Antwort auf: Bill Frisell

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Eins will ich noch loswerden, bevor der November zuende geht.

Herbst. Zeit der fallenden Blätter.

;-)

‘Tschuldi, aber diese Einleitung kann ich mir nicht verkneifen. Ich weiß, Music Is ist schon im Frühling erschienen, aber ich habe das Album erst im Herbst kennengelernt. Und das passt dann auch. Das klingt nicht nach Aufbruch, das klingt nach Rückschau, nicht nach Aufblühen sondern nach Verwelken. Bill Frisell ganz mit sich und seinen Gitarren und ein paar Effektgeräten allein, tief in Gedanken, betrachtet seine Kompositionen aus verschiedenen Blickwinkeln und durchleuchtet sie. Und da kommt einem auch vieles bekannt vor: die melancholisch nostalgische Americana, das manchmal tastend, fast sogar stolpernde Spiel, immer noch schüchtern, die tüfteligen elektronischen Manipulationen, die so klingen als würde die Erinnerung in einer Echokammer widerhallen und Bill Frisell damit ins Zwiegespäch treten.

Meist klingt das zart und zerbrechlich, nur manchmal sorgt ein herbstlicher Windstoß für Unruhe, bei den nur ein- bzw. zwei-minütigen Stücken Think About It und Kentucky Derby, kreischend, blechern und verzerrt. Aber dann ist das auch schon wieder vorbei. Und Bill Frisell blickt auch auf ein paar ältere Kompositionen zurück: The Pioneers von Good Dog, Happy Man (1999) wird solo von allem Pathos des Orignals befreit, Monica Jane von This Land (1992) verwandelt sich von einem schleppend bluesigen Stück mit Bläsern in eine kleine, sich am Ende auflösende Träumerei. Auch die Stücke Ron Carter und Rambler glaube ich irgendwoher zu kennen, aber weiß nicht woher. Letzteres Stück gibt es sogar in zwei Versionen zu hören.

Bill Frisell ist jetzt 67 Jahre alt. Und irgendwie passt das dann auch. Und auch in den November.

Den überprogrammatischen Titel Music Is finde ich überprogrammatisch. Und unpassend, bei so vielen Verweisen. Warum nicht Harvest. Aber ist schon vergeben.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)