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AutorBeiträge
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redbeansandricekundigere Akten
(von 1978)Au Weia!
Ich denke Bill Frisells Wandlung über die Jahre war im Großen und Ganzen durchaus zum Positiven. Gut auch, dass der Bart ab ist.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Highlights von Rolling-Stone.deOh, du Hässliche! Die 25 schrecklichsten Weihnachtsalben-Cover
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WerbungFrisell lernte ich 1982 durch das Album mit Garbarek, “Paths, Prints“ kennen und 3 Jahre später durch sein eigenes, 2. Album auf ECM, “Rambler“.
Es ist mir bis heute das liebste geblieben und sein späterer Stilwechsel sagte mir gar nicht zu.
Nur die Veröffentlichungen mit Paul Motian können mich weiterhin begeistern…--
Gerade letztens wieder mal „Good Dog, Happy Man“ und „Gone Just Like A Train“ gehört. Immer noch sehr schöne Alben.
Gutes Aktenstudium, redbeans.
FriedrichFast gut aber trotzdem gut, nicht überragend aber dann irgendwie doch wieder überragend, anders, experimentell aber auch sehr toll??? Ich fürchte, das musst Du näher erklären!
Oh, überlesen. Ja, war spät, zu spät wohl. Sehr gut, aber nicht überragend. Das meinte ich. Manche Alben sind aber nahe an der Genialität, die genannten beispielsweise.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.FriedrichGut auch, dass der Bart ab ist.
das finde ich überhaupt nicht!
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vorgartendas finde ich überhaupt nicht!
Ich glaube unser Schönheitsideal von Männern ist einfach verschieden!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)FriedrichIch glaube unser Schönheitsideal von Männern ist einfach verschieden!
ja, unbedingt! er hat ihn bestimmt nur abrasiert, weil abercrombies bart einfach unschlagbar ist.
aber hier ein häuslicher einblick in die frisellsche trickkiste:
http://www.youtube.com/watch?v=NcQtZeNSyY4(hässliche gitare, b.t.w.)
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vorgartenja, unbedingt! er hat ihn bestimmt nur abrasiert, weil abercrombies bart einfach unschlagbar ist.
aber hier ein häuslicher einblick in die frisellsche trickkiste:
http://www.youtube.com/watch?v=NcQtZeNSyY4(hässliche gitare, b.t.w.)
Spielt Frisell eigentlich NUR hässliche Gitarren?
Ich glaub ich hab noch kein Photo von ihm mit einer anständigen gesehen… er gewinnt jedenfalls meinen Sonderpreis für hervorragendes Spiel auf grässlichsten Instrumenten.Was die Bärte betrifft: Brötzmann übertrifft Abercrombie zwar, aber dessen Bart passt schon ganz gut, zur Musik und zum grummligen Gesamterscheinungsbild. Die Kritik des Quartett-Konzerts mit Co-Leader Marc Copland sowie Drew Gress und Joey Baron vor ein paar Tagen in Zürich klang eher lauwarm, aber mit grossem Respekt vor der Musikalität der vier (die natürlich nicht angezweifelt werden muss). Selber hab ich Aberzombie vor zwölf oder noch mehr Jahren im Duo mit Copland gesehen, das war toll… später Quartett mit Charles Lloyd (auch recht schön) und dann das öde Quartett mit Mark Feldman, Marc Johnson und Joey Baron (der nicht ganz kapitulierte und immer wieder versuchte, die müd-routiniert-virtuose Musik etwas zu kicken). Aber mit Frisell hat das jetzt irgendwie nichts mehr zu tun, pardon.
Meine neuste CD mit Frisell ist „News for Lulu“ mit John Zorn und George Lewis – sehr tolle Scheibe, auf der die drei sich an Stücke von Kenny Dorham, Hank Mobley, Freddie Redd und Sonny Clark machen („Funk in Deep Freeze“, „Melanie“, „Lotus Blossom“, „This I Dig for You“ [heisst eigentlich „of“, nicht?], „News for Lulu“, „Sonny’s Crib“…)
Der Sound ist etwas dünn, aber wenn man sich mal dran gewöhnt hat, fehlt eigentlich nichts und das ganze macht viel Spass! Die letzte (zweite) Ausgabe bei Hat (2008) ist allerdings auch schon wieder vergriffen.--
"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbavorgartenja, unbedingt! er hat ihn bestimmt nur abrasiert, weil abercrombies bart einfach unschlagbar ist.
aber hier ein häuslicher einblick in die frisellsche trickkiste:
http://www.youtube.com/watch?v=NcQtZeNSyY4(hässliche gitare, b.t.w.)
Weder Abercrombie noch dessen Bart kannte ich bisher. In der Tat ist der in diesem Gesicht viel besser aufgehoben.
Dieses Gefrickel mit der Trickkiste hat ja etwas richtig Nerdiges. Das gefällt mir! Irgendwie hat Bill Frisell damit fast ein bisschen mehr was von einem Elektroniktüftler als von einem Jazz-Gitarristen. Es gibt noch andere Videos, in denen er sein Spiel ein weinig erläutert. Muss ich später mal raussuchen.
asdfjklöFrisell lernte ich 1982 durch das Album mit Garbarek, “Paths, Prints“ kennen und 3 Jahre später durch sein eigenes, 2. Album auf ECM, “Rambler“.
Es ist mir bis heute das liebste geblieben und sein späterer Stilwechsel sagte mir gar nicht zu.
Nur die Veröffentlichungen mit Paul Motian können mich weiterhin begeistern…Ich denke, das alles sind Momentaufnahmen und Stilwechsel gibt es bei ihm immer wieder. Auch wenn sich ein paar Dinge als Konstanten durchsetzten, gab es ja auch immer wieder mal Aufnahmen mit Paul Motian oder Abstecher in andere Bereiche. Von einigen werde ich noch was erzählen
gypsy tail windSpielt Frisell eigentlich NUR hässliche Gitarren?
Ich glaub ich hab noch kein Photo von ihm mit einer anständigen gesehen… er gewinnt jedenfalls meinen Sonderpreis für hervorragendes Spiel auf grässlichsten Instrumenten.gypsy tail wind
Meine neuste CD mit Frisell ist „News for Lulu“ mit John Zorn und George Lewis – sehr tolle Scheibe, auf der die drei sich an Stücke von Kenny Dorham, Hank Mobley, Freddie Redd und Sonny Clark machen („Funk in Deep Freeze“, „Melanie“, „Lotus Blossom“, „This I Dig for You“ [heisst eigentlich „of“, nicht?], „News for Lulu“, „Sonny’s Crib“…)
Der Sound ist etwas dünn, aber wenn man sich mal dran gewöhnt hat, fehlt eigentlich nichts und das ganze macht viel Spass! Die letzte (zweite) Ausgabe bei Hat (2008) ist allerdings auch schon wieder vergriffen.Die kenne ich nicht. Wird aber immer mal wieder sehr gelobt. Eine seiner jazzigeren Aufnahmen, nehme ich an.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Nehmen wir uns mal das nächste Platten-Paket mit der Beteiligung Bill Frisells vor. Diesmal ist nicht eine Jazz Drummer-Legende der Leader sondern der musikalische Hans Dampf des ausgehenden 20. Jahrhunderts.
Ich habe keine Ahnung wie Bill Frisell in Kontakt mit John Zorn und der „downtown scene“ gekommen ist. Mir scheint es jedenfalls ein riesiger Sprung von der eher schöngeistigen musikalischen Lyrik mit Paul Motian und dem Wohlklang à la ECM, wo Bill Frisell einige seiner ersten Alben als Leader veröffentlichte – letztere kenne ich aber nicht. Ist das ein Versäumnis? Durch die Zusammenarbeit mit John Zorn kommt Bill Frisell auf jeden Fall in einer anderen Realität an, in der nicht in erster Linie der schöne Klang regiert, sondern vor allem die scharfen Kontraste.
The Big Gundown – john zorn plays the music of ennio morricone
(ursprünglich veröffentlicht 1985, in erheblich erweiterter Form wiederveröffentlicht 2000)
u.a. mit Tim Berne, Bill Frisell, Wayne Horvitz, Guy Klucevsek, Arto Lindsay, Big John Patton, Vernon Reid, Toots Thielemans, Derek Bailey, Joey Baron, Marc Ribot und und und …
Eigentlich hat dieses Album hier nur bedingt etwas zu suchen, denn Bill Frisell spielt nur auf einem einzigen Stück mit und ist dort nicht mal als besonders individuelle Stimme zu identifizieren. Ich vermute jedoch, dass es sich bei The Big Gundown um das erste Zusammentreffen von John Zorn und Bill Frisell handelt, das noch Folgen haben sollte. Und damit gehört die Platte eben doch hierher.
Eigentlich ist The Big Gundown auch ein sehr unwahrscheinlich erscheinendes Projekt: Eine bis dahin nur wenig bekannte Figur aus der Subkultur der Lower Eastside traut sich allen Ernstes an das Werk des Großmeisters der italienischen Filmmusik heran. New Yorker Underground trifft aufgeblasenen italienischen Edelkitsch. John Zorn wagte – und gewann.
Wuchtige Klavierakkorde, Kreischen, Pistolenschüsse, ein Cembalo, der Gesang einer Frauenstimme, Gitarren in der unbarmherzigen Sonne Mexikos, Pferde preschen im Galopp vorüber, scharfe Schnitte, abrupte Stimmungswechsel – so ungefähr hört sich das 7 1/2-mminütige Titelstück an, das John Zorn aus dem Soundtrack des Spaghetti-Westerns The Big Gundown destilliert. Bill Frisell übernimmt darin die Rolle des Gitarristen. Zwar nur eine Nebenrolle, aber immerhin in einer grandiosen, auf Kurzfilmformat zusammengeschnittenen Mischung aus Wild-West-Operette und musique concrete. Ennio Morricone als Drehbuchautor, John Zorn als Regisseur und – ganz wichtig! – als Cutter und die Musiker als Schauspieler, die in oft rasant wechselnde Rollen schlüpfen. Ein ähnliches Konzept hat John Zorn später immer wieder mal verfolgt. An einigen dieser Projekte war Bill Frisell dann in deutlich bedeutenderen Rollen beteiligt.
Zum Beispiel hier:
Naked City – dto. (1990)
John Zorn: as; Bill Frisell; g; Wayne Horwitz: kb; Fred Frith: b; Joey Baron: dr; Yamatsuka Eye: voc
Naked City – Radio (1993)
John Zorn: as; Bill Frisell; g; Wayne Horwitz: kb; Fred Frith: b; Joey Baron: dr; Yamatsuka Eye: voc
Auf dem Debut der „Supergroup“ Naked City treffen sich nicht nur fünf Musiker der „downtown scene“ und der japanische Vokalist der Noise Rock-Band The Boredoms, dessen Spezialität vor allem Kreischen in verschiedenen Tonlagen zu sein scheint. Hier treffen sich auch Ennio Morricone, Henri Mancini und Jerry Goldsmith mit Ornette Coleman und Death Metal. Das alles auf engstem Raum und in unterschiedlichen Konstellationen. Eine rasend schnelle Version des Batman-Themas wird durch Ennio Morricones vergleichsweise getragene Musik für The Sicilian Clan abgelöst und danach überschlagen sich die Ereignisse: Death Metal folgt übergangslos auf Jazz à la film noir, Ornette Colemans Lonely Woman wird zum reißenden Rockstück, und manchmal wird all dies und noch viel mehr in nur ein einziges Stück hineingepresst.
Präzise, messerscharf, mit scharfen Kontrasten zwischen hysterischem Wahnsinn und lieblichem Geklimper. Zur Kunst stilisierte Reizüberflutung? Rasend schnelles zapping durch die verschiedensten Kanäle? Die Freude daran, hier mal in fremde Rollen schlüpfen zu dürfen? Guilty pleasures? Jedenfalls kann man hier auch Bill Frisell in der Rolle des skrupllosen Bösewichts erleben, der seine Gitarre bis aufs Blut quält, dass sie kreischt und heult, um im nächsten Augenblick wieder der zarteste Mensch der Welt zu sein.
Radio folgt dem gleichen Konzept wie das Debut, im Unterschied dazu gibt es hier aber ausschließlich Eigenkompositionen von John Zorn. Bill Frisell ist hier noch präsenter als auf NCs Debut, zumal Radio deutlich mehr in Richtung metallischen Rock geht. Als Inspirationen nennt JZ im Booklet aber auch gleich einen ganzen Strauß von Musikern: Charles Mingus, Little Feat, Booker T., Anthony Braxton, Igor Stravinsky, Morton Feldman, Bernard Herman, Napalm Death, Liberace, Led Zeppelin und einige Dutzend andere mehr. Radio springt zwar weniger wild zwischen den Stilen hin und her, ist dafür aber dichter als die erste Platte von Naked City und entwickelt einen Spannungsbogen über die gesamte Laufzeit. Jedenfalls wird die Platte nach hinten hin immer hysterischer und endet in einem völlig verhackstückten Stück mit dem Titel American Psycho.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Verdammt, dass es von „The Big Gundown“ eine erweiterte Ausgabe gibt, erfahre ich erst jetzt! Hab die alte CD wohl seit fast zehn Jahren…
Mit Naked City konnte ich mich bisher nicht recht anfreunden – kenne allerdings auch bloss eine CD, „Grand Guignol“. Wie ist die denn im Vergleich mit den anderen Alben?
Eine kleine OT-Anmerkung zu Zorns Hardbop-Tätigkeiten: „Voodoo“ mit dem Sonny Clark Memorial Quartet (Wayne Horvitz-p, Ray Drummond-b, Bobby Previte-d, rec. 1985, Soul Note) ist eine sehr schöne Sache! Zorn bläst boppige Soli am Altsax, das ganze Ding brennt manchmal ziemlich heiss, ist aber zugleich auch etwas unterkühlt – wie Sonny Clark eben… und Zorn bricht auch immer mal wieder aus dem Korsett aus. Im Frisell-Thread hat das nichts zu suchen, aber weil ich oben schon „News for Lulu“ erwähnt habe, wollte ich die CD auch noch kurz erwähnen.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy tail windVerdammt, dass es von „The Big Gundown“ eine erweiterte Ausgabe gibt, erfahre ich erst jetzt! Hab die alte CD wohl seit fast zehn Jahren…
Die erweiterte Ausgabe ist wirklich sehr gut. Sie enthält zum einen zu den auf der ursprünglichen Version enthaltenen 10 Stücken 6 weitere, die keine Outtakes sind, sondern durchgehend Neuaufnahmen erster Güte, und zum anderen ein umfangreiches, informatives und grafisch schön gemachtes Booklet. Ich kenne nur ein paar Handvoll Platten von John Zorn, aber ich glaube, diese ist near essential.
gypsy tail windMit Naked City konnte ich mich bisher nicht recht anfreunden – kenne allerdings auch bloss eine CD, „Grand Guignol“. Wie ist die denn im Vergleich mit den anderen Alben?
Grand Guignol scheint ein Album zu sein, dass zum größten Teil aus diesen unanhörbaren, kaum eine halbe Minute langen Noise-Miniaturen besteht. Die gibt es auf Naked Citys Debut auch, aber nur in geballter Form am Anfang der ursprünglichen Seite 2 der Vinyl-Ausgabe. 8 Stücke in gerade mal 3 Minuten oder so! Ansonsten gibt es richtige Stücke, einige – wie gesagt – von Morricone, Goldsmith, Mancini, Ornette oder John Zorn selbst. Das ist deutlich hörerfreundlicher. Wenn Dir The Big Gundown gefallen hat, kann ich Dir das Debut von Naked City glaube ich guten Gewissens empfehlen. Und Du kannst hier Bill Frisell eben auch in sehr zupackender Form erleben.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Klingt also nach zwei (oder mehr) weiteren Anschaffungen…. danke!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaIn dieser Ausgabe des Bill Frisell-Threads kommen wir endlich zu Alben, die er als Leader aufgenommen hat. Es sind nicht seine ersten Alben als Leader – die hat er Anfang/Mitte der 80er bei ECM veröffentlicht und sind mir unbekannt – aber die ersten, die ich gehört habe.
Bill Frisell hat 1992 das Album Have A Little Faith veröffentlicht. Eine Sammlung von Kompositionen von Aaron Copland, Charles Ives, Muddy Waters, Sonny Rollins, Bob Dylan und anderen, eine sehr bunter Reigen amerikanischer Musik des 20. Jahrhunderts also. Vielleicht ist diese Auswahl in einer Weise programmatisch für Bill Frisell. Denn auch wenn er Eigenkompositionen spielt, scheint dort immer ein breites Wissen um verschiedene Traditionslinien mitzuschwingen.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich Have A little Faith nicht kenne. Kann jemand helfen? Ich fange daher mit dem darauf folgenden Album an, das auch gleichzeitig das erste Album von Bill Frisell ist, das mir zu Ohren kam.
This Land (1994)
Bill Frisell: g; Don Byron: cl, b-cl; Billy Drewes: as; Curtis Fowlkes: tb; Kermit Driscoll: a-b, e-b; Joey Baron: dr
This Land enthällt Stücke mit Titeln wie Jimmy Carter (part 1 +2), Amarillo Barbados, Cartoon, Rag oder Julius Hemphill, letzteres nach dem Gründer des World Saxophone Quartets. Also auch hier schon in den Titeln reichlich Referenzen auf amerikanische Kultur. Der Titel der Platte selbst darf wohl auch durchaus programmatisch verstanden werden. Entsprechend weit gefächert ist auch das stilistische Spektrum, wobei die Band mit den sehr schön arrangierten 3 Bläsern und durch BFs eigenwilligen Gitarrensound einen sehr charakteristischen Klang hat, der die gesamte Platte prägt.
Es stehen hier weniger Solisten im Vordergrund – auch wenn diese große Momente haben, vor allem Don Byron und Curtis Fowlkes – , als das Arrangement und die Dramaturgie der Stücke. Das hat was von musikalischer Landschafts- oder Portraitmalerei oder – ja – etwas Filmisches. Oft ist das auch sehr atmosphärisch und spannt den Hörer ziemlich auf die Folter. Das fast 10-minütige Julius Hemphill beginnt schläfrig träge und baut sich langsam zu einem dramatischen Höhepunkt auf bevor es ausklingt. Der Titel Cartoon sagt eigentlich schon alles über das betreffende Stück, denn hier überstürzen sich dann plötzlich die Ereignisse.
Tolle Platte, war für mich beim Kennenlernen recht gewöhnungsbedürftig (und ist sie immer wieder!), nicht nur wegen des sehr eigenen Sounds der Platte sondern auch wegen der eigenartigen Dramaturgie. Es findet hier eine Entschleunigung statt, wie ich sie bis dahin kaum mal gehört habe. Die dramatischen Höhepunkte sind dafür aber umso sensationeller. Man muss halt manchmal etwas darauf warten.
Go West: Music for The Films of Buster Keaton
High Sign / One Week: Music for The Films of Buster Keaton
Beide 1995
Bill Frisell: g; Kermit Driscoll: a-b, e-b; Joey Baron: dr
Bei diesen beiden Platten haben wir es mit veritabler Filmmusik zu tun, und nicht nur das, wir haben es mit Filmmusik zu Stummfilmen von und mit Buster Keaton zu tun und das ist noch mal eine ganz eigene Sache. Denn diese Musik funktioniert nicht als bloß atmosphärische Untermalung des jeweiligen Filmes, sie ist so eng mit dem Geschehen auf der Leinwand verwoben, das man sie eigentlich nur schwer davon trennen kann. Ergibt es also überhaupt Sinn solche Musik unabhängig vom Film zu veröffentlichen? In diesen beiden Fällen tut es das!
Ursprünglich hat Bill Frisell und sein Trio diese Filmmusik live zur Filmvorführung gespielt. Man hört den beiden Alben sehr schön an, wie perfekt Frisell, Driscoll und Baron ineinander greifen und – offenbar – punktgenau auf die Handlung reagieren. Das hat alles natürlich keine Songstrukturen, sondern ist anders aufgebaut und wechselt dauernd Stimmung und Tempo. Darauf muss man sich als Hörer einlassen. Ein bisschen kennen wir das ja inzwischen schon von älteren Aufnahmen von Bill Frisell. Im Unterschied zu jenen ist das hier aber deutlich lockerer gestrickt, denn hier wird nicht wie z.B. bei den Aufnahmen mit John Zorn oder dem Stück Cartoon von This Land eine imaginäre Filmhandlung in nur ein einziges Stück von nur ein paar Minuten Länge gepresst. Hier zieht sich der Handlungsstrang im Falle von High Sign / One Week immerhin über die Länge von zwei Kurzfilmen von jeweils knapp 20 Minuten Länge. Im Fall von Go West ist das sogar ein Langfilm von über einer Stunde Dauer und erstaunlicherweise funktioniert das für meine Ohren hier deutlich besser als bei den Kurzfilmen. Woran liegt’s? Bei Go West gibt es ein-zwei prägnante musikalische Motive, die in verschiedener Form immer wieder auftauchen, z.B ein ganz einfaches Bass-Motiv von Kermit Driscoll, das er mal auf dem akustischen Bass streicht, mal stramm marschierend auf dem E-Bass spielt und über das Bill Frisell seine akustische oder E-Gitarre legt. Im Stück Cattle Drive gibt es dann einen haarsträubenden Höhepunkt: das ist so ziemlich das Abgefahrenste, was ich je auf einer Gitarre gehört habe! Abwechselnd zerrt es nur so in den Ohren und wird sofort wieder gedämpft, manchmal hört es sich so an, als wird dem kreischenden Biest für einen Augenblick die Klappe zugehalten, bis es sich wieder losreißt. Hochspannung! Dieser Cattle Drive dürfte turbulent sein und allein dieser Moment ist die Platte Wert!
Nicht alles auf Go West ist so spannend, z.B. ein 45-sekündiges poltriges Drum-Solo von Joey Baron mag im Filmzusammenhang Sinn ergeben. Ohne den Film tut es das weniger. Trotzdem eine tolle Trio-Platte, vom Stil her übrigens mit einem deutlichen Hang zu Country & Western – Go West ist schließlich ein Western.
One Week kann man sich übrigens hier komplett ansehen, wenn auch mit einer anderen Musik:
http://www.youtube.com/watch?v=-JpEJILgcxU&feature=related
Sagenhaft ist die Szene bei 5:15, in der eine Hauswand direkt über Buster Keaton umfällt, aber da, wo er steht, ausgerechnet ein Fenster ist – und er dadurch auf die unwahrscheinlichste Weise unversehrt bleibt. Man stelle sich mal vor, was für eine Wirkung so eine Szene in einer Zeit gehabt hat, in der es noch keine Computertricks gab!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)Buster Keaton ist sowieso absolut phänomenal!
Der Stunt mit der Hausmauer ist ja bei weitem nicht der krasseste, den er gemacht hat… ich verehre ihn über alles!Wie Du die Frisell-CDs beschreibst, hätte ich allerdings wesentlich mehr Lust, die grandiosen Filme („Go West“ ist klasse, und das Drum-Solo könnte gut eine Szene mit wild herumrennenden Kühen untermalen) zur Musik mit gereicht zu kriegen (aber sowas wär wohl rechtlich enorm schwierig… Frisell darf die Filme nicht mitreichen, die DVDs kämen zu teuer, wenn mehr als die üblichen grässlichen Örgelimusik-Soundtracks gereicht würden).
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDas ist ja mal cool – eine Besprechung von Bill Frisell-Platten ohne Have A Little Faith? Als nächstes eine Besprechung von Stereolab-Platten ohne Emperor Tomato Ketchup?
Have A Little Faith ist das leicht bessere This Land. Letzteres wurde übrigens vor „Faith“ aufgenommen, aber nach dessen Erscheinen veröffentlicht. In Stil und Ton sehr ähnlich, auch mit einer sehr ähnlichen Besetzung aufgenommen, aber mit Accordion statt Sax. Insgesamt kann man die Beschreibung von This Land weitgehend übernehmen, da gibt es keine fundamentalen Unterschiede. Die Coverversionen harmonieren trotz ihrer großen Vielfalt sehr gut miteinander.
Ich finden die Besprechungen super, freue mich schon sehr auf die richtig guten Frisell-Alben, deren erster Teil ja eben abgehandelt wurde. Weitermachen!
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum. -
Schlagwörter: Bill Frisell, Country, Gitarre, Jazz, Jazz Guitar
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