Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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  • #12518219  | PERMALINK

    cleetus

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    motoerwolf

    mozzaLatho, das war doch sicherlich nicht ernstgemeint.
    Scorsese hätte daraus eine Art Mafia-Film gemacht und Woody Allen – na ja, kommt drauf an… entweder Tragikomödie oder… nicht machbar.
    Ich bin der Meinung, dass das nicht darstellbar ist in einem Film.

    Wenn mit das der Holocaust gemeint ist, empfehle ich Die Ermittlung von RP Kahl (2024). Der Film inszeniert den Auschwitz-Prozess. Grundlage ist ein Theaterstück, und so sieht auch der Film aus. Ganz ohne Musik und Dramatisierung (soweit das innerhalb des Mediums möglich ist) ist der Film eine einzige, vierstündige Erschütterung.

    Apropos Prozess und Dramatisierung:

    Besonders geil ist die Tagline: „Judgement is coming“

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    #12518229  | PERMALINK

    fevers-and-mirrors

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    Oh, ich mag „Judgment At Nuremberg“ von 1961. Maximilian Schell ftw!

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    #12518239  | PERMALINK

    latho
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    Beiträge: 37,712

    fevers-and-mirrors

    mozzaLatho, das war doch sicherlich nicht ernstgemeint. Scorsese hätte daraus eine Art Mafia-Film gemacht und Woody Allen – na ja, kommt drauf an… entweder Tragikomödie oder… nicht machbar. Ich bin der Meinung, dass das nicht darstellbar ist in einem Film.

    Klar war das ernst gemeint, falls Du die Scorsese-Verfilmung meinst. Und natürlich hätte er daraus keinen Mafia-Film gemacht, aber der alte Katholik (beinahe wäre mir „ewige Katholik“ rausgerutscht, bevor mein Hirn sich dankenswerterweise doch noch einschaltete) hätte sich da prima austoben können mit seiner Obsession für Schuld, Vergebung, Sünde und (Rest-)“Menschlichkeit“. Wäre ja auch kurz nach seinem Herzensprojekt „The Last Temptation Of Christ“ gefolgt, das hätte auf eine schräge Art sogar gepasst. Polanski wurde der Stoff auch angeboten, aber „The Pianist“ zeigte später, dass das wohl auch nicht Spielberg übertroffen hätte. Woody Allen? Höchstens der frühe, bis max. „Love And Death“. Skurril und gebrochen. Da hätte ich dann sogar die Duschszene verziehen. Allerdings gab es zu der Zeit die Vorlage „Schindler’s Ark“ noch gar nicht. Abgesehen davon, dass Allen das nie im Leben, zu keiner Zeit, gemacht hätte.

    Naja, Allen hat Ende der 70er, Anfang der 80er ja durchaus „ernste“ Filme gemacht, ich würde ihm immer die Fähigkeit zu Filmen über Schuld und Sühne zusprechen. Aber ja, Allen ist gleichzeitig nicht dumm und fühlte sich in seiner Bubble wohl genug, der hätte nie so ein Projekt angenommen.

    Wegen Scorcese: Dessen „katholische“ Filme nerven mich immer ein bisschen, weil sie gefühlt nicht ums verfilmte Thema, sondern um Marty selber kreisen – sein Kampf mit seinem Glauben. Wichtig und richtig, aber eben auch selbstbezogen. Von daher falsch für so ein Thema.

    Ich stimme da stormy zu: adäquat das Thema zu verfilmen, ist kaum möglich, jenseits von Dokus.

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    #12518269  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Wobei „Shoah“ ja auch mehr ist als eine Doku … eins meiner eindrücklichsten Film-Erlebnisse überhaupt auf jeden Fall, mit einigen anderen an zwei Abenden in einem passend fensterlosen Hörsaal an der Uni gesehen, quasi offeriertes Begleitprogramm zu einer Vorlesung – oder einem Seminar, das weiss ich nicht mehr – über Literatur und die Shoah. Die Sätze brennen sich ein, Wort für Wort. Und die Menge an Unfassbaren ist so immens, dass man das echt nicht verarbeiten kann. Oder eben erst im Lauf der Zeit.

    „Nuit et brouillard“ ist ähnlich wirkungsvoll – den trug ich auch im Kopf, als ich selbst in Birkenau war („Shoah“ kannte ich da noch nicht).

    Sehr eindrücklich fand ich neulich auch „Le Retour“, den kurzen Dokumentarfilm von Henri Cartier-Bresson – da ist die Shoah nicht Hauptthema, aber was man am Rand (auf dem Weg mit freigelassenen Franzosen aus Lagern) mitkriegt, reicht.

    Was ich bei Lanzmann (es gibt ja noch weitere Filme, die auch mitgezählt werden dürfen, ich kenne sie noch nicht alle) mit „mehr“ meine ist, wie zwingend er Wort und Bild zusammenzufügen weiss. Da sind 8 oder 9 Stunden Material – aber jede verdammte Szene ist absolut zwingend montiert, geschnitten usw. Bei vielen Dokumentarfilmen wirkt für mich so manches oft etwas beliebig … oder es wird etwas improvisiert und es fügt sich glücklich. Lanzmann hat elf Jahre an dem Film gearbeitet und das merkt man ihm halt auch an. „Est-ce qu’il peux décrire ce silence?“ steht unter seinem Namen auf dem Grabstein: „Kann er diese Stille beschreiben?“ – Er konnte es, tatsächlich. Und er konnte es, ohne sie zu brechen.

    Und wo ich gerade bei Varda war und Fotos hervorsuche:

    Die letzten Tage im Heimkino:

    Les Visiteurs du Soir (Marcel Carné, FR 1942)
    L’éternel retour (Jean Delannoy, FR 1943)
    Félicie de Nanteuil (Marc Allégret, FR 1945)
    La Vie de Bohème (Marcel L’Herbier, FR 1945)

    Ein letzter aus der oben gezeigten DVD-Box steht heute Abend noch an … bei „Félicie“ – wie „Bohème“ schon 1942 gedreht – wirkte Curt Alexander am Drehbuch mit, der Freund von Ophüls. Nach den Dreharbeiten in Nizza wurde er verhaftet, kam via Drancy nach Auschwitz, dann auf einen Todesmarsch nach Flössenburg, in dessen Aussenlager in Gröditz er im April 1945 starb. Micheline Presle ist super, aber der Film – überhaupt diese Filme – ist halt schon „cinéma de papa“. In „La Vie de Bohème“ (nach Murger und mit etwas Musik von Puccini) ist mit Maria Denis als Mimi eine Italienerin zu sehen – was die zeitnahe Veröffentlichung des 1942 gedrehten Films verhinderte, da im Sommer 1943 die Alliierten in Italien landeten und Mussolini gestürzt wurde. Witziges Detail hier ist, dass im Film das Aufkommen eines neuen Instruments inszeniert wird: es gibt zwei Szenen, in denen ein Saxophon im Bild zu sehen ist und die passende Musik auf der Tonspur läuft. Für die damaligen Verhältnisse ist der Film richtig opulent produziert, es wurden monatelang Sets gebaut, bevor gedreht wurde – das ging nur dank der Co-Produktion, die 1942 mit Cinettecittà ins Laufen kam … aber die dann auch die Veröffentlichung verhinderte, die erst nach Kriegsende nachgeholt wurde (17. Januar 1945 sagt IMDB, mit einem Termin im Dezember 1944 in Brüssel).

    Die ersten beiden Filme sind allerdings schon ziemlich meisterhaft. „Les Visiteurs du soir“ ein Spätling des poetischen Realismus mit einem tollen Cast und wahnsinnig schönen Bildern … aber halt voll von der typischen, für unser Empfinden so übertriebenen französischen Bühnen-Schauspielkunst (worunter auch „Félicie“ etwas leidet, aber der spielt ja immerhin im Schauspielermilieu). Delannoys Film ist eigentlich ein Cocteau-Film: der schrieb das Drehbuch und suchte den Hauptdarsteller aus – Jean Marais, den er zu seinem Tristan machte, die Geschichte ist an die Geschichte von Tristan und Isolde angelehnt – sowie den Regisseur aus. Gedreht wurde neben den Studios in Nizza auch am Genfersee und beim Château de Pesteils in der Auvergne. Dass die zwei Filme grossen Erfolg hatten, überrascht nicht … dem von Carné sagte man auch nach, eine Allegorie auf die Gegenwart – die deutsche Besatzung – zu sein, mit dem Teufel als einer Chiffre für Hitler.

    La Vérité (Hirokazu Koreeda, FR/JP 2019) – leider nur in der deutschen Version via Arte … gefiel mir Anfangs nicht besonders, aber am Ende fand ich ihn ganz gut.

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    #12518311  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    latho

    Wegen Scorcese: Dessen „katholische“ Filme nerven mich immer ein bisschen, weil sie gefühlt nicht ums verfilmte Thema, sondern um Marty selber kreisen…

    Vielleicht haben Spielberg auch die Parallelen zu sich selbst gereizt: Ein ehrgeiziger Karrierist, dem der Zufall mehr oder weniger in die Hände spielt, um nachfolgenden Generationen ein optimiertes Bild von sich selbst zu vermitteln.

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    latho
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    pfingstluemmel

    latho

    Wegen Scorcese: Dessen „katholische“ Filme nerven mich immer ein bisschen, weil sie gefühlt nicht ums verfilmte Thema, sondern um Marty selber kreisen…

    Vielleicht haben Spielberg auch die Parallelen zu sich selbst gereizt: Ein ehrgeiziger Karrierist, dem der Zufall mehr oder weniger in die Hände spielt, um nachfolgenden Generationen ein optimiertes Bild von sich selbst zu vermitteln.

    So sehe ich Spielberg nicht. Ich verstehe aber schon, was ihn an dem Stoff gereizt hat: schon in Amistead (auch in Saving Privat Ryan) hat er ja die gute Tat eines Einzelnen in einem grausamen Umfeld hervorgehoben.

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    #12518373  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    Im Gegensatz zu den Star Wars-Filmen, die unglaublicherweise in jeder Generation neue Jünger finden, sind Spielbergs „Klassiker“ viel enger an ein Publikum gebunden, welches diese nostalgisch verklärt. Diese belaufen sich mittlerweile auch schon auf mehrere Generationen, doch mit den Kindern der Eltern, die noch mit linearem Fernsehen aufgewachsen sind, werden diese Erinnerungen verblassen und aussterben. Harry Potter und Lord of the Rings haben übernommen.
    Jemand, der so sehr nach Erfolg und Anerkennung giert wie Spielberg, muss also etwas unternehmen, um nicht als vergessener Kinder- und Abenteuerfilmer zu enden. Da kommt eine „gute Tat“ wie Schindler’s List ganz recht. Das war ihm sicher schon früh klar, daher auch die verzweifelten Versuche „ernste“ Filme mit gesellschaftlich bedeutenden Themen zu drehen.

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    #12518381  | PERMALINK

    latho
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    pfingstluemmelIm Gegensatz zu den Star Wars-Filmen, die unglaublicherweise in jeder Generation neue Jünger finden, sind Spielbergs „Klassiker“ viel enger an ein Publikum gebunden, welches diese nostalgisch verklärt. Diese belaufen sich mittlerweile auch schon auf mehrere Generationen, doch mit den Kindern der Eltern, die noch mit linearem Fernsehen aufgewachsen sind, werden diese Erinnerungen verblassen und aussterben. Harry Potter und Lord of the Rings haben übernommen. Jemand, der so sehr nach Erfolg und Anerkennung giert wie Spielberg, muss also etwas unternehmen, um nicht als vergessener Kinder- und Abenteuerfilmer zu enden. Da kommt eine „gute Tat“ wie Schindler’s List ganz recht. Das war ihm sicher schon früh klar, daher auch die verzweifelten Versuche „ernste“ Filme mit gesellschaftlich bedeutenden Themen zu drehen.

    Star Wars-Jünger: hier!

    Nein, wie gesagt, sein Bemühen, verschiedene Filme zu drehen, als Unterhaltung und „Ernstes“ nehme ich Spielberg ohne weiteres ab, seine Vorbilder Hawks oder Ford haben das genau so gemacht. Natürlich will Spielberg gefallen, aber wer will das nicht? Er nimmt dann eben Stoffe, die nicht klassisches Abenteuer sind. Und natürlich verkennt er dabei, dass einzelne Szenen in Temple of Doom mehr über Gemeinschaft und ein gutes Herz aussagen als The Color Purple. Steven

    Und davon abgesehen gibt es wenige, die so altmeisterlich eine Kamera die Set Pieces aufnehmen lassen kann. In einem Hollywood der Script-Abdreher ist das eine Menge wert.

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    #12518387  | PERMALINK

    pfingstluemmel
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    Ich beziehe mein Wissen über Spielberg aus den gelesenen Biographien – und trotz der unterschiedlichen Sichtweisen auf ihn, sind sich die Autoren einig, dass er ein verbissener Erfolgsmensch ist, für den Scheitern keine Option darstellt. Nicht unbedingt im finanziellen Sinne, doch auch in diesem Bereich gibt es einige unschöne Geschichten über ihn und (ehemalige) Partner.
    Da wird es ihn sicher wurmen, wenn er in den letzten Jahrzehnten vom Regiewunderkind zu einem weiteren Hollywoodregisseur durchgereicht wurde. Das ist keine normale Gefallsucht.

    --

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