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Hal CrovesAn diesem großartigen Album hat Bill Frisell übrigens keineswegs als Sideman mitgewirkt, sondern maßgeblich: http://forum.rollingstone.de/showthread.php?3262-Wiederh%F6ren-im-Forum&p=3022180&viewfull=1#post3022180
„Bill Frisell wirft mit seinem splitternden Gitarrenspiel, das in seiner einerseits schüchternen, andererseits sehr emotionalen Art immer etwas unfertig wirkt, blutrote, ockerne und gewitterschwarzblaue Farbe auf das eingangs skizzierte Landschaftsbild.“
Ich kenne die von Dir hier beschriebene Platte nicht, aber Bill Frisells Spiel hast Du hier großartig beschrieben. Super ausgedrückt! Könnte genauso gut auf BIG SUR zutreffen.
Aber BIG SUR beschreibt die FAZ so:
„Sonst eher der Typ Chemielehrer, dreht der Gitarrist Bill Frisell jetzt richtig auf. Der kalifornische Küstenstreifen Big Sur hat aus dem Jazzer einen Rocker gemacht (…) Die Rolle des vitalen und geradezu hypernervös auftrumpfenden Schlagzeugers Rudy Royston kann man dabei gar nicht unterschätzen. Er stört die Band immer wieder auf, wenn sie im pastoralen Schönklang zu versinken droht. Und vor allem – er rockt einfach.“ (Rolf Thomas in der F.A.Z)
Ich kenne BIG SUR zwar nur rudimentär über ein paar Clips im Netz. Scheint eine gute Platte zu sein, aber ich würde hier mal die Frage stellen wollen, ob der Autor der FAZ sie überhaupt gehört hat. Rocker? Hypernervös auftrumpfend? Au Weia! Weiter unten im Text stellt er dann doch noch folgendes fest:
„Im Verlauf des Albums streifen Frisell und seine Band dann noch klassische Elemente, melancholische Country-Anleihen und schlichte Folk-Melodien.“
Na sowas! Kaum zu glauben! Das ist ja eine ganz flotte Schreibe, aber inhaltlich zischt sie doch deutlich am beschriebenen Objekt vorbei. Kann man mit so was Geld verdienen?
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Highlights von Rolling-Stone.deOh, du Hässliche! Die 25 schrecklichsten Weihnachtsalben-Cover
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WerbungFriedrichIch kenne die von Dir hier beschriebene Platte nicht, aber Bill Frisells Spiel hast Du hier großartig beschrieben. Super ausgedrückt!
Vielen Dank!
FriedrichAber BIG SUR beschreibt die FAZ so:
[…]
Ich kenne BIG SUR zwar nur rudimentär über ein paar Clips im Netz. Scheint eine gute Platte zu sein, aber ich würde hier mal die Frage stellen wollen, ob der Autor der FAZ sie überhaupt gehört hat. Rocker? Hypernervös auftrumpfend? Au Weia! Weiter unten im Text stellt er dann doch noch folgendes fest:
[…]
Na sowas! Kaum zu glauben! Das ist ja eine ganz flotte Schreibe, aber inhaltlich zischt sie doch deutlich am beschriebenen Objekt vorbei. Kann man mit so was Geld verdienen?In der Tat klingt Big Sur für meine Ohren nicht so, wie der F.A.Z.-Rezensent sie beschrieben hat, aber sie gefällt mir trotzdem.
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=Hal CrovesIn der Tat klingt Big Sur für meine Ohren nicht so, wie der F.A.Z.-Rezensent sie beschrieben hat, aber sie gefällt mir trotzdem.
Eigentlich hatte ich mir ja vorgenommen, Zynismus und Spott zuhause zu lassen, aber ich finde die Bschreibung der FAZ geht voll daneben. Da konnte ich mich nicht beherrschen. Nochmal FAZ:
„Der Jazzgitarrist (…) beschäftigt sich seit einigen Jahren verstärkt mit ländlichen Klängen.“
Warum schreibt jemand so etwas? Wo hat der Autor das her? Das tut Bill Frisell seit mehr als 20 (in Worten: zwanzig) Jahren! Ist doch erbärmlich …
Schön, dass Dir BIG SUR trotzdem gefällt!
Und wenn Bill Frisell rockt, klingt das so!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Neues aus dem Hause Frisell:
THE GREAT FLOOD – Film by Bill Morrison / Music by Bill Frisell
In Deutschland wohl nicht zu sehen und hier auch noch nicht auf DVD erhältlich.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Ich habe den Film samt Musik bei Enjoy Jazz vorletztes Jahr gesehen und darüber geschrieben.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75Ich habe den Film samt Musik bei Enjoy Jazz vorletztes Jahr gesehen und darüber geschrieben.
Danke für den Hinweis. Sehr schön!
Wieso hat Ludwigshafen, was Berlin nicht hat?
Ohne Mississippi-Flut kein „When the levee breaks“ kein Chicago-Blues und möglicherweise keine in Stein gemeißelte Zeilen wie „Woke up this morning / All I had was gone“. Verwüstung, Elend und Tod sind allerdings ein verdammt hoher Preis dafür.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)FriedrichDanke für den Hinweis. Sehr schön!
Wieso hat Ludwigshafen, was Berlin nicht hat?
Ohne Mississippi-Flut kein „When the levee breaks“ kein Chicago-Blues und möglicherweise keine in Stein gemeißelte Zeilen wie „Woke up this morning / All I had was gone“. Verwüstung, Elend und Tod sind allerdings ein verdammt hoher Preis dafür.
Absolut. Randy Newman hat darüber ja auch „Louisiana 1927“ geschrieben.
Enjoy Jazz ist eben eines der Top-Jazzfestivals weltweit.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Ich habe so was ja noch nie gemacht, aber man kann den Film für relativ wenig Geld hier downloaden.
Ach ja, auch wenn es leicht off topic führt: Nichtschwimmer Nail erwähnte Randy Newmans Louisiana 1927.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Für kurz Entschlossene (und vielleicht auch noch später anschaubar): Bill Frisell live @ Lincoln Center mit up & down the mississippi.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Eins will ich noch loswerden, bevor der November zuende geht.
Herbst. Zeit der fallenden Blätter.
‘Tschuldi, aber diese Einleitung kann ich mir nicht verkneifen. Ich weiß, Music Is ist schon im Frühling erschienen, aber ich habe das Album erst im Herbst kennengelernt. Und das passt dann auch. Das klingt nicht nach Aufbruch, das klingt nach Rückschau, nicht nach Aufblühen sondern nach Verwelken. Bill Frisell ganz mit sich und seinen Gitarren und ein paar Effektgeräten allein, tief in Gedanken, betrachtet seine Kompositionen aus verschiedenen Blickwinkeln und durchleuchtet sie. Und da kommt einem auch vieles bekannt vor: die melancholisch nostalgische Americana, das manchmal tastend, fast sogar stolpernde Spiel, immer noch schüchtern, die tüfteligen elektronischen Manipulationen, die so klingen als würde die Erinnerung in einer Echokammer widerhallen und Bill Frisell damit ins Zwiegespäch treten.
Meist klingt das zart und zerbrechlich, nur manchmal sorgt ein herbstlicher Windstoß für Unruhe, bei den nur ein- bzw. zwei-minütigen Stücken Think About It und Kentucky Derby, kreischend, blechern und verzerrt. Aber dann ist das auch schon wieder vorbei. Und Bill Frisell blickt auch auf ein paar ältere Kompositionen zurück: The Pioneers von Good Dog, Happy Man (1999) wird solo von allem Pathos des Orignals befreit, Monica Jane von This Land (1992) verwandelt sich von einem schleppend bluesigen Stück mit Bläsern in eine kleine, sich am Ende auflösende Träumerei. Auch die Stücke Ron Carter und Rambler glaube ich irgendwoher zu kennen, aber weiß nicht woher. Letzteres Stück gibt es sogar in zwei Versionen zu hören.
Bill Frisell ist jetzt 67 Jahre alt. Und irgendwie passt das dann auch. Und auch in den November.
Den überprogrammatischen Titel Music Is finde ich überprogrammatisch. Und unpassend, bei so vielen Verweisen. Warum nicht Harvest. Aber ist schon vergeben.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)schön beschrieben. ich habe das album ein paar mal im frühjahr gehört, da hat ich keine melancholie-assoziationen. bis jetzt, in den herbst hinein, höre ich davon nur ein stück, das aber immer wieder: „what do you want?“, das so tut, als würde es sich irgendwo hin bewegen, aber eigentlich wie auf einer eisscholle festgefroren nur immer weiter abtreibt (was ja auch eine bewegung ist). die soundscapes dazu sind aber eben genau das, was wirklich nur frisell kann.
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Thx @vorgarten. Und das Bild mit der Eisscholle, die abtreibt, ist auch sehr schön.
Bill Frisells elektronische Manipulationen seines eigenen Spiels, das sind so Gedanken- und Ton-Schleifen, in sich versunkene Traumsequenzen. Ich denke, dafür muss man als Hörer auch eine besondere Empfänglichkeit haben, sonst könnte man auch das gute alte Bild der Farbe, der man beim Trocknen zuschaut, bemühen.
Spontane Assoziation: Mir scheint Bill Frisell damit viel näher an elektronischen Tüftlern wie Andrew Pekler dran zu sein, als an Jazz oder Americana. Und für mich sind das mit seine interessantesten Momente, bei den ich in einen eigenartigen Schwebezustand gerate. Auf seiner 2000er Soloplatte mit dem sehr passendem Titel Ghost Town lebt er das noch viel mehr aus. Wieder was mit Jahreszeiten:
@danielmiehe
… – Frisell ist so entsetzlich gemütlich geworden.Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Auch auf Music Is hört man eigentlich nichts, was man nicht schon mal woanders von ihm gehört hat. Kaum zu glauben, dass zwischen Ghost Town und Music Is 18 Jahre liegen, so ähnlich klingt das. Und so sehr BF lange in Bewegung war und alles von Jazz über Noise über Kammermusik über Country bis zu Brazil ausprobiert hat, so sehr hat er sich inzwischen recht gemütlich in seinem eigenem Idiom eingerichtet. Und auch die immer mal wieder hervorbrechende Aggressivität hört man nicht mehr so oft. Oder nur noch ganz kurz. Aber er ist eben auch 67 Jahre alt.
Music Is ist für mich nicht überraschend oder besonders herausfordernd. Aber immer noch sehr gut und ich höre es daher gerne.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)friedrich
@danielmiehe
… – Frisell ist so entsetzlich gemütlich geworden.Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen.
auch wenn er natürlich nach belieben noise anknipsen kann, ist frisell eine gewisse gemütlichkeit (und eine selige verschaltung mit seinen apparaturen) schon immer eigen gewesen, finde ich.
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Empfinde ich auch so @vorgarten – und das ist auch der Grund, weshalb meine Annäherung an Frisell erstmal jahrelang scheiterte und auch seither nur punktuell bzw. phasenweise erfolgreich ist (es gibt eben die Phasen, in denen ich gern in seinen Klangteppichen schwelge). Das neue Album von Cyrille habe ich z.B. auch noch kein zweites Mal angehört, Wadada hin oder her (aber die Flut an Neuheiten ist auch gerade ziemlich krass, zur Jarrett kam ich z.B. noch überhaupt nicht, und zur Barre Phillips ebensowenig, um mal nur bei ECM zu bleiben).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind (aber die Flut an Neuheiten ist auch gerade ziemlich krass, zur Jarrett kam ich z.B. noch überhaupt nicht, und zur Barre Phillips ebensowenig, um mal nur bei ECM zu bleiben).
ja, geht mir auch so. aber die barre phillips ist ziemlich toll!
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Schlagwörter: Bill Frisell, Country, Gitarre, Jazz, Jazz Guitar
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