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Hal CrovesThema: „Handgemachte Musik“ – Sinnvoller Begriff oder überholte Vorstellung?
Meine Antwort: Kopfgeburt!
Zugespitzt: Ideologisches Konstrukt.Der Kopf scheint mir da weniger beteiligt.
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WerbungmotörwolfDer Kopf scheint mir da weniger beteiligt.
Wo findet Ideologiebildung denn sonst statt? Im Magen?
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=RosebloodOk, ich würde dennoch gern differenzieren wollen. Ein Musikinstrument ist für mich ein Gegenstand, welcher in erster oder gar einziger Linie zur Tonerzeugung hergestellt wird. Deswegen würde ich eine Säge (und deine anderen Beispiele) nicht als Musikinstrument bezeichnen, obwohl damit Laute erzeugt werden können, da die Hauptnutzung einer Säge eine andere ist. Oder würdest du ein Klavier als Regal bezeichnen, wenn du ein Buch darauf abstellst?
Ja, wenn es denn nichts anderem dient. Andersherum: wenn Marlene ihre Säge im Konzert spielt und sie ansonsten von Konzert zu Konzert mitgeführt wird, ist sie (die Säge) dann noch eine Säge oder ein Instrument? Ein Musikinstrument ist ein Gegenstand, der zur Erzeugung von Musik benutzt wird.
ReimariusIch habe den Begriff immer so verstanden, wie ihn auch Glitterhouse verwendet:
Aus der Mailorderseite kopiert: Roots, Country, Folk, Blues etc. – Die neuesten Veröffentlichungen aus dem Bereich „handgemachte Musik“, alte Künstler/Bands und neue Alt.-Country-Acts gemischt.Muss ja nicht richtig sein. Auf Sturgill Simpsons letzter Platte gibt’s auch Samples.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Metamodern Sounds eben…
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How does it feel to be one of the beautiful people?
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Google ist selbstredend eine nichtswürdige Datenkrake auf dem Sprung zur Weltherrschaft, aber auch ein taugliches Instrument, um gewissen Memen auf die Spur zu kommen. So bemühe man die Google Bildersuche um „handgemachte Musik“, und schwuppdich, landet man da, wo der Blödsinn hingehört.
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latho
Ja, wenn es denn nichts anderem dient. Andersherum: wenn Marlene ihre Säge im Konzert spielt und sie ansonsten von Konzert zu Konzert mitgeführt wird, ist sie (die Säge) dann noch eine Säge oder ein Instrument? Ein Musikinstrument ist ein Gegenstand, der zur Erzeugung von Musik benutzt wird.Ich kann deine Argumentation wirklich nachvollziehen. In diesem Fall bekommt die Säge Instrumentcharakter, wird somit als Instrument benutzt ohne jedoch ein wirkliches Musikinstrument zu sein. Gegenstände bekommen jene Bedeutung, welche wir ihnen geben. Musikinstrumente bleiben für mich trotzdem Gegenstände, welche mit der Absicht hergestellt werden, um Töne zu erzeugen. Das schließt jedoch nicht aus, dass andere Gegenstände ebenso als Instrument verwendet werden können, jedoch geben wir diesen Gegenständen dann nur eine weitere Bedeutung. Sprich, Musikinstrumente dienen primär oder gar ausschließlich der Tonerzeugung, andere Gegenstände, welche als Instrument benutzt werden können (wie die Säge), haben primär einen anderen Verwendungszweck. Und darin liegt für mich der Unterschied zwischen einem Musikinstrument und einem als Musikinstrument benutzten Gegenstand.
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Auf Seite 2 dachte ich kurz, ein Foto eines gewissen Katzenforumstreffen wieder erkannt zu haben, aber ich habe mich wohl geirrt.
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linnGoogle ist selbstredend eine nichtswürdige Datenkrake auf dem Sprung zur Weltherrschaft, aber auch ein taugliches Instrument, um gewissen Memen auf die Spur zu kommen. So bemühe man die Google Bildersuche um „handgemachte Musik“, und schwuppdich, landet man da, wo der Blödsinn hingehört.
Indeed.
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"Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"linnGoogle ist selbstredend eine nichtswürdige Datenkrake auf dem Sprung zur Weltherrschaft, aber auch ein taugliches Instrument, um gewissen Memen auf die Spur zu kommen. So bemühe man die Google Bildersuche um „handgemachte Musik“, und schwuppdich, landet man da, wo der Blödsinn hingehört.
Gesagt, getan, gelacht!
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I hunt alone
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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bullschuetzSicher. Deshalb habe ich versucht, den Faktor Zeit definitorisch ins Spiel zu bringen. Das wesensmäßig Besondere einer Lagerfeueraufführung von Blowing in the Wind oder der Aufführung einer Beethoven-Sinfonie ist, dass für den Zuhörer die Musik so, wie sie in dem Moment durch Bedienung von Instrumenten erzeugt wird, hörbar ist. Würde der Gitarrist seinen Akkord verzögert anschlagen, klänge es „falsch“. Es fehlt da das Moment der Nachträglichkeit, des nachträglichen Eingreifens, Montierens, Korrigierens, Verbesserns.
Nach diesem Kriterium wäre aber Live-Elektronik auch „handgemacht“; Auch wenn der Künstler viel schon vorher konfiguriert hat und das „Klangelement“ dann nur noch auslöst. Was ihn dann aber von einem Organisten nur noch durch die Frequenz der Auslösetätigkeiten unterscheidet.
Das, worum es hier geht, ist mit dem Wort „handgemacht“ wohl falsch umschrieben – aber ich wage doch, Puma-Freddy so deuten zu dürfen, dass es ihm um diese Eigenschaft des Musizierens geht. Vielleicht geht es im Kern schlicht um den „Live“-Charakter, um den Im-Hier-und-Jetzt-Moment der Musikerzeugung.
Dazu fallen mir dan wieder „elektronische“ Musiker ein, die in ihren Konzerten wesentlich spontaner auf den Augenblick reagieren, als viele Pop und Rock-Musiker, bei denen sich zwei Live-Versionen eines Stücks fast nicht unterscheiden. Ganz zu schweigen von Orchestermusikern, denen der Dirigent exakte Vorgaben macht, was sie im Hier-und-Jetzt-Moment zu spielen haben; und zwar wiederholgenau bei jedem Konzert das gleiche.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. DickRosebloodMusikinstrumente bleiben für mich trotzdem Gegenstände, welche mit der Absicht hergestellt werden, um Töne zu erzeugen. Das schließt jedoch nicht aus, dass andere Gegenstände ebenso als Instrument verwendet werden können, jedoch geben wir diesen Gegenständen dann nur eine weitere Bedeutung. Sprich, Musikinstrumente dienen primär oder gar ausschließlich der Tonerzeugung, andere Gegenstände, welche als Instrument benutzt werden können (wie die Säge), haben primär einen anderen Verwendungszweck. Und darin liegt für mich der Unterschied zwischen einem Musikinstrument und einem als Musikinstrument benutzen Gegenstand.
Wo ziehst Du dann (oder ziehst Du überhaupt) die Grenze, wenn jemand ein Instrument anders als „vorgesehen“ benutzt? Wenn der Musiker beispielsweise auf dem Kontrabass trommelt oder mit der Gitarre Verstärker-Feedback erzeugt; der Verstärker samt Box ist ja euch kein Instrument im engeren Sinn.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. DickNicht_vom_ForumNach diesem Kriterium wäre aber Live-Elektronik auch „handgemacht“; Auch wenn der Künstler viel schon vorher konfiguriert hat und das „Klangelement“ dann nur noch auslöst. Was ihn dann aber von einem Organisten nur noch durch die Frequenz der Auslösetätigkeiten unterscheidet.
[…]
Dazu fallen mir dan wieder „elektronische“ Musiker ein, die in ihren Konzerten wesentlich spontaner auf den Augenblick reagieren, als viele Pop und Rock-Musiker, bei denen sich zwei Live-Versionen eines Stücks fast nicht unterscheiden. Ganz zu schweigen von Orchestermusikern, denen der Dirigent exakte Vorgaben macht, was sie im Hier-und-Jetzt-Moment zu spielen haben; und zwar wiederholgenau bei jedem Konzert das gleiche.Da stimme ich Dir rundum zu. Spontan fallen mir drei Konzerte ein, in denen ich erlebt habe, wie fließend die Grenzen sind, wie spannend sie manchmal verlaufen und wie spannend es wird, wenn (Achtung, Hilfsausdrücke:) „handgemachte“ und „elektronische“ Musizierweisen ineinandergeblendet werden.
Beispiel 1: Tab Two – eingespielte Loops plus klassisches Instrumentalhandwerk an Bass und Trompete, gut vorbereitet und zugleich hochflexibel. Durch Bedienung von Fußpedalen schaltete Joo Kraus zwischen vorbereiteten Loops hin und her, bestimmte ihre Länge, ja nachdem, wie lange er solieren wollte. Die beiden errangen dadurch live eine Freiheit, die mit einer größeren Band wohl nur durch exzessives Proben erreichbar gewesen wäre. Kraus ging mit den Bandzuspielungen im Prinzip um, wie James Brown mit seiner Band (die interessanterweise immer wieder als „gut geölte MASCHINE“ bezeichnet wurde …).
Beispiel 2: Jamie Lidell solo – die Virtuosität, mit der er Loops und aus dem Moment heraus Passierendes verband, wie er mit der Stimme schnell was einsang und das dann wiederum live loopte und auf vorbereitete Backings setzte, war wirklich faszinierend.
Beispiel 3: Elvis Costello solo, der einen Offbeat-Rhythmus auf der Gitarre spielte, einen Takt aufnahm, live loopte, über den Loop dann die dräuende Single-Note-Melodie von Watching The Detectivs spielte, auch die wiederum loopte, über beides ein Solo spielte und schließlich – während das Feedback jaulte – eine Polizeisirene in die Hand nahm und dazu heulen ließ.
Ich halte es in der Tat auch für einen großen Irrtum zu glauben, dass „handgemachte“ Musik in der Live-Situation immer spontaner ist. Ich habe schon zu viele Bands gehört, die live einfach das vielfach im Proberaum Eingepaukte bis in die Soli hinein auf der Bühne reproduzierten und nirgendwo einen zusätzlichen Takt einbauen konnten, weil sonst die Lightshow-Programmierung nicht mehr gepasst hätte.
Ich muss allerdings einschränken: Natürlich wirkt sich bei vielen Bands die Arbeit mit Samples nicht unbedingt spontaneitätsfördernd aus. Seien es Percussion-Zuspielungen oder Keyboard-Playbacks vom Band – so etwas kann sich schon versklavend auf die Live-Performance auswirken. Der Witz aber ist: Wenn man die Maschinen handwerklich gut beherrscht, sie zu spielen weiß wie klassische Instrumente, dann verlieren sie ihren einengenden Charakter. Gerade, wer im Live-Kontext mit Zuspielungen, Samples, Loops kreativ umgehen will, muss „sein Instrument wirklich beherrschen“, um es mal in „handgemachter“ Terminologie auszudrücken.
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http://www.handgemachte-musik.de
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How does it feel to be one of the beautiful people?Hal CrovesWo findet Ideologiebildung denn sonst statt? Im Magen?
Ja, in diesem Falle schon.
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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame -
Schlagwörter: Deutsche Kulturarbeit, Ehrlich währt am längsten, entweder - oder, Handwerk, led zeppelin
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