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@SVM: Ich glaube nicht, dass Joy Division Neu! gehört haben, solange mir nicht jemand das Gegenteil beweist. Aber ich glaube, dass die von Dir identifizierte Ähnlichkeit auch kein Zufall ist. Und so habe ich mich gefragt, wer denn der Mittler dieses Einflusses gewesen sein könnte. Und da treten zwei Personen auf die Bildfläche, deren Einfluss auf JD gewaltig war, nämlich David Bowie (Warzaw(a)) und Martin Hannett, der Produzent. Es ist gut möglich (und ein Fori, bei dem ich mich rückversicherte, bestätigte mir das), dass Hannett der Gruppe einen speziellen Schlagzeugsound verpasste. Dieser Sound mag durchaus auf Neu! in Vermittlung von Bowie bzw. auf Neu! direkt basieren. Das halte ich nicht für besonders weit hergeholt.
Ein Aspekt der Musik von JD ist mir aber besonders wichtig und zwar die Entfremdung (oder alienation). Das ist meiner Ansicht nach eine sehr wichtige Eigenschaft der Musik von JD und ein Unterschied zu Neu!, die einen anderen Hintergrund haben. Andere haben darauf bereits hingewiesen, ich will noch etwas konkreter werden. Im Booklet der Heart & Soul Box beschreibt Bernard Sumner seine Kindheit und Jugend und letztlich die totale Entfremdung, die er von der Gesellschaft spürte. Das ist exakt in der Mitte des Booklets – Seitenzahlen gibt es nicht.
Er wuchs in der Nähe einer großen Chemiefabrik in Salford auf und beschreibt, wie die enge Gemeinschaft der in der Nähe lebenden Menschen dadurch zerstört wurde, dass man sie umsiedelte, weg von der Chemie und in neugebaute Hochhäuser. Diese an sich vernünftige Entscheidung zerstörte die Gemeinschaft und bereitete den Boden für die Entfremdung. Sumner erklärt, jeder in JD habe eine vergleichbare Schwere in sich getragen, einen Verlust des Optimismus.
Wenn man nun vorstellt, wie Hannett überlegte, wie er diese neue Band mit ihrem schweren, düsteren Sound produzieren konnte, dann fiel ihm vielleicht Bowie oder Neu! ein mit ihrem mechanischen Schlagzeug und ihrem kalten Klang. Vielleicht war es so – oder es war ganz anders.
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WerbungDanke, Nail75. Du hast da ein paar plausible Erklärungen geliefert. Die Sache mit Martin Hannett und Bowie halte ich auch für möglich. Wobei das vermutlich alles gar nicht so bewusst und gezielt passiert ist.
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!tolomoquinkolomBEAK> ist ein spannendes Sideproject von Portishead. Geoff Barrow, Motor des letzten Portishead-Albums THIRD, hat zusammen mit Billy Fuller (Fuzz Against Junk, Massive Attack) und Matt Williams (Team Brick) eine Krautrock-Band ins Leben gerufen und inzwischen gibt es auch ein erstes, sehr beeindruckendes Album von dieser Formation. “Yes, they CAN!” könnte man sagen. Barrow hat sich so lange durch die Plattensammlung seines Portishead-Kollegen Utley gehört, bis der krautige Funke sprang. Adrian Utley, der in der ersten Hälfte der Siebziger Jahre als Kunststudent in Deutschland war und eine Menge musikalische Eindrücke mit zurück auf die Insel genommen hat, hat also gewissermaßen eine “Teilschuld” an Beak>. Übrigens nennt man im Englischen den Profax, also den Lehrer, gelegentlich auch „Beak“. Wer in diesem Fall Lehrer und wer Schüler war, dürfte klar sein.
Danke für die Aufklärung. Ich hab mich schon gewundert, wegen der optischen Ähnlichkeit zu Barrow, hätte das so aber nie vermutet. Cool, mit wieviel Understatement und Stil sie da rangehen. Andererseits hätte mich die immense Qualität der Performance stutzig machen müssen… Die beschwören ja wirklich einiges herauf…gut, dann macht das natürlich Sinn…
Aber die noch größere Überraschung ist für mich Billy Fuller! Den habe ich nämlich mal live gesehen und hätte ihn nicht mehr wiedererkannt. Das war mit Robert Plant auf der Mighty Rearranger Tour in Frankfurt. Und das Konzert war übrigends großartig und sehr modern. Fast schon futuristischer Retro. Da waren auch Portisheads mit in der Band (ich meine der Keyboarder).
Adrian Utley ist so ein geiler Gitarrist! Wenn ich an das Solo in Glory Box denke, das ist der blanke Wahnsinn, aber auch sonst… Scheint ja bestens sozialisiert zu sein, der Gute… Soso, studiert hat er auch noch hier…;-) tztz.
Besten Dank für diese nährreichen Infos. Jetzt kuck ich mal nach beak…:-)
ciao…--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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die Zeit findet zu Beak> ja die schönen Worte:
Welche Kraft! Ob Portishead im Proberaum so gut klingen? Ungeschliffen, kraftvoll – und ohne das enervierende Genöle von Beth Gibbons?
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AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Habe gerade dies www.youtube.com/watch?v=jtE62pFC8jU gehört.
Der Basslauf, dieses Treibende, irgendwoher „can“ ich das!!!--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Das Kluster/Cluster Gründungsmitglied Conrad Schnitzler wurde hier ja schon mal erwähnt,(Danke, @ Napo) und wenn hier schon immer von Neu die Rede ist, so sollte man diesem Herren ebenfalls Beachtung schenken:-)
http://www.youtube.com/watch?v=sVluQYsQ3TQ&feature=related--
Ein schöner Tip, sam!!!
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nail75@SVM: Ich glaube nicht, dass Joy Division Neu! gehört haben, solange mir nicht jemand das Gegenteil beweist. Aber ich glaube, dass die von Dir identifizierte Ähnlichkeit auch kein Zufall ist. Und so habe ich mich gefragt, wer denn der Mittler dieses Einflusses gewesen sein könnte. Und da treten zwei Personen auf die Bildfläche, deren Einfluss auf JD gewaltig war, nämlich David Bowie (Warzaw(a)) und Martin Hannett, der Produzent. Es ist gut möglich (und ein Fori, bei dem ich mich rückversicherte, bestätigte mir das), dass Hannett der Gruppe einen speziellen Schlagzeugsound verpasste. Dieser Sound mag durchaus auf Neu! in Vermittlung von Bowie bzw. auf Neu! direkt basieren. Das halte ich nicht für besonders weit hergeholt.
Nail, das mag sein, dass nicht Joy Division NEU! gehört haben, sondern Martin Hannett. Er war ja stilprägend für ihren Sound, hatte eine Vorstellung, wie ihr Sound klingen soll. Der hat aber NEU! gehört. Dann bin ich mir mehr als sicher, denn wie du eben schon richtig sagtest, gibt es keine Zufälle, was das Thema anbelangt. Joy Division klingen nicht einfach so nach NEU!
Das hat schon Gründe.--
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
TosheyEin schöner Tip, sam!!!
Da hat mich Napoleon Dynamite mit seinem Post 61 drauf gebracht. Ich kannte Schnitzler bisher auch nur von dem ersten Kluster Album „Klopfzeichen“
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Mikko Einen Hinweis auf Bezüge zum Minimalismus und der Motorik in der Musik von Neu! u.a. deutschen Musikgruppen habe ich seinerzeit nirgends gefunden. Zwar habe ich mich mit Neu! und Co. nie sonderlich intensiv beschäftigt, aber ihre künstlerischen Einflüsse und Intentionen sind m.E. deutlich andere als die der Gothic Bands später. Da sehe ich schon eher Zusammenhänge mit der Musik und den Ausdrucksformen der Stooges zehn Jahre früher. Wenn schon musikalische Vorbilder, dann sind m.E. The Stooges und Velvet Underground viel naheliegender als Einfluss auf die britischen Postpunk, New Wave und Gothic Bands der späten 70s und frühen 80s.
Wie gesagt, eine gewisse Faszination von Nazi Symbolik und der Dekadenz der deutschen Boheme der 1930er Jahre ist bei David Bowie, Brian Ferry u.a. durchaus erkennbar. Das alles hat aber wenig mit Krautrock und neuer deutscher Musik der 70er Jahre zu tun, die gleichwohl auch ihre Spuren hinterlassen hat im UK. Was mich stört ist, dass Du das alles in einen Topf wirfst.
Die Musik von Kraftwerk, Faust, Neu! u.a. war alles andere als eine Fortsetzung oder ein Wiederaufnehmen von deutschen Traditionen der Vorkriegszeit. Zu Stockhausen kann ich in diesem Zusammenhang nichts sagen. Dessen Werk kenne ich so gut wie gar nicht. Aber das war ja auch eher Tosheys Steckenpferd.
Ich habe hier bereits des öfteren Quellen angegeben, die eine Verbindung des Motorik Beats zu Joy Division ziehen. Joy Division gelten beeinflusst von NEU! und Can. Nur weil ihre künstlerischen Intentionen anders waren als die der Gothic Künstler, haben sie dennoch ihre musikalischen Spuren hinterlassen. Das ist doch gerade das Interessante. Man kommt eben nicht so darauf, dass sie sich von den deutschen Hippies haben beeinflussen lassen, aber es ist so.
Was das Wiederaufnehmen deutscher Traditionen anbelangt: Was meinst du damit genau? Das Kraftwerk Zitat ist legendär bezüglich ihres Einflusses einer Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Der hat für sie praktisch alle Kulturgüter zerstört.
Sie fangen praktisch ganz neu an, berufen sich nicht auf die Vergangenheit, das Ausland und sonst etwas- sie schaffen etwas Neues.
Was Stooges, VU anbelangt: Einen Einfluss spreche ich Ihnen nicht ab, aber nur weil man diese Bands persönlich favorisiert, ist der Krautrock Einfluss trotzdem hörbar. Stooges und VU fließen auch mit ein. Klar, das waren wichtige Bands für den Postpunk--
MikkoWobei das vermutlich alles gar nicht so bewusst und gezielt passiert ist.
Mikko, wirklich: solche Dinge geschehen nicht zufällig oder unterbewusst. Er hat einfach die Musik als Einfluss für sich aufgesogen und sie für sich verarbeitet. Oder wie es so schön in einer Quelle heisst: er hat den Klaus Dinger Beat sozusagen dekonstruiert.
Man lässt sich als Musiker immer beeinflussen. Als Produzent genauso. Solche Dinge entstehen nicht einfach so aus einem luftleeren Raum.--
samDa hat mich Napoleon Dynamite mit seinem Post 61 drauf gebracht. Ich kannte Schnitzler bisher auch nur von dem ersten Kluster Album „Klopfzeichen“
Interessanter Song, sam. Ingesamt würde wahrscheinlich Cluster den Vorzug geben. Hier ein Interview mit Roedelius:
http://www.youtube.com/watch?v=XFKogGgGIm4&feature=relatedHier übrigens ein interessantes Zitat auf der 2001 Seite:
„Den Krautrockern ist es „gelungen, die Musikgeschichte um ein wirkungsmächtiges Kapitel zu bereichern. Mit Klängen, die mal New Wave vorwegnehmen, mal als Blaupause für Techno gelten, mal in den Heavy Metal hinein wirken und mal für sich eine ganz eigene Welt schaffen. Und von Sex-Pistol Johnny Lydon bis zu den Red Hot Chili Peppers rezipiert wurden und werden …“--
Nachdem ich nur sehr lange Zeit nur noch passiv im Forum tätig war, muss ich jetzt doch mal was loswerden, die Art und Weise wie Some Velvet Morning hier wild drauflos spekuliert bedarf nämlich des einen oder anderen Kommentars:
1. Die Rezeptionsgeschichte von Neu!
Du stellst Theorien auf, lässt aber einen entscheidenden Aspekt komplett unerwähnt: Die Beschaffungssituation. Die drei Neu!-Platten waren gut zwei Dekaden lang out of print. Mit anderen Worten: Selbst hierzulande konntest Du in den Achtzigern nicht einfach in einen Plattenladen oder auf eine Börse gehen und eine Neu!-LP kaufen. Ein Luxus, den man bei Kraftwerk (zumindest bei den Platten ab 1974) immer und bei Can die meiste Zeit hatte, von daher ist es wohl kein Zufall, dass genau jene Acts zu festen Bezugsgrößen mutierten, während Neu! (zunächst) immer obskurer wurden. Um Neu! hören zu können, brauchtest Du Connections oder das nötige Kleingeld. Als Referenz tauchten Neu! erst in den Neunzigern auf als Musiker wie Red Hot Chili Peppers, Stereolab, Tortoise und natürlich Julian Cope den Namen immer und immer wieder fallen ließen.
2. Der Sound von Neu!
Bei Deinen Beschreibungen des Neu!-Soundes frage ich mich, inwieweit Du überhaupt mit der Band vertraut ist. Dinger und Rother sind sicherlich vieles, „bassbetont“ gehört jedoch nicht dazu. Tragende Neu!-Elemente sind das Schlagzeug und die geschichtete Gitarre, kommt ein Bass dazu (was durchaus nicht in jedem Stück der Fall ist) so spielt er ein, zwei Akkorde und ist im Klangbild nicht dominant. Ausnahme: „Negativland“. Julian Cope geht in „Krautrocksampler“ sogar so weit Neu! „basslos“ zu nennen. Von daher sind Joy Division mit ihrem extrem bassbetonten Sound das diametrale Gegenteil.
3. Martin Hannett und die Wurzeln des Gothic
Mikko hat komplett Recht, wenn er The Stooges und The Velvet Underground als wichtige Wurzeln nennt, dazu kommen T.Rex, David Bowie, Alice Cooper und Dub-Elemente. Genau hier verwechselst Du nämlich was: Der Sound von Martin Hannett ist stark beeinflusst von den Produktionen eines Lee Perry oder King Tubby, hier liegt die Quelle der Reduktion auf Bass- uns Schlagzeug-Muster. Höre etwa das Intro von „Bela Lugosi“. Dass Hannett Krautrock kannte möchte ich gar nicht abstreiten aber als Produzent dürfte sein Interesse eher dem Sound gegolten haben. Von daher dürfte er sich weniger an einer speziellen Band als an einem Produzenten wie Conrad Plank orientiert haben.
4. Wer machte die kälteste, dunkelste Musik in den 70ern: Die Deutschen.
Das ist mit der größte Unsinn, den ich je gehört habe. Scheinbar stehst Du auf Verallgemeinerungen?
Fazit: Man merkt Deinen Ausführungen an, dass Du aus der Sicht des Jahres 2009 schreibst und Deine Theorien weniger an historischen Gegebenheiten ausrichtest als an Deiner subjektiven Wahrnehmung. Frei nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht!
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ExcelroseNachdem ich nur sehr lange Zeit nur noch passiv im Forum tätig war, muss ich jetzt doch mal was loswerden, die Art und Weise wie Some Velvet Morning hier wild drauflos spekuliert bedarf nämlich des einen oder anderen Kommentars:
1. Die Rezeptionsgeschichte von Neu!
Du stellst Theorien auf, lässt aber einen entscheidenden Aspekt komplett unerwähnt: Die Beschaffungssituation. Die drei Neu!-Platten waren gut zwei Dekaden lang out of print. Mit anderen Worten: Selbst hierzulande konntest Du in den Achtzigern nicht einfach in einen Plattenladen oder auf eine Börse gehen und eine Neu!-LP kaufen. Ein Luxus, den man bei Kraftwerk (zumindest bei den Platten ab 1974) immer und bei Can die meiste Zeit hatte, von daher ist es wohl kein Zufall, dass genau jene Acts zu festen Bezugsgrößen mutierten, während Neu! (zunächst) immer obskurer wurden. Um Neu! hören zu können, brauchtest Du Connections oder das nötige Kleingeld. Als Referenz tauchten Neu! erst in den Neunzigern auf als Musiker wie Red Hot Chili Peppers, Stereolab, Tortoise und natürlich Julian Cope den Namen immer und immer wieder fallen ließen.
2. Der Sound von Neu!
Bei Deinen Beschreibungen des Neu!-Soundes frage ich mich, inwieweit Du überhaupt mit der Band vertraut ist. Dinger und Rother sind sicherlich vieles, „bassbetont“ gehört jedoch nicht dazu. Tragende Neu!-Elemente sind das Schlagzeug und die geschichtete Gitarre, kommt ein Bass dazu (was durchaus nicht in jedem Stück der Fall ist) so spielt er ein, zwei Akkorde und ist im Klangbild nicht dominant. Ausnahme: „Negativland“. Julian Cope geht in „Krautrocksampler“ sogar so weit Neu! „basslos“ zu nennen. Von daher sind Joy Division mit ihrem extrem bassbetonten Sound das diametrale Gegenteil.
3. Martin Hannett und die Wurzeln des Gothic
Mikko hat komplett Recht, wenn er The Stooges und The Velvet Underground als wichtige Wurzeln nennt, dazu kommen T.Rex, David Bowie, Alice Cooper und Dub-Elemente. Genau hier verwechselst Du nämlich was: Der Sound von Martin Hannett ist stark beeinflusst von den Produktionen eines Lee Perry oder King Tubby, hier liegt die Quelle der Reduktion auf Bass- uns Schlagzeug-Muster. Höre etwa das Intro von „Bela Lugosi“. Dass Hannett Krautrock kannte möchte ich gar nicht abstreiten aber als Produzent dürfte sein Interesse eher dem Sound gegolten haben. Von daher dürfte er sich weniger an einer speziellen Band als an einem Produzenten wie Conrad Plank orientiert haben.
4. Wer machte die kälteste, dunkelste Musik in den 70ern: Die Deutschen.
Das ist mit der größte Unsinn, den ich je gehört habe. Scheinbar stehst Du auf Verallgemeinerungen?
Fazit: Man merkt Deinen Ausführungen an, dass Du aus der Sicht des Jahres 2009 schreibst und Deine Theorien weniger an historischen Gegebenheiten ausrichtest als an Deiner subjektiven Wahrnehmung. Frei nach dem Motto: Was nicht passt, wird passend gemacht!
Jetzt gibt es diesen Thread schon ein Weile und jetzt kommt Excelrose und erklärt es uns, wie es wirklich war?
1. Diese vermeintlichen „Connections“, um NEU! zu hören, hatte David Bowie nicht? Das ist doch absurd. Die Menschen, die ich kenne und in den 70ern Platten gekauft haben, hatten keine Probleme NEU! zu bekommen und zu hören.
2. Ja, mir ist nicht nur das Gesamtwerk von NEU! sehr gut bekannt, sondern ich kenne Klaus persönlich. Natürlich ist das Schlagzeug das wichtige Instrument bei NEU! Aber es ist eben sehr „motorisiert“ gespielt, hat dieses Hypnotische. Der Bass macht kaum etwas, aber sie spielen synchron. Das ist keine Heldentat des Bassisten, aber Rother spielt sehr dezent die Gitarre und er hat einen ganz anderen Ansatz insgesamt in seinem Musikverständnis. Es geht ihm mehr um den Gesamtsound des Stückes. Die Atmosphäre steht im Hintergrund und eben dieses Fließende. Rother war immer angetan vom Wasser. Er hat immer an Flüssen gelebt und das Wasser sei ein Sinnbild für seine Musik gewesen.
Unserer damaliger Bassist aus meiner ersten Band war auch nicht begeistert, wenn er ganz reduziert zum Schlagzeug spielen sollte, aber gerade die Reduzierung brachte erst den Effekt, die Synchronität mit dem Schlagzeug. Das ist auch bei Bleak doch das Kennzeichnende und bei Joy Division genauso. Du sagst, Joy Division wären diametral zu NEU!, nimmst „Negativland“ im gleichen Atemzug wieder raus. Also, das finde ich widersprüchlich.
Zu Martin Hannett: Es kann doch sein, dass der Gute sich auch Dub gegeben hat. Aber bitte: Joy Division klingen für Dich nach Dub? Da hört es bei mir auf. Nicht einen Ton kann ich da raushören. Lediglich das generell Bassbetonte kann meinetwegen auf Dub verweisen, aber das ist jetzt wirklich sehr weit hergeholt und stimmt so einfach nicht. Das Grundgerüst von Joy Division ist doch das mechanische Schlagzeug und dieser monton gespielte Bass dazu und da höre ich nun einmal mehr als deutlich NEU! raus. Ob Hannett nun indirekt nach Deinem Dafürhalten nicht die Platten von NEU! gekannt haben soll, aber dafür Plank kannte. Bitte, wenn Du meinst. Das bleibt doch Spekulation. Wir können ihn nicht mehr fragen und letztendlich ist es für mich sekundär, ob Joy Division nun NEU! gar nicht kannten oder Hannett jetzt angeblich NEU! auch gar nicht kannte (woher willst du das eigentlich wissen?): Die Musik von Joy Division spricht eine deutliche Sprache. Ian Curtis kann doch über Umwege den Sound verinnerlicht haben genauso wie Hannett. Kennst du das nicht, dass du jahrelang eine Band gehört hast und erst viel später merkst, worauf sie im Grunde aufbaut? Das kann ich mir bei Ian Curtis noch vorstellen. Bei Hannett wäre ich skeptisch, aber selbst wenn….3. Du kannst jetzt auch Dub als Einfluß bei Gothic sehen. Klar wurde viel Reaggae und Dub Ende der 70er neben Punk, New Wave in den Clubs gespielt. Aber Dub als stilprägend für Gothic zu werten, finde ich jetzt abwegig. Lou Perry prägt Gothic? Das Intro von „Bela Lugosi“ mag nach Deinem Dafürhalten nach Dub klingen (ich habe nie so gedacht, aber meinetwegen..), aber wenn du schon auf Mikko verweist: die Lebensfreude, die Reaggae und Dub für mich verkörpern ist doch nun einmal genau das Gegenteil von Gothic.
4. Das ist kein Unsinn (schon mal an Deinem Ton gearbeitet?). Ich habe es begründet und ich bleibe dabei. Wenn Harmonia, Cluster, Kraftwerk, NEU! nicht unterkühlt für Dich klingen im Vergleich zu dem, was es sonst in den 70ern gab, dann weiß ich es auch nicht. Disco, Rock, Bombast Rock, Progressive Rock und dazu im Vergleich dieser Sound- was klingt da wohl kälter?
Fazit: Deine Ausführungen können ja gerne Anlass geben darüber zu diskutieren, aber sie bleiben trotzdem subjektiv. Deshalb diskutieren wir doch über das Thema und es gibt hier verschiedene Standpunkte. Du wirfst jetzt noch Dub als Einfluß mit in den Raum. Vielleicht kommt ja noch jemand, der sagt, Joy Division gehen auf Country zurück.
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SVM, Deine Ansichten sind nicht weniger subjektiv als die von Excelrose. Allerdings ist seine Argumentation weit schlüssiger und nachvollziehbarer als Deine.
Er hat Recht. Du argumentierst aus der Rückschau von heute aus. Und Du biegst Dir alles so hin, dass es in Dein Bild passt.
Excelroses Argumente sind absolut stichhaltig und zumeist auch nachprüfbar. Ganz im Gegensatz zu Deinen. Die gründen nur auf Deinem Gefühl und Deiner Interpretationskunst.
Und nun lass uns über was anderes reden. Deine Meinung ist hinreichend deutlich geworden. Ebenso die mannigfachen Zweifel von verschiedener Seite.
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties! -
Schlagwörter: Krautrock
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