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Paul Ehrlichwoh! ich sehe gar keine stieber twins. sprechen die neuen sachen der alten garde auch nicht an? kommen ja momentan immer mehr zurück wieder.
Mit den Stiebers wurde ich nie wirklich warm. Besitze das Fenster zum Hof Album auch gar nicht, habe es aber 2 oder 3 mal gehört und für recht gut befunden. In diesem Zusammenhang würden mich aber nachwievor mal die La Familia Sachen interessieren, kannte da nur zwei vielversprechende Tracks von.
Die letzten 4 Jahre hörte ich unter einem % Hip Hop. Insofern habe ich auch ein wenig das Interesse an dieser Stilrichtung verloren. Einige ausgewählte Sachen wie Beginner, Total Chaos (das ich sogar noch gekauft habe) und Too Strong (Royal TS meinst du, oder?) fand ich durchaus auf Augenhöhe mit dem alten Material. Dies sind jedoch Ausnahmen. Ich ging um 2000 in die Record Stores und musste feststellen, dass ich obwohl ich 20 eigentlich interessante und vielversprechende Platten rausgekramt hatte, immer mit leeren Händen ging und ziemlichen Schrott gehört hatte.
Erste Singles wurden vom Debütalbum in keiner Weise bestätigt. Die neuen Bands verschrieben sich eher prolligen Texten und Beats, nach meinem Geschmack. Bei den bestehenden Gruppen stellte ich teilweise ähnliche Tendenzen fest, es wurde sehr bounce-betont, prolliger, weniger tiefsinnig, irgendwie dem aufkommenden Geschmack der aufkommenden Masse angepasst.
Ein Wink mit dem Zaunpfahl war für mich musikalisch (und auch sonst) der Besuch des Splashs 2001. Mit „Hiphop-Gangstern“ konnte ich mich noch nie identifzieren, darum fühlte ich mich in dieser Szene auch je länger je weniger heimisch; Breakdance Veranstaltungen habe ich seitdem auch nicht mehr besucht, obwohl mich das eigentlich schon mal wieder reizen würde. Über Hip Hop-Beats fand ich übrigens den Einstieg in den Jazz. Von da an gings auch in die Sechzigerjahre, Folk und Country. Zeitgenössischen Rock und Pop sowie elektronische Sachen hatte ich schon zu Hip Hop-Zeiten oft gehört.--
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Werbungnaja, irgendwie hast du ja schon recht, bei meinem letzten splash besuch, das muss wohl 2004 oder 2005 gewesen sein hat es mir persönlich auch völlig gereicht und ich dachte mir nie mehr und ich bin zu alt für den scheiss, aber man muss sich ja nicht gleich mit einer ganzen szene identifizieren müssen, es reicht doch, wenn man einen teil davon gut findet. ich gehe jetzt auch nicht mehr aufs splash und auch kaum mehr auf konzerte, aber wie ich schon sagte, ich denke es gibt dennoch genug deutschen hip hop, der nicht bounce-betont ist, nicht prollig, mit tiefsinn und nicht massenkompatible ist, es gibt ihn vielleicht nicht mehr so viel wie früher, aber es gibt ihn noch. manchmal bin ich auch kurz davor hinzuschmeißen, aber dann gibt es doch immer wieder sachen, die mich berühren, auch wenn es immer weniger wird, aber die wenigen sachen lassen meine liebe irgendwie nie erlischen, auch wenn ich mittlerweile auch mehr in andere musikrichtungen gegangen bin, bleibt hip hop weiterhin meine nummer eins! leider scheint es bei dir da jetzt anders geworden zu sein.
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Das einzige Problem, das deutscher Rap hat, ist, daß man davon nicht leben kann, wenn man nicht gerade sido, Bushido oder FLER heißt.
Mach One, Justus, Fumanschu, Darn, Vork, Taktlo$$, MC Basstard, Kinderzimmer Productions, Toni L, Fiva MC, Joe Rilla, Franky Kubrick, Nico Suave, F.R., Das Bo, Maeckes & Plan B etc. pp. zahlen doch allesamt bei ihren Platten schon fast drauf.früher war das aber auch mal eine maxime gewesen für hip hop, dass man es nicht des geldes wegen macht und deswegen finde ich das manchmal nicht so schlecht, außerdem bin ich mir da nicht so sicher, ob die alle bei ihren platten fast drauf zahlen müssen, immerhin schafft es z.B. auch ein pal one, dass er gar nicht mehr arbeiten gehn muss. die meisten von den leuten, die du aufgezählt hast, haben außerdem nicht gerade einen hohen veröffentlichungsoutput, was gut aber auch schlecht sein kann. man kann sich ja schließlich nicht jeden tag neu erfinden, aber künstler würden dann bestimmt auch mehr geld haben, denke nicht, dass die von einer platte im jahr auch das ganze jahr von leben können. wie auch immer finde ich das gerade auch gut, dass die leute nicht davon leben können, so machen sie nämlich weiterhin das, worauf sie bock haben und machen des geldes wegen, weil sie davon leben müssen irgend nen scheiss.
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CassavetesDas einzige Problem, das deutscher Rap hat, ist, daß man davon nicht leben kann, wenn man nicht gerade sido, Bushido oder FLER heißt.[…]
…oder Tengo DiNero. Noch letztens sah ich ihn mit dem Ferrari durch Iserlohn fahren.
Mal im Ernst, weshalb stellt das ein Problem für Dich da? Fehlende Motivation?
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You can't fool the flat man!Banana Joe…oder Tengo DiNero. Noch letztens sah ich ihn mit dem Ferrari durch Iserlohn fahren.
Das war ein Ford Fiesta Baujahr 1995! Ich habe den nur tiefer gelegt.
Nächstes Mal also bitte genauer hinschauen. (Aber die Blondine auf dem Beifahrersitz war nicht schlecht, oder?)Banana JoeMal im Ernst, weshalb stellt das ein Problem für Dich da? Fehlende Motivation?
Künstler sollten für ihre Kunst auch entsprechend entlohnt werden.
Gerade aber im HipHop ist es so, daß die jungen Leute, die das ja eigentlich im großen Stil finanzieren sollten (denn unsereins, der auch jenseits der 25 noch Rap hört und so ’ne CDs kaufen geht, bildet bekanntlich eher eine Ausnahme als die Regel), ihr Geld mittlerweile lieber für neue Handys und Klamotten ausgeben als für Deutschrap-CDs. Die CD-Verkaufszahlen sind heute einfach extrem weit von dem entfernt, was noch zur Boomzeit 1997-2000 umgesetzt wurde.
Den jugendlichen HipHop-Head, der auf eine neue Stereoanlage spart, mußt du mir mal zeigen. Ich sehe immer nur, daß es um Caps, Sneakers und Shirts geht. Was ich frustrierend finde, denn ich als Backpacker der alten Schule kann mich noch an eine Zeit erinnern, wo es egal war, wie man rumlief – HipHop war damals noch mehr als eine Kleidungslinie.
Und dann, wenn das mit der Musik nur noch alles über Tauschbörsen, Rapidshare etc. geht und der Künstler am Ende in die Röhre schaut, brauchen sich die Kids auch nicht zu wundern, wenn etwa jemand wie Bass Sultan Hengzt das Rappen über kurz oder lang ganz an den Nagel hängt, weil der Aufwand einfach in keinerlei Relation mehr zu dem steht, was man als Künstler am Ende davon hat.
Darum ist Rap in Deutschland zu über neunzig Prozent auch immer noch entweder a) eine reine Fan-Angelegenheit (von Leuten, die das nur zum Spaß machen, aber einen anderen Vollzeitjob haben, um sich über Wasser zu halten – bsw. Taktlo$$ oder Rhymin Simon) oder b) ein reiner Kindergarten (von jugendlichen Nachwuchs-Spittern, die alle von der großen Karriere träumen, die aber nur einer von zehntausend von ihnen hinbekommen wird).
Eine Professionalisierung des Betriebes würde dem Ganzen jedenfalls in meinen Augen gut tun – ohne Knete ist die jedoch nicht zu erwarten, da bleibt das alles weiter auf diesem Royal-Bunker-Freizeittreff-Niveau.Einzige erkennbare Ausnahme: Aggro Berlin. Man mag von der Mucke des Labels halten, was man will, aber sie sind die Einzigen, die einen HipHop-Hintergrund besitzen, somit real sind, und es zugleich auf die Reihe kriegen, professionell zu arbeiten, d.h. sie haben Vertriebsstrukturen aufgebaut und verfügen über PR-Maßnahmen wie Kampagnen und Videos, die qualitativ mit vergleichbaren internationalen Künstlern mithalten können.
Solche Strukturen müssen aber unbedingt aus der Szene heraus entstehen, denn für die Major-Labels sind Rapper doch nur kurzfristige Investionen, um nicht zu sagen: Melkkühe, die sich bitteschön ohne großen Aufwand ruckzuck refinanzieren sollen.
Wenn jedoch selbst ein Major wie Sony BMG es nicht mal gebacken kriegt, ihren gehypten Massiv über Platz 55 der Charts hinauszubugsieren (sogar der „Stone“ berichtete), dann spricht das wohl Bände.
(Massivs neuen Label-Kollegen Bushido lasse ich auch mal außen vor, der hat zum einen von Aggro gelernt und sich zum anderen beim Major recht geschäftstüchig als Bravo-Rapper für die 12-15jährigen neu erfunden. Seinen heutigen Erfolg hat er meiner Ansicht nach nicht wegen, sondern trotz Universal.)massiv kann von allen großen plattenfirmen gleichzeitig gehypt werden und er wird es nicht schaffen groß rauszukommen.
und royalbunker ist auf platz 9 der albumcharts.
aggro-berlin war einfach zur richtigen zeit am richtigen ort, das liegt nicht nur an den strukturen, einen massiv hat die welt einfach nicht gebraucht zu diesem zeitpunkt, die kiddies haben schon genug gangster in bushido und sido und so, das reicht auch irgendwann mal.
bass sultan hört doch nur auf zu rappen und macht jetzt mehr pop soweit ich das verstanden habe, wahrscheinlich weil er nicht genug verdient hat mit rappen.
eine frage noch an dich cassavetes. hörst du persönlich einen der momentan erfolgreichen rappern? wärst du noch backpacker, wenn plötzlich ein taktlo$$, nur ein beispiel, von rappen leben könnte, sprich auch mehr verkäufe hätte, sprich im mainstream auftauchen würde. meistens hört man die leute, die den sprung in den mainstream schaffen dann auch nicht mehr und glaubt immer gleich, die hätten sich verkauft usw.
ich persönliche habe auch angefangen hiphop zu hören, weil es eine randgruppe war, die sich abgrenzen wollte und denen das geld nebensächlich war und meistens hör ich weiterhin auch eher die unbekannteren deswegen, weil man eben nicht will, das jeder zweite auch das hört, was man selber hört.--
Paul Ehrlich
ich persönliche habe auch angefangen hiphop zu hören, weil es eine randgruppe war, die sich abgrenzen wollte und denen das geld nebensächlich war und meistens hör ich weiterhin auch eher die unbekannteren deswegen, weil man eben nicht will, das jeder zweite auch das hört, was man selber hört.wie geil. :lol:
SCNR
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Heavy metal iz a poze, hardt rock iz a leifschteil http://www.lastfm.de/user/Le__FreakPaul Ehrlichhörst du persönlich einen der momentan erfolgreichen rappern?
Ich nehme eigentlich alle wahr, d.h. zur Kenntnis (durch mindestens einmaliges Reinhören in neue Veröffentlichungen). Das reicht aber auch in den meisten Fällen. „7“ von Bushido etwa ist nichts, was ich mir regelmäßig geben müßte.
Daß ich in meiner Freizeit, also zum reinen Vergnügen, Platten von denen auflege, geschieht eigentlich nur bei sido noch regelmäßig. Den halte ich für einen ganz Großen, der nicht mal ansatzweise von den Heads in Deutschland die Props bekommt, die er eigentlich verdient.Paul Ehrlichwärst du noch backpacker, wenn plötzlich ein taktlo$$, nur ein beispiel, von rappen leben könnte, sprich auch mehr verkäufe hätte, sprich im mainstream auftauchen würde.
Wenn Taktlo$$ plötzlich auf MTV liefe, wäre ich der Erste, der das feiern würde. Vorausgesetzt, er macht weiterhin das, wofür man ihn kennt und schätzt und würde nicht plötzlich so Bravo-Girl-Musik machen. Das kann man aber, denke ich, bei ihm ausschließen.
Ich gönne jedem Rapper seinen Erfolg (selbst dem untalentierten Grammatikschwein Massiv) – es müßten, wenn es nach mir ginge, sogar noch viel mehr sein, wie ich oben bereits ausgeführt habe.
Für Frauenarzt bsw. habe ich mich auch gefreut, als „Brennt den Club ab“ nach Jahren harter Arbeit endlich bei MTV in die Rotation kam, weil dadurch auch mal seine verdienstvolle Pionierarbeit ein wenig honoriert wurde. Und das, obwohl das dazugehörige Album echt nicht gut ist. Aber das muß man dann eben auch differenzieren.Paul Ehrlichich persönliche habe auch angefangen hiphop zu hören, weil es eine randgruppe war, die sich abgrenzen wollte und denen das geld nebensächlich war und meistens hör ich weiterhin auch eher die unbekannteren deswegen, weil man eben nicht will, das jeder zweite auch das hört, was man selber hört.
Um Abgrenzung und Szenen ging es mir bei Musik nie. Bei HipHop wohl am allerwenigsten. Das kann ich also in meinem Fall ausschließen.
naja, dann gehn unsere meinungen da doch auseinander. denn grundsätzlich gilt für mich, dass jeder rapper, der mal erfolg hatte und merkt, hey, vielleicht kann ich ja mit dem rappen allein mein geld verdienen, gerät automatisch unter druck und macht daher über kurz oder lang bitchmoves, weil er dazu gezwungen wird, damit er davon leben kann, siehe zum beispiel azad, der mit savas zusammen das erstemal so richtig erfolg und geld schnuppern durfte und dann kommt so ne ich glaub an dich scheisse und auch das warheit album sollte aktuelle trends verfolgen. das nehm ich ihm auch net übel, weil das würde fast jeder so machen. bei sido ist es genauso, grösste imagewechsel überhaupt, er mag ein guter rapper sein, aber dennoch zieht er eine fakescheisse ab, da kann nicht mal bushido mithalten. aber da haben wir unterschiedliche meinungen und ist ja auch nicht schlimm, ich seh das halt anders.
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Bass Sultan Hengzt: Der Schmetterlingseffekt (Review von rap.de)
Über das aktuelle Bass Sultan Hengzt Album wurde bereits im Vorfeld viel gesprochen und spekuliert, jetzt kann man sich endlich selbst ein Bild von „Schmetterlingseffekt“ machen, von einem Album, dass angeblich „mehr ist als „nur“ Rapmusik“ ist. Haken wir also zuerst genau da ein, bei der Musik. Produziert ist „Schmetterlingseffekt“ fast komplett von m3&Noyd, ein Beat kommt von Phrequency und zwei von Produes. Und diese Produzenten habe ganze Arbeit geleistet. Die Beats sind durchweg hochwertig und es reiht sich Kopfnicker an Banger an Kopfnicker…Zieht man das Intro und die beiden Skits ab, bleiben sogar auf dem „normalen“ Album, das wir hier betrachten, 19 Tracks übrig.
Kommen wir zum Eingemachten. Nach dem in fast jedem Bass Sultan Hengzt Interview zitierten Spruch, nerven die restlichen (überflüssigen) knapp anderthalb Minuten des Intros bevor es dann gut losgeht. „Blockbuster“ ist ein guter Einstieg, aber hatte Bass Sultan Hengzt nicht gesagt, dieses Album sei anders? Ja, und richtig, schon der Titeltrack ist deutlich sanfter und ernsthafter, „Ghettopräsident“ dann der erste richtig gute Track. Battle in Bass Sultan Hengzt Manier und nahtloser Übergang zu „Scheiss was drauf“. Das „Streben nach Glück“ strotz nur so von einfallslosen Reimen und die von Josof gesungene Hook mach das nicht besser. Ab „Vergessene Jungs“ geht es dann steil bergauf, das Niveau fällt auch nicht mehr ab und spätestens (!) ab hier versteht man, was hier „anders“ ist, nämlich die textliche Tiefe. BSH glänzt besonders auf einem (leicht überladenen) sentimentalen „Mein Engel“, einer unglücklichen Liebesgeschichte. Die Liebe scheint den Mann im Guten wie im Schlechten sowieso gehörig zu beschäftigen sie wird auf jeden Fall viel thematisiert. „Seelenfrieden“, zu dem auch Sido einen Part beisteuert ist ein Highlight, in „H.E.N.G.Z.T.“ wird dann noch mal abgerechnet („Ich fick die deutsche Rapelite!“) und es fallen einige Namen, „Das letzte Mal“ ist ein mehr als gelungener Abschluss und Abschied.
Bass Sultan Hengzt hat in seinen Battletracks nicht die kreativste, aber eine ehrliche Wortwahl, gepaart mit durchaus witzigen Vergleichen und überzeugt auf den deeperen Stücken durch seine neue, nachdenkliche Seite, die, so phrasenhaft das auch ist, sehr erwachsen klingt. Man kann Bass Sultan Hengzt getrost Kommerzialisierung oder sein „brav“ werden vorwerfen, Fakt bleibt trotzdem, dass dieses Album hochklassig mitspielt, musikalisch und textlich und das Massenkompatibilität nicht zwangsläufig etwas Schlechtes ist, sondern auch schlicht eine Qualitätssteigerung bedeuten kann.
Klassenfahrt ins Provo-Land (Jungle World-Artikel, 30.8.07)
»Rap bleibt ein Hahnenkampf«, sagt die Berliner Band K.I.Z. In ihren Texten geht es um Schwänze, Gewalt, Rausch und Schweinekopfmasken. Spaß oder Ernst? Provokation oder Parodie? Markus Ströhlein hat nachgefragt
Sil-Yan ist nach dem Gespräch mit seinem Vater noch sichtlich konsterniert. Der alte Herr scheint wenig begeistert zu sein von der neuen Platte »Hahnenkampf« von Sil-Yans HipHop-Band K.I.Z. »Er meint, viele unserer Hörer seien zu jung, um zu erkennen, dass wir uns nur über bestimmte Attitüden lustig machen. Nun gut, ein Teil versteht die Querverweise und Metaphern sicher nicht. Ein anderer tut es aber«, sagt der Musiker.
Wie Sil-Yans Vater dürften viele Eltern reagieren. »Was würden wir tun, wenn wir diese Fans nicht hätten, die das dritte Album kaufen, auf dem wir ausschließlich über Schwänze rappen?« fragt die Berliner Gruppe gleich im ersten Song. Das Quartett besingt häufig überdimensionale männliche Genitalien (»keine Schwänze, sondern Baumstämme«). Doch es hat noch mehr zu bieten: Kampfhunde auf dem Kinderspielplatz, exzessiven Drogenkonsum, ungeschützten Sex mit 80jährigen und Neonazifrauen, Aufrufe zum Schulmassaker, psychopathische Killer mit Schweinemasken oder automobile Amokläufe. Im Video des Songs »Geld essen« wird ein Altnazi im Rollstuhl von einer SS-Pflegerin in Strapsen herumgeschoben. Zwei schwule HipHopper knutschen.
Die Zielgruppe goutiert diese krude Mischung. In der vergangenen Woche luden K.I.Z. auf ihrer Homepage zu einem Konzert in der Berliner U-Bahn ein. »Wir hatten damit gerechnet, dass 60 oder 70 Leute vorbeikommen, wir mit ihnen U-Bahn fahren und dann vom Personal rausgeworfen werden«, sagt Nico im Rückblick. »Oder dass wir selbst die Polizei rufen, damit ein wenig Action entsteht«, ergänzt Maxim. Die Polizei kam von selbst. Denn etwa 700 Zuhörer standen am U-Bahnhof Schlesisches Tor. Der Bahnhof wurde gesperrt. K.I.Z. spielten auf einer Grünfläche unter anderem den Song »Klassenfahrt«, so gestaltete sich der Abend auch, ehe die Polizei dazu überging, betrunkene Teenager umherzuscheuchen. Acht Leute wurden auf zum Teil rabiate Weise verhaftet, kamen aber schnell wieder frei. »Wir haben das nicht so geplant. Dass das Konzert politisch wurde, war dem Beitrag der Polizei zu verdanken. Das war extrem gute Werbung«, resümiert Maxim.
Im Gästebuch auf der Myspace-Seite der Band schrieben tatsächlich Unzählige die immer gleichen Worte: »Geile Aktion!« Und sogar am Online-Stammtisch Indymedia wurde diskutiert. Denn K.I.Z. hatten ihren Auftritt im bekannten linken Jargon als »Reclaim-your-U-Bahn«-Party gegen die »Verkommerzialisierung des öffentlichen Raums« angekündigt. So mancher Schreiber auf Indymedia fühlte sich anscheinend um seine originelle Protestform betrogen und sah sie zu schnöden Werbezwecken instrumentalisiert.
Die linken Diskutanten widmeten sich aber auch noch einer Frage, der sich zurzeit jede HipHop-Band stellen muss: Sind das nicht gewalttätige Macker und Sexisten? Die Debatte blieb bisher offen. So verhält es sich auch in der Fachpresse und in den Feuilletons. In der Musikzeitschrift Intro sind K.I.Z. Unpersonen, denn »sexistische Lyrics gewinnen ja nicht dadurch, dass sie ausgefeiltere Bilder bemühen«. Die Spex entdeckt in den Texten der vier Männer »Battle Rap und Story Telling, derben Humor und politisches Feingespür, Machogehabe und Migrationskritik, Berliner Rapkolorit und die Persiflage all dieser Posen«. Die Süddeutsche Zeitung befindet, K.I.Z. böten einen »Ausweg aus der Misere« von Porno- und Gangsterrap. Spiegel-online lobt die »längst fällige Dekonstruktion des deutschen Gangsta-HipHop«. Die Zeit schrieb über die Musik der Band: »Weil die einzelnen diskreten Zeichen ihre Bedeutung kontextuell, arbiträr bis vollkommen chaotisch wechseln, ergibt sich trotzdem ein vielschichtiges Bild, das ziemlich deutlich zeigt, welche Straßen im Ghetto gerade noch begehbar sind und welche nicht.«
»Nachdem ich diese Stelle gelesen hatte, hatte ich Tränen in den Augen vor Lachen«, sagt Tarek, das vierte Mitglied von K.I.Z. Der Rezensent der Zeit jedenfalls mochte die Band. Maxim hat eine Erklärung: »Die Medien suchen nach einem Gegenpol zum Gangsterstyle und meinen, in uns eine annehmbare Variante gefunden zu haben. Dabei wird uns einiges in den Mund gelegt. Plötzlich steht in einer Zeitung: K.I.Z. schieben dem Gangster-Gehabe einen Riegel vor.« Sil-Yan hat diese Beobachtung gemacht: »Es gibt zwei Extreme. Auf der einen Seite steht das Feuilleton, das uns zu einer Anti-Gangster-Truppe kürt. Dann gibt es die Jugendzeitungen, die uns als die härtesten Gangsterrapper präsentieren.«
Die unterschiedlichen Ansichten sind der Methode der Band geschuldet: Sie betreibt einerseits Provokation, andererseits Parodie. Wer so häufig von so großen Schwänzen rappt, macht sich zwar über den Härte- und Männlichkeitsfimmel der Kollegen aus dem vermeintlichen Ghetto lustig. Aber auch K.I.Z. entwerfen die gängigen, der Provokation dienenden Kopulationsszenarien, in denen die als »Nutten«, »Schlampen« oder »Fotzen« titulierten Frauen imaginierter Gegner Bekanntschaft mit männlichen Riesengenitalien machen. Die pennälerhaften Schlüpfrigkeiten machen K.I.Z. sicher nicht zu Vergewaltigern im Wartestand. Ein Zeichen sexueller Unverkrampftheit sind solche Zeilen aber auch nicht. Vor allem sind sie so öde und vorhersehbar, wie es kalkulierte Provokationen nur sein können.
Wenigstens ersparen einem K.I.Z. das ansonsten übliche Schwulenbashing. »Es wird Zeit, sich die Hände zu reichen und sich auch unter Männern an die Schwänze zu fassen«, heißt es auf der neuen Platte. »Wir sagen wohl als einzige, dass Schwulenhass nazimäßig ist«, sagt Tarek. Maxim führt die weiteren Pläne aus: »Auf dem nächsten Album legen wir uns vielleicht ein Schwulenimage zu.« Tarek ergänzt: »Inzest und Sodomie haben wir bisher ausgelassen. Wir brauchen ja noch Material für die kommenden Platten.« Und sollte die Provo-Masche langweilig werden, kann man umsatteln, wie Nico sagt: »Wir malen dann einfach Aquarelle mit der Gulaschkanone und verkaufen sie bei Ebay.«
Doch K.I.Z. verfügen auch über eine parodistische Seite. »Walpurgisnacht« und »Neuruppin« sind überdrehte Slashermovie-Zitate. Das »House of the rising sun«, das in dem altbekannten Song in New Orleans steht, wird zum »Haus in Neuruppin«, zu dem ein Serienmörder seine blutigen Wochenendausflüge macht. »Pauch it« ist ein Loblied auf das Kettenrauchen. »Der durch die Tür Geher« ist eine Persiflage auf das Durchschnittswochenende eines Berliners aus der Unterschicht. Diese Songs sind in der Tat ziemlich amüsant.
Die Parodie gelingt K.I.Z. jedoch vor allem in der Musik. Sie erinnert irgendwie an HipHop, klingt jedoch so daneben, als spiele jemand Klingeltöne auf einer Stereoanlage am Ballermann ab. Nur »Schwarz, rot, Geld«, eine peinliche Mischung aus Raps und Rockgitarren, hätte man sich sparen können.
Der Hype um »Hahnenkampf« ist recht groß. Das Majorlabel Universal hat das Rumoren um die Band im vergangenen Jahr registriert, sich die Lizenz für den Verkauf des Albums gesichert und eine große Werbekampagne betrieben. K.I.Z. sind für den MTV Europe Music Award in der Kategorie »New Sound of Europe« nominiert. Die Provokationen mögen die Aufmerksamkeit ebenso auf sich ziehen wie die Parodien. Der vermeintliche Abschied vom Gangster- und Pornorap, der in den Feuilletons bejubelt wird, hat einen anderen Grund: Es gibt zu viel von dem Kram. Bei der Flut von Veröffentlichungen des gottesfürchtigen Gangsters Bushido, des als »Arschfickmann« bekannt gewordenen Sido und ihresgleichen haben die Käufer irgendwann genug. K.I.Z. kommen da gerade recht, dem Feuilleton wie dem Musikgeschäft.
Herr von Grau – Der große Schmerz
http://myspace.com/herrvongrau
gerade entdeckt und sehr begeistert… unbedingt auch „schnapp sie dir“ (mit einem text gegen schäuble) auf der myspace seite anhören.
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Die 10 besten Alben 2007 (mich selbst mal außen vorgelassen… )
1. Mach One & Darn – Freakshow
2. Basstard & DJ Korx – Verdammt
3. Bass Sultan Hengzt – Der Schmetterlingseffekt
4. Olli Banjo – Lifeshow
5. Alpa Gun – Geladen und entsichert
6. Manny Marc, Corus 86 & DJ Reckless – Sexurlaub
7. Diverse – 80’s Flashback
8. Eko Fresh – Ekaveli
9. M.O.R. – Simply The Best
10. Sera Finale – Die Nächste Kugel Im LaufWo sind die La Honda Boyz?
Der Juice Exclusiv von Massiv verspricht alles für 2008.
Testosteron Paranoia a go go!--
"And everything I know is what I need to know and everything I do's been done before." -
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