Enja Records

Ansicht von 15 Beiträgen - 166 bis 180 (von insgesamt 759)
  • Autor
    Beiträge
  • #12290827  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,341

    Hannibal – The Angels of Atlanta | Wuchtige Akkorde von Beats untermalt, dazu ein Chor: „There is no death in spirit. There is no death for an Angel …“ – der Harlem Boys Choir unter Walter Turnbull und Pat Peterson ergänzen auf dem zweiten Enja-Album von „Hannibal“ Marvin Peterson dessen Combo, zu der George Adams (ts), Kenny Barron (p), Diedre Murray (vc), Cecil McBee (b) und Dannie Richmond (d) gehören. Aufgenommen wurde das Album am 15. und 19 Februar 1981 von David Baker in den Sound Ideas und der Church of Intercession in New York. Das war vor einigen Jahren das erste Hannibal-Album, das ich auftreiben konnte, und das mich damals eher etwas kühl liess. Auf der LP-Rückseite erklärt Hannibal, worum es bei dem Album geht: um die zwanzig schwarze Kinder wurden in Atlanta, Georgia, ermordet. Diesen „angels, their parents and to those who seek and teach the ways of truth“ widmet der Trompeter das Album, von dessen fünf Stücken er drei komponiert hat. In der Mitte steht „The Inner Voice“ von Pat Peterson, den Abschluss macht Hannibals Arrangement von „Sometimes I Feel Like a Motherless Child“. Und ich frage mich heute schon mitten im öffnenden Titelstück, spätestens aber, wenn Hannibal dort eine längere Duo-Passage mit Dannie Richmond spielt, warum mich das nicht schon immer so gepackt hat, wie es das heute tut.

    Thomas Fitterling hat für die CD von 1994 zusätzliche Liner Notes geschrieben, die ins Englische übertragen wurden (da scheint es überhaupt keine klare Linie gegeben zu haben, was für welchen Markt in welchen Sprachen, mit oder ohne Extratext, mit oder ohne den einstigen kleineren Fotos auf den LP-Rückseiten usw. neu erstellt oder wieder verwendet wurde), darin gibt er einen guten kurzen Überblick über das weitere Geschehen. „The Story Teller“ sei „a ballad strongly imbedded in the tradition of John Coltrane‘ religious music. The ensuing two movements are dominated by the beautifully mellow voice of Pat Peterson, Hannibal’s cousin. ‚The Inner Voice‘, with Hannibal and Kenny Barron as the instrumental soloists, is deeply rooted in the Gospel tradition, whereas ‚Mother’s Land‘ is a joyfully tricky Calypso waltz. The closing movement, though purely instrumental, is treated in a way parallel to the opening one. There is a long hymn-like rubato introduction before the straight ahead statement of the theme in an unusually bright tempo. Thriving solos by George Adams, Diedre Murray and Hannibal follow, which manage to surpass their earlier efforts on this date.“

    Das ist – dem Thema entsprechend – dunklere Musik als das ekstatische Antibes-Set, aber beim heutigen Wiederhören dünkt mich das gerade so stark. Durch den Gesang kaum Musik für alle Tage – vermutlich rührte auch daher meine frühere Skepsis … aber das ist ein wirklich gutes und auch bewegendes, mitreissendes Album. Und sehr schön ist es auch, Diedre Murray im guten Mix richtig zu hören. Ihr Solo im eh phantastischen Closer – auch den höre ich gerade doppelt, dreifach – ist wirklich toll.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    Highlights von Rolling-Stone.de
    Werbung
    #12290851  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,341

    Schon vor Hannibal hatte ich wieder ein paar Lücken: „Three for All“ von Phil Woods, Tommy Flanagan und Red Mitchell sowie „Oasis“ vom New York Jazz Quartet (inzwischen Wess, Hanna, Mraz und Ben Riley – beim zweiten Enja-Album ist Grady Tate am Schlagzeug zu hören). Nach Hannibal lasse ich eins aus, auf das ich gerade wenig Lust habe („Heartbop“ von Franco Ambrosetti) und habe noch eine Lücke, „Of the Wind’s Eye“ von David Friedman.

    Weiter geht es dann wieder Bennie Wallace:

    Bennie Wallace Plays Monk | Das Album liegt immer noch griffbereit mit einigen weiteren CDs herum, die ich auch noch hatte anhören wollen, als wir es mal ein wenig mit Monk-Covern hatten. Wallace holt sich für drei der acht Stücke (auf der CD noch ein neuntes, ein alternate take von „Round Midnight“) einen sehr gut geeigneten zweiten Bläser zum Trio mit Eddie Gomez und Dannie Richmond: Jimmy Knepper an der Posaune. Damit ist neben der Monk- auch eine nochmal verstärkte Mingus-Connection gegeben (Richmond spielte ja schon mit Wallace, als er auch noch mit Mingus aufnahm (allerdings zumeist schon mit anderen Bassisten). Im Booklet meiner CD von 1994 finden sich drei kurze Zitate, die wohl aus Plattenreviews stammen. „Bennie shows himself to be closer to Thelonious Monk’s piano than was Monk’s own saxist of many years, Charlie Rouse“, schreibt John S. Wilson. Und Howard Mandel: „One can almost hear Thelonious comping and stomping in the background.“ Unser heutiges Urteil Rouse gegenüber fällt wohl ganz allgemein milder aus als damals, dünkt mich. Das Statement von Wilson sagt – mal abgesehen davon, dass es Rouse gegenüber vielleicht nicht fair ist, halt schon auch aus, wie sehr Wallace sich in die Musik vertieft hat, wie sehr er sie durchdringt. Das wird vielleicht nirgendwo so klar, wie auf dem Albumcloser, dem unbegleiteten „Variations on a Theme (Trinkle Tinkle)“. Die Aufnahmen entstanden am 4. und 5. März 1981 im Sound Ideas Studio in New York, auf dem Bandfoto auf der LP-Rückseite sieht Wallace ein wenig wie der kleine Nerd aus, der mit den coolen grossen Kids mitspielen darf – aber musikalisch wäre das eicht kein faires Fazit. Das ist jedenfalls eine starke Hommage an Monk, die noch 1981, also zu Lebzeiten, herausgekommen ist.

    Um den Dreh herum lief wohl der Deal mit Inner City aus, das bisher die US-Ausgaben herausgebracht hatte (teils mit anderen Covern oder leicht abgewandeltem Design, gerne mit Liner Notes auf den Rückseiten, wo es bei Enja nur die Noten zu einem er Stücke gab). Es gibt jetzt, 1981, auch US-Pressungen von Enja selbst.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12290875  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,341

    Freddie Hubbard – Outpost | Ein überaus elegantes Album, das wohl zu den besten (relativ) späten von Freddie Hubbard gehört. In seinem eigenen Opener „Santa Anna Winds“ geht es überraschend frei zu und her, dabei sehr melodisch und mit starker Unterstützung der erstklassigen Rhythmusgruppe, die aus Kenny Barron, Buster Williams und Al Foster besteht. „You Don’t Know What Love Is“ folgt, für mich eher eine mit Tenorsaxophonisten bzw. v.a. mit Sonny Rollins verbundene Ballade, in der Hubbard wohl das Flügelhorn spielt – mit bezaubernd klarem Ton, glänzend und warm. Das Album wurde am 16. und 17. März 1981 von David Baker im Sound Ideas Studio in New York aufgenommen. Im „Outpost Blues“, mit dem Seite 1 der LP endet, scheint der altbekannte Hubbard auf: schnelle, immer dichter werdende Linien, fast flächig, vermutlich mit Doppelzunge geblasen, spitze Vorstösse in hohe Lagen. Die zweite Hälfte besteht aus zwei Stücken, „Dual Force“ von Buster Williams (der Leader wieder am Flügelhorn, vermute ich? Und ein gutes Solo vom Komponisten) und „Loss“ von Eric Dolphy, das mit einem fast jumpenden Groove öffnet und dann starke Soli von Hubbard, Barron und Williams bietet.

    In meiner CD (vermutlich 1987, aber das weiss man bei Enja ja auch oft nicht so genau) gibt es im Booklet Rezensionen aus Musica Jazz (von „N. De R.“, it.) und dem Jazz Magazin (J. Réda, frz.) und einen englischen Text von einem Wolfgang Hörmann – Liner Notes für die CD-Ausgabe wohl, die u.a. einen 4-Sterne-Review von Down Beat für das Album erwähnen und Hubbard zitieren: „Playing that music again really made me feel clean“ (was sich vom Kontext her aber eher auf die im Text auch erwähnte V.S.O.P.-Band denn auf „Outpost“ beziehen dürfte).

    Eine Weglassung direkt davor: „Gene Ammons in Sweden“, eine Aufnahmen von 1973, die 1981 bei Enja erschienen ist (in meinem Fall auf einem der seltenen CD-Twofer gekoppelt mit dem Ben Webster-Album).

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12291165  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,714

    frank tusa, father time (1975)

    das album vergilbt schon seit 30 jahren bei mir im regal, ich hab es aber durchaus immer wieder hervorgezogen und gehört. ich hab ja gar nichts gegen liebman, vielleicht weil ich ihn hierdurch schon so lange kenne. sehr schönes album, das immer einen hauch an dem vorbeigeht, was mich wirklich begeistert, aber ich bekomme sofort ein bestimmtes gefühl dafür, wenn ich es in die hände bekomme. was ich mich seit jeher frage, ist, an welche muppet-figur mich frank tusa erinnert, aber das ist gemein.

    --

    #12291349  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,341

    Kennst Du auch „The Opal Heart“ … und allenfalls das Solo-Album von Nock @vorgarten?

    Ich bin jetzt hier – ich glaub meine erste Begegnung mit Lockjaw, wohl auch noch in den 90ern gekauft und mich sofort verliebt:

    Eddie „Lockjaw“ Davis – Jaw’s Blues | Wieder Mal live im Domicile mitgeschnitten, am 11. Februar 1981 von Albrecht/Bauer. Horace Parlan (p), Reggie Johnson (b) und Alvin Queen (d) sind eine exzellente Begleitgruppe für den Star am Sax, der abgesehen vom Titelstück, mit dem die LP endet, ein Standards-Programm spielt. Eins der Highlights ist das zweite Stück, „Young Man with a Horn“, in dem Davis seine Balladenkünste demonstriert, inklusive Solo-Kadenz. Auf der (abgebildeten) CD gibt’s als Bonus am Ende noch „On Green Dolphin Street“ und „The Days of Wine and Roses“ – gut möglich, dass das meine erste Begegnung mit dem geliebten Mancini-Song war. No-Nonsense-Musik von einem – oder eigentlich: vier – Veteranen, atmosphärisch sehr schön, finde ich … da passt alles, kann ich eigentlich immer hören. Hat zwar eine lange Geschichte, aber direkt ein Favorit für eine Bestenliste ist es dann halt doch nicht.

    John Scofield – Shinola | Ich kann John Scofield ja schon einiges abgewinnen – aber eher den Blue Note-Alben mit Joe Lovano (oder dem einen mit Eddie Harris) als diesem Mitschnitt aus der Vielharmonie in München vom 12. und 13. Dezember. „Shinola“ blieb daher dann auch meine einzige Enja-Scheibe von Scofield. Was @vorgarten dazu im Gitarren-Trio-Faden geschreiben passt sehr gut, eine eingespielte Band zu hören glaub ich auch, der klangliche Mix von Scofields recht ruppiger Gitarre mit Steve Swallows resonanter Bassgitarre ist schon attraktiv – auch im kurzen abschliessenden Titeltrack, wo Swallows Bass sich mit übersteuertem, flacherem Klang dem der Gitarre annähert. Und dass zwischen federnden Groove-Nummern (Adam Nussbaum am Schlagzeug) auch mal Bebop („Dr. Jackle“) und eigene Balladen eingestreut werden („Yawn“ ist schon sehr schön), macht das Programm abwechslungsreich. Aber das berührt mich wirklich nur punktuell.

    Hal Galper – Speak with a Single Voice | Das nächste Album spielt dann gar nicht mit, wie ich gerade erst merke, denn es erschien 1979 in den USA bei Century Records und erst 1982 bei Enja (dass es 1997 auch ein CD-Reissue abseits von Enja gab, passt da wohl ins Bild). Ich hatte eh überlegt, es zu überspringen, wie die Ambrosetti-Alben und die späteren von Galper mit Bergonzi, weil ich auf Post-Bop grad nicht so Lust habe … aber das ist ja noch etwas anders, mit Randy Brecker (t), Mike Brecker (ts, fl), Wayne Dockery (b) und Bob Moses (d), live im Rosy’s in New Orleans im Februar 1978 aufgenommen und von Norman Schwartz produziert (der 1968 mit Gabor Szabo, Cal Tjader und Gary McFarland Skye Records gegründet hat, und ca. zehn Jahre später auch Gryphon). Es gibt drei Originals von Galper („Waiting for Chet“, „Now Hear This“ und das Titelstück), den Standard „I Can’t Get Started“ und als CD-Bonustrack „Blue in Green“. Und musikalisch ist das schon ziemlich toll – ich glaube, das gefällt mir besser als das Quartett mit Hino, weil es irgendwie entspannter, atmender wirkt, weniger druckvoll … war bei mir eine Entdeckung in einem anderen Kontext hier, an den ich mich aber gar nicht mehr richtig erinnern kann (ausser, dass ich euch dann einen funky Galper-Track von einem seiner etwas früheren Mainstream-Alben in einem sonst afro-amerikanischen 70er-BFT untergejubelt hatte).

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12291587  | PERMALINK

    lotterlotta
    Schaffnerlos

    Registriert seit: 09.04.2005

    Beiträge: 5,619

    @vorgarten

    ….ich find das tier klasse, besonders gut hat mir die folge mit gene kruppa gefallen!

    @gypsy-tail-wind

    …und hier ist nicht nur das cover schön

     

    --

    Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!  
    #12291625  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,714

    gypsy-tail-windKennst Du auch „The Opal Heart“ … und allenfalls das Solo-Album von Nock, vorgarten?

    nein, beides (noch) nicht.
    kennegelernt habe ich gerade das hier, was ja bei @asdfjkloe hoch im kurs steht:

    marc levin, social sketches (1975)

    linker us-agit-prop in finnland, die besetzung und das feierliche chaos kommt vom ayler quartet her, es wird aber auf zwei stücken auch kompetent gesungen, ein sich reimender brief an richard nixon verlesen und noch ein paar andere instrumente (bratsche, melodica u.a.) zum einsatz gebracht. das hat biss, einen schrägen humor, und nervt auch, ist am ende eher geste als musikalische versenkung, aber ich kann schon verstehen, dass man dafür entflammen kann.

    --

    #12291635  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,714

    ich bin auf seite 6, gypsy hier auf der 12, die anderen schweigen…

    pepper adams, julian (1975)

    hardbop mitte der 70er, in den titeln tauchen sterne auf, die headarrangements sind etwas komplizierter, aber ab solo eins läuft alles in klassischen, ziemlich bodenständigen bahnen. langweilt mich ein bisschen, vielleicht, weil ich mich auf baritonsax als lead instrument noch nicht so eingehört habe. kompetente band, das steht außer frage. aber das zweite album kann ich dann wohl überspringen.

    --

    #12291655  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,714

    mal waldron, a touch of the blues (1972/75)

    perfekte samstagmorgenmusik. da für mich alle waldron-aufnahmen aus dieser zeit ein bisschen wie fremdartig funkelnde dunkle halbedelsteine sind, stört es mich hier gar nicht, dass mal der bass im vordergrund steht. aber natürlich ist das keine gute aufnahme.

    --

    #12291671  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,341

    Guten Morgen – „Social Sketches“ hab ich schon aus Japan bestellt, „Talisman“ kommt wohl auch noch dran. Keine Ahnung, ob das vor Ende Mai was wird oder nicht. Und ja, von Adams kannst Du dann Runde 2 überspringen @vorgarten – das erste Album ist einen Tacken besser.

    Zwischen Davis und Scofield liess ich „Live at the Jazz Showcase, Chicago Vol.1“ von Hampton Hawes aus und habe eine Lücke, die ich auch mal noch füllen möchte, „Dance“ von Akira Sakata. Auf Hal Galpers indirektes Enja-Album folgte mit „Search for Tomorrow“ das zweite von Prince Lasha, auch eine Übernahme einer Fremdproduktion. Schade eigentlich, dass die anderen Alben der Reihe (drei Alben „Firebirds Live at Berkeley Jazz Festival“, Enja wählte Vol. 2) nicht auch mal noch bei Enja gelandet sind. Im Westen sind die Lasha-Alben auf einem von Enjas seltenen CD-Twofer erschienen (mir kommt sonst spontan nur der schon erwähnte mit Webster/Ammons in den Sinn), in Japan gibt es auch separate Reissues, auch in den CD-Reihen der letzten Jahre.

    EDIT: Link zu „Dance“ ergänzt.

    Mal Waldron – What It Is | Und hier sagt jetzt endlich mal wieder wer, was Sache ist. Mit einer Art faulen Backbeat steigt das Quartett in Clifford Jordans „Charlie Parker’s Last Supper“ ein. Jordan am Tenor, der Leader am Klavier, Cecil McBee am Bass und Dannie Richmond am Schlagzeug (ist neben ihm sonst noch wer auf historischen wie auf neuen Enja-Produktionen so präsent? Benjamin/Ibrahim zählen nicht, weil das Benjamin-Album aus Paris ja nur wegen der neuen Produktionen überhaupt zum Label kam). Ein Groove, vor dem es kein Entrinnen gibt, Jordan mit wahnsinnig tollem Ton (ich glaub, der gefällt mir hier besser als auf den frühen Aufnahmen – müsste ich mal nachhören, wo sich das ändert bzw. ob und wie sich der Ton entwickelt). Waldron spielt dann ein etwas anderes Solo als üblich – das ist ja ein All-Star-Quartett, keine richtige Waldron-Band – und McBee folgt mit einem tollen Solo. Es folgt „Hymn from the Inferno“, ein zwölfminütiges Waldron-Stück – das geht quasi schleichend mit dem Klavier los, träge steigen irgendwann Jordan und die Rhythmusgruppe ein, das Zeitgefühl entschwindet … und irgendwie wird das zu einer halben Free-Performance, in der Jordan gar nicht recht wie der Solist wirkt, die Rhythmusgruppe löst sich zwar nie vom Puls, aber umspielt diesen oft mehr als dass sie ihn ausspielt. Das ändert sich auch nicht, wenn McBee/Richmond danach im Duo improvisieren – bis die Musik fast zum Stillstand kommt und Richmond dann wieder einen Beat zu setzen beginnt, mit dem er solo zur Themenrekapitulation überleitet. Die zweite Hälfte des Album besteht dann nur aus einem Stück – das bei meiner CD-Ausgabe (1994) mit „4:05“ vermerkte Titelstück aus Waldrons Feder, das nicht ganz 18 Minuten dauert. Hier gibt’s eins dieser typischen Riffs, das acht Takte dauert, aber auf die eins vom fünften gibt es einen Halteton und dann quasi vier Takte Pause mit leisem Hi-Hat und nachklingendem Klavier und Bass. Hier spielt Waldron das erste Solo, während McBee/Richmond den Groove befeuern und dafür besorgt sind, dass es einen stetigen Fluss von Variationen gibt – ganz wie in Waldrons Nicht-Solo eigentlich. Toll, wie sich das alles verzahnt. Und was sich da auftürmt ist schon irre! Dann übernimmt Jordan, Waldron repetiert jetzt das Riff, McBee fällt mit ein, während Richmond in den Dialog mit dem Sax tritt. Je länger das dauert, desto freier wird es wieder, McBee entfernt sich vom Lick, verharrt oft länger auf einem Ton, Jordan scheint zu sprechen, oft in der tiefen Lage des Instruments. Dann zieht er hoch, erinnert im Cry auch mal ein klein wenig an Coltrane. McBees Bass wird dann unbegleitet zum Ruhepol, aber er schafft es, die Spannung zu halten, auch indem er das Riff weiterlaufen lässt, immer wieder zu ihm zurückkehrt, was Waldron und Richmond dann natürlich aufgreifen, wenn sie so nach 13 Minuten wieder einsteigen und mit dem Riff zum Schlagzeugsolo überleiten – ein schöner „arranger’s touch“, dass die Soli so eingebettet werden.

    Die Aufnahme entstand am 15. November 1981 im Vanguard Studio in New York (von David Baker aufgenommen, später von Carlos Albrecht abgemischt), ich hab die CD sicher seit den Neunzigern und mochte sie immer etwas lieber als die meisten anderen (Penguin Guide, Allmusic, Organissimo …) – und klar, es ist auch eine Art Fortsetzung von „Speak, Brother Speak!“, dem ähnlich halbgeliebten Live-Album, das Jordan und Waldron 1962 als Mitglieder vom Quartett von Max Roach aufgenommen haben.

    Im Booklet gibt einen BFT mit Waldron aus dem Jahr 1968 (in „Schwerzenbach near Zürich“ of all places durchgeführt von Weber für Jazz Podium). Das Milt Buckner Trio (p mit Jimmy Woode/Jo Jones) ist ihm „too arranged […] also, the solos aren’t spontaneous. They sound as if they were pre-arrangend. It’s nice cocktail music“ – Und dann meint er, das könnte George Shearing sein. Dann gibt’s Nat Cole im Trio mit „Body and Soul“ und er erkennt das. „Moore is great. Nat King Cole plays such good piano. It’s too bad that because of his commercial success as a singer, his piano playing was pushed into the background. It’s a great loss for jazz that the public no longer knows of him as a pianist.“

    Dann gibt’s „Dick’s Holler“ vom Leadbelly-Album von Jordan: „A fairly big contrast between the music played and the soloist’s conception. The first impression was that is was a very old recording, but once the solos sart, you realise it isn’t an old recording, that the musicians play in a modern style. The pianist [Cedar Walton] is influences by Horace Silver. It’s good msuic, but I have no idea who it is.“ (Vollständige Antwort)

    Danach „Sombrero Sam“ vom Charles Lloyd Quartet, was Waldron wieder erkennt. „Keith Jarrett is a very good pianist. He’s a player with a great future.“ Es folgt „Kattorna“ vom Komeda Quintet mit Stanko und Namyslowsky – Waldron mag das Stück und meint passend: „Listening to this takes my mind on a journey to the East.“ Dann Trzaskowskis Quintett mit Stanko und Muniak, den Waldron ohne zu zweifeln für Steve Lacy hält – worauf er bei der Trompete auf Rava tippt und nachschiebt, „it could also be Don Cherry“ – auch da nur lobende Worte. Den Ausklang macht dann Shepp mit „Mick“ von den New York Contemporary Five, und da tippt Waldron wieder richtig, schiebt dann aber nach, „It could also possibly be Albert Ayler with his brother. You have to be in a special mood to listen to this sort of music You can’t always take it. You have to be in a somewhat rebellious mood if you want to understand it. Since I moved to Europe, I have less reason to listen to or play such ‚protest‘ music.“

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12291687  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,341

    Tommy Flanagan – Confirmation | Ich lasse mal „Song for Hope“ vom Aki Takase Trio aus (hab ich in diesem 5-CD-Set, aber das finde ich gerade nicht … vielleicht ausgeliehen, sind aber eh keine Favoriten dabei, generell bei Takase nicht – EDIT: Link ergänzt – und oh, doch, das ist nah an den Favoriten!). „Confirmation“ ist das nächste Album von Tommy Flanagan, zusammengestellt mit Überbleibseln von den Sessions zu „Eclypso“ (4. Februar 1977) und „Ballads & Blues“ (15. November 1978 – hier noch eine Lücke). Den Opener finde ich hypnotisch, „Maybe September“ von Percy Faith. Das nächste Highlight ist dann Mraz‘ Feature in „It Never Entered My Mind“. Davor gab’s die Klassiker „Confirmation“ und „How High the Moon“, danach die Jazz-Tunes „Cup Bearers“ (Tom McIntosh, eigentlich gehört ein „The“ davor) und das charmante „50-21“ (Thad Jones) als Closer. Am Ende bleibt für mich hier aber der Opener das einzige grosse Highlight – der Rest ist einfach guter Klavier-Trio-Jazz. Für die deutschen CD-Ausgaben wurde das Cover quasi exzerpiert, aber kann aufgefaltet werden, womit es dann fast LP-gross ist, aber leider einen Info-Balken über den linken Rand hat, so à la dieser Papier-Streifen bei japanischen Platten, die ja manchmal auch gleich aufgedruckt sind. Im inner, wo für die Infos genügend Platz gewesen wäre, gibt es ein Foto von Flanagan mit Schirmmütze und Brille am Klavier, er trägt ein T-Shirt unter dem Jackett, auf dem dreimal übereinander „San Fr“ zu lesen ist … ist das von einem Festival oder so? Das Foto gab es natürlich auch bereits auf der LP-Rückseite, auch eine Spur grösser (es wurde für die CD links und rechts ganz wenig beschnitten, damit links Platz für einen orangen Rahmen bleibt … da kratz ich mich am Kopf).

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12291689  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,714

    gypsy-tail-windGuten Morgen – „Social Sketches“ hab ich schon aus Japan bestellt, „Talisman“ kommt wohl auch noch dran. Keine Ahnung, ob das vor Ende Mai wird oder nicht.

    was das levin-album angeht, würde ich bezweifeln, dass es in deiner top50 irgendetwas anrichtet…

    ich bin jetzt endlich mal hier:

    schoof, sakata, yamashita, moriyama, a distant thunder (1975)

    bin nicht so in stimmung dafür, aber ich finde da irgendwie schoof auch keinen zugewinn. wirklich beeindruckt hat mich das yamashita-solo-stück, das ist eigenartig, aber völlig stringent aufgebaut, den walking bass spielt er gleich mit, aber es ist auch nicht die richtung, die er mit BANSLIKANA einschlagen wird.

    --

    #12291691  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,341

    Davon geh ich bei Levin auch eher nicht aus … eigentlich generell kaum bei den geplanten oder schon getätigten Zukäufen. Glaub ich hab da meine wichtigsten Alben schon lange da – aber das ändert ja nichts dran, dass noch was entdeckt werden kann.

    Was „Distant Thunder“ angeht, ich finde – was redbeans ja auch nochmal herausstrich – dass die beiden Bläser hervorragend harmonieren. Aber als ganzes Album überzeugt es mich nicht so recht. Und bei „Banslikana“ bin ich noch ein wenig ratlos, wie mein Post dazu wohl verrät … diese Stringenz in seiner Musik ist vermutlich ein zentraler Punkt dabei, warum Walter Norris ihn so hoch schätzt, würde ich vermuten.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12291697  | PERMALINK

    vorgarten

    Registriert seit: 07.10.2007

    Beiträge: 12,714

    harmonierende bläser find ich bei dieser art von musik eine eigenartige idee… aber ich verstehe schon (auch wenn ich das nicht höre). alles auf BANSLIKANA finde ich eben gar nicht so stringent wie das solostück auf A DISTANT THUNDER, muss ich nachher nochmal hören. aber yamashita bleibt so oder so ein rätsel.

    --

    #12291703  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
    Biomasse

    Registriert seit: 25.01.2010

    Beiträge: 68,341

    Die zwei verschmelzen halt fast, und das ist echt nichts, was in freier Musik ständig vorkommt, oder? „Harmonisieren“ ist dann halt eine Metapher ;-)

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
Ansicht von 15 Beiträgen - 166 bis 180 (von insgesamt 759)

Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.