Lieder ohne Worte – Delias Kreis der Davidsbündler

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  • #5893771  | PERMALINK

    fuchs

    Registriert seit: 11.07.2007

    Beiträge: 186

    ClaraSchumannEine mit Roberto Michelucci an der Violine! Die Platte dazu (von der ich nur ein Bild auf Amazon.de finde) ist auf Philips Classic erschienen.

    Weil ich das Werk liebe (und glaube, dass es auch durch noch so häufigen Missbrauch nicht kaputt zu kriegen ist), habe ich mir schon viele Aufführungen angehört.

    Eine, auf die ich immer wieder zurück komme, ist die von I Musici und Felix Ayo von 1958 (noch Mono). Ich kenne keine, die so viel Ernst und Schlichtheit transportiert.

    Für mich sind das die „Vier Jahreszeiten“.

    --

    fuchs "And they couldn't prevent Jack from being happy..."
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    #5893773  | PERMALINK

    claraschumann

    Registriert seit: 04.01.2007

    Beiträge: 3,860

    fuchsWeil ich das Werk liebe (und glaube, dass es auch durch noch so häufigen Missbrauch nicht kaputt zu kriegen ist), habe ich mir schon viele Aufführungen angehört.

    Eine, auf die ich immer wieder zurück komme, ist die von I Musici und Felix Ayo von 1958 (noch Mono). Ich kenne keine, die so viel Ernst und Schlichtheit transportiert.

    Für mich sind das die „Vier Jahreszeiten“.

    Die Aufnahme mit Ayo kenne ich noch nicht. Michelucci war ja sein direkter Nachfolger als erster Violinist bei I Musici. Meine Aufnahme der Vier Jahreszeiten ist von 1970.

    Ich nehme Ayo aber defintiv mal auf meine Besorgen-Liste drauf.
    Vielen Dank :bier:

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    #5893775  | PERMALINK

    claraschumann

    Registriert seit: 04.01.2007

    Beiträge: 3,860

    Unter dieser Überschrift nehme ich ab jetzt Sampler unter die Lupe und beginnen möchte mit diesem hier (Nein, ich hab kein größeres Bild gefunden).
    Das Werk schimpft sich, wie man trotzdem noch sehen kann, „Träumerei“ mit dem gerne benutzten Untertitel „Die schönsten klassischen Klavierstücke“, was streng genommen nur die ungefähre Wahrheit ist, da die Vertreter der (Spät-)Romantik eine solide 3/4-Mehrheit gegenüber den eigentlichen Klassik-Recken Mozart und Beethoven erreichen, aber sei’s drum. :-)

    Hier zuerst die Playlist:

    1. Frederic Chopin – Prélude As-Dur op. 28 Nr. 17
    2. Wolfgang Amadeus Mozart – Klaviersonate F-Dur KV 280 (189e)
    3. Robert Schumann – Träumerei
    4. Franz Schubert – Impromptu As-Dur op. 142 Nr. 2
    5. Felix Mendelssohn Bartholdy – Lieder ohne Worte op. 62, 6
    6. Ludwig van Beethoven – Klaviersonate d-Moll op. 31 Nr. 2 „Der Sturm“
    7. Franz Liszt – Romanze
    8. Johannes Brahms – Fantasien op. 116 Intermezzo, Andante
    9. Felix Mendelssohn Bartholdy – Lieder ohne Worte op. 67, 4
    10. Franz Schubert – Impromptu Ges-Dur op. 90 Nr. 3, Andante
    11. Sergei Rachmaninov – Prélude gis-Moll op. 32 Nr. 12
    12. Wolfgang Amadeus Mozart – Rondo D-Dur KV 485, Allegro
    13. Frederic Chopin – Fantasie-Impromptu cis-Moll op. 66
    14. Claude Debussy – Jardins sous la pluie
    15. Alexander N.Scriabin – Etüde Nr. 11 b-Moll op. 8
    16. Ludwig van Beethoven – Klaviersonate D-Dur op. 53 „Waldstein, Rondo. Allegretto moderato-prestissimo

    Zwei Dinge gibt es nun dazu zu sagen. Erstens, ja, die Aufnahme wird seinem Titel gerecht und zweitens, das rührt daher, dass die jeweiligen Sätze zu den bekanntesten ihrer Schöpfer zählen dürften.

    Zu Punkt Eins.
    Obwohl ich Solo-Violinenstücke reinen Klavierwerken manchmal vorziehe, gefällt mir die hier versammelte Runde exorbitant gut. Die Grundstimmung liegt tatsächlich im träumerischen Bereich, die meisten Herren lassen es hier ruhig, aber nie leidenschaftslos, angehen. Viele, viele gar wunderbare Melodiebögen sind mit dabei und gemäß dem obersten Schumann-Prinzip „Klimpere Nie!“ wird hier mit viel Herz und Seele musiziert. Für die lockereren Momente eignen sich Mendelssohn und Mozart, für die schnelleren Debussy und Beethoven.
    Zu Punkt Zwei.
    Nun denn, es dürfte sich auch um die am leichtesten verdaubaren Stücke handeln, die bekanntesten, populärsten eben. Ich bezweifle, dass Kenner hier irgendwas aufregendes oder gar neues entdecken würden, aber für Anfänger und Einsteiger, die vielleicht bereits Schumanns allseits beliebte Kinderszenen hinter sich haben, dürfte diese Compilation mit Sicherheit ein guter zweiter Schritt in die Matierie hinein bedeuten, gemäß dem Detroit Cobras Prinzip „Seven Easy Pieces“. Die Länge der einzelnen Stücke liegt zwischen 1:53 min für Mendelssohn und 9:34 für Beethoven.

    Die Gesamtspielzeit beläuft sich auf immerhin volle 73:48 Minuten und die Scheibe ist 1996 auf dem edel-Label erschienen.

    --

    #5893777  | PERMALINK

    claraschumann

    Registriert seit: 04.01.2007

    Beiträge: 3,860

    P.S.
    Ich möchte ab jetzt jeden, der hier interessiert vorbeischaut, bitten, eine kurze Rückmeldung abzugeben, das kann von „schlecht“ über „ich nehm’s zur Kenntnis“ bis „find ich gut“ reichen. Ich mag nur keine Selbstgespräche führen oder nicht wissen, ob das was ich verzapfe nun gut oder schlecht oder sonstiges dazwischen ist.
    Ash, Rossi, nail75 und fuchs sind natürlich von dieser Anmerkung entbunden.
    Danke! :angel:

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    #5893779  | PERMALINK

    nes

    Registriert seit: 14.09.2004

    Beiträge: 61,725

    nail75Ja, schöner Thread, Clara. Ich verspreche weiterhin mitzulesen. ;-)

    Dem schliesse ich mich als Klassikhörerin an.

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    #5893781  | PERMALINK

    claraschumann

    Registriert seit: 04.01.2007

    Beiträge: 3,860

    NesDem schliesse ich mich als Klassikhörerin an.

    Alles klar, vielen Dank! :bier:

    --

    #5893783  | PERMALINK

    der-optimismus

    Registriert seit: 01.11.2006

    Beiträge: 483

    ClaraSchumannP.S.
    Ich möchte ab jetzt jeden, der hier interessiert vorbeischaut, bitten, eine kurze Rückmeldung abzugeben, das kann von „schlecht“ über „ich nehm’s zur Kenntnis“ bis „find ich gut“ reichen. Ich mag nur keine Selbstgespräche führen oder nicht wissen, ob das was ich verzapfe nun gut oder schlecht oder sonstiges dazwischen ist.
    Ash, Rossi, nail75 und fuchs sind natürlich von dieser Anmerkung entbunden.
    Danke! :angel:

    Hallo Clara, auch ich werde hier kontinuierlich mitlesen, da ich klassische Musik – vorzugsweise Klavierkonzerte – sehr gern höre.
    Martha Argerich ist meine absolute Lieblingspianistin, gefolgt von Horowitz.
    Sehr interessant und informativ von dir geschrieben, da ich mich bisher mit der theoretischen Seite der Klassik noch nicht so tiefgehend beschäftigt habe.
    Ich hoffe du wirst bei Gelegenheit auch Rodrigo und Khatchaturjan mit ihren Meisterwerken behandeln.
    Die Complete Piano Works von Rodrigo, gespielt von Sara Marijanovitsch gehören zu meinen Favoriten.

    Kennst du Wanda Witkormirska, hervorragende Violinistin (hoffe das ist so richtig:-)).
    Hat jetzt eine CD veröffentlicht mit Werken von Wicniawski, Khatchaturjan und Schostakowitsch.
    Von Khatchaturjan u.a. Allegro Con Fermezza, Andante Sosteunto (pers. Lieblingsstück) und Allegro Vivace.
    Wurde auf dem Label MIGUSTO veröffentlicht.

    Übrigens gibt es von Gitarrissima eine fantastische CD: Tales & Dances

    Die ersten drei Stücke sind aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, alles mit Austikgitarre gespielt (glaube Span. oder Flamenco), jedenfalls sehr zu empfehlen.

    Weiter so :angel:

    --

    Sobald jemand da ist, der sich zu fragen vermag, weshalb es etwas und nicht nichts gibt, gib es immer etwas.
    #5893785  | PERMALINK

    claraschumann

    Registriert seit: 04.01.2007

    Beiträge: 3,860

    DER.OptimismusHallo Clara, auch ich werde hier kontinuierlich mitlesen, da ich klassische Musik – vorzugsweise Klavierkonzerte – sehr gern höre.
    Martha Argerich ist meine absolute Lieblingspianistin, gefolgt von Horowitz.
    Sehr interessant und informativ von dir geschrieben, da ich mich bisher mit der theoretischen Seite der Klassik noch nicht so tiefgehend beschäftigt habe.
    Ich hoffe du wirst bei Gelegenheit auch Rodrigo und Khatchaturjan mit ihren Meisterwerken behandeln.
    Die Complete Piano Works von Rodrigo, gespielt von Sara Marijanovitsch gehören zu meinen Favoriten.

    Danke dafür! Sehr gerne nehme ich Rodrigo und Khatchaturjan hier ins Programm. Ich hab jetzt noch Ashitakas Mozart, meinen Johannes Brahms und zwei Damen festeingeplant, aber danach werde ich mich deinem Wunsch gerne widmen! :angel:

    DER.Optimismus
    Kennst du Wanda Witkormirska, hervorragende Violinistin (hoffe das ist so richtig:-)).
    Hat jetzt eine CD veröffentlicht mit Werken von Wicniawski, Khatchaturjan und Schostakowitsch.
    Von Khatchaturjan u.a. Allegro Con Fermezza, Andante Sosteunto (pers. Lieblingsstück) und Allegro Vivace.
    Wurde auf dem Label MIGUSTO veröffentlicht.

    Übrigens gibt es von Gitarrissima eine fantastische CD: Tales & Dances

    Die ersten drei Stücke sind aus Vivaldis „Vier Jahreszeiten“, alles mit Austikgitarre gespielt (glaube Span. oder Flamenco), jedenfalls sehr zu empfehlen.

    Weiter so :angel:

    Wanda Witkormirska kenne ich noch nicht, aber ich schätze die von ihr interpretierten Komponisten, also werde ich mich mal nach ihr umsehen. Danke auch dafür! :bier:

    --

    #5893787  | PERMALINK

    claraschumann

    Registriert seit: 04.01.2007

    Beiträge: 3,860

    So, weil ich die kommende Woche weg sein werde, leg ich hier gleich ein paar Vorräte an. ;-)

    4. Johannes Brahms – Sinfonie Nr. 4 in E Moll, op. 98 (1884-1885)


    Grabenkämpfe gab es zu allen Zeiten in der musikalischen Geschichte der Menschheit. Im 19. Jahrhundert spaltete sich die Gesellschaft grob in die Schumann’sche „Davidsbündler-Liga“ und die Wagner-Liszt’sche Gruppe der „Musik der Zukunft“. Gekämpft, gelästert und gegunkelt wurde mit allen Bandagen und Mitteln, nach dem Tode Schumanns ’54 und Wagners ’83 führten die Witwen Clara und Cosima, die beide ihre Ehemänner um mindestens 40 Jahre überlebten, den Hahnenkampf munter gegeneinander weiter.
    Einer, der dabei fast unter die Räder gekommen wäre, war Johannes Brahms, der 20-jährig an der Haustür der Schumanns anklopfte und bei selbigen einen Freudentaumel auslöste, als hätten sie direkt einen Engel erblickt. Bekannt ist der 1853 erschienene Aufsatz „Neue Bahnen“, den Robert Schumann in seiner „Neuen Zeitschrift für Musik“ über Brahms verfasst hatte, in dem er den jungen Hamburger lobprieß und ihn als „Berufenen“ beinahe in den Himmel hob, was den introvertierten, schüchternen Brahms allerdings in schwere Sinneskrisen stürzte, weil er befürchtete den von Schumann propagierten Idealen nicht zu genügen, was widerum dazu führte, dass er in einem Anfall von völlig überzogener Selbstkritik seine ersten Werke vernichtete.
    Die Liga der Musik der Zukunft hatte davon natürlich Wind bekommen und lehnte im Zuge dessen, dass Schumann sich prinzipiell gegen sie aussprach, widerum prinzipiell alles ab, was Schumann gut fand. Weil dieser bekannterweise nicht mehr Einfluss auf die von ihm begonnene Geschichte ausüben konnte, nahmen die Dinge dann ihren Lauf.

    Auftritt Johannes Brahms in der breiteren Öffentlichkeit, ausgestattet mit all den richtigen Zutaten, zur richtigen Zeit am falschen Ort.
    Jeder hatte eine Meinung, eine bestimmte Position, die der Musiker Johannes Brahms für sie einnahm oder darstellte. Und so kam es bedauerlicher Weise dazu, dass ausgerechnet der Komponist, der fast wie kein anderer ein derartiger, schüchterner Einzelgänger war und Musik einzig allein aus sich selbst heraus erschuf (immer derart echt in seinen Emotionen, dass Clara einmal schrieb, „Würde er doch nur einmal so sprechen, wie er spielte…“) – einer der sich kurz gesagt alleine schon durch seine Persönlichkeit für nichts weniger eignete als für die Gründung einer neuen eigenen Schule – munter als Spielball hin und her geworfen und von Hans von Bülow und Eduard Hansslick als Idol adoptiert wurde, die beide mit fast aller Macht eben unbedingt eine Brahms-Lehre zu etablieren versuchten, worauf die Wagnerianer widerum nur warteten um diese dann genüsslich zu zerpflücken und in die Mangel zu nehmen.
    Nietzsche, der nun zu Guter Letzt auch noch seinen Senf dazu geben musste, bezeichnete Brahms dann als „Zufallprodukt“, der von der einen Partei gebraucht wurde, damit sie ein Gegenstück zu Wagner präsentieren konnten.
    Notabene: All dies geschah natürlich ohne jegliche Authorisation des Betroffenen. Der wollte eigentlich nur Musik machen.

    Aber nun nach langer Vorrede nun endlich zur Musik. :-)
    Brahms schuf insgesamt vier Sinfonien.
    Die hier vorgestellte vierte Sinfonie entstand, wie angeben in den Jahren ’84/’85 in ziemlich schneller Abfolge zur dritten, nachdem er doch alleine für seine erste Sinfonie noch gute zwölf Jahre gebraucht hatte.
    Als Brahms nach Fertigstellung die Sinfonie Freunden auf seinem Klavier vorspielte, reagierten Clara und Eduard Hanslick zuerst mit Ablehnung. Letzterer soll ausgerufen haben: „Den ganzen Satz über hatte ich die Empfindung, als ob ich von zwei schrecklich geistreichen Leuten durchgeprügelt würde.“
    Aber auch Johannes selbst sagte über seine Arbeiten: „Nun möchte ich noch die vermutlich sehr überraschende Mitteilung machen, dass meine Sinfonie lang und nicht gerade liebenswert ist.“
    Nun weiß ich nicht an wem es liegt, aber mir sagt die vierte außerordentlich gut zu und ich halte sie für eine der zugänglichsten, verspieltesten Werke im Sinfoniebereich überhaupt. Sie besteht formal aus vier Sätzen und ich liebe jeden einzelnen davon. Majestätisches wie im vierten Satz von Mendelssohns Schottischer fehlt hier, dafür gibt es viel Virtuoses, eine Fülle von Melodien und… hach ja… ehrlicher Emotionen.

    Es gibt viele verschiedene, gute Interpretationen, man kann beim Kauf einer Aufnahme eigentlich nichts falsch machen.

    P.S.
    Es gab zu dieser Zeit natürlich auch ein paar löbliche Ausnahmen des obigen Schemas. Antonin Dvorak und Edward Grieg waren so klug und weitsichtig, dass sie sowohl Wagner als auch Brahms wertschätzten, Peter Tschaikowsky, der Brahms nachweislich einen herzlosen Bastard nannte, war wenigstens so ehrlich und verabscheute beide. Männer halt… :-)

    Erster Satz Teil 1, Teil 2
    Zweiter Satz Teil 1, Teil 2
    Dritter Satz
    Vierter Satz

    --

    #5893789  | PERMALINK

    der-optimismus

    Registriert seit: 01.11.2006

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    Ganz hervoragend Clara, ein sehr guter Beitrag.
    Möchte aber darauf verweisen, das Nietzsche ja zunächst ein grosser Verehrer von Wagner war und mit diesem eine sehr enge Freundschaft pflegte.
    Die Diskrepanz mit den dann folgenden schweren Kritiken seitens Nietzsche an Wagner, haben ja zum grossen Teil auch ihre Berechtigung.
    Ein Aspekt der Differenzen lag sicher in der Zuwendung Wagners nach 1878 zum Antisemitismus und zum erwachenden nationalistischen deutschen Grossphilistertums. In seinen frühen Werken hatte Wagner einen Weg eingeschlagen, der aus Sicht Nietzsches in Synthese mit Schoppenhauer, den veralteten Nihilismus und Rationalismus durch die Musik zu überwinden half.
    Doch mit den ersten Bayreuther Festspielen 1878, schlug Wagners Werk ins Gegenteil um. So findet man im „Parsifal“ eine klare Hinwendung zum Christentum. Der begonnene Bruch mit der traditionellen Altphilologie fand bei Wagner ein abruptes Ende, was Nietzsche schwer enttäuschte.
    In seinem Werk „Menschliches, Allzumenschliches“ erfährt Wagner (und Schoppenhauer) denn auch eine radikale Kritik.
    Ein weiterer Punkt war sicher auch die Freundschaft zwischen Wagner und dem bayrischen König Ludwig II..
    Nietzsche hatte für diesen nicht viel übrig.

    Das Nietzsche Brahms hier mit hinein zog, war mir bisher nicht bekannt.
    Als Brahms Verehrer sicher nicht nachvollziehbar, aber da müsste man genau wissen, welche Rolle hierbei Brahms spielte.

    --

    Sobald jemand da ist, der sich zu fragen vermag, weshalb es etwas und nicht nichts gibt, gib es immer etwas.
    #5893791  | PERMALINK

    claraschumann

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    DER.OptimismusGanz hervoragend Clara, ein sehr guter Beitrag.
    Möchte aber darauf verweisen, das Nietzsche ja zunächst ein grosser Verehrer von Wagner war und mit diesem eine sehr enge Freundschaft pflegte.
    (…)
    Das Nietzsche Brahms hier mit hinein zog, war mir bisher nicht bekannt.
    Als Brahms Verehrer sicher nicht nachvollziehbar, aber da müsste man genau wissen, welche Rolle hierbei Brahms spielte.

    Nietzsches Bemerkung zu Brahms war als klares Pro-Wagner-Anti-Brahms-Statement gemeint, also geäußert zu der Zeit als Nietzsche sich noch zu den Wagnerianern zählte. Sein späteres Zerwürfnis mit Wagner ist hier unerheblich. Für Nietzsche war die Musik der Romantik, zumal deren konservative Seite, als Epoche nicht wichtig genug, um sich längerfristig durchzusetzen. Für ihn war sie Musik zweiter Klasse.
    Der ganze Popanz der um Brahms gemacht wurde, bzw. der Erfolg den Brahms hatte, (er war ja nicht der einzige, der von Nietzsche abgekanzelt wurde, Mendelssohn war z.B. ein bloser „schöner [aber unwichtiger] Zwischenfall“) rührte seiner Meinung nach eben nur daher, dass die Seite, die Brahms seiner Meinung nach vertrat, zwingend irgendjemanden brauchten den sie Wagner oder Liszt oder den „Neudeutschen“ allgemein entgegensetzen konnten.
    Brahms war eben das archetypische Bild des konservativen Biedermeiers im Gegensatz zu den Kosmopoliten und Fortschrittlichen Wagner/Liszt und musste wohl deshalb herhalten.
    Es gibt ja heute noch „Kontroversen“ ob dieses Bild berechtigt sei, und Arnold Schönberg schrieb daraufhin seinen Aufsatz „Brahms, der Progressive“, um ihn davon zu befreien, was ja ganz nett ist, aber ich vertrete die These, dass es bei Brahms vollkommen unwichtig ist, ob er konservativ ist oder nicht. Hier kommt es klar auf etwas anderes an. :-)

    Auf jeden Fall danke dir, Optimismus :bier:

    P.S. Hier gibt’s die volle Abhandlung dazu

    --

    #5893793  | PERMALINK

    der-optimismus

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    Beiträge: 483

    Hier kommt es klar auf etwas anderes an.

    Ganz meiner Meinung!:bier:
    Lassen wir die Musik sprechen!

    Danke für deine kurze Erläuterung zu dieser trotzdem interessanten Problematik. Habe mir den Link gleich abgespeichert.
    Ist für mich deshalb von Bedeutung, weil ich mich viel mit Nietzsche beschäftige und dies ja weitest gehend in Zusammenhang mit seinem Wirken steht. Ausserdem lerne ich auch noch was über Brahms.
    Der ist bei mir immer etwas untergegangen vor den übermächtigen deutschen Komponisten a la Beethoven und Co.

    Dann :bis_bald:

    --

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    #5893795  | PERMALINK

    claraschumann

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    5. Fanny Mendelssohn Bartholdy – Klaviertrio d-Moll op.11


    »Daß man übrigens seine elende Weibsnatur jeden Tag, auf jedem Schritt seines Lebens von den Herren der Schöpfung vorgerückt bekömmt, ist ein Punkt, der einen in Wuth, und somit um die Weiblichkeit bringen könnte, wenn nicht dadurch Übel ärger würde.«

    Es war die patriarchalisch geprägte Gesellschaft des 19. Jahrhunderts welche die Grundlagen bildete auf der sich die Lebenslinien der beiden herrausragenden Musiker- und Komponistinnen der Ära der Romantik aufbauten und einprägten. Clara Schumann und die 14 Jahre ältere Fanny Mendelssohn waren Freundinnen, beide hochbegabte Musikerinnen und doch so grundverschiedene Menschen, wie es letzten Endes auch ihre Biographien wurden.

    Fanny wurde 1805 als ältestes Kind in die großbürgerliche und aufgeklärt-kultivierte, jüdische Familie Mendelssohn geboren und erhielt die selbe musikalische und schulische Ausbildung wie ihr vier Jahre jüngerer Bruder Felix. Der Vater lehrt sie Mathematik und Französisch, die Mutter gibt Stunden in Deutsch und Literatur, Kunst und Musik. Dreizehnjährig konnte das Mädchen schon die 24 Präludien aus dem Wohltemperierten Klavier von Johann Sebastian Bach auswendig vortragen. Auf die umfassende Bildung, die Fanny genoss, wurden jedoch sofort familiäre Restriktionen verlegt. Obwohl sich das Familienoberhaupt Abraham Mendelssohn ganz im Vorbilde seines eigenen Vaters Moses gab, so blieb er in seiner Haltung gegenüber der gesellschaftlichen Position der Frau gegenüber erzkonservativ.
    “Die Musik wird für Felix vielleicht zum Beruf, während sie für Dich stets nur Zierde, niemals Grundbass Deines Seins und Tuns werden kann und soll…” schrieb er 1819 an seine 14jährige Tochter Fanny.
    Diese Haltung beruhte auf der Einstellung der bürgerlich-akademischen Kreise, dass es für eine Frau von Fannys Stand nicht schicklich war, überhaupt Geld zu verdienen. Konzertiert werden durfte sehr wohl, jedoch nicht in der Öffentlichkeit und keineswegs für Geld. Auch dem Veröffentlichen eigener Werke haftete nicht nur Ruhm und Ehre, sondern in erster Linie das Bestreben, Geld zu verdienen, an.

    Die tiefste Bindung die Fanny in ihrem Leben führte, war wohl die zu ihrem Bruder Felix. Obwohl er sich auf der „gewerblichen“ Ebene nicht anders verhielt, als die anderen Männer in ihrem Leben (d.h. er verbot ihr das öffentliche Konzertieren und erklärte sich auch in seiner ranghohen Position als einflussreicher Berufsmusiker eine ganze Weile lang nicht dazu bereit ihre Werke zu veröffentlichen), war die geschwisterliche Zuneigung und der gegenseitige Respekt auf der persönlichen, menschlichen Ebene doch so groß, dass die Beziehung von Zeit zu Zeit übereifrige Biographen fast schon als inzestuös ereifert wurde, was natürlich völliger Quatsch ist.

    Trotz der zunehmend resignierenden Haltung Fannys, à la „Was soll ich komponieren, wenn’s doch eh niemanden interessiert“, brachte sie es auf mindestens 500 eigene Werke, die allesamt ihr herrausragendes pianistisches Talent aufzeigen.
    Im Jahre 1846 endlich gelang es ihr sich von den gesellschaftlichen Zwängen zumindest soweit zu befreien, dass auserwählte Lieder von ihr zusammen mit Werken von Felix unter dessen Segen veröffentlicht wurden, doch diese Entscheidung kam für beide viel zu spät.
    Felix erlitt im April ’47 einen ersten Schwächenanfall, bei einer Chorprobe einen Monat später verliert Fanny während eines Sonntagskonzertes im Elternhaus das Bewusstsein, ein herbeigerufener Arzt diagnostiziert einen Gehirnschlag bei der 41-jährigen Frau. Noch am selben Abend verstirbt sie an dessen Folgen.
    Ihr Bruder erholt sich von diesem Unglück nicht mehr und überlebt seine geliebte Schwester nur um ein halbes Jahr. Im November ’47 folgt er ihr durch einen Schlaganfall nach.

    Was Fanny Mendelssohn als Komponistin betrifft hat sich die musikwissenschaftliche Forschung seit den 1970er Jahren ihr wieder verstärkt zugewandt. Jedoch steht die vollständige Entdeckung, Bearbeitung, Interpretation und historisch-kritische Publikation ihrer Werke und Schriften noch aus.
    Das hier vorgestellte Werk ist erhältlich auf einer Aufnahme des Abbeg-Trios, zusammen mit Werken von Felix.
    Wo Clara meistens rauh und ernst, mit Ecken und Kanten spielt, legt Fanny mit Leichtigkeit, Fröhlichkeit und Wärme los. Sie klingt sanft, aber immer klug und es ist eine Freude zuzuhören!!!

    So, das musste ich jetzt noch loswerden, mindestens bis nächsten Montag ist hier vorerst Schicht im Schacht :-)

    --

    #5893797  | PERMALINK

    claraschumann

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    DER.OptimismusDanke für deine kurze Erläuterung zu dieser trotzdem interessanten Problematik.

    Was mir erst jetzt auffällt, ich hoffe es hat dich nicht aus dem Konzept gebracht. Im ersten Text schreibe ich über das Nietzsche-Zitat, es war in seinem Zug gegen Wagner entstanden, im zweiten sage ich dann, dieses war klar pro Wagner. :angel:
    Die Version im ersten Text ist Mist, das mit dem „Im Zuge gegen Wagner“ muss natürlich raus. Richtig ist, wie gesagt, dass er sich durch Brahmsens Abkanzelung auf die Seite der Neudeutschen schlug.

    Sorry :angel:

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    #5893799  | PERMALINK

    claraschumann

    Registriert seit: 04.01.2007

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    6. Johannes Brahms & Joseph Joachim – Doppelkonzert

    Neben Clara hatte Johannes Brahms vorallem in dem nur zwei Jahre älteren Geigenvirtuosen Joseph Joachim einen großen Freund und musikalischen Weggefährten, um nicht zu sagen Wegbereiter, mit dem der Kreis sich quasi schließt. 1831 in Pressburg/Ungarn als Sohn jüdischer Eltern geboren, wurde Joachim bereits in jungen Jahren unter die musikalischen Fittiche von Felix Mendelssohn genommen. Er besuchte ab 1838 das Wiener Konservatorium bei Joseph Böhm (1795-1876) und setzte seine Ausbildung 1843–1849 in Leipzig fort. Er ist 16 Jahre alt als sein Mentor verstirbt, der parallel zu ihm die Karriere von Robert Schumann in die Wege geleitet hatte.
    Mit 22 Jahren trifft er den 20-jährigen Johannes Brahms auf dessen erster Konzerttournee an. Seine eigene musikalische Reputation ist zu diesem Zeitpunkt bereits gefestigt, Brahms ist das New Kid In Town und bittet Joachim um Rat. Dieser vermittelt ihn zuerst an Franz Liszt, nachdem dieser jedoch nicht reagierte, schickt er Brahms an die Haustür von Robert Schumann, der Rest ist dann Geschichte.

    Die Freundschaft und der gegenseitige Respekt der beiden hielt, gleich der Verbindung Clara-Johannes, bis an beider Lebensende an, auch wenn es sich weder der notorisch sozial inkompetente Brahms noch der nicht minder schwierige Joachim mit einander leicht gemacht haben.
    Dem wohl bekanntesten, brisantesten und tiefsten Zwischenfall in der Männer-Kumpanei verdanken wir dabei die Existenz des Doppelkonzertes, welches Brahms 1887 während eines Sommerurlaubes am Thuner See komponierte.

    Zur Situation:
    Joseph Joachim war in einen heftigen Ehestreit mit seiner Frau Amalie geraten, weil er sie in einem Anfall von schwerer Eifersucht der Untreue und des Ehebruchs bezichtigte. Brahms, der Junggeselle, der mit beiden gut befreundet war, hatte dabei faktisch zwar das richtige getan und Amalie in einem Brief sein Vertrauen ausgesprochen, d. h. sie von den Vorwürfen freigesprochen und die Schuld auf Joachims Eifersucht geschoben, doch dieses tat er so nüchtern und undiplomatisch ohne seinen Freund darüber zu aufzuklären, dass es kurz darauf zum Eklat kam, als Amalie eben diesen Brief im Scheidungsverfahren vor Gericht in der Öffentlichkeit gegen Joseph Joachim benutzte, um ihre Unschuld zu unterstreichen. Joachim fühlte sich daraufhin durch den Komponisten verraten und kündigte ihm die Freundschaft. Sieben Jahre lang herrschte Funkstille zwischen beiden.

    Den Grundstein zum „Versöhnungswerk“, wie Clara es nannte, legte Brahms in musikalischer Hinsicht allen Kritikern zum Trotze in gewohnt traditioneller, ja fast schon aus der Mode gekommenen Form. (Siehe dazu „Brahms, der Konservative“). Noch heute wird das Doppelkonzert als unzeitgemäß bezeichnet, weil Ende des 19. Jahrhunderts Konzerte dieser Form, für Violine, Violoncello und Klavier so gut wie ausgestorben waren und alle zu den Neudeutschen in die Oper rannten. :-)

    Formal besteht es aus drei Sätzen, einem Allegro, einem Andante und einem abschließenden Vivace Non Troppo. Der erste ist 16 min, die beiden anderen jeweils halb so lang. Nach der Fertigstellung sandte Brahms sein Werk dem geschiedenen Freund zu mit der Bitte um eine Beurteilung und noch wichtiger um Joachims Zustimmung bei der Uraufführung den Part der Solovioline zu übernehmen. Er erhielt tatsächlich eine Zusage.
    Am 18.10.1887 kam es in Köln zur Premiere, Brahms selbst dirigierte, Joachim fidelte. Und um das Booklet meiner CD zu zitieren:

    [So] wurde der alte Freundschaftbund erneuert und das Konzert zum eigentlichen Dokument der Versöhnung. Dass (…) das Violoncello mit einer Kadenz beginnt, hat denn auch Symbolcharakter: In dem brummigen Part stellt sich der als „knorrig“ und schwierig geltende Komponist selbst mit seiner ausgestreckten Friedenshand dar.

    Auf meiner Aufnahme fideln Isaac Stern an der Violine und Leonard Rose am Violoncello.

    Teil 1, Teil 2, Teil 3,
    Teil 4

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