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nicht_vom_forum
Aber auf der anderen Seite halte ich es schlicht für ein Gebot der respektvollen Umgangs miteinander, Leute grundsätzlich so zu bezeichnen, wie sie das selbst wollen.Das mag in aller Regel so sein, dennoch muss es auch da Grauzonen geben, Sprache muss auch „edgy“ bleiben dürfen, und vor allem muss es meine eigene Entscheidung bleiben dürfen. Sanktionen für nicht-gendern an Unis finde ich z.B. ein absolutes no-go.
Zudem merke ich zumindest bei mir, dass das seltsame Blüten im Alltag treibt. Die inzwischen verfängliche Frage „wo kommst du her?“ gehört nach wie vor zu einer meiner Standard-Kennenlernfloskeln, die ich alleine jobmäßig sehr oft anwende. Allerdings habe ich mich dabei ertappt, dass ich unbewusst ein sehr ausgeklügeltes Scan-System entwickelt habe, wen ich das frage und wen nicht. Dabei selektiere ich im Kopf Menschen nach überspitzt und grob formuliert „cooler Herkunft“ und „Opfer-Herkunft“ mit diversen Unterkategorien. Das finde ich letztlich viel diskriminierender, als wenn ich einfach die Frage stellen würde wie jedem Herkunftsdeutschen auch.
lathoDas Problem im deutschsprachigen Raum ist häufig auch, dass Begriffe und Betrachtungsweisen eins zu eins aus Amerika übernommen werden und der wahrgenommenen Realität übergestülpt werden.
Absolut. Wird ständig gemacht und passt in den seltensten Fällen. Lustig z.B., wenn in Mitteleuropa der Begriff BIPOC verwendet wird, die indigene Bevölkerung hier aber halt nun mal weiß ist und nicht aus amerikanischen Ureinwohnern besteht.
Dass der Begriff „indians“ ansatzweise schwierig ist, ist nachzuvollziehen, schließlich sind das keine Inder. Aber im Deutschen hat sich „Indianer“ eingebürgert, das finde ich bei weitem nicht so schlimm.
So hatte ich in dem Zusammenhang auch argumentiert. Die deutsche Wortschöpfung „Indianer“ ist nicht synonym zum amerikanischen „Indian“, also „Inder“zu lesen, weil sie im Laufe von 150 Jahre eine völlig andere Dynamik entfaltet hat und zudem hier noch durchweg positiv konnotiert ist und sich vom ursprünglichen „Indien-Märchen“ längst gelöst hat. Zudem gibt es schlicht und ergreifend niemanden der „Betroffenen“, der sich an diesem Begriff stört oder sich der deutschen Konnotation bewusst wäre. Er wird künstlich von Leuten problematisiert, die sich als „White Saviors“ aufspielen und glauben, als privilegierte Weiße bei Twitter selbstgerecht die Rächer amerikanischer Ureinwohner geben zu müssen, um sich geil zu fühlen.
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Werbungredbeansandricehilft halt auch nicht, dass gerade in den USA zum Teil recht wildes Zeug gefordert und auch durchgesetzt wird… was man vor diversen Hintergruenden durchaus verstehen kann (warum werden die Statuen der konfoederierten Generaele erst jetzt beseitigt…?), aber es bleibt halt wild und fuehrt natuerlich zu Unverstaendnis.
Sollte nicht irgendwo auch ein Denkmal für Abraham Lincoln gestürzt werden, das seinerzeit von befreiten Sklaven gespendet wurde?
Das hier schwappte zB heute durch die „konservative“ US Presse, ein Professor an einer respektablen Uni verliert (zumindest vorruebergehend) seinen Job, weil er erklaert hat, dass Leute, deren Muttersprache Chinesisch ist, „nei ge“ sagen, wo wir zB „aeh“ sagen wuerden…
Das erinnert mich an eine Folge von „The Good Fight“ (Folge 3 der 4. Staffel), in der der Adrian Boseman, schwarze Partner einer Anwaltskanzlei, in einer Versammlung der Anwälte einen amerikanischen Gouverneur zitiert* und von einer der angestellten Anwältinnen bei der weißen Firma, die die ursprünglich schwarze Kanzlei mehr oder weniger feindlich übernommen hat, deswegen angeschwärzt wird, weil sie es auch nicht ertragen kann, das N-Wort anhören zu müssen.
* Das Zitat: The governor of Georgia actually said on the radio
„I have two planks in my platform: Niggers and roads. I’m against the first and for the second.“--
Noch mehr Comics für alle! Jetzt PDF herunterladen!bullitt
nicht_vom_forum
Aber auf der anderen Seite halte ich es schlicht für ein Gebot der respektvollen Umgangs miteinander, Leute grundsätzlich so zu bezeichnen, wie sie das selbst wollen.Das mag in aller Regel so sein, dennoch muss es auch da Grauzonen geben, Sprache muss auch „edgy“ bleiben dürfen, und vor allem muss es meine eigene Entscheidung bleiben dürfen. Sanktionen für nicht-gendern an Unis finde ich z.B. ein absolutes no-go.
Das kommt m. E. auf den Kontext an – und darauf, ob es sich um spezifische Personen oder um Gruppen handelt. Du wärst wahrscheinlich auch wenig begeistert, wenn Dich ein Kollege mit konstanter Sturheit als „Frau Bullitt“ anspricht. Bei heterogenen Gruppen finde ich es wenig problematisch.
Was ich bei dem Thema „Sanktionen“ allgemein allerdings schwierig finde, ist dass die meisten der Fälle, die durch die Presse gehen, in irgendeinem Angestelltenverhältnis stattfinden. Und da hat der Arbeitgeber nunmal das Recht, bestimmte Verhaltensweisen vorzugeben. Auch hier kommt übrigens m. E. wieder eine US-Eigenheit zum Tragen, die das ganze unnötig verschärft: Bei Fällen wie dem von redbeansandrice genannten Professor hätte man in Deutschland eine Abmahnung ausgesprochen, der (angestellte) Dozent hätte sich entschuldigt und der Fall wäre abgehakt gewesen – man hätte ihm wahrscheinlich gar nicht gerichtsfest kündigen können. In den USA wird dann schlicht aus dem Grund der direkte Rausschmiss verlangt, weil er möglich ist und es seitens des Arbeitgebers kaum andere Reaktionsmöglichkeiten gibt.
Zudem merke ich zumindest bei mir, dass das seltsame Blüten im Alltag treibt. Die inzwischen verfängliche Frage „wo kommst du her?“ gehört nach wie vor zu einer meiner Standard-Kennenlernfloskeln, die ich alleine jobmäßig sehr oft anwende. Allerdings habe ich mich dabei ertappt, dass ich unbewusst ein sehr ausgeklügeltes Scan-System entwickelt habe, wen ich das frage und wen nicht. Dabei selektiere ich im Kopf Menschen nach überspitzt und grob formuliert „cooler Herkunft“ und „Opfer-Herkunft“ mit diversen Unterkategorien. Das finde ich letztlich viel diskriminierender, als wenn ich einfach die Frage stellen würde wie jedem Herkunftsdeutschen auch.
Das Problem bei „Wo kommst Du her?“ ist nunmal, dass „von hier“ implizit nicht zu den erwarten Antworten gehört.
Ich frage inzwischen, angenommen wir wären gerade in X-Stadt, halt einfach, ob die Person aus X-Stadt kommt. Da ist jede Antwort von „Ja, Nein, Y-dorf, Hamburg, Antananarivo“ völlig unproblematisch. Natürlich nur, wenn es sich nicht um offensichtliche Touristen handelt…--
Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. DickInteressant dass sich mancher bei der simplen Wo kommst Du her – Frage derartige Gedanken macht. Die Frage an sich schließt doch jedwede Antwort (Kontinent, Land, Ort) ein. Da ist es absolut egal wer da einem gegenüber steht. (Und die Person entscheidet ja sowieso in welcher Art sie antwortet.)
Für mich ist dieses „Ich überlege wen ich was wie frage“ reine Unsicherheit, ausgelöst durch völlig überdrehte Debatten in einer Welt, die sich scheinbar nur noch zwischen Extremen bewegt, und eines davon ist eine bis ins letzte Fragment gelebte politische Über-Korrektheit.
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l'enfer c'est les autres...nicht_vom_forum
Das Problem bei „Wo kommst Du her?“ ist nunmal, dass „von hier“ implizit nicht zu den erwarten Antworten gehört.
Oder einfach gefragt: Das ist ein Problem weil…?
(Hervorhebung von mir)--
l'enfer c'est les autres...cycleandale
nicht_vom_forum
Das Problem bei „Wo kommst Du her?“ ist nunmal, dass „von hier“ implizit nicht zu den erwarten Antworten gehört.
Oder einfach gefragt: Das ist ein Problem weil…?
(Hervorhebung von mir)… damit eben auch oft die Zugehörigkeit zu Deutschland oder das Anwesenheitsrecht infrage gestellt werden. Da sind die Betroffenen mit Sicherheit (über-)empfindlicher als seit Generation hier verwurzelte Deutsche (mit heller Haut). Ich kann trotzdem nachvollziehen, dass es auf Dauer nervt, aufgrund von Name oder Hautfarbe immer wieder als fremd behandelt zu werden, obwohl man hier aufgewachsen ist und besseres Hochdeutsch spricht als so mancher Dorf-Deutsche.
Der Punkt ist eben, dass offensichtlich Einheimischen diese Frage gar nicht erst gestellt wird – jedenfall nicht ohne speziellen Grund oder Kontext.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. Dicknicht_vom_forum
cycleandale
nicht_vom_forum
Das Problem bei „Wo kommst Du her?“ ist nunmal, dass „von hier“ implizit nicht zu den erwarten Antworten gehört.
Oder einfach gefragt: Das ist ein Problem weil…?
(Hervorhebung von mir)… damit eben auch oft die Zugehörigkeit zu Deutschland oder das Anwesenheitsrecht infrage gestellt werden. Da sind die Betroffenen mit Sicherheit (über-)empfindlicher als seit Generation hier verwurzelte Deutsche (mit heller Haut). Ich kann trotzdem nachvollziehen, dass es auf Dauer nervt, aufgrund von Name oder Hautfarbe immer wieder als fremd behandelt zu werden, obwohl man hier aufgewachsen ist und besseres Hochdeutsch spricht als so mancher Dorf-Deutsche.
Anschaulich gemacht wird das im folgenden Sketch – nur gehört diese Diskussion jetzt eigentlich nicht in diesen Thread, sondern in den politischen Salon, Thema „Der gewöhnliche Alltags-Rassismus“:
zuletzt geändert von go1--
To Hell with PovertyUnd weil’s einfach ist: hier ist ein Beispiel, bei dem ich mich der Empörung über CA sehr gut anschließen kann.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.Na, wenn die Querdenker gegen das Copyright verstoßen haben, ist das natürlich aufs Schärfste zu verurteilen.
nicht_vom_forumBei Fällen wie dem von redbeansandrice genannten Professor hätte man in Deutschland eine Abmahnung ausgesprochen, der (angestellte) Dozent hätte sich entschuldigt und der Fall wäre abgehakt gewesen – man hätte ihm wahrscheinlich gar nicht gerichtsfest kündigen können.
Ich hoffe, in einem solchen Fall hätte man den Beschwerdeführern klar gemacht, daß sie einen an der Klatsche haben. Es gibt kein Schutzrecht gegen ähnlich klingende Worte. Hätte der Professor „Schön‘ Abend noch“ gesagt, und die Studenten „Arschloch“ verstanden, wäre das auch kein Grund für eine Abmahnung. „Nogger“ von Langnese wurde bisher auch noch nicht umbenannt. Und das Zeug ist immerhin mit kakaohaltiger Fettglasur überzogen.
Die Behauptung, das chinesische Füllwort würde in Wahrheit ganz anders ausgesprochen, halte ich auch für schwer belegbar. Es gibt in China vermutlich auch Hunderte von Dialekten und Sprachfärbungen.
zuletzt geändert von reino--
Noch mehr Comics für alle! Jetzt PDF herunterladen!reinoIch hoffe, in einem solchen Fall hätte man den Beschwerdeführern klar gemacht, daß sie einen an der Klatsche haben. Es gibt kein Schutzrecht gegen ähnlich klingende Worte. Hätte der Professor „Schön‘ Abend noch“ gesagt, und die Studenten „Arschloch“ verstanden, wäre das auch kein Grund für eine Abmahnung. „Nogger“ von Langnese wurde bisher auch noch nicht umbenannt. Und das Zeug ist immerhin mit kakaohaltiger Fettglasur überzogen.
Die Behauptung, das chinesische Füllwort würde in Wahrheit ganz anders ausgesprochen, halte ich auch für schwer belegbar. Es gibt in China vermutlich auch Hunderte von Dialekten und Sprachfärbungen.Es war leider niemand von uns dabei. Eine Möglichkeit ist natürlich, dass die Studenten überempfindlich sind und einen an der Klatsche haben; eine andere, dass der Professor sich einen Spaß draus macht, den schwarzen Studenten ausgiebig den Unterschied zwischen „nei go“ und dem N-Wort zu erklären und den Rest der Zeit seinen weiblichen Studenten den Unterschied zwischen gewissen Königsberger Philosophen und dem C-Wort.
Manchmal ist die tatsächliche Lage eben sowohl einfacher als auch anders als in der Presse dargestellt. Mir fallen da beispielsweise Fälle ein, bei der sich das Kommentariat drauf gestürzt hat, dass jemand wegen vergleichsweise harmlosen Aussagen in Briefen gefeuert worden wäre. Genauere Informationen zeigten dann, dass das semi-private Briefe auf offiziellem Briefpapier seines Arbeitgebers waren. Auf sowas reagiert der typische Arbeitgeber nunmal eher ungehalten und man sollte sicherheitshalber seine Sachen packen, bevor man den Brief schreibt – ganz unabhäng vom Inhalt.
Genauso ist es eben riskant, in Arbeitskleidung mit Firmenlogo eine Demo zu besuchen – ganz egal, worum es bei der Demo geht.
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Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away. Reality denied comes back to haunt. Philip K. DicklathoUnd weil’s einfach ist: hier ist ein Beispiel, bei dem ich mich der Empörung über CA sehr gut anschließen kann.
Hm. Gerade hier kann ich den Ärger schon verstehen: Ein schräger Corona-Ablehner (dem mehrere Zeitungen obendrein mittlerweile innige Reichsburgernaehe und auch deutlich ins Rassistische spielende Äußerungen nachgewiesen haben), nimmt einen spirituell bedeutsamen Tanz aus einer anderen Kultur und verballhornt ihn aufs Groteskeste. Der hier kritisierte Typ verdient obendrein Geld, indem er einen Verein für indianische Weisheit gegründet hat, über den er selbstgebastelte Indianertrommeln und Powwow-Therapiesitzungen verkauft. Der Kerl ist ja wirklich das Musterbeispiel eines Eurozentristen, der mit maximaler Selbstgefaelligkeit und minimalem Respekt kulturelle und spirituelle Konzepte von anderen in seinem eigenen Süppchen verkocht.
zuletzt geändert von bullschuetz--
Plus: Der Typ inszeniert sich in seinem durchgeknallten Kampf gegen das Coronavirus, das es nach seinen Aussagen überhaupt nicht gibt, als im Bunde mit den indigenen Völkern aus aller Welt – während für die Maori das Virus schmerzhaft real ist, weil es dort besonders viele Opfer fordert.
Achtloser, dämlicher und anmaßender als dieser Coronatyp kann man mit anderen kulturellen und spirituellen Traditionen kaum umgehen.
Der Maorisprecher hat das haargenau treffend zusammengefasst: „Das Letzte, was wir brauchen, sind diese Clowns, die unsere Kultur für ihren unangemessenen Protest benutzen.“
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Ich denke, latho meinte dasselbe. Er hat es vielleicht nur ein wenig ungeschickt formuliert (mit „Empörung über CA“ ist sicher die Aneignung durch den Reichsbürger gemeint, nicht Empörung über das Konzept). Interessant finde ich, dass der Tanz rechtlich geschützt ist. Ich hoffe mal, der Typ bekommt ne saftige Klage an den Hals.
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Ah, okay, ja. Ich glaube, Du hast recht. Danke für den Hinweis!
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Hier ein Artikel aus spon:
Von Schwarzen Prinzessinnen und männlichen Meerjungfrauen -
Schlagwörter: AfD, Alt-Right, Bildzeitung, Deppengelaber, Incels, Machwerke, Pornos, Poros, rechtsextrem, rechtsradikal, Verschwörungsideologen, Welt
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