selten wurden sie im Radio gespielt. Die Schulband immerhin hatte Still I’m Sad drauf, was mich absolut begeisterte.
LPs, die ich mir später kaufte, waren nicht die Yardbirds, wie ich sie kannte und wollte. Es mussten die Singles sein, denn diese wunderbaren, oft mollgetönten Tracks wollten nur auf ihnen richtig zur Geltung kommen. Und gerade obige Single ist es, die diesbezüglich besonders hervorsticht. Beide Tracks beinhalten eine Tiefe und Größe, die man bei anderen Bands jener Zeit so nicht findet. Hier ist keinerlei Gitarren-Akrobatik zu hören, nur Song und songdienliches Arrangement, und das von großer Erhabenheit. Still I’m Sad ist für mich auch heute noch kaum zu toppen, was die popmusikalische Umsetzung einer solchen Aussage anbelangt.
Die A-Seite ist kaum weniger grandios. Allein die Gitarrenschläge zu Beginn, der Songaufbau, der Gouldman-Song selbst und das wunderbare Solo von Jeff Beck. Dass der Backgroundchor auf beiden Seiten (besonders prägend natürlich bei Still I’m Sad) fernab jeder Finesse auf unnachahmliche Weise die Stimmung unterstreicht bzw. begründet, findet in dieser Form ebenfalls kaum Parallelen in der Popgeschichte der 60s.

(·) Yardbirds-Singles waren schon immer recht teuer. Neuwertige Exemplare der „Hits“, wozu auch diese gehört, liegen bei mindestens 20 Euro, die selteneren Single gehen weit darüber hinaus.


Oasis: Don’t Look Back In Anger / Step Out 1995 UK-Creation

Oasis haben mich aus meiner Pop-Lethargie geweckt. Ich hatte mich einige Jahre, ab Ende der 80er, kaum noch um Popmusik gekümmert, hatte viel Klassik gehört und (leider) viel von dem verkauft, was sich vorher angesammelt hatte.
Dann kamen Oasis. Definitely Maybe hatte ich schon am Rande mitbekommen, der Sommer 1995 aber machte mich endgültig wieder zum bedingungslosen Pop-Fan. Ich hatte meine unbändige Freude an der Kraft dieser Band, an ihrer musikalischen Potenz, an ihrem Größenwahn, und, ich gestehe, an dem Blur-Bashing. Das machte wieder jung, versetzte einen zurück in die 60s.
In jener heißen August-Woche von Roll With It vs. Country House war ich zudem zufällig mit meiner Familie im UK und genoss die Aufregung, diesen battle of the bands. Das Schönste: die Idole meiner zwölfjährigen Tochter, Grunge-Nirvana, bekamen endlich eine echte Konkurrenz. So konnten wir beide in seliger Anbetung der neuen Stars schwelgen. Wann hat man das schon?
Don’t Look Back ist meine liebste Oasis-Single, knapp vor Live Forever. Ein unnachahmlich perfekter Aufbau, musikalische Spannungsbögen, die nicht abreißen wollen, wunderbar ausgespielt und bis ins Feinste austariert, atemloses Zuhören garantiert. Und das mit so einfachen Mitteln.
Selbst der pausenlose Einsatz als ZDF-Titeltrack während der EM 96 konnte einem diese großartige Platte nicht verleiden. Nein, ich freute mich vielmehr darüber, dass endlich wieder richtig tolle Musik in die Charts einzog.
Bis heute hält der Oasis-Kick an. Thx, lads!

(·) Alte Oasis-Singles sind gesucht, aber bis auf die ersten nicht sonderlich selten, allerdings dennoch nicht billig.

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