Konzertimpressionen und -rezensionen

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  • #12442383  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Gerade noch rausgekriegt, was Víkingur Ólafsson als Zugabe gespeilt hat: das Prélude aus Bachs Prélude und Fuge BWV 855a in Silotis Transkription:

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #12445665  | PERMALINK

    yaiza

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    vielen Dank für Deine Berichte, gypsy.

    gypsy-tail-windGerade noch rausgekriegt, was Víkingur Ólafsson als Zugabe gespeilt hat: das Préludes aus Bachs Prélude und Fuge BWV 855a in Silotis Transkription

    ja, die erinnere ich auch aus Konzerten — spielte er einige Male als Zugabe

    Im Juni wird er wieder mal im Konzerthaus spielen (die letzten 3 Beethoven-Klaviersonaten); habe auch’ne Karte und bin gespannt.

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    #12445671  | PERMALINK

    yaiza

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    … da hörtest Du ja wirklich tolle Solistinnen und Solisten

    gypsy-tail-wind

    Winterthur, Stadthaus – 22.01.2025 – Heinz Holliger & Sebastian Bohren
    Musikkollegium Winterthur
    Heinz Holliger
    Leitung
    Sebastian Bohren Violine
    MAURICE RAVEL: «Le tombeau de Couperin» Suite
    WILLY BURKHARD: Konzert für Violine und Orchester Nr. 2, op. 69

    ROBERT SCHUMANN: Fantasie für Violine und Orchester a-Moll, op. 131
    ROBERT SCHUMANN: Sinfonie Nr. 4 d-Moll, op. 120

    das sieht auch interessant aus

    Ich habe eine Doppel-CD mit Hansheinz Schneeberger und das o.g. VK von Willy Burkhard ist auch dabei…. stecke aber derzeit bei Schoeck fest, aber wenn mal mehr Zeit habe, höre ich mir das Burkhard-Konzert auch wieder an

    Sebastian Bohren sah ich bisher nur 2019… das ist ja auch schon wieder laaaange her

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    #12445715  | PERMALINK

    yaiza

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    Konzerthaus Berlin
    25.01.2025, 18.00Uhr, Kleiner Saal
    Abo Vogler Quartett

    Mozart Streichquartett G-Dur KV 387
    Kagel Streichquartett Nr. 5
    Pause
    Reger Streichquartett Es-Dur op. 109

    Tim Vogler, Violine
    Frank Reinecke, Violine
    Stefan Fehlandt, Viola
    Stephan Forck, Violoncello

    Die Konzerte vom Vogler Quartett genieße ich schon sehr; allgemein auch Streichquartett-Vorstellungen.
    Nach dem 1. der „Haydn-Quartette“ von Mozart, spielte das Vogler Quartett das 5. Streichquartett von Mauricio Kagel (Das Quartett spielte 2007 die UA.) Aus Anlass des „30 Jahre Spielens“ in dieser Besetzung nahmen sie dieses Quartett auch mal auf, so dass ich es bereits von CD kannte. (Mittlerweile spielt das Quartett 40 Jahre in gleicher Besetzung). Ich finde es ziemlich komplex und fand es gut, dies live zu hören, was wiederum auch Motivation zum erneuten vermehrten Hörens der CD erzeugte.
    Von Max Reger habe ich die Streichquartette bisher noch nicht gehört… also Ersthören im Konzert – op. 109 ist sein viertes Streichquartett und es ruft, wie andere Werke auch, Bach-Assoziationen hervor — nur dass es für mich sehr schwierig ist, Struktur zu finden und zu folgen. Laut Text im Programmheft soll es sein „klassischstes“ sein… hab’s mal auf die Ausleih-Liste gesetzt.
    (Vom Quartett gibt’s auch eine CD-Aufnahme, aber leider von Nimbus — die stehen bei mir unter Bronzing-Verdacht — auch auf Erfahrung mit den Hartmann-Streichquartetten/ebenfalls „Voglers“ oder z.B. die Weill/Schulhoff/Hindemith-CD/Brandis Streichquartett, was sehr schade ist, beruhend)

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    #12445787  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Oh, danke für den Hinweis auf die Schneeberger Doppel-CD – die sieht richtig interessant aus, mal schauen ob ich sie irgendwo auftreiben kann!

    Das Programm des Vogler Quartetts sieht auch interessant aus – Kagel und Reger kenne ich nicht, im Konzert bisher bloss einmal was von Reger gehört (mit den Berlinern und Petrenko in Luzern). Musste gestern auch an Dich denken, weil ich im Fernsehen einen Mitschnitt des Zürcher Kammerorchesters mit Daniel Hope aus dem Konzerthaus geguckt habe, der vor Monaten mal ausgestrahlt wurde, ein Tanz-Programm durch die Jahrhunderte (hier das Programm, in der ca. einstündigen TV-Fassung fehlten ein paar Stücke). (Bei Nimbus hab ich zuletzt eh immer nur CD-Rs erhalten … und daher eigentlich seit 15 Jahren fast nichts mehr gekauft. Kein Bronzing, aber andere mögliche Probleme – ich ziehe mir halt digitale Back-Ups davon.)

    Beim noch kommenden letzten Konzert von Ólafsson in der Tonhalle spielt er – leider? – nicht Brahms 2 sondern Beethoven 5. Brahms 1 war ja nicht restlos überzeugend, aber ich hätte wohl doch lieber 2 gehört statt Beethoven. Hauptevent dürfte aber eh Lutoslawskis „Konzert für Orchester nach der Pause werden. Nach zweimal Orchester und einmal solo ist es aber schon letzteres, was sich am meisten eingebrannt hat … gerade wegen des unfassbar schönen Tons, der Zartheit, des Nuancenreichtums, wie er in der Bach-Zugabe auch wieder zum Vorschein kam.

    Beim Klarinetten-Kammermusik-Konzert war ich dann noch, es gibt also schon wieder drei Konzerte zum Berichten.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #12447045  | PERMALINK

    yaiza

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    gypsy-tail-windOh, danke für den Hinweis auf die Schneeberger Doppel-CD – die sieht richtig interessant aus, mal schauen ob ich sie irgendwo auftreiben kann!

    à propos Schneeberger…. das hier hatte ich bestimmt schon mal gepostet, als ich Sebastian Bohren im Konzert sah; habe ich mir schon öfters mal angehört

    die beiden am 2. Juli 2018 in der reformierten Stadtkirche Brugg
    (Ausw. aus den Bartók Duos; Ligeti: Balada si joc; Ausw. aus den Berio Duetti)

    Da Du Dmitry Smirnov schon mehrfach im Konzert hörtest — evtl. ist diese Aufnahme auch für Dich interessant bzw. kennst Du sie?
    discogs

    Ich habe mir kürzlich eine Crossover-CD auf Alpha geholt und D. Smirnov ist auch dabei; da hatte ich mal geschaut, ob er schon anderes veröffentlicht hatte…. die Schneeberger Sonate für Violine solo habe ich mir mal notiert…

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    #12447059  | PERMALINK

    yaiza

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    gypsy-tail-wind

    … Bei Nimbus hab ich zuletzt eh immer nur CD-Rs erhalten …

    Das mit den CD-Rs ist auch ein guter Hinweis — …. kann einem bei Hyperion-VÖ (und manchmal gar nicht mal so alte, sondern von 2019 o.ä) ebenfalls passieren – sie geben das auch auf der Homepage an.

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    #12461289  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Zürich, Kleine Tonhalle – 02.02.2025 – Kammermusik Matinee

    Michael Reid Klarinette / Diego Baroni Klarinette, Bassklarinette / Elizaveta Shnayder-Taub Violine / Elisabeth Harringer-Pignat Violine / Katarzyna Kitrasiewicz-Łosiewicz Viola / Ioana Geangalau-Donoukaras Violoncello

    YORK BOWEN: «Phantasy Quintet» op. 93 für Bassklarinette und Streichquartett
    JOHANNES BRAHMS: Klarinettenquintett h-Moll op. 115
    AMILCARE PONCHIELLI: Divertimento op. 76 «Il convegno» (Arr. für zwei Klarinetten und Streichquartett)

    Schon viel zu lange nicht mehr berichtet … am ersten Februarsonntag bin ich kurzentschlossen in die Kammermusik-Matinée um 11:15, weil es da Musik für Klarinette gab. Diego Baroni spielte die Bassklarinette in Bowens Phantasy Quintet, das etwa weniger als eine Viertelstunde dauert und in einem Satz durch sieben Teile geht, Michael Reid übernahm im Brahms, und zum ca. zehnminütigen Abschluss mit Ponchielli kamen beide zusammen, Baroni jetzt auch an der Klarinette in B. Alle sechs stammen aus dem Tonhalle-Orchester, die Streicherinnen sitzen an den hinteren Pulten, aber die sind alle so gut, dass das überhaupt nicht ins Gewicht fällt. Eine sehr unterhaltsame Stunde mit einem Klassiker, eingerahmt von zwei Werken, die mir völlig unbekannt waren und von denen ich nicht eine einzige Aufnahme vorliegen habe. Das war denn der Grund, hinzugehen – und gelohnt hat es sich auch. Das Stück von Bowen war wohl gleich mein Highlight, aber das Konzert war gut programmiert mit dem Brahms im Zentrum und dem sehr launigen Duett zum Schluss, in dem die Klarinetten um die Wette kantilenen, dialogisch agieren, alles sehr catchy und auf den Punkt, halt instrumentales Theater.

    Zürich, Tonhalle – 04.02.2025 – Neue Konzertreihe Zürich

    Sol Gabetta Violoncello / Kristian Bezuidenhout Hammerflügel

    ROBERT SCHUMANN: Fantasiestücke op. 73
    JOHANNES BRAHMS: Cellosonate Nr. 2 F-Dur op. 99
    FELIX MENDELSSOHN: Cellosonate Nr. 2 D-Dur op. 58
    Zugabe: FRÉDÉRIC CHOPIN: Etüde cis-Moll op. 25/7 (arrangiert und transponiert nach e-Moll von Alexander Glasunow)

    Zwei Tage später übermüdet in die Tonhalle – auch wieder Kammermusik, auch wieder recht kurz – und recht schön auch. Gabetta schätze ich mit jeder Begegnung mehr, Bezuidenhout ist sowieso schon lange ein Favorit … aber so ganz mochte der Funke dieses Mal nicht überzuspringen. Höhepunkt war zweifellos die phantastische zweite Sonate von Brahms – und der wunderbare Klang vom 1859er Blüthner-Flügel aus Leipzig verlieh dem Konzert einen besonderen Touch. An Mendelssohn bin ich gerade anderweitig dran (Markovina mit den kompletten Werken für Klavier solo), an die Cellosonaten komme ich noch nicht ran – da muss ich mal wieder einen Anlauf nehmen (Coin/Cohen oder Moser/Beatson wohl, v.a. von der zweiten gibt’s ja auch Einspielungen der grosssen Alten: Feuerman, Starker, Piatigorsky … Tortelier hat beide eingespielt).

    Basel, Stadtcasino – 06.02.2025 – Belcanto

    Kammerorchester Basel
    Michele Spotti
    Leitung
    Regula Mühlemann Sopran

    GIOCHINO ROSSINI: Ouvertüre aus „Il barbiere di Siviglia“
    GIOCHINO ROSSINI: «Una voce poco fa» (aus „Il barbiere di Siviglia“)
    GAETANO DONIZIETTI: «Quel guardo il cavaliere… So acn’io la virtù magica» (aus „Don Pasquale“)
    GAETANO DONIZIETTI: Sinfonia aus „Il turco in Italia“
    GAETANO DONIZIETTI: «I vostri cenci vi mando… Squallida veste… Caro padre» (aus „Il turco in Italia“)

    VINCENZO BELLINI: Preludio aus „Beatrice di Tenda“
    VINCENZO BELLINI: «Eccomi in lieta vesta… Oh quante volte» (aus „I Capuleti e i Montecchi“)
    LÉO DELIBES: Pizzicato aus „Sylvie“
    GAETANO DONIZIETTI: «C’en est donc fait… Salut à la France» (aus „La fille du régiment“)
    GIUSEPPE VERDI: Preludio zu „Macbeth“
    GAETANO DONIZETTI: «Ardon gl’incensi… Spargi d’amaro pianto» (aus „Lucia di Lammermoor“)
    Zugabe: CHARLES GOUNOD: «Je veux vivre» (aus „Roméo et Juliette“)

    Die Konzertwoche war noch nicht zu Ende … in Basel gab es wieder einmal Regula Mühlemann zu hören – und ihr Gesang ist vielleicht nicht mehr ganz so frisch und charmant wie zu Zeiten des ersten Albums mit Mozart-Arien, aber dafür auch merklich gereift und wie mich dünkt solider aufgestellt. Hier sprang der Funke spätestens nach der Pause wirklich über, auch dank des sehr lebendig aufspielenden Orchesters (als Konzertmeister agierte Baptiste Lopez) und des jungen Dirigenten am Pult, der da und dort auch ein wenig mit Mühlemann herumalberte. Sie sagte ein paar der Stücke an, was den aus dem Kontext gerissenen Arien gut tat und dem Abend zusätzlich etwas die Steife nahm. Dass es nicht den „Frühlingsstimmenwalzer“ als Zugabe gab, war zwar schade – aber der hätte ja auch nicht gepasst und die Arie aus Gounods Oper war ein letztes, wunderbares Highlight. Und überhaupt war das alles super programmiert, sehr abwechslungsreich mit den kurzen instrumentalen Zwischenspielen und den von Stimmung und Temperament recht unterschiedlichen Arien.

    Luzern, Luzerner Theater (Box) – 14.02.2025 – Trouble in Tahiti

    Trouble in Tahiti – Oper in einem Akt und sieben Szenen von Leonard Bernstein
    Libretto vom Komponisten

    Vorangestellt: ERICH WOLFGANG KORNGOL: Suite aus „Much Ado About Nothing“ Op. 11

    Musikalische Leitung Paul-Boris Kertsman / Regie Christine Cyris / Bühne und Kostüme Judith Philipp / Licht Jonathan Zumsteg / Dramaturgie Ursula Benzing , Pia-Rabea Vornholt

    Dinah Solenn‘ Lavanant Linke
    Sam, ihr Ehemann Vladyslav Tlushch
    Jazz-Trio Elvira Margarian, Michael Temporal Darell, Piero Regis
    Luzerner Sinfonieorchester
    Statisterie

    Das nächste Highlight folgte eine Woche später in der Box des Luzerner Theaters. Das schöne an diesem kleinen Holzbau ist, dass man sehr nah dran ist, der Rahmen fast schon intim ist – der Nachteil allerdings in diesem Fall, dass sie Stimmen den Raum nicht füllen, die Klänge sich nicht wirklich mischen können, bevor sie das Ohr erreichen. Die Musik von Bernstein fand ich klasse, irgendwo zwischen Operette, Musical und Jazz, sehr reich an Rhythmen und Klangfarben – und die Idee, dem quasi als Prolog Korngold voranzustellen, auch um die Aufführung wenigstens auf eine Stunde zu bringen, funktionierte auch super. Die minimale – aber maximal bunte – Bühne und die ganze Inszenierung passten ebenfalls, und die Sänger*innen waren auch sehr gut … bloss hörte ich sie oft nicht annähernd so gut, wie ich das gewollt hätte. Das Theater selbst ist so marode, dass es kaum noch genutzt werden kann, und grad um die Zeit herum schmetterte das konservative Stimmvolk im Steuerdumping-Kanton das Projekt für einen Neubau ab … bedauerlich, zumal das LT in den letzten Jahren immer wieder exzellente Produktionen geboten hat. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich auch „Trouble in Tahiti“ im Theater selbst ganz ohne Abstriche toll gefunden hätte. Aber gut, es war auch so super, einfach um das Stück überhaupt einmal hören und sehen zu können.

    Zürich, Opernhaus – 23.02.2025 – Manon Lescaut

    Manon Lescaut – Dramma lirico in vier Akten von Giacomo Puccini (1858–1924)
    Libretto von Domenico Oliva, Luigi Illica u.a. nach Abbé Prevosts «Histoire du Chevalier Des Grieux et de Manon Lescaut»

    Musikalische Leitung Marco Armiliato / Inszenierung Barrie Kosky / Bühnenbild Rufus Didwiszus / Kostüme Klaus Bruns / Lichtgestaltung Franck Evin / Choreinstudierung Ernst Raffelsberger / Dramaturgie Fabio Dietsche

    Manon Lescaut Elena Stikhina
    Lescaut Konstantin Shushakov
    Il cavaliere Des Grieux Saimir Pirgu
    Geronte di Ravoir Shavleg Armasi
    Edmondo Daniel Norman
    L’oste Valeriy Murga
    Un musico Siena Licht Miller
    Il maestro di ballo Álvaro Diana Sanchez
    Ninetta Tomislav Jukic
    Un comandante Samson Setu

    Philharmonia Zürich
    Chor der Oper Zürich
    Statistenverein am Opernhaus Zürich

    Keine Probleme mit der Balance gab es dann in der Oper. Marco Armiliato leitete die neue Kosky-Produktion von „Manon Lescaut“, und die hat mich wirklich überzeugt. Elena Stikhina in der Titelrolle war eine Wucht, das ganze Ensemble stark, das Orchester unter Armiliato sowieso spitze, und Koskys Produktion ebenfalls toll. Alles eine Art Fiebertraum mit starken Effekten und bunten Kostümen, Chor und Statisterie mit übergrossen Masken im Stil von James Ensor ausgestattet, in jedem Akt rollt eine andere Kutsche in den Raum, auf dem Bock auch mal eine Gestalt mit grinsendem Totenkopf. Koskys Manon ist emanzipiert und selbstständig, wie gesagt superb gesungen – und das gilt auch für Pirgu, Armasi und Shushakov. Und für Sienna Licht Miller, die in Goldbemalung auftritt – Midas, James Bond? Grosser Applaus, stehende Ovationen. So muss das sein!


    Foto: Monika Rittershaus, (c) Opernhaus Zürich

    Zürich, Kleine Tonhalle – 02.03.2025 – Kosmos Kammermusik

    Ksenija Sidorova Akkordeon

    PHILIP GLASS: «Opening» aus «Glassworks»
    JOHANN SEBASTIAN BACH: Adagio aus Concerto d-Moll BWV 974
    GABRIELA MONTERO: «Beyond Bach» (Arr. G. Montero & K. Sidorova)
    PIETRO ROFFI: «Valse-Rêverie»
    IGOR STRAVINSKY: Tango
    SERGEJ WOITENKO: «Revelation»
    ÁSTOR PIAZZOLA: «Chau Paris»
    ÁSTOR PIAZZOLA: «Tanti anni primi» Ave Maria
    FRANCK ANGELIS: Fantasie über das Thema «Chiquilín de Bachín» von Á. PIAZZOLLA

    Am ersten Sonntag des Monats Kammermusik – allerdings dieses Mal nachmittags um 17 Uhr – sollte es auch im März geben. Angekündigt war ein längerer Abend mit Thomas Hampson und Ksenija Sidorova (Auszüge aus der „Winterreise“ in Teil 1, Lieder von Weill und Stücke von Roffi, Woitenko, Piazzolla usw. in Teil 2) – doch Hampson musste kurzfristig absagen. So kurzfristig, dass das Konzert stattfand, aber als einstündiges Solo von Sidorova, die die Stücke stets selbst ansagte und ein wenig über sie und auch über ihr Instrument erzählte. Zeit, einen Programmflyer zu drucken, war also keine mehr, aber im Nachhinein wurde das Programm noch publiziert – und das Konzert wurde offeriert (sprich: es wird ein Ersatztermin gesucht, Karten bleiben gültig oder können zurückgegeben werden – am 4. März führten die zwei im Concertgebouw das geplante Programm wie es scheint bereits wieder auf).

    Sidorova hat also nicht nur den Tag gerettet sondern auch ein wunderbares Programm geboten, das im ersten Block von Minimal zu Bach und dann zu einer transkribierten Improvisation von Montero führte. Roffi und Woitenko haben ihre Stücke für Sidorova geschrieben bzw. sie ihr zugesandt. Am Schluss stand dann ein längerer Piazzolla-Block (nicht alles am Stück gespielt), den sie lustigerweise als leichter oder fröhlicher angesagt hat … diese nordischen Temperamente sind halt anders. Das Stück von Montero schliesst ihr neues Album auf alpha Classics ab (fehlt mir noch), die Stücke von Bach, Piazzolla, Angelis und Woitenko sind auf ihrem ersten Album bei alpha zu finden.

    Zürich, Tonhalle – 05.03.2025 – Paavo Järvi, Tanja Tetzlaff & Christian Tetzlaff

    Tonhalle-Orchester Zürich
    Paavo Järvi Music Director
    Christian Tetzlaff Violine
    Tanja Tetzlaff Violoncello

    GYÖRGY LIGETI: «Concert Românesc»
    JOHANNES BRAHMS: Doppelkonzert a-Moll op. 102
    Zugabe: „Noch ist die Ukraine nicht gestorben“ (Nationalhymne der Ukraine)

    ROBERT SCHUMANN: Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 «Rheinische»

    Und dann kam Paavo Järvi wieder nach Zürich, Runde zwei diesen Winter, nach den Konzerten mit Ólafsson und Anna Vinnitskaya im Januar (siehe oben) … immer eine Freude! Das erste seiner beiden Winterkonzerte gab es zweimal unter der Woche mit den Tetzlaff-Geschwistern, die das Doppelkonzert von Brahms boten – und das ganz hervorragend, auf einem für meine Ohren ganz anderem Level als die Aufführung, die ich davon neulich in Basel gehört habe. Den Auftakt machte das Orchester für sich mit Ligeti (als Konzertmeisterin – und Solistin im letzten Teil – agierte Julia Becker), nach der Pause gab es Schumanns „Rheinische“ – mein Highlight des Konzerts. Das Konzert wurde aufgezeichnet … eine Schumann-Produktion mit Tonhalle/Järvi fände ich wirklich schön (und kontrastierend gerne auch eine vom Kammerorchester Basel mit Holliger).

    Die Tetzlaffs – die als Zugabe die ukrainische Nationalhymne spielten, nach ein paar sehr deutlichen Worten von Christian, der extra ein Mikrophon bereitliegen hatte – waren davor schon im Künstlergespräch zu erleben, und da gab es, Ligeti vorbereitend, schon ein wenig Musik: Barbara Ribeiro spielte am Vibraphon «Opernand» («Secret Garden») (2022) von der Komponistin Mari Takano (*1979), die in den frühen Neunzigern an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg bei Ligeti studierte, bevor sie 1994 nach Japan zurückkehrte. Ein viertelstündiges, sehr farbenreiches Solo-Stück.

    Zürich, Opernhaus – 07.03.2025 – Händel: Agrippina

    Agrippina – Dramma per musica in drei Akten von Georg Friedrich Händel (1685–1759)
    Libretto von Kardinal Vincenzo Grimani

    Musikalische Leitung Harry Bicket / Inszenierung Jetske Mijnssen / Bühnenbild Ben Baur / Kostüme Hannah Clark / Lichtgestaltung Bernd Purkrabek / Video Kevin Graber / Dramaturgie Kathrin Brunner

    Claudio Nahuel Di Pierro
    Agrippina Anna Bonitatibus
    Nerone Christophe Dumaux
    Poppea Lea Desandre
    Ottone Jakub Józef Orliński
    Pallante José Coca Loza
    Narciso Alois Mühlbacher
    Lesbo Yannick Debus

    Orchestra La Scintilla
    Continuo: Claudius Herrmann, Violoncello; Harry Bicket & Enrico Maria Cacciari, Cembalo; Azul Lima, Erzlaute
    Statistenverein am Opernhaus Zürich

    Und dann wieder in die Oper … dieses Saison besuche ich relativ wenige Vorstellungen, was aber damit zu tun hat, dass ich viele der Wiederaufnahmen schon kenne. „Agrippina“ ist jedoch eine neue Produktion, das Hausdebüt von Harry Bickett und ein Wiedersehen mit Jetske Mijnssen, die an der Zürcher Oper nicht zuletzt eine grossartige Produktion von „Hippolyte et Aricie“ schenkte. Ganz so gut mochte diese Händel-Aufführung nicht zu funktionieren, aber das hat auch mit der Musik zu tun. Von der gibt es viel, und sie hat manche Länge, vor allem in der ersten Hälfte (zum Glück wurde nur eine Pause gemacht, nach der achten Szene im zweiten Akt – einzelne Szenen wurden auch gestrichen bzw. es wurde ein eigene Fassung erstellt – es ging nach der Pause z.B. dann mit der zwölften Szene des 2. Akts weiter). Allerdings war das gebotene musikalisch wieder einmal hervorragend – La Scintilla ist wirklich immer wieder super, da wird mit einer Lebendigkeit musiziert, mit einem Feuer, einer Klanggestaltung die auch vor dem Ruppigen, ja Hässlichen nicht zurück scheut. Und auf der Bühne gab es einmal mehr ein tolles Ensemble, bis in die kleineren Rollen (Mülbacher als dritter Counter, Coca Loza und der vor ein paar Jahren in Rihms Lenz brillierende Debus – gibt’s im Mai wieder beim Musikkollegium Winterthur, aber ich weis nicht, ob ich es zu einer Aufführung schaffe). Wirklich phantastisch fand ich Desandre und Orlinski, beide mit wunderbaren Stimmen. Dumaux war mir da und dort etwas zu spitz, zu schrill. Bonitatibus und di Pierro waren beide auch hervorragend. Und im zweiten Teil gabe es auch immer mehr dieser überirdischen Händel-Momente – so dass ich am Ende trotz gewisser Anlaufschwierigkeiten doch ziemlich begeister war.

    12.03.2025 – Zürich, ZKO-Haus – CNZ #4 Éclat

    Collegium Novum Zürich
    Ensemble Contrechamps
    Michael Wendeberg
    Leitung

    PIERRE BOULEZ: Éclat/Multiples, für grosses Ensemble (1970)
    PIERRE BOULEZ: sur Incises, für drei Schlagzeuger·innen, drei Harfen und drei Klaviere (1996)

    Diese Woche bot dann einen grossartigen Auftakt ins Boulez-Jubiläumsjahr: das Collegium Novum Zürich und das in Genf beheimatete Ensemble Contrechamps kamen unter der Leitung von Michael Wendeberg erneut* zusammen, um „Éclat/Multiples“ (1964-70) und „sur Incises“ (1994-96) aufzuführen. Das fand zum Glück im ZKO-Haus statt, wo ich zu Fuss in einer Viertelstunde hinkomme, da war auch der Mittwochabend kein Nachteil. Im Publikum sass auch Heinz Holliger, der in den Sechzigern bei Boulez studierte. Und natürlich gibt es diesen Sommer in Luzern ganz viel Musik von Boulez – nächsten Dienstag beginnt der Vorverkauf, ich muss mich eigentlich gar nicht mehr entscheiden, ich gehe einfach alle Konzerte mit Stücken von Boulez hören. „Éclat“ dauet ca. neun Minuten un ist für ein 15köpfiges Ensemble – Wikipedia: „The ensemble consists of solo piano plus two instrumental groups, one comprising eight plucked or struck instruments (celesta, harp, glockenspiel, vibraphone, mandolin, guitar, cimbalom, and tubular bells), the other featuring six sustaining instruments (alto flute, cor anglais, trumpet, trombone, viola, and cello).“ Für „Multiples“, den ungefähr viertelstündigen zweiten Teil, stossen dann ein Bassethorn, ein präpariertes Klavier sowie eine Bratschengruppe dazu (auf dem Foto sind hinten rechts Cello/Bratsche von „Éclat“ zu sehen, vorn die zusätzlichen Bratschen von „Multiples“. Das war schon sehr toll – melodisch, rhythmisch, alles sehr greifbar, fand ich. Doch nach der Pause wurde es noch viel besser, und wie schon letzten Sommer in Luzern „Rituel in memoriam Bruno Maderna“ (Lucerne Festival Contemporary Orchestra/Ruth Reinhardt), war ich am Ende total geflasht. „sur Incises“ dauert fast 40 Minuten (was? kam mir wie 15 vor, maximal 20!) und basiert auf einem kleinnen Klavierstück, das Boulez 1994 für einen Wettbewerb in Mailand komponiert hat (es heisst natürlich „Incises“). In der erweiterten Fassung wird drei Flügeln jeweils eine Harfe zur Seite gestellt und zu jedem dieser Duos kommt noch ein Schlagzeug (alle drei an Marimba- oder Vibraphonen, dazu Kesselpauken, Steel Drums, Röhrenglocken und Crotales). In der Beschreibung des Wettbewerbsstückes gibt es einen Hinweis auf die Bedeutung von „incise“ (ein kurzer Einschub in einen Satz: „Heute, DENKE ICH, wird es nicht regnen.“), der im Programmheft-Text (und vermutlich im ausführlicheren Essay, wie er im CD-Booklet zu finden ist) von Johannes Knapp wiedergegeben ist: „INCISE: eine rhythmische Einheit aus mehren Noten, die einem Motiv ähnelt. Dieser Begriff wird speziell in der gregorianischen Theorie von Solesmes als intermediäre Unterteilung zwischen dem Grundrhythmus und dem Hauptteil einer Phrase verwendet.“ – Solesmes? Eine Abtei bei Le Mans, in der eine Praxi s des Gregorianischen Gesangs wiederbelebt wurde. Knapp: „Der Werktitel wurzelt folglich in rhythmischen Gestaltungsprinzipien der Solesmes-Tradition. War der Gregorianische Gesang von seinen frühchristlichen Ursprüngen bis ins Mittelalter losgelöst von definierten Rhythmen, so verliehen die Mönche von Solesmes ihren ’neogregorianischen‘ Liturgien mittels rhythmischer Einschübe eine spezifische Gestalt.“ – Und wie äussert sich das bei Boulez? So, dass ich auf dem Spaziergang nach Hause ein kleines Motiv, ein Ostinato, vor mich hin summe, das ich aus dem Konzert mitgebracht habe, ohne dass ich es in der Musik bewusst gehört hätte. Aus kleinen Figuren baut sich das Stück auf, es wuchert, wird immer wieder neu und immer dichter geschichtet („Musik als Gratwanderung zwischen Klarem und Obskurem“ bringt es Knapp auf den Punkt). Da und dort bricht ein Klavier aus, Motive springen von einem auf das andere über, wobei das mittlere den Hauptpart übernimmt. Dieses mittlere Klavier wurde gespielt von Stephan Wirth, der schon in „Éclat“ mitwirkte, in „Multiples“ von Gilles Grimaitre flankiert (den ich neulich mit Morton Feldman hörte), für „sur Incises“ kam dann noch Antoine Françoise dazu, die Harfen spielten Manon Pierrehumbert, Julie Sicre und Anne Bassand, am Schlagzeug waren Brian Archinal, Sébastien Corier und Thierry Debons dabei.


    *) „erneut“, weil sie schon 2021 eine Aufnahme der Werke (sowie von „Éclat“ allein und Fragmenten, die „Multiples“ fortschreiben) gemacht haben, die jetzt zum Jubiläum bei bastille musique erscheint, pünktlich zum Boulez-Jahr – das Konzert war auch CD-Taufe und ich nahm beim Rausgehen auch ein Exemplar mit; das sind ja wahnsinnig toll gemachte Produktionen!

    13.03.2025 – Zürich, Tonhalle – Paavo Järvi & Víkingur Ólafsson

    Tonhalle-Orchester Zürich
    Paavo Järvi
    Music Director
    Víkingur Ólafsson Klavier

    ARVO PÄRT: «Für Lennart in memoriam» für Streichorchester
    LUDWIG VAN BEETHOVEN: Klavierkonzert Nr. 5 Es-Dur op. 73

    WITOLD LUTOSŁAWSKI «Konzert für Orchester»

    Und dann gestern das letzte Konzert der zweiten Runde der Winterkonzerte mit Paavo Järvi, das aber morgen auch auf Tour zu hören ist (Hamburg, Paris, Frankfurt, Köln und Essen – wobei Ólafsson teils das Konzert von Adams und einmal auch das von Schumann, in Essen ist Vinnitskaya die Solistin und es gibt Ligeti und Schumann – also das Klavierkonzert und die „Rheinische“ – und klar würd ich auch gerne Schumann mit Ólafsson hören). Auch gestern gab es wieder eine Prélude (die Musizierenden sind dabei stets Fortgeschrittene der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK), bei der es zunächst um Paul Sacher geht, den Basler Dirigenten und Mäzen, der auch hinter Lutoslawskis „Konzert für Orchester“ steckt. Julia Wawrowska spielte an der Bratsche zunächst die „Sacher-Variationen“ in einer Transkription für Viola solo und dann stiesss der Publizist Michael Schwalb zum Gespräch dazu – er veröffentlicht demnächst ein Buch über Sacher und wusste auch zu berichten, dass die Variationen von Rostropovich nebenan in der grossen Tonhalle uraufgeführt worden seien (Sacher zum 70. gewidmet nutzen sie Tonfolge „Es-A-C-H-E-D“, wobei fürs „D“ das italienische „Re“ verwendet wurde). Danach spielten Julia Wawrowska (Viola) und Milosz Sroczyński (Klavier) ein Stück des jungen Komponisten Wojciech Chałupka (*1999, Saxophonist und Komponist und letzteres studiert er auch an der ZHdK), das wie es scheint noch nicht mal einen Titel hat (vielleicht wurde gestern einer genannt, auf der ZHdK-Website zur gestrigen Prélude steht keiner), eine Uraufführung, die ziemlich beeindruckend war.

    Im grossen Saal ging es dann mit Pärt los – und ich er mich etwas wehmütig an die liebgewonnene, als Konzertsaal verlorene Tonhalle-Maag, in der Järvi auch schon Stücke von Pärt zu Einstieg in Konzerte programmiert hatte. So richtig zu fesseln vermochte mich in der ersten Konzerthälfte aber eigentlich nur der langsame Satz von Beethoven, den Ólafsson wahnsinnig zart und farbenreich intonierte. Da wurde in etwas verkleinerter Streicherbesetzung (wohl ca. zwei Drittel der sonst gegen 60 Streicher? Ich konnte wie üblich nur die Hälfte der Bühne sehen, aber es gab 12 Bratschen, 13 zweite Geigen und – für mich im Toten Winkel – 8 Kontrabässe, ich tippe also auf 14-16 erste Geigen und 10 Celli – und bei Beethoven verliessen einige von ihnen die Bühne) wie so oft bei Järvi gemeinsam Kammermusik gemacht. Und nach dem nicht ganz überzeugenden Brahms-Konzert zum Saisonauftakt war das auf jeden Fall eine Verbesserung, fand ich: die Balance stimmte völlig, das gebotene wirkte stehts atmend, lebendig, aus dem Moment heraus geschaffen, und Ólafsson konnte gestalterisch ziemlich glänzen. Das Konzert mit seinem Pomp-Overkill im ersten Satz (und teils ein wenig in den wieder aufgegriffenen Fäden des dritten), ist aber echt kein Lieblingsstück, auch wenn es unglaubliche Passagen enthält (auch im ersten Satz, klar!). Das grosse Highlight war dann erwartungsgemäss das „Konzert für Orchester“ von Lutoslawski, wo das Orchester in Maximalbesetzung zu hören war (wieder die ca. 60 Streicher, dazu 25 Bläser, zwei Harfen, Klavier und Celesta, sechs Schlagzeuger, mit Järvi also fast 100 Leute auf der Bühne) – und auch in der Grösse mit Reaktionsschnelligkeit glänzte, die ganzen solistischen Passagen hervorragend meisterte. Und wenn es vereinzelt ein paar etwas unpräzise Momente gab, dann lag das nur daran, dass hier auf der Stuhlkante und ganz ohne Sicherheitsnetz musiziert wurde. Toll!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #163: Neuentdeckungen aus dem Katalog von CTI Records (Teil 2), 13.5., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    gypsy-tail-wind
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    Ich krieg’s grad nur schlecht hin mit den Berichten … mehr eine Liste als ein Bericht also. Oben ein Schnappschuss von der Einführungsmatinee zu Beat Furrers neuer Oper „Das grosse Feuer“, die am 9. März im Bernhardtheater stattfand (gleich neben dem Opernhaus Zürich), von links Dramaturg Claus Spahn, der das Gespräch leitete, Komponist Beat Furrer, Co-Regisseurin  Vivien Hohnholz (sie musste die Leitung der Proben übernehmen, da Tatjana Gürbaca erkrankte), sowie die Sänger Leigh Melrose und Ruben Drole.

    22.03.2025 – Basel, Stadtcasino – Toxisch
    Kammerorchester Basel / Basler Madrigalisten / Giovanni Antonini, Leitung
    Florian Boesch, Graf Almaviva / Anett Fritsch, Gräfin Almaviva / Robert Gleadow, Figaro / Nikola Hillebrand, Susanna / Anna Lucia Richter, Cherubino / Anna-Doris Capitelli, Marcellina / Shinyoung Kim, Barbarina / Joshua Spink, Don Basilio und Don Curzio / Riccardo Novaro, Bartolo und Antonio

    WOLFGANG AMADEUS MOZART: Le nozze di Figaro (KV 492) – konzertante Aufführung

    Das war einmal mehr eine umwerfende konzertante Aufführung einer Oper mit Antonini am Pult des KOB. Es gab die üblichen halb-szenischen Momente, Auf- und Abgänge, Bewegungen zwischen dem Orchester … und vor allem gab es eine Traumbesetzung, sowohl in der Titelrolle wie besonders bei den Frauen: Fritsch, Hillebrand und Richter waren allesamt umwerfend, aber auch die kleinen Rollen waren hervorragend besetzt. Vor allem war das atmende, sehr bewegliche und frische Musik. Meine einzige Kritik bezieht sich auf die Balance zwischen Orchester und Stimmen: da die Stimmen fast im Orchester standen, war die Verständlichkeit nicht so gut (und dass die Übertitel nur deutsch projiziert wurden, obwohl genügend Platz für Original + Übersetzung gewesen wäre, fand ich auch schade, aber das ist ja üblich, dass man da nur eine Sprache kriegt – bzw. in Zürich dt/eng, kein Original, ausser es wird in eienr der zwei Sprachen gesungen).

     

    24.03.2025 – Zürich, Tonhalle – Neue Konzertreihe Zürich
    Grigory Sokolov, Klavier

    WILLIAM BYRD: John come kiss me now / The first pavan. The galliard to the first pavan / Fantasia / Alman / Pavan: The Earl of Salisbury. Galliard. Second galliard / Callino casturame

    JOHANNES BRAHMS: Vier Balladen op. 10 / Zwei Rhapsodien op. 79

    Zugaben: FRÉDÉRIC CHOPIN: Mazurka op. 30/1 / Mazurka op. 50/3 / JEAN-PHILIPPE RAMEAU: Les Sauvages / CHOPIN: Mazurka op. 68/2 / RAMEAU: Le Tambourin / CHOPIN: Prélude op.28/20

    Einmal mehr grossartig – für meine Ohren ganz besonders der erste Teil, ein 35minütiger Block mit Musik von William Byrd, in der wieder einmal Sokolovs Technik zu bewundern war – mit der er dem Monstrum auf der Bühne so bezaubernde, unglaublich zarte und nuancierte Klänge zu entlocken vermag. Der Brahms nach der Pause war wuchtig und dunkel – auch toll, aber sehr anders. Die Zugaben – mit den üblichen zwei Abgängen nach jedem Stück – verschmolzen dieses Mal auch fast zu einem Block: Chopin, zweimal unterbrochen von geliebten Rameau-Stücken.

    27.03.2025 / 28.03.2025 / 29.03.2025 – Winterthur, Stadthaus – In Memoriam Boulez & Rihm / Meet the Jack Quartet / Das Jack Quartet spielt Boulez und Cage
    Musikkollegium/Volkov, JACK Quartet: In Memoriam Pierre Boulez & Wolfgang Rihm
    #TGIF: JACK Quartet (Brook, Seo, Vicentino, Lachenmann 3)

    Musikkollegium Winterthur / Ilan Volkov Leitung (27.3.)
    JACK Quartet: Christopher Otto, Austin Wulliman, Violine / John Pickford Richards, Viola / Jay Campbell, Violoncello

    PIERRE BOULEZ: «Mémoriale» (… explosante-fixe … Originel)
    WOLFGANG RIHM: «Concerto» Dithyrambe für Streichquartett und Orchester

    BERND ALOIS ZIMMERMANN: Rheinische Kirmestänze für 13 Bläser
    ARNOLD SCHÖNBERG: «Verklärte Nacht» op. 4, Fassung für Streichorchester

    TAYLOR BROOK: Organum
    NICOLA VICENTINO: Madonna, il poco dolce – Musica prisca caput
    TAYLOR BROOK: Ars Nova
    JURI SEO: Three Imaginary Chansons
    TAYLOR BROOK: Phrygea
    HELMUT LACHENMANN: Steichquartett Nr. 3 «Grido»

    PIERRE BOULEZ: Livre pour quatuor, Teil 1b
    EVA-MARIA HOUBEN: Nothing more
    PIERRE BOULEZ: Livre pour quatuor, Teil 3c
    ANTON WEBERN: Sechs Bagatellen für Streichquartett, op. 9
    JOHN CAGE: String Quartet in Four Parts

    PIERRE BOULEZ: Livre pour quatuor, Teil 1a
    AUSTIN WULLIMAN: Escape Rites
    ANTHONY CHEUNG: «Twice Removed» Auftragswerk des JACK Quartet mit Unterstützung der Ernst von Siemens Musikstiftung, 92nd Street Y und Wigmore Hall
    PIERRE BOULEZ: Livre pour quatuor, Teil 2

    Ende März war dann das JACK QUARTET zu Gast beim Musikkollegium in Winterthur, das selbst nur am ersten Konzert beteiligt war. Bei diesem war Schönberg das grosse Highlight, die kurzen Stücke von Boulez und seinem Kontrahenten Zimmermann (gute Programmierung, fand ich) dienten jeweils eher der Einleitung, wobei mir die Kirmestänze (für Blasensemble) etwas zu albern waren. Das Konzert von Rihm war ziemlich heftig, sehr intensive, laute Musik, in der das Quartett als geschlossener Klangkörper eingesetzt wird. Hörenswert auf jeden Fall, aber eben: Schönberg war dann halt doch das Highlight.

    Am zweiten Abend gab es im Rahmen der #TGIF-Reihe um 18:30 Uhr ein moderiertes, gut einstündiges Konzert. Hannah Schmidt führte kompetent durch das Programm und erläuterte besonders im ersten Teil die mikrotonalen Spieltechniken, die sich aufgrund des gewählten Materials ergab. Mit solchen Stücken bestreitet das Quartett auch abendfüllende Konzerte und ich hätte wirklich gerne mehr gehört. In Winterthur war nur das Stück von Vicentino als (1511-1576 sind seine Lebensdaten), er nutzte ein mehrmanualiges Cembalo (bzw. einen Vorgänger eines solchen), um in unterschiedlichen Tonarten rein spielen zu können. Und das ist auch das Stichwort für die Stücke von Brook (*1985) und Seo (*1981): wie in der Gregorianik werden reine Intervalle (mit Obertonreihen) gespielt, aber durch die Mehrstimmigkeit ergeben sich ständig Reibungen, Verschiebungen, Dissonanzen, die dann mit grossem Effekt aufgelöst werden. Das war alles recht stille Musik – aber unendlich faszinierend. Bei manchen Übergängen dachte ich an klassische nordindische Musik, aber das mag eine Einbilung gewesen sein. Dass es zum Abschluss dann Lachenmanns drittes Streichquartett gab – für das Arditti Quartet komponiert und mit diesem hörte ich es letzten November auch schon, JACK hat bei diesem gelernt und obendrein in Zusammenarbeit mit Lachenmann auch alle drei von dessen Quartetten eingespielt – war dann ein guter Entscheid, denn es ist für Lachenmanns Verhältnisse zumal ein zupackendes, ziemlich lautes Stück. Ein sehr tolles Konzert, und ich freute mich entsprechend sehr auf den dritten Abend.

    Dieser wurde von Boulez‘ „Livre pour quatuor“ gegliedert, aus dem das Quartett vier Ausschnitte spielte, ca. 23 Minuten insgesamt. Dazwischen gab e wieder Zeitgenössisches: ein kurzes Stück von Houben (*1955), sowie die längeren Werke vom Geiger Wulliman und Cheung (beide *1982), und im ersten Teil auch noch die modernen Klassiker von Webern und Cage. Das Streichquartett von letzterem kannte ich noch gar nicht, es geht durch die vier Jahreszeiten (fängt mit „Summer“ an, wird mit „Autumn“ und „Winter“ karger und endet fast beschwingt mit „Spring“). Die Faszination vom Vorabend stellte sich nicht ganz ein, aber das hatte auch mit dem Material zu tun, das eben nur teils mikrotonal war – und klar: das „Livre pour quatuor“ hätte ich sehr gerne vollständig gehört, was an diesem Abend aber den Rahmen gesprengt hätte. Zudem scheint es gemäss Boulez gestattet zu sein, nur einzelne Teile aufzuführen und auch die Reihenfolge scheint nicht fix vorgegeben zu sein.

    Die drei Abende waren unterm Strich sehr toll – und ich denke immer, wenn ich zeitgenössische Musik oder Musik ca. aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hören kann, dass ich gerne viel mehr davon in den Konzertprogrammen hätte. Das Publikum sieht das ja leider anders: die Quartettkonzerte waren erwartungsgemäss nicht so gut besucht, aber dass auch der Abend mit Orchester vor halb- oder zweidrittelvollen Rängen stattfand, fand ich schon sehr bedauerlich.

    30.03.2025 & 04.04.2025 – Zürich, Opernhaus – Das grosse Feuer

    Das grosse Feuer – Oper von Beat Furrer (*1954) nach dem Roman «Eisejuaz» von Sara Gallardo, Libretto von Thomas Stangl / Auftragswerk des Opernhauses Zürich, Uraufführung

    Musikalische Leitung Beat Furrer / Inszenierung Tatjana Gürbaca / Co-Regie Vivien Hohnholz / Bühnenbild Henrik Ahr / Kostüme Silke Willrett / Lichtgestaltung Stefan Bolliger / Einstudierung Vokalensemble Cordula Bürgi / Dramaturgie Claus Spahn
    Eisejuaz Leigh Melrose / Paqui Andrew Moore / Die alte Chahuanca 1 Cornelia Sonnleithner / Die alte Chahuanca 2 Helena Sorokina / Die alte Chahuanca 3 Piroska Nyffenegger / Aquella Muchacha Sarah Aristidou / Selim Christoph Brunner / Lucia 1 Friederike Kühl / Lucia 2 Patricia Auchterlonie / Mauricia, Lucias Schwester Elina Viluma-Helling / Reverendo, Missionar Hugo Paulsson Stove / Ayo, Schamane Ruben Drole
    Gomez Piotr Pieron / Pocho Zavalla/Yadi, Eisejuaz Freund Ferdinand Junghänel / Eine Frau/Stimme einer Krankenschwester Filippa Möres Busch / Ein Jäger David de Winter / Der hinkende Alte Bernd Lambauer
    Philharmonia Zürich / Cantando Admont / Statistenverein am Opernhaus Zürich

    Die neue Oper von Beat Furrer mag in manchen Aspekten eine vertane Chance sein, wie in der Rezension der Zeit zu lesen war – musikalisch fand ich das Stück allerdings umwerfend. Auch hier spielt Mikrotonalität eine wichtige Rolle, der für diesen Abend zwölfköpfige Chor Cantando Admont (aus dem diverse der kleineren Rollen besetzt wurden) ist in der alten Musik und der zeitgenössischen unterwegs, ist in der Lage, in reiner Intonierung zu singen und kann – wie das JACK Quartet – auch mit den Reibungen und Dissonanzen umgehen, die sich daraus ergeben – Chor wie auch Aristidou und Brunner hörte ich letzten Sommer schon, als im Rahmen von Furrers „composer in residence“-Auftritt beim Lucerne Festival sein „Begehren“ gespielt wurde – auch mit em Komponisten selbst als Leiter. Leigh Melrose glänzte in der Titelrolle, Moore als Ekel Paqui war ebenfalls stark, von den nicht zum Chor gehörenden Sänger*innen waren zudem Aristidou und Drole in ihren Rollen sehr stark. Doch wichtiger als einzelne Leistungen – von Melrose abgesehen – war das ganze, diese fliessende, sich ständig bewegende, oft leise aber auch immer wieder sehr intensive Musik, die da enstand zwischen dem Graben und der schiefene Ebene der offenen Drehbühne (keine Umbauten, im Hintergrund hing sichtbar eine Garderobe für die Chorsänger*innen, wenn diese von Einzelrollen ins Ensemble und zurück wechseln mussten). Endlos faszinierend fand ich das, und war froh, von Beginn an zwei Besuche geplant zu haben (beim ersten war das Haus voll, Volksvorstellung, ich zwängte mich in einen unbequemen Platz vorn in einer Loge … sollte ich mir in Zürich echt abgewöhnen, lieber weniger sehen und etwas mehr Platz haben).

    03.04.2025 – Zürich, Tonhalle – Eva Ollikainen & Håkan Hardenberger

    Tonhalle-Orchester Zürich / Eva Ollikainen Leitung
    Håkan Hardenberger Trompete

    RICHARD WAGNER: Vorspiel zur Oper «Lohengrin»
    JÖRG WIDMANN: «Towards Paradise» (Labyrinth VI) für Trompete und Orchester – Schweizer Erstaufführung

    ANNA THORVALDSDOTTIR: «Metacosmos» für Orchester – Schweizer Erstaufführung
    JEAN SIBELIUS: Sinfonie Nr. 7 C-Dur op. 105

    Auch in der Tonhalle gab es dann wieder zeitgenössische Musik – nicht geleitet von Paavo Järvi dieses Mal sondern von der jungen Finnin Eva Ollikainen (definiere jung, ich bin es ja auch nicht mehr, sie ist drei Jahre jünger als ich), die erstmals am Pult des Orchesters stand und sich stark für zeitgenössische Musik einsetzt. In der Prélude in der kleinen Tonhalle gab es davor ein Gespräch mit einem ETH-Dozenten über schwarze Löcher, zu dem dann auch Thorvaldsdottir stiess, die ein wenig über ihr Werk sprach. Zudem führte das Nemesis Quartett (zu dem auch Wojciech Chałupka gehört, der in der letzten Prélude als Komponist vorgestellt worden war) Jörg Widmanns „7 Capricci für Saxophonquartett“ (2021) auf.

    Das Hauptkonzert stimmte mich dann auf meinen letzten Opernbesuch ein mit der Lohengrin-Ouvertüre, danach bewegte sich Håkan Hardenberger in Widmanns erstmals in der Schweiz zu hörendem Trompetenkonzert auf insgesamt zehn Positionen von hinter der rechten Bühnentür durch das Orchester (inklusive Stationen links und rechts des Dirigentenpodests) bis zum letzten Ton, den er spielte, nachdem er die Bühne bereits wieder – dieses Mal durch die linke Tür – verlassen hat. Ein ziemlich tolles Stück, fand ich, sehr überzeugend dargeboten auch vom Orchester. Nach der Pause dann Thorvaldsdottirs Orchesterstück und zum Ausklang wieder etwas konventioneller – aber sehr passend, überhaut ein toll programmiertes Konzert – Sibelius‘ letzte Sinfonie.

    06.04.2025 – Zürich, Kleine Tonhalle – Literatur und Musik: Anna Schudt liest isländische Sagas

    Peter McGuire Violine
    Antonia Siegers-Reid Viola
    Ioana Geangalau-Donoukaras Violoncello
    Ulrike-Verena Habel Cembalo

    Anna Schudt Lesung: „Die Saga von Gunnlaug Schlangenzunge“ (aus dem Altisländischen von Betty Wahl)

    ANNA THORVALDSDOTTIR: «Fingerprints» für Cembalo (2003)
    Anna Thorvaldsdottir im Gespräch mit Ulrike Thiele
    Lesung, unterbrochen von Auszügen aus «Spectra» für Violine, Viola und Violoncello (2017) sowie «Sola» für Viola und Electronics (2019); zum Abschluss «Shades of Silence» für Violine, Viola, Violoncello und Cembalo

    Am ersten Sonntag im April dann wieder mal eine Matinee in der Tonhalle aus der Reihe Literatur & Musik. Anna Schudt las eine gegen Ende fast schon splatterhaft blutige isländische Sage, eingerahmt von Kammermusik von Thorvalsdottir, die natürlich auch wieder dabei war und nach dem öffnende Solo für Cembalo im Gespräch ein wenig über ihre Arbeit redete – ohne viel zu sagen, weil bei sowas ja am Ende oft doch nur Plattheiten herauskommen, der Prozess zu schwierig oder unberechenbar ist, als dass er präzise beschrieben werden könnte. Dennoch finde ich es natürlich schön, wenn Komponist*innen auch mal anwesend sind. Im Fall von Thorvalsdottir gehört das aufgrund ihrer Rolle als „Creative Chair“ der laufenden Saison natürlich auch dazu, sie war ja zur Eröffnung letzten Herbst schon einmal hier. Und dass ich in diesem Fall vor allem der Musik wegen dort war, wird auch nicht überraschen. Wie viel wir von „Sola“ und „Shades of Silence“ zu hören gekriegt haben, ob allenfalls auch alles, einfach in mehreren Teilen, weiss ich leider nicht, der Programmzettel ist sehr knapp gehalten. Im Mai liest dann Sunnyi Melles aus Fleur Jaeggys „Seelige Jahre der Züchtigung“ und dazu gibt es Musik aus Berios Duetti per due violini – da bin ich natürlich nochmal dabei.

    09.04.2025 – Milano, Teatro alla Scala – L’opera seria

    L’opera seria – Florian Leopold Gassmann, Commedia per musica. Libretto di Ranieri de’ Calzabigi

    Orchestra del Teatro alla Scala su strumenti storici e Les Talens Lyriques
    Direttore CHRISTOPHE ROUSSET / Regia e costumi LAURENT PELLY / Scene MASSIMO TRONCANETTI / Luci MARCO GIUSTI / Coreografia LIONEL HOCHE
    Fallito Pietro Spagnoli / Delirio Mattia Olivieri / Sospiro Giovanni Sala / Ritornello Josh Lovell / Stonatrilla Julie Fuchs / Smorfiosa Andrea Carroll / Porporina Serena Gamberoni / Passagallo Alessio Arduini / Bragherona Alberto Allegrezza / Befana Lawrence Zazzo / Caverna Filippo Mineccia / Ballerina María Martín Campos / Coro di ballerini: María Martín Campos (soprano), Dilan Şaka (mezzosoprano), Haiyang Guo (tenore), Xhieldo Hyseni (basso)

    Dann ging es drei Tage auf Kulturreise … ein paar Ausstellungen in Mailand, Lugano, Luzern und Aarau (Highlight: George Hoyningen-Huene im Palazzo Reale und die Schau zur Neutralität im Aargauer Kunsthaus), eine Oper in Mailand und Konzerte in Lugano und Basel.

    Los ging es mit einer Rarität von Gassmann (1729-1774), einem Lehrer von Salieri und einem der wichtigeren Komponisten direkt vor Mozart. In Wien war Gassmann der Nachfolger von Gluck – und das passt auch, um seine Musik zu beschreiben: zwischen Gluck und Mozart. In „L’opera seria“ wird eine Oper aufgeführt: im ersten Akt treffen alle ein, schmieden ihre Intrigen, pflegen ihr Divenverhalten usw. Im zweiten Akt wird dann geprobt und im kurzen dritten Akt fällt bei der Aufführung alles zusammen und es gibt eine Art Vaudeville-Schluss mit kurzen Soli aller Mitwirkenden. Musikalisch war das bei Rousset (den ich bisher nie live gehört habe) genau in den richtigen Händen, die recht kleine Orchesterbesetzung sorgte für grosse Transparenz und Durchhörbarkeit – im grossen Theater war das allerdings auch etwas leise, und dass gerade der Salone del Mobile (aka Milan Design Week – gemäss meinem Begleiter aus Mailand die schlimmste Woche des Jahres überhaupt, schlimmer als alles, was mit Mode zu tun habe) lief, sorgte wohl für einen höheren Anteil desinteressierter und unruhiger Leute im Saal. Den ersten Akt fand ich insgesamt nicht so gut, die Damen klangen oft schrill – aber klar, damit spielt das satirisch angelegte Stück natürlich gerade auch. Im zweiten Akt wurde der Abend dann allerdings richtig gut und blieb das auch bis zum Schluss. Wenig hilfreich fand ich die sehr cshön anzuschauenden einheitlichen Kostüme: ich konnte die Figuren bis zum Schluss kaum auseinanderhalten (auch wenn der Plot trotz viel Pesonals doch einfach zu verfolgen war). Schön anzuschauen war das allerdings sowieso, auch die Bühne mit einer Art stilisierten Klaviertastaturen (die schwarzen Tasten waren Lücken, durch die auf- und abgetreten wurden). Echt stimmig alles, ein paar Farbakzente vor allem bei den drei Damen (Stronatrilla, Smorfiosa, Porporina) hätten mein Problem auch bereits gelöst. Jedenfalls war die Oper die Reise und den Besuch wert, und ich freue mich bereits auf den nächsten im Mai, wenn „Il nome della rosa“ von Francesco Filidei uraufgeführt wird.

    10.04.2025 – Lugano, LAC – OSI/Yulianna Avdeeva

    Orchestra della Svizzera Italiana / Markus Poschner Leitung
    Yulianna Avdeeva Klavier

    Ludwig van Beethoven: Coriolano ouverture in do minore op. 62 (1807)
    Piotr Il’ič Čajkovskij: Concerto per pianoforte e orchestra n. 1 in si bemolle minore op. 23 (1875)

    Dmitrij Šostakovič: Sinfonia n. 9 in mi bemolle maggiore op. 70 (1945)

    Am nächsten Morgen ging es dann nach Lugano weiter – bei schönstem Frühlingswetter. Und am Abend dort ins Konzert des OSI, das ich auch endlich mal mit seinem Chefdirigenten Markus Poschner zu hören kriegte. Und die Wiederbegegnung mit Yulianna Avdeeva (im LAC schon mit Julia Fischer gehört, neulich in Winterthur nicht ganz überzeugend gefunden) war auch sehr gut. Sie spielte das erste Konzert von Tschaikowksi mit viel Verve und sehr überzeugend, bot als erste Zugabe dann ein Prélude von Schostakowitsch, und als eine zweite Zugabe unabdingbar war auch noch Tschaikowskis „Méditation“ (aus den 18 Morceaux Op. 72). Das grosse Highlight war dann allerdings die Symphonie von Schostakowitsch – eine Premiere für mich (überhaupt, nicht nur im Konzertsaal), umwerfend dargeboten vom Orchester und dem Dirigenten, der den ganzen Abend ohne Partituren bestritt.

    11.04.2025 – Basel, Stadtcasino – Von der Muse geküsst

    Kammerorchester Basel / Izabelė Jankauskaitė Leitung
    Sebastian Bohren (Schoeck) & Júlia Pusker (Bartók) Violine

    OTHMAR SCHOECK: Konzert für Violine und Orchester in B-Dur «Quasi una fantasia»

    BÉLA BARTÓK: Konzert für Violine und Orchester Nr. 1
    E: BARTÓK: 2 aus den 44 Duetten für 2 Violinen
    FRANZ SCHUBERT: Sinfonie Nr. 3 in D-Dur

    Meine Reise schloss nach einem Tag, an dem ich quer durch die Schweiz fuhr (wir können Zug, und ich hoffe sehr, dass das trotz allem so bleiben wird) und Ausstellungen in Luzern und Aarau besuchte, in Basel, beim zweitletzten Konzert des Kammerorchesters im Stadtcasino (im Mai höre ich dort noch eines, wieder mit Avdeeva, und im Juni dann ein Haydn-Konzert mit Antonini an der anderen Spielstätte, das ich wegen einer Terminkollision mit dem letzten Stadtcasino-Konzert abgetauscht habe). Gleich zwei Solist*innen an der Violine waren dabei, das Konzert wurde komplett umgestellt (geplant war: Schubert, Bartók und nach der Pause Schoeck, die Aufführung in Basel war die vierte und letzte). Die Muse im Titel ist natürlich Stefi Geyer, der Bartók sein postum von Hansheinz Schneeberger uraufgeführtes erstes Konzert gewidmet hat – die Smirnov-CD mit Schneebergers Solo-Sonate habe ich übrigens gerade aufgetrieben, danke @yaiza, bin aus erste Hören gespannt!), und mit der auch Schoeck eine nicht erwiderte Liebe verband. Bohren spielte also das lange (ca. 35 Minuten) dauernde Konzert im ersten Teil, mit schönem, schnörkellosen Ton, ganz so, wie ich ihn im Januar schon beim Musikkollegium Winterthur unter Heinz Holliger mit einem Konzert von Willy Burkhard gehört hatte. Pusker im Bartók war dann dramatischer, effektvoller – und für meine Ohren vielleicht auch eine Spur überzeugender – aber das alles mag mehr mit den Werken als den Solist*innen zu tun haben? Erst danach kam auch Bohren nochmal auf die Bühne, gemeinsam spielten die beiden zwei aus den 44 kurzen Duetten für zwei Violinen, bevor das wunderbare Konzert mit Schubert zum Abschluss kam (das KOB hat die Symphonien vor einigen Jahren mit Holliger komplett eingespielt).

    16.04.2025 – Zürich, Opernhaus – Lohengrin

    Lohengrin – Romantische Oper in drei Aufzügen von Richard Wagner (1813-1883), Libretto vom Komponisten

    Musikalische Leitung Axel Kober / Inszenierung Andreas Homoki / Bühnenenbild Wolfgang Gussmann / Kostüme Wolfgang Gussmann, Susana Mendoza / Lichtgestaltung Franck Evin / Choreinstudierung Janko Kastelic / Dramaturgie Werner Hintze
    Heinrich der Vogler Christof Fischesser / Lohengrin Piotr Beczała / Elsa von Brabant Simone Schneider / Friedrich von Telramund Martin Gantner / Ortrud Anna Smirnova / Heerrufer Michael Kraus / Vier brabantische Edle Christopher Willoughby, Felix Gygli, Tomislav Jukic, Max Bell / Vier Edelknaben Rosa Maria Hernandez, Katarzyna Rzymska, Eleanor Paunovic, Bernadeta Sonnleitner
    Philharmonia Zürich / Chor der Oper Zürich / Zusatzchor der Oper Zürich / SoprAlti der Oper Zürich / Statistenverein am Opernhaus Zürich

    Und dann zuletzt, am Mittwoch vor Ostern, mein erster „Lohengrin“. Die Inszenierung wurde 2014, als Homoki noch ganz neu in Zürich war, erstmals aufgeführt und zwischendurch wenigstens schon einmal wiederaufgenommen, aber ich habe es erst jetzt geschafft, nachdem meine Wagner-Annäherungen seit ein paar Jahren rasant voranschreiten. Als Stück fand ich die „romantische Oper“ dann doch erstaunlich konventionell (dass meine Wagner-Streifzüge ausgerechnet mit dem „Parsifal“ begannen, war vermutlich nicht optimal – weder was das Tempo der Versöhnung noch die dadurch geschürte Erwartung ans restliche Werk betrifft), aber vieles daran ist natürlich überhaupt nicht konventionell und soweit ich das erfassen konnte hervorragend gemacht – nicht zuletzt die Ouvertüre zum ersten Akt, die ich ja kurz davor schon im Konzert gehört hatte. Den Cast fand ich sehr ausgewogen und überzeugend, Beczała aber definitiv der primus inter pares oder noch etwas mehr. Die einfache Inszenierung – auch hier eine Bühne ohne Umbau (die dritte in Folge – bei Gassman wurden nur „Streifen“ mit Holzplanken herein- und hinausgeschoben) – gefiel mir sehr gut, auch wenn die Kostüme vom bayrischen Dorffest nicht mein Fall waren. In sich sehr stimmig umgesetzt, ohne zu besteigende Schwäne („Wann fährt der nächste Schwan?“) oder sowas. Neben Beczała überzeugten mich besonders die beiden Frauenrollen bzw. ihre Sängerinnen, Schneider und Smirnova. Und das Orchester finde ich eh phantastisch, das habe ich ja schon oft geschrieben.

    So, und jetzt bin ich rechtzeitig fertig, um mich fürs Konzert von Claire Huangci vorzubereiten, die hier gleich Ravels Klavierkonzert spielen wird (nach dem Boléro und vor der Rhapsody in Blue – ich nehme an auch wieder mit ihr), mit dem Prague Royal Philharmonic unter seinem Gründer Heiko Matthias Förster. Die treten regelmässig in der Tonhalle Zürich auf, und da ich Huangci mag, schliesse ich mich heute mal meinen Eltern an, die sie schon mehrfach mit dem Orchester gehört haben (zuletzt gestern Abend mit dem Konzert von Grieg).

    Sonst ist gerade Klassik-Pause für mich, „Die tote Stadt“ lasse ich aus (vielleicht ein Fehler, aber ich habe die Oper vor ein paar Jahren in Mailand gehört und war damals begeistert), am 1. Mai höre ich Tamara Stefanovich und Pierre-Laurent Aimard mit den „Visions de l’amen“ (in einer halligen Kirche, hoffe die kriege das schlau hin) und am 2. verdufte ich für 10 Tage nach Italien, vor „Il nome della rose“ (geleitet von Ingo Metzmacher, Regie führt Damiano Michielotto) gibt es noch das RAI Orchester mit Kopatchinskaja und Prohaska (unter Maxim Pascal) in Turin und danach gibt es in Parma noch „Andréa Chenier“, eine der Opern, die ich letzten Sommer verpasst habe, als ich notfallmässig im Krankenhaus lag … die damals ebenfalls verpasste „Turandot“ höre ich Ende Mai in Basel, auf „I vespri Siciliani“ muss ich halt warten).

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