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Obwohl kein richtiger Jazz, trage ich es hier ein, da es drüben keinen interessieren würde.
Claire Antonini und Renaud Garcia-Fons / Sendesaal / Bremen / 16.01.2020
Ja, was soll ich sagen. Ein sehr schönes Konzert.
Claire Antonini spielte Laute/Theorbe und Renaud Garcia-Fons Kontrabass.
Es war kein Jazz Jazz. Er war eine Mischung, aus Barockmusik, Musik aus dem Orient, Jazz. Es hat alles gut zusammen gepasst!
Beide haben mit ihrem Spiel beeindruckt. Aber was Garcia-Fons aus seinem Instrument heraus geholt hat, grenzte an Magie. Der Bass klang mal nach Jazz, dann orientalisch, dann nach dem 18.Jahrhundert.
Sie spielten viel aus ihrer neusten CD Farangi (reinhören!). Die Stücke waren relativ kurz, bestanden meistens aus zwei Teilen. Garcia-Fons war sehr gesprächig, hat vor fast jedem Stück was dazu gesagt. Es gab auch Zugaben, ich glaube drei oder vier.
Der Saal war voll, das Publikum war begeistert. Es war ja ganz toll.Highlights von Rolling-Stone.deOh, du Hässliche! Die 25 schrecklichsten Weihnachtsalben-Cover
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WerbungJorge Rossy Vibes Quintet feat. Mark Turner & Billy Hart – Zürich, Moods – 17.01.2020
Mark Turner, ts; Jorge Rossy, vib; Jaume Llombart, g; Doug Weiss, b; Billy Hart, d
Das erste Jazzkonzert des Jahres war vor allem wegen Billy Hart den Besuch wert … sonst blieb es etwas zwiespältig. Die Originals von Rossy lehnten sich oft an Vorbilder an, im deutlich animierteren zweiten Set erklang auch „April“, die Lennie Tristano-Paraphrase auf den Standard „I’ll Remember April“ (dessen Hauptthema Gitarrist Llombart in seinem Solo dann ausgiebig zitierte). Damit ist auch der Rahmen vorgesteckt: Musik zwischen Bebop und Tristano-Cool, und damit soweit ich das überblicke für Turner wie für Rossy auch eine Rückkehr in ihre Vergangenheit, in der es auch einen kleinen Schweiz-Bezug gibt (die Alben des International Hashva Orchestra mit Nat Su, TCB, späte 90er), der sich weiter zieht mit Rossy und Turner, die (wie Turners Kollegen von Fly, Jeff Ballard und Larry Grenadier auch) in Basel an der Musikhochschule lehren. Letzteres dürfte auch erklären, weshalb das Publikum deutlich jünger/durchmischter war als üblich im Moods … aber böse Zungen könnten jetzt auch sagen: schon klar, dass das Lehrer waren, hörte man der Musik doch an (und sah man den Leuten auch an). So weit möchte ich nicht gehen, aber da war schon etwas zu viel Ironie im Spiel, Zitate von Zitaten (ein Stück, das sich auf ein Stück bezieht, das der Gitarrist Peter Bernstein über ein älteres Stück schrieb), und das alles führte am Ende auch musikalisch zu einer gewissen Unverbindlichkeit. Ungefähr die Hälfte der Stücke waren Walzer, gerne mit leicht nostalgischem Touch, und wenigstens einer davon hinkte (5/4 quasi ohne dass man’s merkt).
Da kommt dann auch das letzte Element ins Spiel, nämlich das etwas Lounge-mässige der Musik der fünf. Der Klang der Gruppe ist sehr homogen (auch wenn der Herr an den Reglern alles tat, damit er es nicht war – die waren wohl mal wieder mehr mit der Zweitverwertung ihres Digitalclubs befasst als damit, den Leuten im Raum ein anständiges Erlebnis zu bieten … nach der Pause war’s etwas besser, im Einklang mit dem, was auf der Bühne lief). Llombart und Rossy spielten in den Themen oft unisono, manchmal zu dritt mi Turner, der natürlich nur die Melodie mitspielen konnte. Das gab ein kompaktes Klangbild, von Weiss und Hart getragen. Weiss sah ich im ganzen Konzert nicht, fand sein Spiel okay aber nicht sonderlich interessant – er machte halt seinen Job, manchmal besser, manchmal (eine Arco-Passage mit ein paar Intonationsentgleisungen) etwas weniger gut. Mark Turner wirkte im ersten Set ziemlich steif, im zweiten drehte er ein wenig auf. Dass er ein Warne Marsh-Schüler ist, wurde immer wieder deutlich, seine Soli schienen mir aber etwas zu oft auf Riffs zu basieren (nach der Tristano-Schule eigentlich die Todsünde, aber man muss das mit den spontanen Linien ja hart erarbeiten, und dazu sind wohl tausendmal gespielte und durch alle Tonarten geschobene Arpeggio-Übungen das Mittel der Wahl) und vor allem im ersten Set nicht so richtig abheben zu wollen. Llombart fand ich als Solist ziemlich unbemerkenswert, mal blitze Jimmy Raney auf, dann klang es eher nach Jim Hall, der Ton der Gitarre aber etwas weniger klar konturiert, etwas ausfransend an den Rändern – angenehm anzuhören, aber überhaupt nicht umwerfend. Und dasselbe kann ich wohl für Rossy auch gleich anhängen: er machte nichts falsch, aber für ein richtig gutes Konzert reicht das bei weitem nicht.
Also Billy Hart, der Mann in der Mitte, auf den ich von meinem Platz nahezu freien Blick hatte (Rossy stand ganz rechts hinter seinem Vibraphon, wo der Gitarrist sass, ist am Rand des obigen Fotos zu sehen). Billy Hart hatte ich 2001 mit dem Quartett von Charles Lloyd schon einmal gehört (im selben Jahr hörte ich auch schon Jorge Rossy, damals als Drummer mit dem Brad Mehldau Trio). Nun ist es so, dass ich mich mit Harts Time schon immer etwas schwer tat, dass sein Spiel mich aber zugleich auch stets fasziniert, ohne dass ich es genau verstehen würde. Es ist schon bemerkenswert, wie er zwei Bebop-Sets spielen kann, ohne auch nur eine Sekunde im herkömmlichen Sinn zu swingen. Dabei trieb er die Band gekonnt an, bot ein breites Spektrum an Klängen, machte stellenweise so viel Feuer, dass fast schon Angst aufkam, die anderen vier würden gleich von der Bühne fliegen … er bewies auch in seinen Soli echten Humor (nicht detachierte Ironie), war zupackend und stets zur Stelle. Vor allem in den Soli stellte er mit dem Beat Dinge an, die ich überhaupt nicht begriff, er schien manchmal zwei Tempi zugleich zu spielen, einerseits hielt er den Puls des Stückes durch (und blieb, Bebop eben klar, immer in der Form), andererseits schien er den Beat fast nach Belieben zu verlangsamen und dann wieder beschleunigen, die Zeit zu dehnen und dann wieder zusammenzuziehen. Das war enorm faszinierend zu beobachten. Dass Weiss daneben farblos blieb, ist wohl wenig erstaunlich, denn Hart hatte eine äusserst starke Präsenz – und da bräuchte es halt auch einen Bassisten, der in sich ruht, oder halt einen, der mit dem Drummer ein dichtes Zusammenspiel pflegt. So war am Ende, trotz Hart, alles etwas zu nett, etwas zu unverbindlich. Aber allein wegen Hart hat sich der Gang ins Moods gelohnt, und Mark Turner war im zweiten Set dann auch ziemlich stark.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind Jorge RossyVibes Quintet feat. Mark Turner & Billy Hart – Zürich, Moods – 17.01.2020 Mark Turner, ts; Jorge Rossy, vib; Jaume Llombart, g; Doug Weiss, b; Billy Hart, d … So war am Ende, trotz Hart, alles etwas zu nett, etwas zu unverbindlich. Aber allein wegen Hart hat sich der Gang ins Moods gelohnt, und Mark Turner war im zweiten Set dann auch ziemlich stark.
Muss trotzdem toll gewesen sein. Schöner Bericht.
Das Spiel von Billy Hart hätte ich sehr gerne beobachtet und gehört. Vielen Dank für diese Eindrücke.
Die Anderen so na ja – ich kenne solche Konstellationen auch. Warum spielt dieser oder jener tolle Musiker mit solchen Leuten (Turner einmal außen vor, den sah ich auch schon ziemlich gut)? Über Richie Beirach berichtete ich an anderer Stelle mit einer ähnlichen Erfahrung.
„Ich war jung und brauchte das Geld“, kommt mir da in den Sinn. Bei Jazzmusikern muss die Aussage vielleicht anders beginnen „Ich bin alt und …“--
Gestern war mein Auftaktkonzert fuer 2020, das Tom Rainey Trio mit Mary Halvorson und Ingrid Laubrock und es war ziemlich fantastisch. Das ist ja so eine Art Musik, die ich zu Hause fast nie hoere (zu abstrakt), aber live natuerlich ueber die Jahre schon ziemlich oft, vor allem frueher im Loft in Koeln – weil es halt (pauschal gesprochen) die Musik ist, die heutzutage so in Jazzklubs geboten wird… und von all diesen Konzerten war das hier glaub ich eins der aller aller besten… Laubrock und Rainey hatte ich vor Jahren mal zusammen mit nicht_vom_forum in einem Quartett mit Ab Baars (Klarinette) und Ig Henneman (Bratsche) gesehen – und damals fehlte mir irgendwie ein bisschen das Zentrum der Musik – es wurde zu viel gepiepst und es gab zu wenig um sich dran festzuhalten… gestern mit Halvorson war es voellig anders, Halvorson (plus Elektronik) ersetzt ziemlich muehelos alles was einem in der Band potentiell an Bass oder andren Instrumenten fehlen koennte… und einen guten Abend haben sie gestern glaub ich auch erwischt… Dachau und Linz machen die drei das Wochenende noch, dann ist die Tour vorbei… ein bisschen versucht bin ich ja, mir demnaechst auch noch Bill Frisell / Mary Halvorson Duo anzuhoeren (nicht bei uns, aber zB in Amsterdam)
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.redbeansandrice weil es halt (pauschal gesprochen) die Musik ist, die heutzutage so in Jazzklubs geboten wird…
das verstehe ich nicht, was meinst du damit?
ein bisschen versucht bin ich ja, mir demnaechst auch noch Bill Frisell / Mary Halvorson Duo anzuhoeren (nicht bei uns, aber zB in Amsterdam)
bei jazzfest berlin 2018 kam halvorson am ende des solokonzerts von frisell dazu, das wirkte wie eine staffelübergabe, war im zusammenspiel aber wirklich sehr schön.
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vorgarten
redbeansandrice weil es halt (pauschal gesprochen) die Musik ist, die heutzutage so in Jazzklubs geboten wird…
das verstehe ich nicht, was meinst du damit?
naja, ich meinte damit nicht so wahnsinnig viel… bei mir gibt es einen ziemlichen Unterschied zwischen dem Jazz, den ich mir zu Hause anhoere und dem Jazz, den ich live hoere – das geht sicherlich vielen Jazzhoerern zumindest ein wenig so, weil man ja auch alte Sachen von Ellington bis Ayler hoert, die live so nicht mehr zu finden sind… aber ich glaub bei mir ist es vergleichsweise extrem… Ich hoere auf Platte fast keinen aktuellen Jazz – ich wuesste zB nicht, was ich an Neuerscheinungen von 2019 gehoert haette… aber live muss man sich halt mit der Jazzszene auseinandersetzen, die es gibt… und seit ich wieder oefter ins Konzert gehe, merke ich, dass diese Musik fuer mich live auch wunderbar funktioniert… und wenn jetzt zB Kris Davis hier spielen wuerde, wuerd ich sicher versuchen hinzugehen – nicht weil ich sie schonmal gehoert haette, sondern schlicht, weil ich wegen euren posts hier weiss, dass das was gutes ist – und das waere dann wahrscheinlich auch so…
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.ah, verstehe. ich dachte, du würdest behaupten, dass heutige jazzclubs die musik insoweit schon formatieren würden, dass nur sowas wie halvorson-laubrock-rainey dort zu hören sei
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Gestern ein Doppelkonzert. Jeweils etwa eine Dreiviertelstunde spielten Matthias Nadolny mit Bob Degen (p) und bergseidlduo das sind Henning Berg an der Posaune und Simon Seidl, Klavier.
Vor allem wegen Bob Degen besuchte ich die Jazz Schmiede in Düsseldorf. Nadolny hatte ich dort vor ein paar Jahren schon einmal gesehen. Da sollte eigentlich nichts schief gehen.
Das Angekündigte barg aber durchaus gewisse Fallen. Die gebotene Musik war ursprünglich nicht zur Veröffentlichung gedacht, sondern als Geburtstagsgeschenk für Nadolnys Frau. Man entschied sich dann doch zu einer Veröffentlichung, so erschien sie bei Klaeng Records in Köln.An dem eigentlich privaten Anlass jeden teilhaben zu lassen war zugleich Schwäche als auch Stärke der gebotenen Musik. Eine Liebeserklärung mit Titeln wie „More Than You Know“, „Everything I Love“ und „You‘re My Everything“ mit Emotionalität gespielt, doch gab es kaum überraschende Momente, so dass der Funke bei mir nicht so recht springen wollte. Schönes Spiel der beiden Beteiligten, aber man wusste auch immer was gerade passierte und was bald folgen wird. [Meine Frau fasste das mit ihrer Einteilung zu „Essmusik“ sehr treffend zusammen. Das ist zwischen uns bewehrter Brauch zu unterscheiden zwischen Koch- und/oder Essmusik. Kochmusik kann durchaus auch schon mal Derberes bis Derbstes bieten, zum Speisen gibt es dann eher Ruhigeres. Ich möchte betonen, dass damit natürlich überhaupt keine qualitative Einstufung verbunden ist.]
Würde ich von meinem Partner so eine Liebeserklärung bekommen, würde mich das bestimmt sehr anrühren, doch kenne ich die Beteiligten nicht oder kaum. So blieb der kleine Nebengeschmack aufdringlich zu sein, als wenn man Anderen bei etwas Privaten zuschaut. Sicher, das fassen andere Beobachter bestimmt anders auf, weil sie entzückt gar berauscht vom liebevollen Spiel sind, der intime Moment halt, den man doch eigentlich so schätzt und danach stets auf der Suche ist.
Es wurden Standards geboten, die man mitsummen könnte, verkneift sich das wohlerzogen wie man nun mal ist und muss sich dann den während seiner Soli mitsummenden Bob Degen anhören. So schön er spielt, sein nicht sehr lautes Gesinge störte schon. Spielten sie gemeinsam, sang Degen nicht.
So genügten die 45 Minuten um uns ein frohes, ein wenig sattes Gefühl zu vermitteln. Es war schön, aber nicht großartig.
…
Darauf folgten bergseidlduo. Die Auswahl der beiden Bands passte. Es gab durchaus Parallelen: in Beiden gab es einen Pianisten, auch bergseidlduo boten ein paar Standards (wunderschön mit der Posaune ein „The Man I Love“ oder „Skylark“). Außerdem zwei Titel von John Taylor und eines von Kenny Wheelers „“Everybody’s Song But My Own“, 1987 ebenfalls mit John Taylor eingespielt.
Mir ist ein Duett mit Posaune und Klavier im Jazz nicht bekannt, ein Alleinstellungsmerkmal dieser Band. Auch das Internet gibt kaum Beispiele preis, die zwei, drei Anderen sind mir nicht namentlich bekannt. Das alleine schon machte den Reiz dieser Konstellation aus. Ich finde, die Beiden harmonierten sehr gut miteinander. Henning Berg spielt keine Hauruck-Posaune, fand sich ein in den Dialog mit dem Pianisten und war nur wenig dominierend. Durch die ungewohnte Besetzung ergaben sich viele spannende Momente, durchaus mit Ecken und Kanten. Ohne Vergleichsmöglichkeit möchte ich sagen, dass die Beiden das gut machten. Obwohl kein großer Freund des Instruments Posaune, hörte ich mit Vergnügen den Zweien zu, deren kreativer Umgang miteinander, bescherte mir, trotz anfänglicher Skepsis, eine sehr schöne Dreiviertelstunde.
Und weil ich sonst niemanden kenne, die in dieser Kombination miteinander Musik machen, kaufte ich mir auch das Album dazu: bergseidlduo – The Garden, ebenfalls bei Klaeng erschienen.
= Kochmusik. ;)musstewiederewigrumbastelnbisichtext+bildereinstellenkonnte_entgenervtvondertechnikdesforums
zuletzt geändert von dietmar_--
@dietmar_ Danke für Bericht! Mit den Fotos hat es leider nicht geklappt (oder sehen andere etwas? Ich sehe nur die Symbole für nicht darstellbare Bilder). Hatten wir ja schon mal, es geht nur via Link (Bild irgendwo hochladen, den richtige – direkt aufs Bild, nicht auf die Seite der Hosting-Plattform – einbetten ist dann kein Problem, aber Anhänge direkt ins Forum laden geht leider nicht).
In Sachen tb/p Duo fällt mir spintan nur eines ein, aber das ist halt aus Köln – Nils Wogram/Simon Nabatov. Ich hab nur eins ihrer gemeinsamen Alben, aber das ist sehr gut:
https://www.allaboutjazz.com/the-move-nils-wogram-between-the-lines-review-by-jerry-dsouza.php?width=412Selber bin ich untröstlich, dass die Braxton-Konzerte schon vorüber sind … Bericht folgt natürlich, aber vor Ende der Woche kriege ich das wohl nicht hin. Hoffe aber, dass das kei Ende sondern eher ein Anfang war …
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind@dietmar_ Danke für Bericht! Mit den Fotos hat es leider nicht geklappt (oder sehen andere etwas? Ich sehe nur die Symbole für nicht darstellbare Bilder). Hatten wir ja schon mal, es geht nur via Link (Bild irgendwo hochladen, den richtige – direkt aufs Bild, nicht auf die Seite der Hosting-Plattform – einbetten ist dann kein Problem, aber Anhänge direkt ins Forum laden geht leider nicht).
In Sachen tb/p Duo fällt mir spintan nur eines ein, aber das ist halt aus Köln – Nils Wogram/Simon Nabatov. Ich hab nur eins ihrer gemeinsamen Alben, aber das ist sehr gut:
https://www.allaboutjazz.com/the-move-nils-wogram-between-the-lines-review-by-jerry-dsouza.php?width=412
Selber bin ich untröstlich, dass die Braxton-Konzerte schon vorüber sind … Bericht folgt natürlich, aber vor Ende der Woche kriege ich das wohl nicht hin. Hoffe aber, dass das kei Ende sondern eher ein Anfang war …Ja, ich weiß, wir hatten das schon. Ich kann mir das anscheinend nie wirklich merken. Danke für deine Geduld, Flurin.
Das Merkwürdige mit den Bildern: ich lade den Post hoch auf die Seite, sehe die Bilder. Wenn ich später aktualisiere, sind die Bilder nicht mehr zu sehen.Oh je, klar, Nabatov/Wogram! Ich habe selbst ein Album von denen (Starting A Story). Manchmal ist man aber auch so vernagelt.
Ich sollte das Album einmal wieder hören.--
dietmar_
Das Merkwürdige mit den Bildern: ich lade den Post hoch auf die Seite, sehe die Bilder. Wenn ich später aktualisiere, sind die Bilder nicht mehr zu sehen.Genau versteh ich das nicht, aber es hat was mit dem Cache zu tun. Discogs-Bilder waren früher so geschützt, dass eine Verlinkung (als Bild) nicht ging, aber bei einen selbst wurden die Bilder trotzdem angezeigt …
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind
dietmar_
Das Merkwürdige mit den Bildern: ich lade den Post hoch auf die Seite, sehe die Bilder. Wenn ich später aktualisiere, sind die Bilder nicht mehr zu sehen.Genau versteh ich das nicht, aber es hat was mit dem Cache zu tun. Discogs-Bilder waren früher so geschützt, dass eine Verlinkung (als Bild) nicht ging, aber bei einen selbst wurden die Bilder trotzdem angezeigt …
So aussagekräftig wären die Bilder auch nicht gewesen, ziemlich schlecht belichtet/unscharf, aus der Entfernung die Totale abbildend, weil ich zu bequem war mich groß zu bewegen.
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Anthony Braxton Standard Quartet – 3-day-residency – Wels, Schl8hof – 23.–25.01.2020
Anthony Braxton – alto, soprano & sopranino saxophones
Alexander Hawkins – piano
Neil Charles – bass
Stephen Davis – drums—
opening sets:
Do 23.1. – KGB: DD Kern (d), Susanna Gartmayer (bcl), Thomas Berghammer (t)
Fr 24.1. – SKD: Hermann Stangassinger (b), Marina Dzukljev (p), Christof Kurzmann (elec)
Sa 25.1. – TRIO NOW: Tanja Feichtmair (as), Uli Winter (vc), Fredi Pröll (d)—
Um es gleich vorwegzunehmen: die drei Abende – die dritte der drei 3-day-residencies, die das Braxton Quartett der Reihe nach in Warschau (Pardon To Tu), London (Cafe Oto) und Wels spielte – mit Braxton waren grossartig. Sie gehören in Sachen Jazz sicherlich seit mehreren Jahren zum Besten, Inspiriertesten und Inspirierendsten, was ich hören konnte. Dem Herrn und seinen überaus wachen Begleitern über sechs Sets zuhören zu können, zu erleben, wie er dabei Ideen und Konzepte entwickelte, war unglaublich toll!
Vielleicht am schönsten war, dass im Rahmen der drei Abende etwas Neues entstanden ist. Die Tour öffnete, wie ich hörte, mit einem etwas verhaltenen Abend. Das Trio – besonders Charles/Davis, die davor mit Braxtons Musik nicht sehr vertraut waren – habe sehr zurückhaltend gespielt, es gab Standards – aber auch Jazz-Klassiker, ungefähr das Material, was in den verschiedenen Real Books zirkuliert also. Etwas über 150 Stücke hatte Braxton dabei, jeden Tag setzte er sich hin und arbeitete Routinen und kleine Ideen betreffende Arrangements aus, die dann beim Soundcheck rasch besprochen wurden (die „performance notes“, ein A4-Blatt pro Set, verteilte er dann nebst einer Selitst auf einem weiteren Blatt, an die anderen), das eine oder andere Stück mit einem schwierigen Thema (Monks „Eronel“) wurde auch rasch ein wenig geprobt. Am zweiten Abend brachte Braxton dann zum ersten Mal ein eigenes Stück mit, das mangels eines richtigen Titels „Fusion Piece No. 1“ hiess und sich an bereits erprobten Methoden orientierte (ich stelle von den Anmerkungen von Braxton und von seinen Noten keine Fotos ein, das schiene mir falsch/frech). Am dritten Abend kam dann gar ein neues System zum Einsatz („Fusion Piece No. 2“), das Braxton wohl auch im Rahmen des Soundchecks kurz erläutert haben muss.
Jedenfalls inspirierte ihn das Spiel mit dem Trio, so erzählte Alexander Hawkins mir, so sehr, dass über die Standards hinausgehen wollte, mit dem Trio auch ein wenig eigene Musik spielen – und womöglich, wenn es die Kalender der drei gefragten Musiker denn zulassen, wenn es trotz des grossen geographischen Abstandes denn irgendwie machbar wird, auch künftig wieder spielen will. Das hiesse dann, dass Braxtons Musik gespielt wird, denn die Sache mit den Standards ist eine, die Braxton alle paar Jahre mal machen will, und dann ist das auch wieder erledigt. Die anfängliche Ansage – die 9 Gigs und that’s it – ist also zumindest fraglich geworden. Aus meiner Sicht wäre es ganz grossartig, ginge es weiter, denn im Laufe der drei Abende dachte ich tatsächlich mehrmals an das grosse Braxton Quartett mit Marilyn Crispell, John Lindberg bzw. Mark Dresser und Gerry Hemingway, das ich leider im Konzert nie erleben konnte.
Ebenfalls fein: Braxtons Tonmeister reiste mit und nahm alle neun Abende auf – ein Box-Set ist geplant, und ich werde mich drauf stürzen, sobald es herauskommt!
Den Auftakt am ersten Abend machte das Trio KGB, aus dem ich immerhin zwei Leute schon ein klein wenig kannte, Drummer Kern und Trompeter Berghammer. Noch nie gehört hatte ich Gantmayer, die an der Bassklarinette zu hören war. Das Trio spannte Bögen, verband repetitive Muster mit Grooves, war eher nicht an freien Ausbrüchen interessiert sondern an kleinen Verschiebungen, an Erweiterungen, Veränderungen dessen, war zu Beginn mal gesetzt wurde. Ein schönes Konzept, aus dem sich ein feines Intro in die drei Tage ergab.
Nach einer Umbaupause dann Braxton. Im Konzert gehört hatte ich ihn erst zweimal, einmal im Trio mit Taylor Ho Bynum und Gerry Hemingway in Willisau (als er kurzfristig für Cecil Taylor einsprang), das andere Mal in Zürich beim Taktlos-Festival mit dem Quartett mit Taylor, Ingrid Laubrock und Mary Halvorson (direkt nach dem Set musste Hawkins solo auf dieselbe Bühne – und glänzte). Beides waren tolle Konzerte, aber Braxton ist bei mir seit vielen Jahren ein Musiker, um den ich immer wieder kreise. Oft bin ich begeistert, aber so manches verstehe ich dann wiederum überhaupt nicht (ich sollte z.B. mal wieder einen Anlauf in Sachen Ghost Trance Music unternehmen).
Am ersten Abend kannte ich nahezu alle gespielten Stücke – und das machte den Einstieg natürlich noch leichter, als es rein vom Format her für mich eh schon war. Nachdem die ersten Konzerte noch länger gedauert hatten (am ersten Abend spielte man zweieinhalb Stunden am Stück, am zweiten dann zwei Sets à sechs Stücke) fand das Quartett in der Zwischenzeit die passende Form: 5 Stücke pro Set. Kein einziges wurde an den neun Abenden mehr als einmal gespielt – die 150 Stücke hätten auch noch für ein paar weitere Abende ausgereicht. Los ging es mit „Have You Met Miss Jones“, in dem die vier alle Tore öffneten. Hawkins spielte schon hier das erste von vielen phänomenalen Soli, bei denen er auch dann Räume auftat, wenn er in der Form blieb – ein Spiel mit Nuancen des Tempos, mit Verdichtungen, Entspannungen, mit Versatzstücken und manchmal auch mit Zitaten (am zweiten Abend streute er mal das Motiv der Klaviersonate Alban Bergs ein). Die Aufstellung auf der Bühne war bemerkenswert, die besten Plätze vorne links: Braxton stellte sich zwar in die Mitte, aber drehte sich um 90 Grad zum Klavier. Das war die erste und zentrale Achse. Die andere ging schräg nach hinten ab, von Hawkins zu Charles/Davis (mit denen er ja schon öfter gespielt hat, auch auf CD und auf Tour mit Mulatu Astatke), die Blicke gingen immer wieder hin und her, da die Abläufe spontan gestaltet wurden gab es manchmal auch ein rasches Zeichen oder ein Kopfnicken – dann begann das nächste Solo, setzten die Fours mit Davis ein, oder fand man zurück ins Thema. Andere Male geschah das alles spontan: die Soli bewegten sich weg von der Form, und irgendwann steigt Braxton halt mit der Bridge ein – und natürlich klappt auch so etwas wie am Schnürchen.
Aber zurück zum ersten Abend, der ging nämlich mit einer unglaublich schönen Version von „Django“ weiter, dem Stück von John Lewis. Ob dieser in Braxtons Orbit eine Rolle spielt, weiss ich nicht, aber es würde bestens passen. Das Quartett spielte das Stück frei, blieb aber in der Stimmung ganz nah an der Vorlage. In den „performance notes“ steht: „after the head, the music opens up into collective improv. We will later play the theme again afterwhich Nels plays a solo and ends the piece (Alex will give light support under Nels).“ Und ja, Neal hiess auch in den Ansagen im Nels oder Nils – ich habe keine Ahnung, ob er sich selbst so nennt oder ob das Braxtons patentierte Zerstreuung (er ist schon auf so vieles fokussiert, Namens ich ja echt nicht so wichtig). Das war eine höchst konzentrierte Performance von überirdischer Schönheit und Klarheit. Es folgte „Easy Living“, die nächste Ballade, die aber wieder aufgebrochen und gedehnt wurde. Hier war ich schon für alles entschädigt, was die Reise (drei Stunden im Zug mit Gruppen, die schon morgens um 9 eine Flasche Wein nach der anderen öffnete, die Segnungen des Sports halt) so mit sich brachte. Und noch viel mehr als das: das war exakt meine Musik – genau die Art und Weise, Standards und Jazzklassiker zu spielen, wie mir das einst als Amateur auch vorschwebte. Bloss wurde das von Braxton und dem Trio natürlich auf einem Niveau getan, von dem fast alle anderen nur Träumen konnten.
Das Set brachte dann noch Monks „Eronel“, wo ich nicht sicher war, ob Braxton den „head“ nicht etwas besser hätte üben müssen. Doch als ich am Abend drauf nach dem Konzert mit Alex zusammensass, meinte er: das Stück hätten sie beim Soundcheck geprobt, und er gehe davon aus, dass Braxton exakt das gespielt hätte, was ihm vorgeschwebt sei. Das mag gut sein, denn bei der Rekapitulation des Themas spielte er dieses viel näher an Monks Vorlage, die „fluffs“ von davor waren also vielleicht tatsächlich keine?
Auch das letzte Stück des ersten Sets war besonders, „Dee’s Dilemma“ aus der Feder von Mal Waldron (das ich zwar kannte, aber nicht drauf kam, was es ist) – aufgenommen von Art Blakeys Messengers mit Jackie McLean und vom Komponisten selbst mit Gigi Gryce – und an diesen hatte ich schon davor, bei „Easy Living“ wohl, mal einen Moment lang gedacht. Hier gab es in den performance notes die einzige weitere Anmerkung (sonst nur Solo-Abfolgen), nämlich dass nach der Rekapitulation am Ende die Takte 37-40 wiederholt würden und daraus ein „Fade-Out“ werden solle. Zu den performance notes ist anzumerken, dass Braxton diese nur als Vorschlag versteht, als Plan, den es keinesfalls unbedingt exakt umzusetzen gälte. So spielte er auch mal selbst das erste Solo, wo Neal oder Alex als erste standen. Er ist seinen Leuten aber auch nicht böse, wenn sie sich vom Skript verabschieden. Dasselbe gilt wie es scheint auch für seine Kompositionen, sie sind eher Vorschläge, die mehr oder weniger komplett oder korrekt umgesetzt werden können.
Das zweite Set öffnete mit Lester Young („Too Marvelous for Words“) und den Red Hot Chili Pepeprs („Fuck You“, in Jazzkreisen besser bekannt als „Bemsha Swing“ von Thelonious Monk – hier fächerte Braxton das Thema auf, spielte hinter und neben dem Piano). Dann folgte eine phänomenale Ballade, ein mir zuvor nicht bekanntes Stück, „I’m So Glad We Had This Time Together“, die als Closing-Song einer TV-Show (Carol Burnett Show) in den USA super bekannt wurde. Danach folgte Dave Brubecks „The Duke“ – was auch wieder perfekt passte, denn im Laufe des ganzen Abends wurde oft klar, wie Braxton und Lee Konitz – besonders der spröde späte – doch irgendwie verwandt sein müssen, nicht nur in der Tongestaltung, auch in der Phrasierung, der Trockenheit, der Art und Weise, wie sie musikalisch das krasseste Zeug machen können, Dir dabei aber unverwandt in die Augen blicken können, als laufe gerade nur das normalste ab, was das Leben so zu bieten hat – ein Understatement, bei dem der Genius sich irgendwie hinter einer Matter-of-Fact-Maske verbirgt, und es noch nicht mal nötig hat, rasch hervorzublicken oder die Augen funkeln zu lassen.
Als Closer gab es dann Andrew Hill, „Pumpkin“. Und das war dann auch eine Frage, die ich mit Alex später diskutierte: bis wohin gehen eigentlich die „Jazzklassiker“? Bis zu Monk, zu Mingus? Oder auch zu Dolphy, zu Hill und noch weiter? Standards im engen Sinn sind das ja nicht (selbst bei Keith Jarrett gab es hie und da Jazz-Tunes, z.B. Benny Golsons „Whisper Not“, das als Titelstück einer Aufnahme des Standards Trios fungierte), aber wie reichhaltig diese Musik immer noch ist, wurde im Laufe der drei Abende wieder einmal überdeutlich – auch weil kaum Stücke auf dem Programm standen, die übermässig bekannt wären (im Fall dieses ersten Abends allenfalls die beiden Set-Opener – die Lewis-Ballade war dermassen grossartig und dabei eigenwillig aufgemacht, dass sie fast schon wie ein neues Werk klang).
Sehr balladesk sei der Abend gewesen meinten die zwei Bekannten, die schon in Warschau und London dabei gewesen waren. Da ginge noch mehr – das fand ich kein überraschendes Fazit, aber für mich war auch das, was ich an diesem ersten Abend zu hören bekommen hatte, unfassbar gut. Die offene Art, mit dem Material umzugehen, Braxtons offensichtliche Liebe zur Melodie, seine überaus eigenwillige Phrasierung, das Playing, die Interaktion das Quartetts – besser kann man Jazz eigentlich gar nicht spielen! Ich wankte jedenfalls völlig beseelt in die Nacht hinaus …
Am Tag danach lief ich ziellos durch Wels, das eigentlich eine Art innenstädtischer Parkplatz ist. Es gibt neben ein paar an sich repräsentativen Plätzen (der eine ist der totale Parkplatz, auf dem anderen war immer noch eine riesige Eislaufbahn für Kinder in Betrieb, auch von der Weihnachtsdeko war immer noch viel zu viel dran) die alte Ringstrasse (an der mein Hotel lag), neben restaurierten, teils umgenutzen Altbauten auch zahllose Bausünden. Ein paar Türme stehen noch, im Minoritenkloster und in der Burg ist das Stadtmuseum eingerichtet (ich habe es nicht besucht), beim Weinphilosophen (verkauft Bücher und Weine) erstand ich für einen Fünfer die Romantrilogie von Manès Sperber, beim Stadtarchiv und der Stadtbücherei bewunderte ich die Pfauen, die wie es scheint frei ums Gebäude laufen.
Das Opening-Set am zweiten Abend absolvierte ein Trio, aus dem ich nur Kurzmann kannte, der hinter einem Tischchen mit diversen verkabelten Gerätschaften Platz nahm. Hermann Stangassinger spielte den Kontrabass und Marina Dzukljev griff in den Flügel. Das Konzept der drei Support-Acts war es, Leute mit irgendeiner Form von Bezug zu Braxton zu engagieren. Elisabeth Harnik hätte auch unter ihnen sein können, doch spielte sie an einem der drei Abende ein Konzert in Tasmanien. Bei diesem zweiten Trio fand ich besonders Dzukljev ziemlich toll, aber wie die drei Klänge übereinander schichteten – obwohl zumindest oberflächlich viel experimenteller als was Braxton tat – hatte auch wieder etwas sehr Kommunikatives. Dzukljev präparierte das Klavier teils laufend um und entlockte ihm eine Fülle an Klängen, die mit Kurzmanns Effekten und dem oft gestrichenen Bass verschmolzen.
Braxton (das Foto stammt vom dritten Abend, ich sass am zweiten ähnlich gut, aber in der zweiten Reihe) war am zweiten Abend dann unter dem „spell“ von Coltrane, zumindest im ersten Set, das mit „Like Sonny“ öffnete und mit „Equinox“ fortfuhr, für das Braxton wieder Anweisungen notiert hatte: „Start off correctly – suddenly like a switch is turned on – the music goes open using the rhythmic motif in the beginning. later everything opens up. NO solos. Als drittes folgte danach ein Stück, das schwer an eine Hymne, einen alten Spiritual erinnerte (perfektes Material für die Alben von Charlie Haden/Hank Jones, dachte ich) – doch wie Alex mir später erklärte, war das die Titelmelodie von Bing Crosbys Radio-Show, „Where the Blues of the Night Meets the Gold of the Day“ (Turk-Ahlert-Crosby – letzterer steuerte die Lyrics bei). In den Notizen von Braxton steht dazu: „After theme, let’s have more ballad like sound world that contrast w/the improvisation on Equinox. Again no real extended solos. Please – no monk materials – we’ll do that tomorrow“. Danach folgte „Fusion Piece No. 1“, das erste Original, das bei der Tour gespielt wurde – vermutlich auch das erste Mal, dass das Stück gespielt wurde. Die Spielanweisung dafür: „choose any music material that we played earlier for source material“ – das Stück an sich nur ein Ablaufplan mit Symbolen, die verschiedene Ereignisse triggern sollen (z.B. das Einstreuen einer existierenden musikalischen Fragments, eben aus einem der davor schon gespielten Stücke). Den Ausklang machte dann Monk, „Off Minor“, und damit war auch der Bogen zum relativ konventionell gespielten Set-Opener wieder geschlossen.
Dieses Set hatte es in sich. Es passierte so viel mehr als am ersten Abend. In Equinox wurde also das rhythmische Motiv länger als Basis verwendet, doch die Musik war völlig offen, Braxtons „Language Music“ kam zum Einsatz, eine Art Konzept mit grundsätzlichen Techniken (siehe oben – ich höre gerade „staccato sounds“ von der Pianistin Gabriella Smart, die für ezz-thetics auf einer neuen CD ein Werk von Ierkki Veltheim einspielte, das sich mit der Verlegung der Telegraphenverbindung von Port Darwin nach Port Augusta via Alice Springs befasst). Diese Konzepte sind nicht neu sondern eher eine Art Versuch, das Basisvokabular, woraus Musik sich zusammensetzt, aufzulisten – die Elemente können zusammengefügt werden, sie wurden am zweiten und dritten Abend in Wels in mehreren Stücke eingesetzt, meist indem Alexander für Neal und Steve die Nummern anzeigte, manchmal gab auch Braxton einen Anstoss, manchmal liefen mehrere „Schienen“ nebeneinander oder „language music“ kam zum Einsatz, während Braxton beim Thema verweilte … so ist Braxtons Liste eine Art Anleitung, die ermöglicht, spontan etwas zu tun, mitten im Stück – oder auch das Stück in eine ganz neue Richtung zu drängen. „‚Dot‘ sounds“ gab es z.B. auf öfter gemeinsam von zweien oder dreien, während die anderen beiden oder vierte gerade etwas anderes spielten. Nachdem schon „Equinox“ quasi zu freier Musik wurde, ging das im ersten Fusion Piece weiter. Dessen Score besteht aus drei Seiten mit jeweils vier „Systemen“ (ohne Notenlinien aber mit A, B, C, D daneben, wohl für die vier Musiker) und einer Art linearen Notation mit eigener Farbe pro Stimme und verschiedenen Ereignissen, die quasi als Unterbrüche der Linien funktionieren. Improvisiert im Sinne von „ein Solo spielen“ wird hier nicht, aber die Vergegenwärtigung, die Umsetzung der Noten erfolgt natürlich quasi improvisatorisch, denn so etwas wie Tonhöhen sucht mann vergebens, es gibt bloss eine Art Zeitachse und eben die kunstvoll eingestreuten „Ereignis“-Anweisungen.
Das zweite Set öffnete rasant mit „Groovin‘ High“ – und mit einem solchen schnellen, aus dem Bebop stammenden Stück, konnte das anwesende Publikum wohl in aller Regel viel mehr anfangen als mit den ganzen Balladen, bei denen wenigstens teils die Experimentierlust viel deutlicher wurde – aber halt auf eine zurückhaltende, ja stille Art. Die nächste bezaubernde Ballade folgte auf dem Fuss mit „Skating in Central Park“ – natürlich wieder aus der Feder von John Lewis. An diesen ersten beiden Abenden wechselte Braxton recht regelmässig zwischen seinen drei Instrumenten, hier z.B. spielte er das Sopranxax. Für das mittlere Stück des Sets griff er wieder zum Altsaxophon – ich kannte das Stück nicht, doch wurde schwer an Paul Desmond erinnert. Es handelte sich um „When Joanna Loved Me“ aus dem Jahr 1964, bekannt gemacht von Tony Bennett und in der Tat gerne von Desmond gespielt. Braxton streute ein paar kleine Motive und Figuren ein, die mir direkt aus Desmonds Vokabular entliehen schienen. Dann folgte nochmal eine Ballade, und gleich wieder eine überraschende Wahl, nämlich „Unforgettable“ – wenn man’s denn erkannte, denn die Melodie tauchte erst im Laufe des Stückes auf: „open improvisation and I will get the melody inside of the open space. also, bring in a little harmonic support underneath the melody. Afterwhich we will go back to improv. The melody will not repeat.“ Als Closer folgte dann – der perfekte Abschluss des Abends, der ja mit Coltrane begonnen hatte – Sonny Rollins‘ „The Bridge“. Auch hier wieder eine Spielanweisung, die sich sehen lassen kann: „We will start w/the chords, but suddenly different chords will emerge that have nothing to do with anything we know about. Finally we repeat the theme. Who knows – maybe the metric rhythm will also disappear“. Und klar, daraus wurde eine umwerfende Performance!
Nach dem zweiten Abend sass ich noch lange mit Alexander in der Bar im Schl8hof wir redeten über Braxton und andere musikalische Themen, die uns gerade beschäftigen, zwischendurch gab es eine Runde Schnapps mit Dzukljev (die fand, das sei kein richtiger Schnaps) und Gartmayer, vor allem aber erzählte Alex viel von den vergangenen Tagen mit Braxton, vom gemeinsamen Musizieren, von der riesigen Freude, die Braxton an der Arbeit mit dem Trio habe, von der Möglichkeit eben, dass es darüber hinaus eine weitere Zusammenarbeit geben könnte.
Alex erzählte auch, dass Braxton zu all den Standards, die er im Gepäck hatte, die Lyrics auswendig kenne, und er erläuterte mir auch einiges zum Saxophonspiel von Braxton, etwa seiner Phrasierung – und auch seiner Vorliebe, weit, ja ganz weit hinter dem Beat zu spielen – und dazu fügte Alex an: das sei etwas, was die jungen Musiker heute überhaupt nicht mehr kennen würden, diese Art hinter dem Beat zu phrasieren (es gab an einem der Abende mal einen aberwitzigen Moment, als Alex sich inspirieren liess, und Garner-mässig fast einen Schlag hinterher spielte – dass Charles und Davis beide einen enorm soliden Beat haben (und Charles wie es scheint obendrein das absolute Gehör) hilft bei sowas natürlich. Wo ich das mit dem Gehör erwähne: Alex erzählte auch, dass Braxton an einem der Abende ein Stück auf dem „falschen“ Saxophon blies, also eine Quarte bzw. Quinte neben der vorgesehen Tonart. Charles sei in der eigentlichen Tonart geblieben, worauf Hawkisn mit der linken (Bass/Akkorde) Hand in der Tonart des Basses, mit der rechten in der Tonart von Braxton gespielt habe … sowas kriegt man natürlich bei keiner Jam-Session ohne Absprache und direkt auf der Bühne hin, es demonstriert aber gerade den Geist, der in der Musik dieses Quartetts weht, und das hat wiederum viel, ja alles damit zu tun, weshalb der Abstecher nach Wels ein so grossartiges Erlebnis war.
Als am dritten Abend ein gutes Powertrio eröffnete, hatten die Vorzeichen sich gedreht: nach den über weite Strecken atemberaubenden Dingen, die das Braxton Quartett am Vorabend gemacht hatte, hätte aber auch fast jeder vergleichsweise alt ausgesehen. Das focht das TRIO NOW nicht weiter an, Tanja Feichtmair (as), Uli Winter und Fredi Pröll – allesamt Leute, die ich noch nicht kannte, spielten ein gutes, recht langes Set, das trotz klarer Free Jazz/Power Improv-Haltung keine Langweile aufkommen liess – zupackend, direkt, schnörkellos, und dank des Cellos klanglich doch eine Spur abseits der üblichen Pfade. Einmal mehr ein feiner Auftakt in den Abend, das Konzept, das man sich in Wels ausgedacht hatte, klappte bestens.
Dann nochmal Braxton – und nachdem schon für den zweiten Abend etwas Neues angekündigt war (via Alexander und andere Insider, mit sowas wie Ansagen schlägt sich da richtigerweise keiner rum), gab es nun – nicht Monk, wie wie Bemerkung zum einen am vorletzten Abend gespielten Stück insinuierte, sondern noch mehr Eigenes, und dieses Mal gleich nach einem neuen System ausgearbeitet, zu dessen Erarbeitung Braxton durch das Hawkins-Trio und die gemeinsamen Konzerte inspiriert wurde. Gibt es eine grössere Ehre? Braxton hatte jedenfalls die Setlist und die „performance notes“ für diesen letzten Abend schon am Vormittag vor dem vorletzten Abend gemeinsam mit dem Programm für diesen vorbereitet, um am letzten Tag Zeit zu haben, um das neue System erstmals aufs Papier zu bringen.
Doch los ging das erste Set mit Joe Hendersons Stück „Jinkrisha“, gefolgt von „Sweet and Lovely“ – letzteres ein Stück, das auch kaum ohne Monk zu denken ist, klar. Beide wurden in der üblichen Form (Head, Solos, Head) gespielt. Danach folgte das neue Original, schlicht „Fusion Piece No. 2“ betitelt (oder auf dem vier Seiten umfassenden Score „Funion No. 2 (test case)“. Die Noten sind ähnlich wie die oben beschriebenen auf vier Zeilen angeordnet (aber nur ein „System“ pro Blatt, also insgesamt vier Zeilen Musik für alle vier, wieder mit A, B, C, D am Rand). Es gibt jetzt aber Abschnitte, Fermaten, Angaben zur Lautstärke, die Farbensind mehr geworden, nicht jede Stimme hat eine Farbe sondern vieles ist schwarz gehalten und die Farben wohl Akzente. Eine Legende erklärt auf einem fünften Blatt diverse Buchstaben, die im Score zu finden sind, z.B. „K – symbol for mutable improv“ oder „K(S) – softer than the group dynamic“, analog „K(L)“, wohingegen „K(O)“ für „open dynamics“ steht. Es gibt zudem aber auch geläufige Angaben wie P, MF oder F für Piano, Mezzoforte und Forte. Auf den Zielen sind Punkte, Wellenlinien und mehr verteilt, aber auch hier keine Tonhöhen, keine eigentlichen Notenlinien – aber auch wieder Bewegungsngaben und Zeichen, die wohl socwas wie repetierte Töne oder Stakkatos zeigen sollen. Alexander meinte nach dem Konzert jedenfalls, es sei im Laufe des Stückes stets völlig klar gewesen, wo im Score man gerade sei.
Das Set ging dann mit „It’s the Talk of the Town“ weiter und schloss mit Coltranes „Moment’s Notice“, das unglaublich intensiv wurde. Schon vom ersten Abend an gab es bei Hawkins auch mal Cluster, für die die Handkante oder gleich der ganze Unterarm auf den Flügel knallte, es gab aberwitzige Läufe, Verdichtungen wie man sie aus dem Changes-basierten Spiel kaum kennt. Aber zugleich spielte es keine Rolle, ob deshalb nun die Form aufgebrochen wurde oder nicht, ob die anderen die Tonart verlassen, den Changes nicht mehr folgen oder nicht. Es ist gerade diese Offenheit, die eben auch in der Verpflichtung zum freien Spiel eine Art von Zwang sieht, die ich bei den Konzerten dieser Gruppe so beglückend fand. Die Spielanweisung (die einzige ausführlichere des Sets) lautete, dass nach den Soli eine offene Kollektivimprovisation folgen solle – „to see what happpens. We will either repeat the theme – or not.“ Lapidarer kann man die vorherrschende Freiheit kaum ausdrücken. Braxton spielte am letzten Abend glaube ich nur Altsax, ausser in einem Stück spielte er Sopran und zwischendurch kurz das Sopranino (von da stammt das vertikale Foto oben).
Das zweite Set war dann das letzte, und natürlich zog allmählich das Bewusstsein auf, dass es nun bald zu Ende ging – gerade so, wie ich nach dem ersten Set des ersten Abends völlig geflasht war und dachte: Wow, und das jetzt gleich noch fünf Mal! Das Set begann zwar klassisch, aber inzwischen war die Stimmung auf der Bühne so gelöst, dass auch Charles oder Davis mal eine „language music“-Anweisung verteilten, und dass auch bei einem alten Standard alles möglich schien – zugleich aber nichts sein musste. „I’ll Never Smile Again“ machte den Auftakt. Dann folgte mit „Strange Meadow Lark“ noch so ein Stück, das live zu hören man nie erwartet hätte – und klar, da ist wieder die Verbindung zu Desmond (und schon das zweite Brubeck-Stück). In der Mitte stand „Thanks for the Memory“, das wieder als freie Improvisation aufgezogen wurde, in deren Mitte Braxton das Thema blies, ohne darüber zu improvisieren – quasi nur ein Gruss aus der anderen Welt, mitten in die freie Improvisation hinein.
Der Abschluss war dann einmal mehr grossartig. Ich hatte inzwischen in diesem Set jegliches Gefühl verloren (ich wusste ja um die stets fünf Stücke, und in der Regel schlichen wir in der Pause rasch auf die Bühne, um die neben dem Klavier am Boden ausgebreiteten „performance notes“ und/oder die Selist zu knipsen) und es war mir nicht mehr klar, ob das schon der Abschluss war, als „Way Out West“ von Sonny Rollins erklang (ausgleichende Gerechtigkeit, einmal mehr davor Coltrane, und dann auch Rollins – gefällt mir, dass da offensichtlich keine Wahl getroffen wurde, und das war alles gewiss kein Zufall, bei der grossen Arbeit, die Braxton sich mit der Vorbereitung machte). Es gab Soli und dann – einmal mehr stand da „then let’s see what happens“ – eine kollektive Improvisation. Das war aber noch nicht der Schluss, und ich hätte es ahnen sollen, denn Alex hatte was von Mingus gesagt. Als Krönung gab es ganz zum Ende also noch „Peggy’s Blue Skylight“, wieder in konventioneller Form vom Ablauf her, head-as-p-b-fours w/d-head – aber der Geist, der durch diese Gruppe wehte, war längst einer, bei dem schlicht alles möglich schien (und davon auch stets einiges eintraf).
Eine absolut grossartige Erfahrung, die mir Braxton in vielerlei Hinsicht neu erschloss, vor allem auch als Instrumentalist. Dass es auch möglich war, die Noten zu den neuen Stücken zu sehen, von Alex zudem sogar ein paar Erläuterungen zur Notation zu kriegen, machte das ganze noch faszinierender. Ich hoffe sehr, dass die Zusammenarbeit in irgendeiner Form weitergeht, Alex scheint dafür offen zu sein (ich war so frei, ihm einzubläuen, dass er gefälligst jeden Gig absage, wenn Braxton rufe). Drei enorm bereichernde Abende mit vielen geradezu sensationellen Momenten.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 (Teil 1) - 19.12.2024 – 20:00; #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaIch muss noch was zu Braxton selbst nachschieben, dünkt mich … es fällt mir schwer, sein Spiel in Worte zu fassen, wie ich merke. Seine seltsame Phrasierung erwähnte ich bereits, sie kann dazu führen, dass man denkt: Hier spielt ein Amateur! oder: Wollte er das wirklich so spielen? Auch bei den Konzerten in Wels war ich mir nicht immer zu 100% sicher, was letztere Frage angeht, aber wenn man sechs Sets – jedes wieder mit neuer Musik – hört, kann es auch den besten Leuten passieren, dass sich mal ein Fehler oder eine unsaubere Stelle einschleicht, das ist ja eh klar.
Sein Ton ist recht klein, nicht sehr kraftvoll, er war auch mit seiner abgewandte Position und der (wie ich hörte) gemieteten Soundanlage nicht immer richtig gut zu hören – es gab immer wieder Momente, in denen die Hawkins und die Rhythmusgruppe so eruptiv aufspielten, dass es eh jedem Bläser schwer gefallen wäre – und Braxton ist ja auch nicht mehr der jüngste. Andererseits schien er während der Abende überhaupt nicht zu ermüden oder so – der Mann ist schon in vielerlei Hinsicht rätselhaft.
Das Netz der Einflüsse auf sein klassisches Jazzspiel – Konitz, Desmond, aber auch die schwarzen Hardbopper, dort jedoch fast sicher eher die Poeten, eben: Gigi Gryce! – hatte ich schon aufgemacht, das ist ja auch nichts Neues, aber es ist eben auch nicht das, woran man sofort denkt, wenn man Braxtons Namen hört.
Mich beeindruckte er jedenfalls auch rein von seinem Saxophonspiel enorm. Er verweigert sich vollkommen dem Riff-Spiel, in der alten Tristano-Tradition erfindet er alles neu, aus dem Augenblick heraus. Natürlich verfügt er über einen (riesigen) Werkzeugkasten, der ein solches Unterfangen ermöglicht – und er fand im Trio dafür auch kongeniale Partner, schien mir, die ebensowenig wie Braxton auf Profilierung aus waren, aber sich auch keinesfalls davor scheuen, immer mal wieder ins Rampenlicht zu treten, starke Impulse zu geben, mal etwas in eine neue Richtung zu schubsen – oder sich auch mal verweigern können. Diese offene Spielhaltung habe ich oben ja schon beschrieben, aber sie gilt eben auch im kleinen, für Braxtons Spiel auf seinem Instrument. Und wenn Hawkins im Gespräch meinte – es drehte sich da eben um Monks „Eronel“, aber galt wohl gleichermassen ganz generell – dass er davon ausgehe, dass bei jede Phrase, jede Betonung exakt so rauskomme, wie er das geplant habe … ja, dann bin ich nach diesen drei Abenden vollkommen bereit, das zu glauben. Eine stille, aber ganz immense Meisterschaft.
Und dabei hat Braxton natürlich auch selbst kein Problem damit, im Zentrum zu stehen – auch wenn er dabei so tut, als sei er’s gar nicht, steht halt da und spielt, hält inne, hört zu, spielt wieder, sagt die Band an und geht ab – dass er keine Zugaben spielt (und sich ausser beim Foto vom Schluss oben auch nie mit den anderen vorn hinstellte, sie gingen einfach, einer nach dem anderen) fanden die Leute am zweiten und noch mehr am dritten Abend wohl etwas befremdlich, aber es war auch vollkommen richtig. Er gab am Ende die meisten Impulse, dirigierte – ohne Gesten, ein Blick zum Klavier oder manchmal ein Schlenker mit dem Saxophon oder dem Ellbogen reichte völlig – die Musik, steuerte, und lief auch selbst immer wieder zu grösster Form auf, blies beeindruckende Soli, ohne dabei jemals wild oder gar vulgär zu werden – was ich Hawkins jetzt auch niemals vorwerfen möchte – aber es gibt ja doch einen Zwiespalt: wenn die grossen Arpeggi, die gehämmerten Stakkato-Riffs, die Cluster ausgepackt werden – im Vergleich zu Braxton ist das dann schon der musikalische Zweihänder … der aber auch eine perfekte Folie für Braxton selbst bildete.
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