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vorgartentrombonist Steve Davis, guitarist Kevin O’Neil, and saxophonists Jimmy Greene, Mike
DiRubbo, Wayne Escoffery, Kris Allen, and the author, among many others.die meisten dieser Musiker kann man sich übrigens auf der Smalls Seite anhören, DiRubbo hatte im Destination-Out-Seminar bestimmt eine Eins (link)
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Werbungerste session für JACKIE’S BAG (1958, veröffentlicht 1960)
NEW SOIL (1959)
SWING, SWANG, SWINGIN‘ (1959)
CAPUCHIN SWING (1960)
zweite session für JACKIE’S BAG (1960)
BLUESNIK (1961)
A FICKLE SONANCE (1961)außerdem (Auswahl):
sonny clarke: COOL STRUTTIN‘ (1958), donald byrd: OFF TO THE RACES (1958), FUEGO (1959), BYRD IN FLIGHT (1960), charles mingus: BLUES AND ROOTS (1959), walter davis jr.: DAVIS CUP (1959), freddie redd: THE MUSIC FROM ‘THE CONNECTION’ (1960), SHADES OF REDD (1960), jimmy smith: PLAIN TALK / OPEN HOUSE (1960), lee morgan: LEE-WAY (1960), kenny dorham: INTA SOMETHIN’ (1961).am ende seiner prestige-zeit verbüßt mclean wegen drogenbesitzes erste haftstrafen und ihm wird die cabaret card entzogen, die zum arbeiten in new yorker nachtclubs berechtigte (gleiches passierte parker, holliday, higgins, hope und vielen anderen). um weiter als musiker zu arbeiten, ist er gezwungen, entweder auf tour oder ins studio zu gehen. 1958 macht er das zweimal für blue note (sonny clarkes COOL STRUTTIN‘ und donald byrds OFF TO THE RACES) und hat dabei mit ersterer direkt einen großen hit. sein spiel auf COOL STRUTTIN‘ ist laut, brachial, hart und kompromisslos, während art farmer (für mich der eigentliche star dieses albums) einen lyrischen und ziemlich avancierten gegenpol setzt. gegen ende des jahres probt er bereits als musiker und schauspieler für die living-theatre-produktion THE CONNECTION, die mit ihrem zuckerfreien blick auf den drogenalltag u.a. von musikern ziemlich nah an seinem leben gewesen sein dürfte. das ganze wirkt wie eine flucht nach vorn – durch die drogenpolitik am aufführen seiner musik gehindert, gibt er auf den new yorker bühnen einen jazzmusiker, der das warten auf den dealer (die „connection“) mit spielen überbrückt (und das wird dann ein skandalerfolg und begründet den ruhm des living theatres). freddie redd komponierte die musik, neben beiden spielten noch michael mattos (b) und larry ritchie (dm) mit. das stück wurde 1959 erfolgreich uraufgeführt und ging ein jahr später auf ausgedehnte europatournee. die musik wurde 1960 für blue note in der originalbesetzung eingespielt, zwei jahre später drehte die filmemacherin shirley clarke ihre filmversion, in denen auch das originalquartett auftritt:
vorher, direkt zu beginn des jahres 1959, geht mclean zum ersten mal als leader ins blue-note-studio, allerdings entsteht dabei zu wenig material für eine lp. drei stücke daraus werden erst 1960, mit material aus einer anderen session, als JACKIE’S BAG veröffentlicht. neben sonny clarke, paul chambers und philly joe jones ist donald byrd hier mcleans partner – eine zusammenarbeit, die für jackies frühe blue-note-zeit entscheidend ist: drei alben erscheinen zwischen 1958 und 60 unter byrds namen, neben der erwähnten blue-note-debüt-leader-session ist byrd auch auf dem zuerst veröffentlichten album NEW SOIL dabei, außerdem spielen (wie da) beide zusammen mit walter davis jr. auf dessen album DAVIS CUP. byrd ist damit der erste in einer reihe von trompetern, mit denen mclean bei blue note aufnehmen wird, was auf seine favorisierte besetzung hindeutet (wichtige ausnahme sind die sachen mit posaunist grachan moncur und ein paar quartett-aufnahmen ohne zweiten bläser). byrd ist dabei nicht unbedingt der reizvollste partner – sein doch recht klarer und ‚sauberer‘ ton bei ziemlich vergleichbarer härte setzt mcleans spiel wenig entgegen. (was keine kritik sein soll – FREE FORM ist eine meiner absoluten lieblingsplatten, auch die ersten fusion-alben von byrd mag ich sehr.)
die erste session ist ziemlich ambitioniert, das stück QUADRANGLE zerfällt zwar in einen avantgardistischen head und eine knoventionelle change-struktur in den soli, aber unter playing-gesichtspunkten macht das großen spaß. auch die beiden anderen stücke sind toll; auf FIDEL spielt mclean für mich eins der schönsten hardbop-soli überhaupt, clarke hält eine gute balance zwischen schrägen einfällen und ideenreicher unterstützung und gegen chambers und jones kann man sowieso nichts sagen.
NEW SOIL, das ‚eigentliche‘ blue-note-leader-debüt, knüpft dagegen erst mal wieder an COOL STRUTTIN‘ an mit einer über 11-minütigen-midtempo-hardbop-exkursion (die passenderweise HIP STRUT genannt wird). doch schon das zweite stück, MINOR APPREHENSION, hat einen avantgardistischen touch, beißend scharfe soli und das angeblich erste völlig freie, von der komposition losgelöste drumsolo überhaupt. der drummer pete la roca (den ich auf ‚heißen‘ stücken toll finde, vor allem später auf hendersons OUR THING und seiner eigenen grandiosen BASRA – der aber immer den makel hatte, von sonny rollins in den village-vanguard-aufnahmen von elvin jones ersetzt werden zu müssen) ist eine interessante wahl, die bei den soul-jazz-kompositionen des pianisten walter davis nicht so gut funktioniert. diese nehmen sich gegenüber dem hardbop-beginn insgesamt sehr mehrkwürdig aus, obwohl sie ganz reizvoll sind. konsequenter und eher sophisticated verfolgen mclean und byrd das später auf byrds FUEGO weiter, da wirkt der flirt mit dem gottesdienst nicht so fremdkörperhaft wie hier. trotz dieser zerrissenheit ist NEW SOIL aber eine interessante platte.
wie mclean auf BLUES AND ROOTS im bläsersatz einer großen mingus-band klingt, weiß ich leider nicht; ebensowenig, wie er sich bei jimmy smith einfügt. seine nächste eigene platte, noch während der connection-zeit entstanden, nimmt sich mit ihren standards und dem titel SWING, SWANG, SWINGIN‘ erstmal ziemlich konventionell aus. trotzdem ist sie im vergleich zu den prestige-sessions ungleich heißer und fokussierter. die großartigen begleiter walter bishop, jimmy garrison und art taylor spielen dicht und treibend, lenken aber kaum vom harten und beseelten saxophonsound mcleans ab. sein flug durch LET’S FACE THE MUSIC AND DANCE treibt einem wirklich den schweiß auf die stirn.
CAPUCHIN SWING geht da auch konzeptionell einen schritt weiter, ist aber wieder mit bishop und taylor eingespielt. statt garrison ist wieder chambers dabei, außerdem kommt hier der nächste trompeter zum einsatz: der wunderbare blue mitchell mit seinem wirklich schönen ton als reizvoller kontrast. auf dem cover sitzt mclean ein affe im genick – ein weiterer offenherziger kommentar auf seine drogensucht. der opener FRANCISCO verbindet treibenden hardbop mit scharfkantigen latin-einschüben, die als stop-and-go-system viel dynamik erzeugen. nach einer eher lahmen ruhigen nummer und einer piano-trio-einspielung von DON’T BLAME ME geht es auf der zweiten seite nochmal ziemlich zur sache, bleibt aber insgesamt sehr ausgelassen und swingend.
die connection zu freddie redd führt 1960 zu einem weiteren interessanten album: SHADES OF REDD, auf dem mclean keinen trompeter, sondern den tenorsaxophonisten tina brooks zur seite hat – in seiner nächsten leader-session wird er die stimmen von brooks und blue mitchell verbinden. SHADES OF RED ist deutlich anders als die CONNECTION-musik, redds kompositionen sind viel ausgefeilter und melodischer und auf die ungewöhnlichen sounds von brooks (der auch am theaterstück beteiligt war) und mclean ausgerichtet. vor allem brooks bringt eine existentielle stimmung in die session mit ein, spielt feurige, emotionale soli, die mclean daneben fast kühl wirken lassen.
auf mcleans zweiter JACKIE’S BAG session kommt tina brooks auch als komponist zur geltung. hier entsteht aufregendes material für ein ganzes album, aber alfred lion wählte nur drei stücke aus, um sie mit denen von mcleans erster session zu kombinieren (auf der RVG-edition-cd-ausgabe ist die zweite session komplett drauf). sollte man die geschichte des avantgardistischen jackie mclean schreiben wollen, muss man mit APPOINTMENT IN GHANA anfangen, nicht mit den stücken von LET FREEDOM RING. die modale struktur der komposition funktioniert schon hier als ideales vehikel für explorative soli, wobei gleichzeitig ein entspanntes rhythmisches grundgewebe erhalten bleibt. mcleans solo hängt schräg in diesem netz, mitchell federt darin, brooks reißt existentiell daran. kenny drew ist diesmal der pianist und sein funk-approach passt auch (wie im modalen system ja fasst alles passt). großartig ist brooks ISLE OF JAVA, dessen thema mclean so aufreizend schräg spielt, dass man bei aller leichtigkeit des grooves ein melancholisches, introvertiertes moment verspürt. mcleans solo ist ganz großartig erratisch und könnte genauso auf RIGHT NOW zu finden sein. aber hier wird das wieder durch die anderen soli aufgefangen. die drei ‚bonus-stücke‘ dieser session stehen qualitativ überhaupt nicht nach. doch obwohl hier ein direkter weg zu LET FREEDOM RING führen könnte, entstehen mit BLUESNIK und A FICKLE SONANCE erstmal wieder konventionellere aufnahmen.
BLUESNIK bietet zwar die auf dem papier (und manchmal auch tatsächlich) reizvolle paarung mit freddie hubbard (die anderen musiker sind kenny drew, doug watkins und pete la roca), will aber von seiner ganzen konzeptionellen anlage her ziemlich wenig. die aufregendste komposition steuert ausgerechnet kenny drew bei (COOL GREEN). insgesamt kann man nicht wirklich meckern, aber mir hat BLUESNIK nie richtig gefallen. eigenartig ist bei diesem blues-konzept auch das leichte schlagzeugspiel von la roca mit seinen hellen becken-sounds und seinen störrischen snare-akzenten – vielleicht hätte mir das ganze mit einem elvin jones besser gefallen (die kombination mclean-jones ist aber leider, soweit ich weiß, ein diskografischer wunschtraum geblieben).
A FICKLE SONANCE ist da ein anderes kaliber. im trompeter-roulette haben wir es nun mit tommy turrentine zu tun, die rhythm section ist sehr speziell großartig: sonny clarke, butch warren und billy higgins (der direkte link von mclean zu ornette coleman, wie man noch hören wird). hier gibt es zwar klassischsten hardbop zu hören (SUNDU), aber auch das abgefahrene titelstück, das mit seinen kammermusikalischen themenfragmenten, seinem schrillen bläsersatz und seiner modalen harmonischen anlage schon in eine phase nach LET FREEDOM RING verweist. nicht nur hier beharrt mclean auf wiederholten solofiguren auch über harmoniewechsel hinaus. turrentine schlägt sich wacker, sein ding sind aber eher die souljazzigen momente auf seiner eigenen, sehr schönen komposition ENITNERRUT, auf der auch mclean auf der grundlage des higgins-swings einen schönen flug hinbekommt. ärgerlich und merkwürdig ist die scheppernde akustik der RVG-edition hier, die die musik härter macht als sie eigentlich ist.
den abschluss dieser klassizistischen phase mit ersten ausflügen ins freie feld bildet eine live-aufnahme von mclean mit kenny dorham. reizvollerweise rahmt die wichtige und sich über mehrere aufnahmen erstreckende zusammenarbeit mit kenny dorham die schon mehrfach angesprochene LET FREEDOM RING ein, weshalb ich INTA SOMETHIN‘ eher als einleitung zur nächsten mclean-werkphase erwähnen möchte.
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sehr cool, danke! freut mich, dass die zweite Session von Jackie’s Bag so hervorgehoben wird, wie sie es verdient hat! wo wir die Debatte hier neulich hatten – wie stehst du zu Leeway?
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.redbeansandricesehr cool, danke! freut mich, dass die zweite Session von Jackie’s Bag so hervorgehoben wird, wie sie es verdient hat!
Ja, die ist sehr gut. Keine Ahnung, warum sie damals nicht komplett veröffentlicht wurde. Isoliert betrachtet gefällt sie mir besser als New Soil.
vorgartenärgerlich und merkwürdig ist die scheppernde akustik der RVG-edition hier, die die musik härter macht als sie eigentlich ist.
Die RVG-CDs werden von vielen nicht sonderlich gemocht und das ist wohl eine der schlechtesten. Ich kann das Album nicht ausstehen und gelegentlich frage ich mich, ob es am Klang liegen könnte.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.wo ich so drüber nachdenke, Pithecanthropus und solche Dinge… irgendwie scheint sich ja das Anforderungsprofil gegen 1960 geändert zu haben, also, die Ansprüche, die man an ein Album hatte… und teilweise, glaub ich, ist das McLean auch einfach entgegen gekommen, dass er „konzeptualistische“ Fähigkeiten hatte, für die man sich 1955 wohl auch bei Blue Note nicht interessiert hätte… was man Blue Note aber wirklich zu Gute halten muss (anders als Riverside, die tendentiell immer viel reingeredet haben), ist, dass sie bei manchen Künstlern stark produziert haben (Grant Green, Lee Morgan…), während sie anderen (Hill, Patton, McLean) sehr viel mehr freie Hand gelassen zu haben scheinen… diese Flexibilität war scheinbar echt ungewöhnlich (was ja auch nicht überaschend ist)
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.redbeansandricewo ich so drüber nachdenke, Pithecanthropus und solche Dinge… irgendwie scheint sich ja das Anforderungsprofil gegen 1960 geändert zu haben, also, die Ansprüche, die man an ein Album hatte…
Sehr richtig, aber warum? Natürlich zum einen auch deshalb, weil man es konnte, aber im Jazz dauerte es ja einige Jahre bis Alben auch konzeptionell mit Inhalt gefüllt wurden, im Pop noch viel länger. Heute kann man trefflich darüber streiten, ob die Zeit der Alben schon wieder vorbei ist.
und teilweise, glaub ich, ist das McLean auch einfach entgegen gekommen, dass er „konzeptualistische“ Fähigkeiten hatte, für die man sich 1955 wohl auch bei Blue Note nicht interessiert hätte… was man Blue Note aber wirklich zu Gute halten muss (anders als Riverside, die tendentiell immer viel reingeredet haben), ist, dass sie bei manchen Künstlern stark produziert haben (Grant Green, Lee Morgan…), während sie anderen (Hill, Patton, McLean) sehr viel mehr freie Hand gelassen zu haben scheinen… diese Flexibilität war scheinbar echt ungewöhnlich (was ja auch nicht überaschend ist)
Kennst Du die Hintergründe, warum das so war?
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nein – aber ich denke, was man schon sehen muss, ist, dass ein großer Teil des klassischen Jazz dieser Jahre von sehr wenigen Produzenten kommt… und dass die wirklich etwas zu sagen hatten… ist wenig überaschend, dass Prestige, das (nach ca 1958) am schwersten zu fassende dieser Labels, auch als einziges einen größeren Stab hatte… diese ganzen Serien auf Riverside (Montgomery, Monk, Griffin, Blue Mitchell…) sind ja alle mit viel Geschmack auf Abwechslung getrimmt – und die Cannonball Adderley Produktionen heben sich ein gutes Stück ab… auf die Idee, das manche Künstler sich selber darum kümmern können, scheint man nicht gekommen zu sein (und vielleicht kamen die Künstler selber nicht drauf, teilweise…); das hat sich ja immer mehr entwickelt (beim Artwork mitreden zB wird in diesen Jahren noch weitgehend uindenkbar gewesen sein… und wann man sich die ganzen hässlichen Jazzcds heutzutage ansieht, denkt man, das ist nicht immer schlecht)… und um den Gedanken noch abzuschließen: Ich find es – soweit man das überblicken kann – im Lichte von sowas wie Fat Jazz überhaupt nicht überaschend, dass McLean unter besseren Bedingungen wirklich so gut werden konnte, wie er es geworden ist… also, zumindest einen starken eigenen Geschmack kann man auf den frühen Sachen durchaus schon erkennen…
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.redbeansandrice…also, zumindest einen starken eigenen Geschmack kann man auf den frühen Sachen durchaus schon erkennen…
Apropos eigener Geschmack: Für „Destination Out“ und „Let Freedom Ring“ hat er die Liner Notes geschrieben.
Da steht einiges zu seiner Entwicklung in eigenen Worten.--
redbeansandricenein – aber ich denke, was man schon sehen muss, ist, dass ein großer Teil des klassischen Jazz dieser Jahre von sehr wenigen Produzenten kommt… und dass die wirklich etwas zu sagen hatten… ist wenig überaschend, dass Prestige, das (nach ca 1958) am schwersten zu fassende dieser Labels, auch als einziges einen größeren Stab hatte… diese ganzen Serien auf Riverside (Montgomery, Monk, Griffin, Blue Mitchell…) sind ja alle mit viel Geschmack auf Abwechslung getrimmt – und die Cannonball Adderley Produktionen heben sich ein gutes Stück ab… auf die Idee, das manche Künstler sich selber darum kümmern können, scheint man nicht gekommen zu sein (und vielleicht kamen die Künstler selber nicht drauf, teilweise…); das hat sich ja immer mehr entwickelt (beim Artwork mitreden zB wird in diesen Jahren noch weitgehend uindenkbar gewesen sein… und wann man sich die ganzen hässlichen Jazzcds heutzutage ansieht, denkt man, das ist nicht immer schlecht)… und um den Gedanken noch abzuschließen: Ich find es – soweit man das überblicken kann – im Lichte von sowas wie Fat Jazz überhaupt nicht überaschend, dass McLean unter besseren Bedingungen wirklich so gut werden konnte, wie er es geworden ist… also, zumindest einen starken eigenen Geschmack kann man auf den frühen Sachen durchaus schon erkennen…
Auch wenn das manche vielleicht nervt, das hat natürlich viel mit rassistischen Vorurteilen zu tun. Man muss sicherlich die Geschichte des Jazz als Geschichte der Ausbeutung von Schwarzen missverstehen, um zu erkennen, dass sich gerade weiße Amerikaner in den 1950ern mit dem Gedanken schwertaten, dass Afro-Amerikaner konzeptionelle Entscheidungen trafen. Natürlich gab es Ausnahmen, aber dass die weißen Label-Besitzer bzw. Produzenten das Heft in der Hand behalten wollten, ist relativ offensichtlich. So gab es diese „Arbeitsteilung“. Schwarze machen die Musik und Weiße machen den Rest. Diese Grenzen in Frage zu stellen, kam wohl vielen nicht in den Sinn. Wenig überraschend, dass das ausgerechnet bei einem Label anders war, das von jüdischen Emigranten aus Deutschland gegründet wurden, die aufgrund ihrer Herkunft nicht dieselben rassistischen Vorurteile hatten wie weiße Amerikaner. Kein von Amerikanern geleitetes Label hätte Ike Quebec (oder irgendeinen anderen Schwarzen) in verantwortlicher Position beschäftigt.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.vorgartenam ende seiner prestige-zeit verbüßt mclean wegen drogenbesitzes erste haftstrafen und ihm wird die cabaret card entzogen, die zum arbeiten in new yorker nachtclubs berechtigte (gleiches passierte parker, holliday, higgins, hope und vielen anderen). um weiter als musiker zu arbeiten, ist er gezwungen, entweder auf tour oder ins studio zu gehen.
… oder an Orten zu spielen, an denen keine Cabaret Card notwendig war. Die gab’s, ich glaub Monk (der in den 50ern fast nie eine Cabaret Card hatte, wohl das krasseste Opfer dieser Kontrolle war) konnte so hie und da auftreten (ich weiss aber nicht, ob das Five Spot eine solche Ausnahme war und auch nicht mehr, wo ich das her habe… ob das Orte ohne Alkohol-Ausschank waren oder was genau).
Neulich hab ich irgendwo was drüber gelesen, dass das ganze primär eine rassistische Schikane gewesen sei… kann mich aber nicht mehr erinnern, wo und in welchem Zusammenhang (vielleicht in Kelleys Monk-Buch, in dem ich ein wenig geblättert hatte) – eine Suche im Netz ergab auf die Schnelle diesen Treffer:
http://www.criticalimprov.com/article/viewArticle/1084/1733
Werd ich mir nachher mal in Ruhe anschauen.vorgartenseine nächste eigene platte, noch während der connection-zeit entstanden, nimmt sich mit ihren standards und dem titel SWING, SWANG, SWINGIN‘ erstmal ziemlich konventionell aus. trotzdem ist sie im vergleich zu den prestige-sessions ungleich heißer und fokussierter. die großartigen begleiter walter bishop, jimmy garrison und art taylor spielen dicht und treibend, lenken aber kaum vom harten und beseelten saxophonsound mcleans ab. sein flug durch LET’S FACE THE MUSIC AND DANCE treibt einem wirklich den schweiß auf die stirn.
:bier: Das ist wirklich ein grossartiges Stück und das absolute Highlight des Albums!
die connection zu freddie redd führt 1960 zu einem weiteren interessanten album: SHADES OF REDD, auf dem mclean keinen trompeter, sondern den tenorsaxophonisten tina brooks zur seite hat – in seiner nächsten leader-session wird er die stimmen von brooks und blue mitchell verbinden. SHADES OF RED ist deutlich anders als die CONNECTION-musik, redds kompositionen sind viel ausgefeilter und melodischer und auf die ungewöhnlichen sounds von brooks (der auch am theaterstück beteiligt war) und mclean ausgerichtet. vor allem brooks bringt eine existentielle stimmung in die session mit ein, spielt feurige, emotionale soli, die mclean daneben fast kühl wirken lassen.
vorgarten(die kombination mclean-jones ist aber leider, soweit ich weiß, ein diskografischer wunschtraum geblieben).
Hm, die kann ich mir ehrlich gesagt auch schlecht vorstellen. Ich glaub ihre Konzepte von „time“ hätten kaum zusammengepasst! McLean wäre in Elvins Rhythm abgesunken, vermute ich. Er war mit treibenden Drummern (Art Taylor war ja derjenige, der immer davonrannte) am besten bedient, glaube ich.
Und was die RVG-Diskussion betrifft, so kann ich „A Fickle Sonance“ ganz gut hören, das Album geniesst bei mir schon allein wegen dem Line Up (Tommy T und die perfekte Rhythmusgruppe Clark-Warren-Higgins) enormen Vorschuss. Wo ich wirklich, wirklich Mühe habe, die Musik überhaupt zu hören, weil der Klang mich dermassen stört, das ist bei „Capuchin Swing“. Bei der gefällt mir das Cover und die Idee der Band (also der Line-Up auf dem Papier) bisher am besten.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbanail75Auch wenn das manche vielleicht nervt, das hat natürlich viel mit rassistischen Vorurteilen zu tun….t.
sowas in der Art hatt ich auch einen Moment gedacht, die ganze Geschichte ist es aber natürlich nicht – ich hab nicht den Eindruck, dass die Situation von weißen Musikern so viel anders war, in dieser Hinsicht, und wenn man die Wurzeln des Umschwungs sucht, dürften das die Alben von Coltrane, Miles, Mingus sein, bei Columbia und vor allem bei Atlantic… (und war Ornette der erste große Jazzer, der von Anfang an Alben gemacht hat?), was Ike Quebec betrifft, da scheint mir Esmond Edwards bei Prestige und später Impulse das bessere Beispiel zu sein – Quebec war doch „nur“ ein einflussreicher A&R Mann, oder? da würd ich vermuten, dass es solche noch bei anderen Labels gab (Cannonball bei Riverside…)
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.Nein, ich glaub Quebec und später Duke Pearson waren schon ein Schlüssel des Erfolges bei Blue Note!
Sie hatten wohl weiterreichende Konsequenzen oder ihnen wurde viel stärker Gehör geschenkt als bei den anderen Labeln. Die Nähe zu den Musikern war jedenfalls mit Sicherheit etwas, was Lion auszeichnete!--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaredbeansandricesowas in der Art hatt ich auch einen Moment gedacht, die ganze Geschichte ist es aber natürlich nicht – ich hab nicht den Eindruck, dass die Situation von weißen Musikern so viel anders war, in dieser Hinsicht, und wenn man die Wurzeln des Umschwungs sucht, dürften das die Alben von Coltrane, Miles, Mingus sein, bei Columbia und vor allem bei Atlantic… (und war Ornette der erste große Jazzer, der von Anfang an Alben gemacht hat?), was Ike Quebec betrifft, da scheint mir Esmond Edwards bei Prestige und später Impulse das bessere Beispiel zu sein – Quebec war doch „nur“ ein einflussreicher A&R Mann, oder? da würd ich vermuten, dass es solche noch bei anderen Labels gab (Cannonball bei Riverside…)
Ich muss darüber nachdenken.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.gypsy tail windNein, ich glaub Quebec und später Duke Pearson waren schon ein Schlüssel des Erfolges bei Blue Note!
Sie hatten wohl weiterreichende Konsequenzen oder ihnen wurde viel stärker Gehör geschenkt als bei den anderen Labeln. Die Nähe zu den Musikern war jedenfalls mit Sicherheit etwas, was Lion auszeichnete!jaja, Blue Note haben ein paar Sachen früh verstanden, dass man auf Künstler hören soll, dass Cover Design wichtig ist, und sie haben letztlich früher „Alben“ produziert als die anderen (wobei man halt debattieren kann, ob Alben das non-plus ultra sind, wenn es darum geht, Musik zu produzieren – und es gibt zu denken, dass Mingus bei anderen Künstlern (Miles zB) durchaus Alben auf Debut produziert hat, nur bei sich selbst nicht) – aber wie gesagt, ich denke Lester Koenig (Contemporary) war die political correctness in Person (gibt eine Geschichte dazu, die ich vergessen habe), und auch Bob Weinstock, Orrin Keepnews … kann man viel vorwerfen aber das nicht, Elvis wird auch wenig Einfluss auf seine Albumcover gehabt haben… und wie gesagt, ich glaub auch die Künstler haben eine Zeit gebraucht, um zu verstehen, dass sie sich auch um dergleichen kümmern müssen… (the artists alone decide what you hear on their ESP records…), schließlich, wie segensreich Pearson bei BN gewirkt hat ist alles in allem eine knifflige Frage…
(sorry vorgarten wg off-topic)
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.vorgartencharles mingus: BLUES AND ROOTS (1959)
jimmy smith: PLAIN TALK / OPEN HOUSE (1960)Dann spring ich hier mal ein… bin ja heute eh bei Mingus dran!
Für Blues and Roots brachte Mingus am 4. Februar 1959 eine grössere Band ins Studio, als er üblicherweise um sich scharte in jenen Jahren: vier Saxophone, zwei Posaunen, Piano und wie üblich Dannie Richmond am Schlagzeug. Die Saxophonisten waren: Jackie McLean & John Handy (Alt), Booker Ervin (Tenor) und Pepper Adams (Bari). An der Posaune waren zu Willie Dennis und Jimmy Knepper zu hören, am Piano Horace Parlan, der auf einem Stück („E’s Flat Ah’s Flat Too“, in zwei Takes erhalten) von Mal Waldron ersetzt wurde.
Knepper gehörte eben noch der Band Mingus‘ an, war aber zusammen mit Saxophonist Shafi Hadi kurz davor gefeuert worden, weil Mingus die beiden für seine Musik perfekt geeigneten Saxophonisten John Handy und Booker Ervin entdeckt hatte. Mit ihnen und dem Ersatzpianisten Richard Wyands (Parlan war konnte nicht am Konzert teilnehmen) hatte Mingus Mitte Januar in der Nonagon Art Gallery sein tolles Album „Mingus in Wonderland“ aufgenommen. Vor allem auf dem Stück „No Private Income Blues“ sind die beiden neuen Saxophonisten – es war für beide die erste Plattensession, zumindest gemäss Nat Hentoffs Liner Notes von 1959 – in eindrücklicher Spiellaune zu hören.
Knepper (und Hadi) blieben Mingus für erweiterte Ensembles im Studio aber noch eine Weile erhalten (mit Knepper gab’s dann mal die Zahn-Geschichte – Mingus schlug ihm einen derselben aus – wonach die beiden nie mehr ein Wort miteinander gewechselt hätten, Knepper tauchte aber 1971 wieder an Mingus-Seite auf für „Let My Children Hear Music“, spielte am Ende von Mingus‘ Leben auf den letzten drei Atlantic-Alben mit und gehörte nach dessen Tod auch zur Gruppe um Richmond, George Adams und Don Pullen, die die Flamme Mingus‘ am Leben erhielten).
Auch Willie Dennis gehörte zu den Musikern, auf die Mingus für Plattensessions zurückgriff, er war wie Mal Waldron ein alter Vertrauter schon aus den Debut-Zeiten. Parlan war der reguläre Pianist der Band, Dannie Richmond nun schon seit einigen Jahren der treueste Mann an Mingus‘ Seite und der perfekte Drummer für seine Musik, bereit und in der Lage, dem eruptiven Talent des Meisters in alle Verästelungen zu folgen, das Tempo flexibel und die Rhythmen vielfältig zu halten – ein unblaublich toller Drummer, der viel zu oft vergessen geht, weil er fast sein ganzes Leben an der Seite von Mingus zugebracht hat.Mingus kam trotz der grossen Band fast ganz ohne ausgeschriebene Noten ins Studio zur Session. Jelly Roll Morton soll regelmässig so operiert haben wie Mingus hier und es ist umso passender, dass wir auch die erste Version (die „klassische“ wurde später im Jahr für Columbia eingespielt) seines Stückes „Mr. Jelly Roll“ hören.
My music is as varied as my feelings are, or the world is, and one composition or one kind of composition expresses only part or the total world of my music. In the notes for another album, I go into more detail as to why my pieces are so different from one another and don’t have one specific, unalleviated mood, sound or style. At a concert or night club I call tunes in an order that I feel is right for the particular situation and what I’m trying to say in that situation. Each composition builds from the previous one, and the succession of compositions creates the statement I’m trying to make at that moment. The greatness of jazz is that it is an art of the moment. It is so particularly through improvisation, but also, in my music, through the successive relation of one composition to another.
That record is unusual – it presents only one part of my musical world, the blues. A year ago, Nesuhi Ertegun suggested that I record an entire blues album in the style of Haitian Fight Song (in Atlantic LP 1260), because some people, particularly critics, were saying I didn’t swing enough. He wanted to give them a barrage of soul music: churchy, blues, swinging, earthy. I thought it over. I was born swinging and clapped my hands in church as a little boy, but I’ve grown up and I like to do things other than just swing. But blues can do more than just swing. So I agreed.
I decided to memorize the compositions and then phrase them on the piano part by part to the musicians. I wanted them to learn the music so it would be in their ears, rather than on paper, so they’d play the compositional parts with as much spontaneity and soul as they’d play a solo. And I decided to use a larger group to play in a big band form I’d like to hear that has as many lines going as there are musicians. I called musicians that I knew had great ears for playing and understanding my music.~ Charles Mingus (as told to Diane Dorr-Dorynek [his then squeeze – gtw]), Liner Notes zu „Blues & Roots“, Atlantic 1305 (VÖ: März 1960)
E’s Flat Ah’s Flat Too – Mingus‘ Bass öffnet mit einer typisch jumpenden Figur, sein Sound gross wie ein Haus, sein Spiel flexibel und biegsam und so stark wie das keines anderen Bassisten. Das Stück baut sich mit jeder Wiederholung weiter auf, bei jedem Durchgang stossen neue Stimmen zu und werden drübergeschichtet, bis am Ende alles steht, mit den „cries“ der Altsaxophone. Zuerst enstand der erhaltene Alternate Take, der wohl abgelehnt wurde, weil das Tempo nicht fest und das Zusammenspiel ziemlich lose ist. Mingus‘ Bass hält die Musik dennoch zusammen. Waldron, Knepper, Dennis, McLean, Handy, Ervin, Adams und Richmond sind die Solisten.
Waldron spielt ein sehr reduziertes Solo, ist im Master Take aber deutlich besser. Knepper und Dennis sind nicht ganz einfach auseinanderzuhalten, beide spielen treibende, erzählende Soli. McLean wirkt hier leicht, nahe an Parker, seine Intonation ziemlich konventionell, seine Ideen nicht besonders toll. Handy wirkt dagegen sehr viel gefestigter in Sound, Ideen und Umsetzung, sein Solo ist ziemlich mitreissend und voller toller Momente. Ebenso Ervin, der schon in der zweiten Phrase seinen typischen „cry“ bringt, seine rhythmischen Devisen nutzt, etwa Phrasen aus Vierteln, die dann ausbrechen in schnelle Phrasen. Adams ist der Anker der Band, nicht nur in dieser Nummer – ganz so wie Harry Carney in der Band von Ellington. Auf dem fertigen Album war er bloss mit einem einzigen Solo vertreten, umso schöner, dass er hier im Alternate auch nochmal zu hören. Am Ende phasert das Stück aus, während Mingus herumschreit…
Im Master wird schnell klar, dass die Band jetzt in Fahrt ist, das Tempo ist fest, Adams Barisax trägt die „Pyramide“, die aufgebaut wird. Mingus brüllt noch mehr rum (Yeah, I know… Yeah I know, I know!), das Stimmengeflecht im Thema wirkt enorm dicht und dank dem festen Tempo sehr kohärent… dann öffnet sich alles für Waldrons Solo – und was für ein Solo! Ab ca. 1:32 ist er in der „Zone“, die kommenden Durchgänge sind unglaublich! Die totale Reduktion! Ervin folgt, weniger typisch aber sehr stark. Aber dann kommen auch die langgezogenen Töne, die nach oben gezogenen Phrasen… wunderbar! Dann folgt – überraschende Wahl – McLean am Altsax, er wirkt wesentlich konzentrierter dieses Mal, Mingus‘ Vertrauen hat sich jedenfalls gelohnt! Er stösst diese kleinen Schreie aus beim Atmen… Handy folgt, diesesmal ein ebenbürtiger Partner McLeans, vielleicht sogar leicht fahriger als im Alternate Take. Richmonds kurzes Solo führt zurück in die fertige Pyramide… sehr toll die Posaunen mit ihren „shakes“ und scheinbar endlosen Linien… dieses Mal erfolgt auch der Rückbau der Pyramide etwas geordneter, ohne der Kraft der Musik Abbruch zu tun. Eine klassische Mingus-Performance, die am Ende des Albums stand – als letztes Highlight. Es gibt allerdings im Outro einen hässlichen Edit (anscheinend waren bloss „Tensions“ und „My Jelly Roll Soul“ ohne Edits zu hören auf dem Album).My Jelly Roll Soul – Eine Hommage an Jelly Roll Morton, den selbsternannten Erfinder des Jazz und eine klare Grösse in Mingus‘ Welt. Grossartig, wie der seinen Bass schnarren lässt, wie Richmond den Two-Beat interpretiert und füllt, wie die Bläser die klagende, absteigende Linie intonieren… und dann erst die Soli!
Im Alternate Take hören wir McLean als ersten – und jetzt ist er wach, lässt sich Zeit, arbeitet mit Pausen und bläst mit wunderschönem, satten Sound. Handy folgt, sein Ton flexibler, wärmer, reicher an Vibrato, während Mingus seine Begleitung intensiviert, rhythmische Spielchen treibt, rasch in einen schnellen 4/4 Walking Bass fällt, während Parlan und Richmond weiterstottern… Handys Solo fastert ein wenig aus, aber Knepper retten mit Lockerheit – er ist von den modernen Jazz-Posaunisten möglicherweise der wichtigste Erbe von Leuten wie Vic Dickenson und Dicky Wells. Dennis folgt mit einem relaxten Solo, in dem sich ein kleiner Dialog mit Richmond ergibt – übrigens waren beide Posaunisten auf dem Album auch nur je einmal solistisch zu hören. Parlan folgt in typisch bluesiger Weise, greift Dennis‘ reduzierte Phrasen auf, spinnt sie fort, mit starken Interjektionen seiner linken Hand. Für Ervins Solo hat Mingus sich die nächste rhythmische Idee ausgedacht – ein wenig Tango (der „spanish tinge“ kam auch von Jelly Roll)… wunderbar, wie die ganze Performance nicht nur von den starken Solisten lebt, sondern auch durch die Begleitung enorm gewinnt! Adams ist der nächste Solist, während Richmond einen fetten swingenden Beat trommelt, mittlerweile viel moderner als am Anfang. Mingus spielt zunächst eins seiner raren Soli, bevor er mit Richmond in den Dialog tritt und dann an diesen überreicht.
Im Master Take, der an zweitletzter Stelle des Albums stand (so geht es weiter, das dritte Stück der Session landete an vierter Stelle, das vierte an dritter, das fünfte an zweiter und mit dem sechsten und letzten begann das fertige Album), ist fast fünf Minuten kürzer und präsentiert weniger Solisten: Knepper, Parlan, McLean sowie das Duo Mingus/Richmond sind zu hören. Gerade wegen solcher Momente wie dem Solo von Booker Ervin ist ein solcher Alternate Take grossartig zu haben!
Im Master spricht Mingus schon im Thema mit, macht Zwischenrufe (Yes sir!). Wieder trägt Adams das Ensemble, die Melodie wird von den Altsaxophonen getragen, Kneppers Solo-Einstieg ist grossartig, Richmond trommelt Marsch-Rhyhtmen auf der Snare im ersten Chorus, im zweiten wird er aktiver, lässt mit der Bass-Drum ein paar heftige bombs fallen. Für Parlans Solo wechselt Mingus in einen fliessenden 4/4-Walking Bass, Richmond begleitet recht konventionell, nach einem Zitat von „When Lights Are Low“ geht er in double time über, was Parlan zu ein paar Spielchen nützt, die fast ein wenig an die Verschiebungen in Brubecks Soli erinnern, wenn er andere Metern über die Rhythmusgruppe legt. McLeans Solo ist wieder sehr toll, sein Ton satt, die Two-Beat Begleitung scheint ihm zu behagen. Mingus übernimmt, erst für ein Solo, dann für einen kurzen und prägnanten Dialog mit Richmond, bevor das Thema repetiert und das Stück zu Ende gebracht wird. Man höre wieder auf Adams grossartiges Spiel, solide wie ein Fels und beweglich wie eine Schlange!Tensions – Wieder ist davon ein Alternate Take enthalten. Mingus öffnet ihn mit einem tollen, aggressiven Solo. Adams Barisax ist wieder der Anker der Band, die Saxophone und Posaunen spielen das Staccatto-Thema, während McLean frei drüber soliert, mit etwas dünnem aber nicht unbedingt schwachen Ton. Dann öffnet sich die fast kakophonische Klangwolke, Mingus‘ Bass übernimmt, sparsam von Parlan und rumpelnd von Richmond begleitet, mit Double Stops und diesem typischen Sound, wie ihn nur Mingus hinbrachte – grossartig! Booker Ervin ist der einzige andere Solist, die Rhythmusgruppe kickt ihn richtiggehend vorwärts, er lässt sich aber durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen, spielt mit seinem fetten Sound diese typische trägen Texas-Phrasen, aus denen er hie und da zu einem kurzen schnellen Lauf hervorbricht.
Das Thema besteht übrigens aus einer simplen 4-taktigen Phrase, die dritte, fünfte und siebente Wiederholung erweitern diese aber auf 6 Takte, die Soli werden aber über eine 16-taktige AABA-Form gespielt.
Der Master Take ist trotz des deutlich schnelleren Tempos über eine Minute länger, Mingus Bass-Intro weniger aggressiv. Das Stotterthema wirkt etwas präziser, wieder hämmert Parlan scheinbar völlig dissonante Töne aus dem Piano, während Adams in der Tiefe und McLean in der Höhe frei unter und über dem Ensemble kreisen. Mingus‘ Solo ist ist trotz der etwas zurückhaltenderen Stimmung grossartig. Solistisch hören wir von McLean (kurz und präzise), Ervin und Adams, wir steigen quasi von den leicht bitteren Gipfeln über die leeren und windigen Ebenen in die verworrenen Schluchten… bevor Parlans Piano wieder für Klarheit sorgt, mit einem reduzierten und sehr soul-vollen Solo. Richmond übernimmt als letzter Solist, dann wird das Ensemble wieder aufgebaut.Moanin‘ – Pepper Adams beginnt das Stück unbegleitet am Barisax mit einer enorm eingängigen Linie. Wieder findet das Pyramidenprinzip Anwendung: Die Posaunen werden zweistimmig zugefügt, dann das Tenorsax, schliesslich das Piano und das Altsax von (ziemlich sicher) Jackie McLean. Die Changes dieser Komposition, die nachdem alle erst an Bord sind, weitergeht, gehören zu Mingus‘ bevorzugten und fanden auch in anderen Stücken Anwendung: „Eulogy for Rudy Williams“, „Jump Monk“, „Reincarnation of a Love Bird“ und auch „Pithecantropus Erectus“ beruhen auf ihnen. Die durchs Band tollen Soli stammen von McLean (wieder mit diesen kleinen Schreien zwischen den Phrasen), Pepper Adams und Booker Ervin. Letzterer beginnt unbegleitet, dann mit stop time, die schliesslich in ein rasantes Tempo übergeht, bevor dieses halbiert wird und Pepper Adams wieder seine Basslinie legt. Das abschliessende Thema mit seinem organisiert-dissonanten Stimmengewirr ist wieder bester Mingus, jeder Musiker hat seinen eigenen Part, das ganze Gewebe – an Ort und Stelle spontan einstudiert – ist endlos faszinierend!
Cryin‘ Blues – Booker Ervin öffnet mit einem weinenden Solo, die anderen Bläser gesellen sich kurz dazu, dann übernimmt Mingus mit einem Solo, in dem er „Blues in the Night“ und „Willow Weep for Me“ zitiert – und einmal mehr zeigt, dass er schlicht und einfach der beste aller Bassisten ist! Parlan spielt ein Piano-Solo voller kleiner Phrasen, die er variiert und repetiert, dabei soulige Akkorde einstreut – sehr toll! Abschliessend hören wir dann Jackie McLean mit der Band („Oh well, I’m goin‘ home, goin‘ home, goin‘ home – Everybody!“ schreit Mingus und singt und brüllt dann auch gleich noch eine Stimme im Outro), die Posaunen legen tiefe Bassnoten, Adams und Mingus spielen ein kleines Duett, bevor das kürzeste und einfachste Stück des Albums mit dem Ensemble zu Ende geht.
Wednesday Night Prayer Meeting – Mehr Soul geht nicht! „[T]he grandfather of all triple-meter gospel-soul-funk-jazz compositions“ nennt Andrew Homzy in seinen Notes zur Atlantic Box („Charles Mingus – Passions of a Man: The Complete Atlantic Recordings 1956-1961“, S. 40) das Stück. Zum ersten Mal eingespielt hat Mingus diese Komposition auf dem 1958er MGM-Album mit Langston Hughes, nach dieser Session im Februar tauchte es erneut am Konzert in Antibes 1960 auf und wurde 1978 noch einmal für Atlantic eingespielt.
Unglaublich, wie Mingus den Alternate Take öffnet, stotternd, groovend, springend, humpelnd und jubilierend. Parlan legt kleine funky Pianofiguren, Ervin soliert darüber von Anfang an, während die anderen Bläser eine Art Chor unter ihm bilden. Das Zusammenspiel ist dosiert lose und frei, dreckig wie es eben sein muss. McLean soliert als erster, momentane Unsicherheiten von Mingus/Richmond scheinen ihn wenig zu stören. Knepper folgt mit einem unglaublich soul-vollen Solo über den satten und jetzt geregelten Groove der Rhythmusgruppe, dann Handy, während Ervin anfangs ein wenig rifft. Dennis folgt und zeigt, dass auch er funky spielen kann – die anderen (allen voran wohl McLean? Oder Handy?) mischen sich zunehmend ein, die Temperatur steigt, und Parlan („yeah Horace!“) gelingt das Kunststück, sie weiter nach oben zu treiben. Mingus und seine linke Hand scheinen streckenweise zu verschmelzen. Die ganze Band gesellt sich dazu, die Stimmen fliegen im Raum umher, während Parlan Gospel-Akkorde hämmert. Dann kommt Ervin, über eine Art stop time Beat – unglaublich seine Phrasen, hier wechselt er von langen Tönen direkt in Schallgeschwindigkeit und das stets mit absoluter ryhthmischer Sicherheit. McLean gesellt sich dazu, Ervin dringt aber mit Lockerheit durch und bleibt die prägnanteste Stimme… dann folgt nochmal ein stop time, in dem die Performane leider abbricht (Mingus‘ unhörbarer Kommentar soll gemäss Homzy, S. 40, gelautet haben: „There’s too much shoutin'“!)
Der Master Take ist präziser, etwas strukturierter und geht schneller zur Sache. Handy, Dennis, Parlan, Ervin und Richmond sind die Solisten. Handys weicherer und satterer Ton passt hier in der Tat besser als McLean, er geht gegen Ende seines kurzen Solos ganz hoch. Dennis soliert ebenfalls sehr kurz, dann folgt Parlan, dessen Part hier etwas einfacher ist, weil die Musik noch nicht so lange kocht… er bringt einige Elemente aus seinem ersten Solo nochmal, die Bläser beginnen zu riffen, Mingus zu schreien (immer ein gutes Zeichen), Ervin übernimmt, die Rhythmusgruppe spielt zunächst weiter, Parlan hämmert seine Begleitung förmlich in die Tasten, Richmond lässt die Rhythmen fliegen. Dann folgt der stop time Chorus mit Händeklatschen und shouting der Band sowie dem Beat von Richmond. Und dann geht die Post wieder ab mit der vollen Rhythmusgruppe und wenig später den anderen Bläsern. Richmonds Solo greift den 6/8 Beat auf, spielt mit Motiven wie Parlan das vorgezeigt hat. Dann folgt zum Ende nochmal der Shout Chorus mit dem rollenden Piano und dem pumpenden Bass, bevor das ganze in einem kurzen amen-Finale ausklingt.Und damit endet auch diese grossartige Session. Sehr, sehr schade, dass der unglaubliche Alternate Take von „Wednesday Night Prayer Meeting“ vorzeitig abbricht – bei allem Durcheinander (neben den Unsicherheiten von Mingus/Richmond in McLeans Solo gibt’s auch noch einen kurze Unklarheit bei Ervins Einstieg, anscheinend war nicht klar, ob man sofort mit dem stop time beginnen sollte oder nicht) ist das nämlich eine ganz grossartige Aufnahme, die in Sachen feeling den Master Take bei weitem übertrifft!
Und weil ich von Mingus, dem souligsten aller Soul Jazzer, heute einfach nicht genug kriegen kann, höre ich mir jetzt gleich noch „Oh Yeah“ an und verabschiede mich aus dem Mac-Thread. Ein Bericht zu den beiden JOS-Alben folgt dann morgen… dachte nicht, dass ich soviel Zeit (vier Durchgänge, die ersten drei aber ohne Alternate Takes) mit dem grossartigen „Blues & Roots“ verbringen würde!
We played down to earth and together and I think this music has a tremendous amount of life and emotion.
~ Charles Mingus (as told to Diane Dorr-Dorynek [his then squeeze – gtw]), Liner Notes zu „Blues & Roots“, Atlantic 1305 (VÖ: März 1960)
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba -
Schlagwörter: Billy Higgins, Grachan Moncur III, Jackie McLean, Jazz
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