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@vorgarten – finde nur das hier, das war auch schon mit Verspätung – keine Ahnung, ob ich mich dazwischen irgendwo („Der letzte Film, den ich gesehen habe“ z.B., da ist Suchen vergeblich, zumal ich in meiner Agenda nur im Kino geguckte Filme verzeichne, aber eh keine Lust habe, alte Kalender zu durchsuchen) zum Film geäussert habe. Das hier ist ein paar Seiten zurück, ich habe dann noch weiter geblättert und nur Deinen erstaunten Post auf meine Erwähnung, dass ich den Film nicht kenne, gefunden.
gypsy-tail-windDie Namen kommen mir bekannt vor, die Photos mit Vavra passen auch – hier eins:
Ich habe eigentlich nicht vor, Webers Junkie-Chic in diesem Leben nochmal anzuschauen, aber wenn ich das hier lese muss ich das vielleicht überdenken:When the pianist Hal Galper was asked what he thought of one of the many attempts to recount Chet’s life, Bruce Weber’s 1988 Let’s Get Lost, he laughed and said: “I thought it was great, because it was so jive. Everybody’s lying, including Chet. You couldn’t have wanted a more honest reflection of him.”
Das passt dann ja irgendwie wieder – aber es ist auch die penetrante Ästhetisierung und Verklärung des Filmes selbst, der mir wie eine Lüge vorkommt (und dass das – also eine Sammlung von Lügen zu erzählen in einer falschen, inadäquaten Form, mit der wiederum die Lügen vorgeführt bzw. offengelegt werden sollen – Webers Absicht war mag ich irgendwie nicht glauben).
Aus demselben Lebensabriss:In the early 1970s he slowly began to play again. The music was a catalyst, as soon as he played, people came. He met the young, rich, beautiful Ruth Young in a smoky bar, left on tour, and never came back. From 1974 to his death in 1988, he pulled himself across stages. He was either better than ever, or he was a staggering junkie, riding the audience’s memories of what he used to be. His final love affair, with Diane Vavra, was obsessive, burning. When he hit her, she came back, drawn by his music.
Quelle: http://www.dumbofeather.com/conversation/historical-profile-chet-baker/
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deZum 60. Geburtstag von Eddie Vedder: Sänger für die Verlorenen
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WerbungAlso ich habe neulich jemanden den Bruce Weber Film empfohlen, weil er nach „Born to be Blue“ gefragt hat. Solche Tipps gebe ich aber auch nicht jedem, weil ich da auch Bedenken hätte wegen der ganzen Thematik. „Let’s Get Lost“ habe ich wohl vor 10 Jahren noch einmal geschaut. Weber ist Fotograf, und ich fand auch, dass er die Schattenseiten im Leben von Baker gut auf Film dokumentiert hat. Vielleicht war ihm das vor Drehbeginn gar nicht so bewusst, was da auf ihn zukommt. In dem Film steckt auch Arbeit (Kamera:Jeff Preiss/Art Direction: Sam Shahid). Der Film beginnt ja mehr oder weniger auch mit den Fotografien von Claxton, der auch sicherlich Inspiration, Helfer und irgendwie Verbündeter war. Das ganze Projekt hat schon mal sehr viel Fotografie zu tun, ist nebenbei auch Thema. Das ist so ein Film, den man heute so vielleicht gar nicht mehr machen würde. Zumindestens wäre es schwierig. Was mir so ein bisschen auf den Zeiger ging bei „Let’s Get Lost“ war die Verehrung die Flea gegenüber Chet Baker zeigte. Aber auch vielleicht typisch für die Zeit. Chris Isaak ist ja auch dabei, aber er hält sich ziemlich zurück.
zuletzt geändert von thelonica--
ich bin da ganz bei thelonica. der film hat klar die fotografien von claxton als ausgangspunkt und folie, mit denen er ja den späten chet abgleicht – und obwohl der so kaputt ist, funktioniert das ja trotzdem als beweis, dass es bei aura um mehr geht als um good looks und können. alles weitere ist reine improvisation (weil weber baker ja nicht nach belieben vor die kamera bekam).
beschönigt oder verklärt wird da nichts, alle widersprüchlichen aussagen sind in der form erhalten geblieben, die überhaupt kein einheitliches bild anstrebt. im fall von chet hat das ja auch was mit respekt zu tun.
mit den „schrecklichen sängerinnen“ kann ja nur ruth young gemeint sein, die ja selbst zum zeitpunkt des drehs ziemlich durch den wind ist, und von der sicherlich der übelste gossip kommt.
der film erzählt meiner ansicht nach so viel darüber, wie pop funktioniert, auch wiederum durch solche filme, dass ich ihn äußerst lehrreich finde, und gleichzeitig ist es einer der filme über jazz, die wirklich dafür eine form finden wollen und nicht nur geschichten erzählen – da kann man die beispiele an einer hand abzählen, vielleicht auch nur an zwei fingern.
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Das nahm ich wie erwähnt völlig anders war … was aber gerade an der geschleckten Photographen-Ästhetik liegen mag; ich empfand es eben gerade schon als Lüge, diese Story in *solche* Bilder zu verpacken. Da passte für mich einfach sehr Vieles nicht, auf verschiedenen Ebenen, die eben über die inhaltliche hinausgehen. Vielleicht könnte man das mit der Verehrung von Flea für Baker auch übertragen und sagen von Weber für Baker, und das liegt, so verstand ich das nunmal, in der von ihm und seiner Crew hier präsentierten Ästhetik vergraben – klar mag ich irren, aber so las ich den Film halt.
Übrigens liegt hier seit kurzem das Gesangsalbum, das Baker für Riverside gemacht hat (@Friedrich stellte es ein paar Seiten weiter oben auch mal vor) – war bis vor kurzem tatsächlich eine Lücke hier. Mal schauen, wann ich zum Anhören komme …
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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vorgartenich bin da ganz bei thelonica. der film hat klar die fotografien von claxton als ausgangspunkt und folie, mit denen er ja den späten chet abgleicht – und obwohl der so kaputt ist, funktioniert das ja trotzdem als beweis, dass es bei aura um mehr geht als um good looks und können. alles weitere ist reine improvisation (weil weber baker ja nicht nach belieben vor die kamera bekam). beschönigt oder verklärt wird da nichts, alle widersprüchlichen aussagen sind in der form erhalten geblieben, die überhaupt kein einheitliches bild anstrebt.
Ist mir ähnlich in Erinnerung geblieben …. ich denke so mancher Filmbetrachter kennt/kannte die Geschichte des „echten“ Chet Baker bzw dessen Charakter und unter diesem Apekt wirkt die angesprochene Photographieästhetik des Films wie ein seitenverkehrtes Brennglas ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Ich bin auch reingegangen weil ich neugierig war. Reine Jazzspielfilme gibt es ja sehr wenig.
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vorgartenich bin da ganz bei thelonica. der film hat klar die fotografien von claxton als ausgangspunkt und folie, mit denen er ja den späten chet abgleicht – und obwohl der so kaputt ist, funktioniert das ja trotzdem als beweis, dass es bei aura um mehr geht als um good looks und können. alles weitere ist reine improvisation (weil weber baker ja nicht nach belieben vor die kamera bekam). beschönigt oder verklärt wird da nichts, alle widersprüchlichen aussagen sind in der form erhalten geblieben, die überhaupt kein einheitliches bild anstrebt. im fall von chet hat das ja auch was mit respekt zu tun. mit den „schrecklichen sängerinnen“ kann ja nur ruth young gemeint sein, die ja selbst zum zeitpunkt des drehs ziemlich durch den wind ist, und von der sicherlich der übelste gossip kommt. der film erzählt meiner ansicht nach so viel darüber, wie pop funktioniert, auch wiederum durch solche filme, dass ich ihn äußerst lehrreich finde, und gleichzeitig ist es einer der filme über jazz, die wirklich dafür eine form finden wollen und nicht nur geschichten erzählen – da kann man die beispiele an einer hand abzählen, vielleicht auch nur an zwei fingern.
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Es mag seltsam klingen, aber beim ersten Ansehen von „Let’s Get Lost“ musste ich an so einen Hafen-/Werfarbeiter denken – halt ziemlich kaputt, wohl viel gesoffen, prügelt sich gerne mal und eitel auch. Seltsame, bizarre Assoziation vielleicht und dann liess ich mich auf den Filmein , wo fast alles ziemlich ungeschminkt wirkt. Den Film finde ich gelungen, wobei mir Baker überhaupt nicht symphatisch ist, weil er die Leute um ihn herum ja auch geschickt manipulieren konnte. Trotzdem konnte er das auch nicht mit jedem einfach so machen, manche Leute wurden nicht gänzlich verbittert, sind ihm irgendwann nicht mehr auf den Leim gegangen und haben ihn vielleicht auch nicht zu ernst genommen, respektiert schon. Das Alles zeigt der Film, wobei man auch zwischen den Zeilen lesen kann, was der Film noch so transportiert und kann. Da gibt es wenige gute andere Beispiele in der Filmgeschichte, ich habe jedenfalls nicht sofort welche. Es gibt einen guten Film über Eartha Kitt, wo sie interviewt wird. Der ist von der Ästhetik und vom Ton her auch sehr roh, ungeschminkt und „authentisch“, obwohl ich da nicht direkt mit „Let’s Get Lost“ vergleichen würde. Solche Beschreibungen (authentisch u.ä.), oder Vergleiche wirken leicht schnell oberflächlich. Insgesamt finde ich den schwierigen, gealterten Baker faszinierender als den jungen Baker, unabhängig von der Musik.
zuletzt geändert von thelonica--
Zwischen zwei Brasilianern ist mir dieses Album günstig in die Hände gefallen:
Chet Baker – Chet Baker Big Band (1956)
Nicht alle trx featuren wirklich eine Big Band, es gibt 4 Stücke mit 11-köpfiger Besetzung, 6 Stücke im Nonett und 6 sehr gute bonus trx im Sextett. Aber das soll keine Kritik sein.
Chet klingt hier deutlich schärfer und zupackender, als man es von seinen coolen Aufnahmen aus dieser Zeit kennt. Das geht schon in Richtung Bop – sollte nicht wundern, wenn z.B. Bobby Timmons am Piano sitzt. Überhaupt – Chet steht hier gar nicht so sehr im Vordergrund sondern ist ein Soloist unter anderen – Art Pepper, Phil Urso, Bud Shank et al.
Schöne Arrangements mit sich aneinander reibenden Bläserriffs und Klangfarben von Jimmy Heath, einem Christian Chevalier, Pierre Michelot, Phil Urso und anderen. In meinen Ohren nicht ganz so stark wie die großartige Gerry Mulligan Tentet & Quartet featuring Chet Baker, aber eine schöne weitere Facette im Oeuvre von Chet Baker. Das Cover hat natürlich auch einen schönen 50er Jahre Charme.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)friedrich…
Chet Baker – Chet Baker Big Band (1956)
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Chet klingt hier deutlich schärfer und zupackender, als man es von seinen coolen Aufnahmen aus dieser Zeit kennt. Das geht schon in Richtung Bop – sollte nicht wundern, wenn z.B. Bobby Timmons am Piano sitzt. Überhaupt – Chet steht hier gar nicht so sehr im Vordergrund sondern ist ein Soloist unter anderen – Art Pepper, Phil Urso, Bud Shank et al.
Die Pacific Jazz-Aufnahmen von Baker sind ja eigentlich samt und sonders gut! „Schärfer und zupackender“ als man gemeinhin so meint klingt er übrigens auch auf den Quartett-Sessions mit Russ Freeman von ca. 1951-53 – nicht die, auf denen er singt halt, sondern die tollen Instrumentals. Gesammelt wurden sie einst auf dieser CD:
Das ist, wenn man so will, das Gegenstück zu den ganzen Pacific Jazz Studio-Aufnahmen des Mulligan Quartet mit Baker – als Mulligan eingesperrt wurde, übernahm Baker die Band, ersetzte den Leader mit Russ Freeman … und glänzt mit sehr ordentlichen Bebop-Chops auf diesen Sessions.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind
Die Pacific Jazz-Aufnahmen von Baker sind ja eigentlich samt und sonders gut! „Schärfer und zupackender“ als man gemeinhin so meint klingt er übrigens auch auf den Quartett-Sessions mit Russ Freeman von ca. 1951-53 – nicht die, auf denen er singt halt, sondern die tollen Instrumentals. Gesammelt wurden sie einst auf dieser CD:
Backcover mit Infos
Das ist, wenn man so will, das Gegenstück zu den ganzen Pacific Jazz Studio-Aufnahmen des Mulligan Quartet mit Baker – als Mulligan eingesperrt wurde, übernahm Baker die Band, ersetzte den Leader mit Russ Freeman … und glänzt mit sehr ordentlichen Bebop-Chops auf diesen Sessions.Die kenne ich nur rudimentär von dieser billigen Compilation
In der Tat, hier klingt er oft ziemlich boppig, aber dann eben auch nicht so „typisch Chet“. Die Compi enthält neben einigen Aufnahmen mit Russ Freeman auch zwei trx von dem Big Band-Album, ein paar trx in Sextet oder Septet-Besetzung und dies und das. Am besten gefällt mir Chet eigentlich, wenn er seinen typischen schmuhfen Ton hat oder in größerer Besetzung. Da kommen seine lyrischen Qualitäten besser zur Geltung.
Die Compi ist okay, aber nicht zwingend (für Komplettisten sowieso nicht). Bildet nur eine kurze wenn auch sicher stilbildende Phase von Chets Karriere von 1953-56 ab. Best-Of ist in soweit etwas euphemistisch.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Das ist halt die Phase, in der er für Pacific Jazz aufnahm … das sind aber meines Erachtens neben dem Spätwerk seine besten Sachen. Pacific bzw. Dick Bock gab sie Mühe, Baker nicht nur im Quartett (mit dem es noch drei Live-Alben gab, und 1956 eine LP-lange Reunion mit Freeman) aufzunehmen sondern eben auch im Sextett, mit Ensembles und der Big Band, mit Bobby Timmons … und auch im Trio mit Gitarre/Bass („Embraceable You“, erschien damals nicht, könnte was für Dich sein). Die Frage ist vielleicht halt die: was ist denn „typisch Chet“? Ich habe darauf keine spontane Antwort bzw. ich frage mich eher, ob es das überhaupt gibt, „typisch Chet“. Da scheint sich recht oft das Image vor die Musik selbst zu schieben, und wenn die Coolness, die coole Trägheit (ist Lana Del Rey der heutige Chet? sicher eher als Till Brönner) der Bilder dann in der Musik keine Entsprechung findet, ist das diese dann nicht mehr typisch?
Lustigerweise fragte mich ein alter Bekannter gerade auch nach meiner Meinung zu Chet, aber ich kam noch nicht dazu, zu antworten … sie ist ja zwiespältig, obwohl ich vieles enorm schätze aber ihn selbst an sich sowas von nicht mag – aber was bilde ich mir überhaupt ein „ihn selbst“ beurteilen zu können, und ist „er selbst“ denn nicht wiederum überlagert von Bildern, wie dem Film, den Ihr hier ja alle tausendmal toller findet als ich? Keine Ahnung, so richtig klar bin ich mir in Sachen Chet ja selber nicht, aber zu seiner Musik – diesen frühen Pacific Jazz-Aufnahmen, den Riverside-Alben, dem Spätwerk – kehre ich dennoch immer wieder zurück.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-windDas ist halt die Phase, in der er für Pacific Jazz aufnahm … das sind aber meines Erachtens neben dem Spätwerk seine besten Sachen. Pacific bzw. Dick Bock gab sie Mühe, Baker nicht nur im Quartett (mit dem es noch drei Live-Alben gab, und 1956 eine LP-lange Reunion mit Freeman) aufzunehmen sondern eben auch im Sextett, mit Ensembles und der Big Band, mit Bobby Timmons … und auch im Trio mit Gitarre/Bass („Embraceable You“, erschien damals nicht, könnte was für Dich sein). Die Frage ist vielleicht halt die: was ist denn „typisch Chet“? Ich habe darauf keine spontane Antwort bzw. ich frage mich eher, ob es das überhaupt gibt, „typisch Chet“. Da scheint sich recht oft das Image vor die Musik selbst zu schieben, und wenn die Coolness, die coole Trägheit (ist Lana Del Rey der heutige Chet? sicher eher als Till Brönner) der Bilder dann in der Musik keine Entsprechung findet, ist das diese dann nicht mehr typisch?
Lustigerweise fragte mich ein alter Bekannter gerade auch nach meiner Meinung zu Chet, aber ich kam noch nicht dazu, zu antworten … sie ist ja zwiespältig, obwohl ich vieles enorm schätze aber ihn selbst an sich sowas von nicht mag – aber was bilde ich mir überhaupt ein „ihn selbst“ beurteilen zu können, und ist „er selbst“ denn nicht wiederum überlagert von Bildern, wie dem Film, den Ihr hier ja alle tausendmal toller findet als ich? Keine Ahnung, so richtig klar bin ich mir in Sachen Chet ja selber nicht, aber zu seiner Musik – diesen frühen Pacific Jazz-Aufnahmen, den Riverside-Alben, dem Spätwerk – kehre ich dennoch immer wieder zurück.Fragen über Fragen … http://forum.rollingstone.de/wp-content/plugins/wp-monalisa/icons/wpml_scratch.gif
Ich denke, ich weiß, wovon Du sprichst, kann Dir aber wohl nicht erschöpfend antworten. Typisch Chet? Viellecht ist es für mich das, womit er sich in seinem Ton von andere Trompetern unterscheidet und unverwechselbar macht. Dieser one-in-a-million ansatzlose, vibratolose, understatete, zarte und melancholische Klang, den er auch in seiner Singstimme hatte. Dieser schmuhfe Ton. Klar, das ist nicht der ganze Chet – gerade auch in den frühen Aufnahmen hört man das. Aber da klingt er in meine Ohren auch nicht unverkennbar. Was nicht heißen soll, dass das nicht gut ist. Aber lass uns bitte keine Grundsatzdiskussion anfangen.
Ob Lana Del Rey eher der (die?) neue Chet ist als Till Brönner? Ich bekenne, dass ich weder die eine noch den anderen gut kenne, vermute aber dass alle beide meilenweit von Chet Baker entfernt sind, nur in jeweils anderer Richtung.
Edit: Ein großer Künstler, aber ein mieser Charakter: Chet Baker wäre nicht der erste und einzige, über denn man das sagen könnte. Und selbst als Künstler war er ambivalent. Was ihn dann wiederum auch interessant macht. Auch darüber hatten wir schon gesprochen, oder?
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Ich nehme an, das meiste hiervon steht oben im Faden auch schon mal … aber weil ich das gerade im Hör-Faden einstellte, hole ich es mal noch hier rüber – inkl. Links zu den betreffenden Reissues (wobei ich da nichts garantiere: 2004 gab es US-Ausgaben ohne Kopierschutz und europäische mit, aber teils auch ohne, da mag Discogs nicht immer komplett sein und ich würde jedenfalls bei den Anbietern zur Sicherheit nachfragen – ausser gewisse grosse deutsche Läden geben eigentlich immer alle Antwort, manchmal sogar mit Fotos):
Schlau Chet Bakers frühe Leader-Aufnahmen (v.a. Pacific Jazz) kaufen auf CD
Die 2004er-Reissues der Sessions von 1953-55 (die es aber z.T. wohl auch als Kakteen statt CDs gab) von den Studio-Sessions – also:
– Chet Baker Ensemble (die Session mit Geller, Montrose, Gordon und dem Quartett)
– Chet Baker Sextet (die Session mit Brookmeyer, Shank und dem Quartett, und als Bonus die Bob Zieff-Session)
– Sings and Plays with Bud Shank, Bud Freeman and Strings (Quartett + Shank + Strings)Und unbedingt die West Coast Classics mit den ersten Studio-Sessions des Quartetts (gleich nachdem Mulligan einfuhr und Baker die Band übernahm, geht glaub ich schon im Januar 1953 los):
– Chet Baker Quartet Featuring Russ Freeman
Die ganzen Quartett-Studio-Sessions gab es einst bei Mosaic.
Und nicht verpassen, falls irgend möglich, die drei Live-CDs – auch die gab’s davor bei Mosaic (soweit ich weiss war ein grosser Teil der Musik davor unveröffentlicht, es gab aber wenigstens ein Live-Album, „Jazz at Ann Arbor„, dessen Inhalt auf den drei CDs natürlich auch enthalten ist):
– This Time the Dream’s On Me – Quartet Live Volume 1
– Out of Nowhere – Quartet Live Volume 2
– My Old Flame – Quartet Live Volume 3Bei „Chet Baker Sings“ blieb ich bei der „Best of Chet Baker Sings“ von
19981989, da sind glaub ich alle Studio-Tracks, auf denen er singt drauf, aber mit den2004er-Reissues (wo es das Album „Chet Baker Sings“ auch wieder gab)das Album-Reissue (ohne Bonustracks) ist von 1998, ist die1998er1989er-CD wohl ebenfalls überflüssig … aber darum fehlt die in der ersten Liste.Dann etwas später noch:
– Chet Baker & Crew (da habe ich eine ältere CD, 90er, mit vielen Bonustracks)
– Young Chet (enthält den Rest von den „& Crew“-Aufnahmen plus ein paar oben schon enthaltene Studio-Tracks mit Overdubs, die man so anderswo glaub ich kaum noch findet)
– Chet Baker Big Band (auch hier gibt es ein 2004er-Reissue)
– Russ Freeman / Chet Baker Quartet (das Reunion-Album mit Mondragon/Manne, hab ich aus den 90ern, weiss nicht, ob es das 2004 oder sonst mal wieder gab)Nicht verpassen zudem:
– Chet Baker & Strings (Columbia, gab’s als Legacy-CD)
– Boston, 1954 (Uptown, das Quartet mit Freeman nochmal live)
– Embraceable You (Pacific Jazz, eine fast schon karge Session mit g/b, 1995 erstmals erschienen, kein Meisterwerk aber schön)
– West Coast Live (Pacific Jazz, 2 CD mit dem Mulligan Quartet aber Stan Getz anstelle des Leaders, 1953, und ein Stück mit Getz zu Gast beim 1954er Quartett mit Freeman)
– Baker/Shank: Theme Music from „The James Dean Story“ (Pacific Jazz, auch von 1956, ich habe eine CD aus den 90ern)Daneben gibt es natürlich die Aufnahmen mit Twardzik (offiziell und nicht – oben das Barclay-Album, das inzwischen zum Universal-Katalog gehört) und danach die Riverside-Alben, da ist die Sache viel einfacher …
Und es fehlen oben die Sessions mit Art Pepper, „The Route“ und „Playboys“ aka „Picture of Heath“ – die habe ich im Pepper Pacific Jazz-Set von Mosaic auf LP, und beschämenderweise auf einem Lonehill-2CD-Set, die auch die paar Stücke der Big Band-Session und noch was von Jack Sheldon mit Pepper enthält (Stücke vom GNP Crescendo-Album „Jack’s Groove“, das ich sonst nicht kenne – KORREKTUR: äh, doch, natürlich, aber in dieser hässlichen – offiziellen – Ausgabe).
Und falls was nicht stimmt (z.B. dass die „CD aus den 90ern“ 2000 oder 2001 erschien): pardon, ich tippe nur aus dem Gedächtnis und ohne alles bei Discogs gegenzuprüfen
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDanke für deine Mühen, Gypsy!
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Auch von mir nochmal vielen vielen Dank! Habe (s. Hoerthread) auch schon angefangen einzukaufen
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Schlagwörter: Chet Baker, Jazz
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