Alice Coltrane

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  • #8940671  | PERMALINK

    vorgarten

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    nail75Love Devotion Surrender? Gefällt mir ausgezeichnet.

    die muss ich auch mal antesten – mir war gar nicht klar, dass sie da soviel coltrane-zeug spielen.
    bin übrigens mit den gurus durcheinander gekommen – santana und mclaughlin waren natürlich anhänger von sri chinmoy, nicht von satchidananda.

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    #8940673  | PERMALINK

    vorgarten

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    zu (john) coltranes geburtstag heute eine kleine enthusiastische vorstellung von COSMIC MUSIC und INFINITY: http://burningambulance.com/2013/09/23/posthumous-coltrane/

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    #8940675  | PERMALINK

    vorgarten

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    ETERNITY (1976)

    in the late 1960s and early 1970s, what were the social expectations for an african american jazz musician from detroit, a baptist woman from a conservative middle-class family, a mother of four? surely alice was not expected to become an avant-garde improviser, let alone a swamini. and whatever these expectations may have been, they must have been complicated by her position as a black public figure during a period of heightened racial tension and african american cultural nationalism – not to mention by the responsibility of being the widow of john coltrane. alice’s personal and mystical relationship with the divine appears to have provided the direction and strength that she needed to transcend social expectations, skepticism, and criticism, and chart her own creative path.

    (berkman: monument eternal. the music of alice coltrane, middletown 2010, s.12)

    alice coltrane nutzt ihren neuen labelvertrag, um quasi ein inventar ihrer bisherigen entdeckungen aufzunehmen. sechs stücke, sechs ästhetische voraussetzungen und keine davon wirklich musikhistorisch vorbereitet. vom einem blues mit streichern über eine introvertierte harfen-reverie, ein dreckiger latin-gassenhauer, ein erster ihrer zutiefst originellen bhajans (hindugesänge, bei ihr allerdings auf gospel-basis), ein free-rubato über tambura-drones, schließlich eine sechsminütige neubearbeitung von strawinskis SACRE DU PRINTEMPS.

    some people thought that she was reilly weird and far out. some people thought richard nixon was really far out! … warner brothers wasn’t really crazy about it. they were much ‘pop-ier.’ they knew ylice was selling and wondered why she was doing something different. i would get calls from various people, ‘hey why don’t you do this und why don’t you do that?’ and, of course, i would reply, ‘why don’t you do this and why don’t you do that and leave me alone! leave my artist alone! you signed my artist, someone else will sign my artist!

    (alices produzent ed michel, nach berkman, 91).

    spiritual eternity” fängt mit einem orgelintro an, in das quasi aus dem nichts ein 30-köpfiges orchester aus streichern und bläsern einfällt, darunter sind leute versteckt wie oscar brashear, jerome richardson und hubert laws. auf gerade mal drei minuten entrollt sich ein eingängiges blues-thema, gestützt von hadens bass und rileys träger becken-arbeit, das durchaus genug substanz hätte, um eine plattenseite zu füllen. aber nur die orgel soliert, große kirchenoper, dreckiger wurlitzerkniefall. kaum ist der bombast verhallt, kommt das zweite stück, „wisdom eye“, harfe solo (wahrscheinlich + harfe overdub) hinein (die stücke sind behutsam ohne pause ineinandergemischt). wahrscheinlich der höhepunkt von alices harfen-improvisationen – ein faszinierendes kleines thema, in einzelnoten, dann emanzipiert sich die linke hand – und plötzlich kommen soundflächen hinein, verwischte akkorde, dazu abgestoppte aufwärtsläufe, das thema verliert, das ganze stück enthebt sich. ein mikro-kosmos auf drei minuten.
    was dann kommt, traf mich ziemlich unvorbereitet. „los caballos“ ist ein afrokubanischer funk mit „manteca“-ähnlichem thema, sehr catchy, sehr dreckig. hadens bass dazu der himmel auf erden. riley hat verstärkung durch den santana-percussionisten armando peraza, außerdem spielt noch ein „friend“ timpani. nach der sexy-trägen themenvorstellung gibt es ein kurzes timpani-solo und die band spielt das thema in doppelter geschwindigkeit. erste solopassagen von alice, mit ausgiebigem gebrauch des wurlitzer-tonpitching-features. dann wieder timpani solo und die band kommt endlich im halsbrecherischen endtempo an. die folgende improvisation ist unglaublich, rasend schnell, völlig verschroben durch die verzogenen einzeltöne, schließlich eine free-kaskade, die klingt wie ein kaputtgehender spielautomat (und phasenweise wie R2D2). danach gibt es percussionsoli, dann ein solo von haden, der am ende wieder das thema vorstellt, in der trägen anfangsvariante. etwas so weltlich dreckiges hätte ich alice coltrane zu diesem zeitpunkt nicht mehr zugetraut.

    noch eigenartiger dann „OM supreme“, wo sich nach einem tollen, dreiminütigen r&b-fender-rhodes-intro (mit viel dreckigen tieftönen, am ende dann einer arpeggio-kaskade im hohen bereich) sechs klassische sänger und sängerinnen zu wort melden und erst „california“, dann verschiedene hinduspirituelle orte („lokas“) beschwören. das ganze zunächst als call & response (männer//frauen) auf blues-basis, später in einer langen dur-coda. das funktioniert sehr schön, man geht ein bisschen in diesem mantra und den warmen e-piano-klängen verloren. später wird alice nur noch ihren ashram-chor singen lassen (die in afro-amerikanischer besetzung viel näher am gospel sind) – die reibung mit den klaren, klassisch geschulten stimmen hier ist aber auch nicht ohne reiz.
    morning worship“ ist eine schwache brücke zum strawinski-finish, ein dreieinhalb-minütiger tambura-drone, darüber freie improvisationen – es klingt wie ein intro, wird aber ausgeblendet – wahrscheinlich der plattenlänge geschuldet. hier, wo alice nah am letzten john-coltrane-quintet agiert, bleibt der überraschungseffekt aus. aber ein eigenständiges stück ist das auch nicht.
    der „feuervogel“ am ende ist natürlich nochmal ein hit. ein quasi fernöstliches intro, dann plötzlich die bläser aus dem anfangs-blues, auf fagott und flöte umbesetzt, die streicher hart dazwischen. nach dem großen rhytmusdelirium aus dem finale spielen hier alle frei, entrückt, in heiliger kakophonie. auch wieder eine reise in sechs minuten. „Her faithfulness to the material with a complete orchestra under her control is one of shimmering transcendence that places the composer’s work firmly in the context of avant-jazz. Her control over the orchestra is masterful, and her reading of the section’s nuances and subtleties rivals virtually everyone who’s ever recorded it. ETERNITY is ultimately about the universality of tonal language and its complex expressions”, schwärmt thom jurek auf allmusic.

    niemand habe einen solch eklektischen geschmack, um solch ein album wertzuschätzen, meint franya berkman im hinblick auf den schwierigen einstand von alice bei warner. mir gelingt das ganz gut, zumal ich jedem stück trotz der hohen originalität sehr viel eigenes abgewinnen kann. es ist schon beeindruckend, aus wieviel quellen sich alice coltranes musik speist und in wie vielen ästhetischen sprachen sie spricht. berkman wagt die feministische these, dass coltranes hybrider, aber nirgends ironischer ansatz aus dem problem herzuleiten ist, dass schwarze frauen zu dieser zeit keine stimme gehabt hätten, mit denen sie freiheit hätten kommunizieren können. „black women must speak in a plurality of voices as well as in a multiplicity of discourses.“ (13) um nicht ständig an irgendetwas außersubjektivem gemessen zu werden, muss man den sprung wagen aus allen irdischen relativierungen: das hybride material und „her self-proclaimed mysticism disrupt (…) relational modes.“ (14)

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    #8940677  | PERMALINK

    friedrich

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    Ich wollte ja noch was zu dem einzigen mir bekannten Alice Coltrane-Album PTAH THE EL DAOUD schreiben. Dabei habe ich mich aber etwas in Gedanken über die für mich etwas überbetonte Spiritualität in Alice Coltranes Musik verfranst. Allein die Titel: ILLUMINATIONS, TRANSCENDENCE oder gar UNIVERSAL CONSCIOUSNESS. Mein lieber Scholli! Da liegt die Latte ja ganz schön hoch. Für mich versperrt das den unvoreingenommenen Zugang zu ihrer Musik, da damit ein ja aberwitziger Anspruch formuliert wird und Vorgaben gemacht werden, auf die ich mich eigentlich gar nicht einlassen will. Hier und dort wirft sie sogar alt-ägygptische Mythologie, Bhuddismus und was-weiß-ich noch anderes lustig in den gleichen Kessel. Da frage ich mich, wie ernst ich das überhaupt nehmen soll. Am besten nicht allzu ernst. Dann wird die Musik für mich erst anhörbar. Und dann finde ich PTAH THE EL DAOUD sogar sehr gut. Vielleicht später mehr dazu.

    vorgarten

    ETERNITY (1976)

    (…)

    was dann kommt, traf mich ziemlich unvorbereitet. „los caballos“ ist ein afrokubanischer funk mit „manteca“-ähnlichem thema, sehr catchy, sehr dreckig. hadens bass dazu der himmel auf erden. riley hat verstärkung durch den santana-percussionisten armando peraza, außerdem spielt noch ein „friend“ timpani. nach der sexy-trägen themenvorstellung gibt es ein kurzes timpani-solo und die band spielt das thema in doppelter geschwindigkeit. erste solopassagen von alice, mit ausgiebigem gebrauch des wurlitzer-tonpitching-features. dann wieder timpani solo und die band kommt endlich im halsbrecherischen endtempo an. die folgende improvisation ist unglaublich, rasend schnell, völlig verschroben durch die verzogenen einzeltöne, schließlich eine free-kaskade, die klingt wie ein kaputtgehender spielautomat (und phasenweise wie R2D2). danach gibt es percussionsoli, dann ein solo von haden, der am ende wieder das thema vorstellt, in der trägen anfangsvariante. etwas so weltlich dreckiges hätte ich alice coltrane zu diesem zeitpunkt nicht mehr zugetraut.

    Ich weiß ja nicht, was am Weltlichen so dreckig sein soll, es sei denn man glaubt an ein nicht nur sauberes sondern reines Jenseits. ;-) Das hier ist doch toll: Körperlich, tänzerisch -funky! – und voller Witz, weil ganz schön neben der vermeintlichen Idealspur liegend. Und ja – weltlich und daher so lebhaft und aufregend. Tito Puente trifft Sun Ra trifft Krautrock oder so. Ich weiß nicht, ob das so beabsichtigt ist, aber es ist toll!

    noch eigenartiger dann „OM supreme“ (…)

    Kaum vorstellbar!

    Edit: Bass-Soli gehören jedoch verboten! Wenn dieses Stück bei Minute 6:00, spätestens bei 6:50 zu Ende wäre, wäre das nur ein Gewinn. An diesem Punkt ist eigentlich die Luft raus, auch wenn es zum Ende wieder etwas aufgepumpt wird. Da lobe ich mir das in der Popmusik gepflegte Single-Format, bei dem man in 3:00 Minuten auf den Punkt kommen muss. Dabei ist die bass line im ersten Teil des Stückes ja wirklich toll! (Irgendwie erinnert mich das an dieses hier, aber das ist sicher Zufall.)

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #8940679  | PERMALINK

    vorgarten

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    FriedrichDabei habe ich mich aber etwas in Gedanken über die für mich etwas überbetonte Spiritualität in Alice Coltranes Musik verfranst. Allein die Titel: ILLUMINATIONS, TRANSCENDENCE oder gar UNIVERSAL CONSCIOUSNESS. Mein lieber Scholli! Da liegt die Latte ja ganz schön hoch. Für mich versperrt das den unvoreingenommenen Zugang zu ihrer Musik, da damit ein ja aberwitziger Anspruch formuliert wird und Vorgaben gemacht werden, auf die ich mich eigentlich gar nicht einlassen will. Hier und dort wirft sie sogar alt-ägygptische Mythologie, Bhuddismus und was-weiß-ich noch anderes lustig in den gleichen Kessel. Da frage ich mich, wie ernst ich das überhaupt nehmen soll.

    der anspruch dahinter ist mir nicht ganz klar – ich glaube nicht, dass das missionarisch oder dogmatisch gemeint ist. man kann natürlich auch religionskritisch an musik herangehen und sagen, dass das nichts miteinander zu tun hat – aber man kann auch sagen, dass man damit wichtige kontexte ignoriert, die kulturell zur produktion dieser musik beigetragen haben bzw. eigentlich unauflöslich damit verzahnt sind.
    ich verstehe das hier konkret auch nicht – nur: es macht mir nicht viel aus. im gegenteil – vieles war mir gar nicht bewusst und ich lerne das hier: z.b. dass schon in den 30ern eine afroamerikanische „delegation“ gandhi in indien besuchte, dass gandhis schriften sehr wichtig waren für martin luther king, dass sich die ganze black power bewegung in den 60ern auf die suche nach alternativen spirituellen quellen gemacht hat (alternativ zum christentum natürlich). und dass das ja auch interessant ist, wenn sich eine sprituell derartig ‚vorbelastete‘ frau wie alice coltrane (die ja quasi in der baptistenkirche aufgewachsen ist und die nur dort als musikerin wachsen konnte, ohne als ‚unweiblich‘ zu gelten) zu einer hindu-lehrerin wird und einen ökomenischen (!) ashram gründet.

    wenn ich aber stückbeschreibungen von ihr lese wie auf eternity („SPIRITUAL ETERNITY embraces the ancient soul of the immortal eternity. it also peacefully rests upon the everlasting wings of the eternal endlessness.“), dann verstehe ich gelinde gesagt überhaupt nichts. das ist ja schon eine unglaubliche superlativdrescherei: eternity, immortality, everlasting, eternal endlessness… diese aufzählung an sich ist ja wortzauber und nicht wirklich deskriptiv…

    FriedrichDas hier ist doch toll: Körperlich, tänzerisch -funky! – und voller Witz, weil ganz schön neben der vermeintlichen Idealspur liegend. Und ja – weltlich und daher so lebhaft und aufregend. Tito Puente trifft Sun Ra trifft Krautrock oder so. Ich weiß nicht, ob das so beabsichtigt ist, aber es ist toll!

    ja, so höre ich das auch. und tatsächlich ist ja sun ra die andere wurlitzer-trademark-stimme. alice coltrane hat ihre instrumentenwahl ja damit begründet, dass diese orgel so komplett sei (zwei tastaturen, basspedale, möglichkeiten zur tonmodulation), dass sie eigentlich niemand mehr um begleitung fragen müsste – ähnlich dürfte das sun ra auch gesehen haben, dessen musiker ja immer ein wenig um ihn gekreist sind wie planeten um eine sonne.

    Friedrich

    Edit: Bass-Soli gehören jedoch verboten! Wenn dieses Stück bei Minute 6:00, spätestens bei 6:50 zu Ende wäre, wäre das nur ein Gewinn. An diesem Punkt ist eigentlich die Luft raus, auch wenn es zum Ende wieder etwas aufgepumpt wird. Da lobe ich mir das in der Popmusik gepflegte Single-Format, bei dem man in 3:00 Minuten auf den Punkt kommen muss. Dabei ist die bass line im ersten Teil des Stückes ja wirklich toll! (Irgendwie erinnert mich das an dieses hier, aber das ist sicher Zufall.)

    ich finde auch, dass das stück zu lang ist. aber gegen ein solo von charlie haden haben ich nie was einzuwenden – da gibt es aber auch andere meinungen, die ihn als furchtbaren solisten bezeichnen. ich finde das toll, wie er das stück hier nochmal aufbaut – und wie er die basslinie so ultratrocken nach seinem abstrakten alleingang wieder hineinfedert.
    aus haden hätte eigentlich ein super rockbassist werden können. auch hier finde ich ihn (am anfang) grandios.

    ich glaube, das da auf dem shriekback-stück ist ein synthetisierter chapman-stick – haden klingt ja dann doch sehr anders (aber ähnlich trocken).

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    #8940681  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

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    vorgarten(…) man kann natürlich auch religionskritisch an musik herangehen und sagen, dass das nichts miteinander zu tun hat – aber man kann auch sagen, dass man damit wichtige kontexte ignoriert, die kulturell zur produktion dieser musik beigetragen haben bzw. eigentlich unauflöslich damit verzahnt sind.
    ich verstehe das hier konkret auch nicht – nur: es macht mir nicht viel aus. im gegenteil – vieles war mir gar nicht bewusst und ich lerne das hier: z.b. dass schon in den 30ern eine afroamerikanische „delegation“ gandhi in indien besuchte, dass gandhis schriften sehr wichtig waren für martin luther king, dass sich die ganze black power bewegung in den 60ern auf die suche nach alternativen spirituellen quellen gemacht hat (alternativ zum christentum natürlich). und dass das ja auch interessant ist, wenn sich eine sprituell derartig ‚vorbelastete‘ frau wie alice coltrane (die ja quasi in der baptistenkirche aufgewachsen ist und die nur dort als musikerin wachsen konnte, ohne als ‚unweiblich‘ zu gelten) zu einer hindu-lehrerin wird und einen ökomenischen (!) ashram gründet.

    wenn ich aber stückbeschreibungen von ihr lese wie auf eternity („SPIRITUAL ETERNITY embraces the ancient soul of the immortal eternity. it also peacefully rests upon the everlasting wings of the eternal endlessness.“), dann verstehe ich gelinde gesagt überhaupt nichts. das ist ja schon eine unglaubliche superlativdrescherei: eternity, immortality, everlasting, eternal endlessness… diese aufzählung an sich ist ja wortzauber und nicht wirklich deskriptiv…

    Ja, das erscheint plausibel. Für jemanden, der in einem säkularen Umfeld aufgewachsen ist, ist das halt etwas schwer nachzuempfinden – eigentlich sogar nur theoretisch zu verstehen. Dass bei Teilen der afroamerikanischen Bevölkerung die Verheißung einer wie auch immer gearteten Erlösung hoch im Kurs stand, ist nachvollziehbar. Auch, dass man nach einer spirituellen Quelle jenseits der Religion ihrer ehemaligen Sklavenhalter suchte. Bei Sun Ra habe ich das immer als eine Utopie verstanden, aber eben auch als Utopie, ein Sinnbild einer alternativen, idealen Wirklichkeit, die aber niemals erreicht werden kann – außer vielleicht für die paar Minuten oder Stunden, die das Arkestra spielte. Dass Sun Ra tatsächlich vom Saturn kam dürften ja wohl nicht mal die Menschen in seinem unmittelbaren Umfeld ernsthaft geglaubt haben. Vielleicht nicht mal er selbst – es sei denn er ist von irgendeinem Drogentrip nicht mehr zurückgekommen.

    Den spirituellen Cocktail, den Alice Coltrane da zusammenrührt, empfinde ich jedoch als Kitsch. Das erinnert mich an die Späthippie-Idylle der 70er Jahre mit Batik-Tüchern, Räucherstäbchen, Patschuli-Öl, Haschisch, Gurus und Carlos Castaneda. Aber es gab damals wohl einen Markt dafür. Naja, das führt jetzt sicher auch off topic. Konzentrieren wir uns lieber auf die Musik.

    (…)aus haden hätte eigentlich ein super rockbassist werden können. auch hier finde ich ihn (am anfang) grandios.

    ich glaube, das da auf dem shriekback-stück ist ein synthetisierter chapman-stick – haden klingt ja dann doch sehr anders (aber ähnlich trocken).

    Ich meinte weniger den Klang des Basses, als die bass line selbst, die bei AC aber so gut wie unisono von Bass und Orgel gespielt wird, oder? Unwiderstehlich! Vielleicht hätte Haden ein guter Latin- oder Funk-Bassist werden können. Ist er hier ja eigentlich schon.

    PS.: Den

    ökomenischen ashram

    hatte ich zuerst versehentlich als ökonomischen Ashram gelesen. Was dürfte man sich wohl darunter vorstellen? ;-) Genau genommen müsste es wohl heißen ökumenisch.

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    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
    #8940683  | PERMALINK

    vorgarten

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    Friedrich
    Den spirituellen Cocktail, den Alice Coltrane da zusammenrührt, empfinde ich jedoch als Kitsch. Das erinnert mich an die Späthippie-Idylle der 70er Jahre mit Batik-Tüchern, Räucherstäbchen, Patschuli-Öl, Haschisch, Gurus und Carlos Castaneda. Aber es gab damals wohl einen Markt dafür.

    verstehe nicht ganz, warum sun ra’s spiritueller cocktail eine utopie sein darf, der von alice coltrane aber kitsch sein soll. weil du ra als tatsächlich verrückt ansiehst? ich glaube nicht, dass alice ein hippie war. ich glaube dagegen sofort, dass sun ra vom mars kam. ;-) (was würde sich ändern, wenn ich das nicht glaubte?)
    und gurus wie sri chinmoy oder swami satchidananda haben ja nicht nur räucherstäbchen angezündet oder anzünden lassen, sondern krankenhäuser gebaut, einfluss auf politiker gehabt und sind von uno u.a. hoch dekoriert worden. aber natürlich gab es kitsch und träume und kollektive bedürfnisse und märkte.

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    #8940685  | PERMALINK

    vorgarten

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    RADHA – KRSNA NAMA SANKIRTANA (1977)

    When those chants are sung I don’t tell them, if you don’t sound like India, forget it. I don’t say such a thing. Sing the chants the way you feel about singing them. Sing from your heart and spirit and that’s what you get. A number of people that were members or disciples at the vedantic center had that background, like a southern kind of background and the experiences in the baptist church. So you begin to hear that. So the music that I play basically complemented that. Because, also, my background in this lifetime, I had extensive experience playing for various churches for all kinds of faiths. The adventists, the methodists, the baptists. I had a great time playing in Detroit in the various churches so I had that experience.

    (alice coltrane nach berkman: 102)

    alice coltranes 1977 entstandene alben RADHA – KRSNA NAMA SANKIRTANA und TRANCENDENCE sind dokumente eines rückzugs. sie reflektieren ihre zu diesem zeitpunkt alltägliche spirituelle praxis, ein großteil des materials besteht aus bhajans, also religiösen kollektivgesängen, von coltrane sparsam mit orgel, fender rhodes oder klavier begleitet. mitglieder oder besucher ihres ashrams sind zu hören, die meisten von ihnen haben einen wahrnehmbaren afroamerikanischen hintergrund. die percussion kommt von den sängern selbst, handklatschen, tamburine, triangeln sind im rhythmus, in der bewegung, der atmung des chores eingesetzt.

    bhajans sind im zuge des hindu-revivals im indischen mittelalter (600-1500) entstanden, sie werden im kontext des bhakti-rituals eingesetzt. die praxis ist die des gemeinsamen ekstatischen singens, um eine persönliche beziehung zu gott (im rituellen sich-verlieren) aufzubauen. die texte sind tradiert und fixiert, die musikalische gestaltung völlig flexibel – nicht wenige bhajans sind auf der grundlage von populären melodien entwickelt oder aus bollywood-filmen entlehnt worden.

    auf der ersten seite von RADHA – KRSNA NAMA SANKIRTANA erinnert bei aller leidenschaftlichkeit der gesänge nicht wirklich viel an fernöstliche musikformen. in nicht wenigen momenten fühlt man sich in einen katholischen gottesdienst versetzt – vieles ist in dur gehalten, manchmal kommt fast weihnachtsstimmung auf. außer in einigen intros und outros ist alices beitrag dazu ausschließlich grundierung – sie spielt die melodien mit, der bass unterliegt ihren akkorden wie den gesängen. die form ist einfach – laut berkman folgen die bhajans eher gospel-mustern (AB-formen, call & response) als klassischen hindi-hymnen. an unerwarteten orten hört man plötzlich bekanntes, z.b. ein motiv, das man aus einer 90er-jahre-courtney-pine-cd kennt („prema muditha“). zur abwechslung ist eine kurze harfenimprovisation eingestreut („ganesha“), die leider überhaupt nicht mit der rhythmischen vorgabe der tambura zusammenläuft.

    diese tambura wird von alice coltranes tochter michelle, später mikki, hier „sita coltrane“ genannt, gespielt. auf dem einzigen stück auf seite B, „om namah sivaja“, sitzt der 12-jährige sohn john jr. (hier „arjuna“ genannt) an den drums. auch das ein indiz des rückzugs – die alben werden mit dem hauseigenen chor und mitgliedern der familie eingespielt – keiner der vielen tollen drummer aus alices karriere wird bemüht.

    john jr. macht seine sache gut – für einen zwöfjährigen. im gegensatz zu denardo coleman, den sein vater ornette schon mit neun als schlagzeuger engagierte, kann er den takt halten und findet durchaus zu einigen schönen details (jeder musiklehrer würde wahrscheinlich sofort das talent erkennen). was seine mutter hier allerdings mit ihm anstellt, ist einerseits toll (sie lässt ihn sich 19 minuten lang gleichberechtigt austoben), andererseits beinahe unverantwortlich: da sie selbst dazu neigt, in ihren soloexkursen aus dem vereinbarten rhythmus auszusteigen, lässt sie ihn für einige momente völlig hilflos in der luft hängen. was hier auf den 19 minuten passiert – auf der grundlage eines großrtigen ohrwurm-riffs – ist ziemlich spektakulär. da ist einiges an leerlauf dabei, es gibt aber auch mindestens drei momente völlig delirierender höhepunkte, in denen sich die orgel in einen rausch spielt. john jr. spielt break um break, während seine mutter sich ins nirwana verabschiedet. ihr wechsel zwischen den registern ist ziemlich eigenartig und spannend – oft benutzt sie für einzelne basstöne andere sounds als in den läufen, manchmal ändern sich die sounds aber auch mittendrin komplett. warum das alles so ausgedehnt sein muss und ob nicht doch besser z.b. ben riley hätte gefragt werden sollen, mag dahingestellt sein. ich weiß, dass nicht wenige dieses album aufgrund gerade dieses stücks sehr lieben. mich überzeugt es nicht völlig – zumal, wenn man (wie im späteren TRANSFIGURATION zu hören) weiß, wie das ganze mit einer richtig guten rhythmusgruppe abgehen kann.

    john jr. ist, soweit man das recherchieren kann, später auf bass gewechselt, allerdings 1982, mit 18 jahren, bei einem autounfall ums leben gekommen.

    TRANSCENDENCE (1977)

    eröffnung mit harfe und streichquartett. „radhe-shyam“ hat einen offenen gestus, die wehmütigen streicherakkorde lassen viel luft für die interventionen der harfe, ein komplexes solo lässt die streicher zunächst ganz verstummen, später kommen sie mit einer dramatischen, verhallten glissandi-studie zurück, die wie ein aktueller elektronikloop klingt. auch wenn man sich mit alice coltranes eklektischen klangkosmen auskennt, ist das hier etwas neues. rätselhaft und toll, wie sich die harfe mehr und mehr in den streicherloops verliert.
    auf TRANSCENCE, das noch intimer, aber auch geheimnisvoller ist als das schwesteralbum davor, ist die erste seite den coltraneschen eigenarten gewidmet – auf seite B kommen dann die bhajans mit dem ashramchor und auch hier hält sich coltrane wieder begleitend zurück.
    die tambura-drone-studie „vrindavana sanchara“ bestreitet sie komplett selbst (mit tambura, harfe und percussion in overdubs), sie macht hier viel mehr sinn als das zusammenspiel mit ihrer tochter auf RADHA KRSNA.
    mit dem titelstück „transcendence“ kommt das streichquartett wieder. diesmal hat man nun komplett den eindruck eines impressionistischen stücks. indien liegt plötzlich ganz weit weg – bis die streicher wieder erst im glissandi landen, dann im hall, dann verschwinden. indien? frankreich? spanien? die quellen sind rätselhaft, auch der gestus: ist diese musik auf- oder abregend, fröhlich oder traurig?

    beinahe erlösend wirkt da der beginn der zweiten seite, wenn sich die orgel meldet, die ashram-vorsängerin und ihr response-chor. hier ist man wieder tief im gospelgroove, auch wenn in fernöstlicher zunge gesungen wird. ein eingängiges motiv, improvisierte verziehrungen, darunter ein auf- und abschwellendes, in die lücken fließendes orgelgrummeln, vollkommen reduziert, entspannt, hypnotisch.
    auf „ghana nila“, das seine eintönigkeit in die endlosschlaufe schickt, hat man danach gleich die kehrseite der methode und denkt sich: naja, wenn sie beim singen daran spaß haben… „bhaja gowindam“ macht wiederum auch mir spaß, da der gesang hier mit einem aufreizend querlaufendem percussionteppich kombiniert wird. es scheint auch fast so, dass hier alle mit vollstem bewusstsein austesten, wie weit man bhaja und gospel fusionieren kann – speziell alices orgel verhält sich dazu störrisch und mag keine ambivalenzen klären.
    der closer „sri nrsimha“ schließlich funktioniert wie der seite-b-opener „sivaya“ ganz wunderbar als hypnotisches mantra mit überraschendem b-teil, variationen der percussion und dem leidenschaftlichen gesang des chors, der sowas sicherlich stundenlang ekstatisch aufbauen und weiterlaufen lassen könnte.

    RADHA KRSNA SANKIRTANA und TRANSCENDENCE sind eigentümlich genügsame alben, sich selbst genug sozusagen. sie adressieren sich nicht mehr an ein hörendes publikum, scheint es. sie bleiben dokumente des glücks ihrer herstellung, ob mit chor oder familie – oder sie ziehen sich vollkommen in einen rätselhaften klang- und erfahrungsraum zurück, wie die harfen&streicher-reaktionen. wie hat man sowas 1977 gehört?

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    #8940687  | PERMALINK

    friedrich

    Registriert seit: 28.06.2008

    Beiträge: 5,112

    Ich bin hier noch etwas schuldig.

    vorgartenverstehe nicht ganz, warum sun ra’s spiritueller cocktail eine utopie sein darf, der von alice coltrane aber kitsch sein soll. weil du ra als tatsächlich verrückt ansiehst? ich glaube nicht, dass alice ein hippie war. ich glaube dagegen sofort, dass sun ra vom mars kam. ;-) (was würde sich ändern, wenn ich das nicht glaubte?)
    und gurus wie sri chinmoy oder swami satchidananda haben ja nicht nur räucherstäbchen angezündet oder anzünden lassen, sondern krankenhäuser gebaut, einfluss auf politiker gehabt und sind von uno u.a. hoch dekoriert worden. aber natürlich gab es kitsch und träume und kollektive bedürfnisse und märkte.

    Mars bringt verbrauchte Energie sofort zurück, soviel steht fest. ;-)

    Es würde allerdings einen Unterschied machen, ob Du glaubst, dass Sun Ra tatsächlich vom Saturn stammt oder nicht. Im ersten Fall würdest Du es nämlich als Realität anerkennen und auch andere seiner Aussagen als bare Münze nehmen und ihn damit wenn nicht als Messias, so doch als Propheten einer höheren nämlich außer- bzw. überirdischen Macht anerkennen. Im zweiten Fall würdest Du die Figur Sun Ra als ein selbst geschaffenes alter ego betrachten, als eine angenommene Rolle, ein künstlerisches Idealbild. Eine Erfindung.

    Ich sag’s mal so: Wenn Sun Ra sich mit der Rakete Nr. 9 auf den Weg zum Planeten Venus macht, dann klingt das utopisch, phantastisch und hat Witz. Da komme ich gerne mit! Jedenfalls in meiner Vorstellung, denn es ist doch völlig klar, dass Sun Ra in Wirklichkeit gar keine Rakete hat, oder?

    Aber wenn Alice Coltrane von spiritueller Ewigkeit, ewiger Endlosigkeit und endloser Spiritualität pipapo spricht, dann klingt das nicht nur pathetisch, prätentiös und nach heiligem Ernst, sondern auch hohl. Sorry, aber was für eine Art von Erleuchtung soll das denn bitte sein? Da bleibe ich doch lieber zuhause! Alice Coltrane überfrachtet ihre Musik mit Bedeutungen. Ich brauche das nicht und ich finde die Musik braucht es auch nicht. Im Gegenteil: Alice Coltrane verbindet ihre Musik mit Titeln, die einem unvoreingenommen Hören eher hinderlich sind. Lassen wir das alles also einfach mal beiseite. Wisch und weg!

    PTAH THE EL DAOUD hat jedenfalls durchaus seine rein musikalischen Qualitäten. Hier kann ich dem vorgarten nur zustimmen: TURIYA AND RAMAKRISHNA klingt wie ein wunderbar träumerischer Blues, ruhig und elegant fließend, auf- und abschwellend, hier und da mal verzögert um sich dann wieder zu lösen. Alice Coltranes Piano hat etwas fein perlend sprudelndes, die Töne strömen nur so heraus. Auch wenn das nur ein Trio ist, klingt das Stück dadurch sehr dicht. Auch etwas sentimental, aber hier bin ich gerne bereit mich darauf einzulassen. Da bekomme ich einen ganz verklärten Blick.

    BLUE NILE bleibt in einer ähnlichen Stimmungslage, auch wenn der Klang des Stückes durch die beiden Flöten und die Harfe tatsächlich ganz anders ist. Ich weiß zwar nicht, wie blau der Nil wirklich ist, aber die Atmosphäre von BLUE NILE erzeugt in meiner Vorstellung das Bild eines majestätisch dahinfließenden Stromes, in dessen Wellen sich das Sonnenlicht glitzernd spiegelt. Und in diesem Falle finde ich den Titel des Stückes auch sehr passend und schön.

    Für mich ganz klar die beiden Höhepunkte der Platte, weil am geschlossensten, atmosphärisch dichtesten und klarsten. Das Titelstück und MANTRA wirken dagegen viel lockerer gestrickt, weniger stringent, mehr suchend und tastend.

    PS.: Gerade erst festgestellt: der Blaue Nil ist eher ein Nebenfluss des Nils und nicht wirklich blau. Aber natürlich ist BLUE NILE trotzdem ein toller Titel, auch wegen der Doppelbedeutung des Wortes „blue“ im Englischen.

    Gegen den Bau von Krankenhäusern ist natürlich nichts einzuwenden.

    --

    „Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)
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    vorgarten

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    FriedrichAlice Coltrane überfrachtet ihre Musik mit Bedeutungen. Ich brauche das nicht und ich finde die Musik braucht es auch nicht. Im Gegenteil: Alice Coltrane verbindet ihre Musik mit Titeln, die einem unvoreingenommen Hören eher hinderlich sind. Lassen wir das alles also einfach mal beiseite. Wisch und weg!

    ich glaube ja eher, dass alice coltrane bestimmten bedeutungszusammenhängen musik beisteuert. ich kann das akzeptieren und versuchen, die kontexte nachzuvollziehen – gläubig werden muss ich ja nicht. glauben muss ich auch nicht an den propheten vom mars, auch wenn ich ihn für mehr als eine erfindung halte. ich habe einen grundsätzlichen respekt vor eigenmächtig entworfenen identitäten, weil ich es unangenehm finde, menschen den fremdkosntruktionen ihrer herkunft, familie, ihres geschlechts, ihrer rasse und sexuellen orientierung zu überlassen. dass man dem was (meinetwegen völlig durchgeknalltes) entgegensetzen kann, bzw. sich einen spielraum darin erobern kann, ist für mich absolut existentiell. aber meinetwegen: wisch und weg damit (aus diesem thread).

    FriedrichPTAH THE EL DAOUD hat jedenfalls durchaus seine rein musikalischen Qualitäten.

    sehr schön, danke fürs wiederhören und deine kommentare. dass mit den unterschiedlichen farben der nilzuflüsse wusste ich auch nicht. habe gerade mal geschaut, ob irgendjemand auch ein stück „white nile“ genannt hat – und siehe da, phil cochran (der wiederum von sun ra bis hypnotic brass ensemble in mehreren spirituellen peripherien unterwegs war), hat dafür auch mal eine harfe ausgepackt:

    auch sowas hier würde ich mal als direkt von alice inspiriert ansehen: hypnotic brass ensemble – spin.

    --

    #8940691  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Nur ein kleiner Zwischenruf betreffend Cohran (mit Hören bin ich noch nicht weiter gekommen): ich glaube, er hat wenigstens zur selben Zeit wie Alice, eher schon früher, Harfe gespielt. Jedenfalls spielte er Harfe am ersten AACM-Konzert in Chicago, 1965, vermutlich hat er damit schon früher angefangen (allerdings nahm ihn wohl kaum jemand wahr … ist ja bis heute leider nicht sher anders).

    Das hier ist auf die Schnelle das beste, was ich fand:
    http://www.philcohran.com/pc_wr_fr.htm

    Gibt es in Sachen Harfe eigentlich Verbindungen zu Dorothy Ashby und den zweieinhalb anderen Jazz-Harfenistinnen, oder hat Alice Coltrane quasi von vorn angefangen?

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #8940693  | PERMALINK

    vorgarten

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    gypsy tail windNur ein kleiner Zwischenruf betreffend Cohran (mit Hören bin ich noch nicht weiter gekommen): ich glaube, er hat wenigstens zur selben Zeit wie Alice, eher schon früher, Harfe gespielt. Jedenfalls spielte er Harfe am ersten AACM-Konzert in Chicago, 1965, vermutlich hat er damit schon früher angefangen (allerdings nahm ihn wohl kaum jemand wahr … ist ja bis heute leider nicht sher anders).

    Das hier ist auf die Schnelle das beste, was ich fand:
    http://www.philcohran.com/pc_wr_fr.htm

    Gibt es in Sachen Harfe eigentlich Verbindungen zu Dorothy Ashby und den zweieinhalb anderen Jazz-Harfenistinnen, oder hat Alice Coltrane quasi von vorn angefangen?

    danke für den zwischenruf, das wusste ich nicht. interessant, dass es bei sun ra schon kombinationen wurlitzer-zither gab – trotzdem glaube ich nicht, dass sich coltrane auf irgendeine weise mit der ra-sphäre auseinandergesetzt hat. mit dorothy ashby natürlich schon:

    You’ve always been associated with the harp.

    „I just never considered myself to be a harpist to begin with and I didn’t have a lot of background experience [with the instrument] either. But people would say, ‚Oh, she plays harp‘. They would almost go to the harp first, and then the piano. In earlier years I would have them rent me a harp. I remember once I rented a harp from a place and it was very hard to keep it tuned. And these youngsters who were out of college were at the gig and they were saying, ‚We were waiting, we wanted to hear the harp, we want to hear the harp!‘. So I said, ‚This harp is not up to par this evening‘, but they said, ‚We don’t care! We just want to hear anything, one note!‘. So I said, ‚OK, fine‘, so I played and they were just delighted. Delighted.“

    I see what they mean. It’s such a lovely thing to hear.

    „There was another person from the city of Detroit [who played the harp] and her name is Dorothy Ashby. She was a most beautiful harpist, the very best. She used her voice with the harp so beautifully. She wasn’t much older than me, I think four years maybe, and she seemed to be getting a lot of fame before she got ill.“

    (wire-interview)

    nach der warner-zeit hat alice die harfe ja völlig vernachlässigt. für flying lotus‘ erstes album wollte sie sie auf seinen wunsch hin nochmal einsetzen, aber sie war völlig unbrauchbar geworden und eine reparatur beiden zu teuer. wer sind die anderen 2,5 harfenistinnen?

    --

    #8940695  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Wie da allenfalls Einflüsse liefen, weiss ich natürlich auch nicht – aber ich denke auch nicht, dass es zwischen Coltrane und Cohran Bezüge gibt. Zwischen Coltrane und Ra aber, wenn ich „Universal Consciousness“ höre zumal, möchte ich das nicht kategorisch ausschliessen.

    Keine Ahnung, wer die anderen zweieinhalb genau sind, das war so dahingessagt Adele Girard ist sicher eine, die ich im BFT neulich hatte (ist glaub ich auch grad schon alles, was ich von ihr bisher kenne), Janet Putnam, die neben Aufnahmen von Gil Evans (und Miles) auch auf dem tollen Album „The Modern Jazz Society Presents A Concert of Contemporary Music“ (Norgran 1955) zu hören ist und auch sonst da und dort auftaucht … in den verbockten neue Liner Notes zur CD von 1999 steht nichts über sie, die originalen Liner Notes sind Granz-mässig superkurz. Auf dem Nachfolge-Album „Modern Jazz Concert“ (Columbia 1957) spielt dann eine Margaret Ross … aber das waren wohl beides Studio-Musikerinnen, vielleicht kamen sie auch von der Klassik, daher „halb“.

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    #8940697  | PERMALINK

    vorgarten

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    es gab zumindest planetenbahnen, die sich kreuzten… john coltrane war mit sun ra vertraut, zumindest mit gilmore, richtig?

    --

    #8940699  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ja, aber die Details habe ich nicht grad präsent. Bei Alice Coltrane und Sun Ra höre ich – ohne das jetzt genauer verdeutlichen zu können – aber eher gewisse klangliche Parallelen, im Umgang mit dem ganzen elektronischen Instrumentarium, doch vielleicht bilde ich mir das auch nur ein.

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