Fragen zur Literatur

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  • #2654851  | PERMALINK

    beetlejuice

    Registriert seit: 15.01.2008

    Beiträge: 7,606

    Herr RossiUnd dazu gehören eben auch Demokratie, Menschenrechte, (Natur-)Wissenschaften, Technik und was wir sonst alles als Errungenschaften der Moderne betrachten, das ist ohne die kulturellen Vorläufer im Nahen Osten, im antiken Griechenland und Rom nicht denkbar – und nebenbei bemerkt auch nicht ohne das vielgeschmähte „finstere“ (christliche) Mittelalter.

    Das Mittelalter ist ein wenig schwierig zu betrachten. Die antiken Wissensgrundlagen waren ja in diesem christlich-fundamentalen Zeitalter nie ganz verschwunden. Alles ist miteinander verwoben und nicht trennbar, auch wenn die Dogmatiker dieser Zeit versucht haben, die heidnischen Wissenschafterkenntnisse zu verteufeln. Hat zum Glück nicht geklappt.

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    #2654853  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
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    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 88,530

    beetlejuiceauch wenn die Dogmatiker dieser Zeit versucht haben, die heidnischen Wissenschafterkenntnisse zu verteufeln. Hat zum Glück nicht geklappt.

    Die antiken Texte sind größtenteils in mittelalterlichen Abschriften auf uns gekommen. Das Mittelalter lebte vielmehr aus der Antike-Rezeption, als allgemein bewusst ist. Es wäre fatal, das christliche Mittelalter auf Kreuzzüge, Judenfeindschaft und Ketzerverfolgung zu reduzieren. Man könnte mit gleichem Fug und Recht die agnostische und atheistische Moderne auf den Holcocaust und Terrorregime reduzieren. Bei aller begründeten Furcht vor religiösen Fundamentalisten: Die großen Menschheitsverbrechen des letzten Jahrhunderts wurden nicht im Namen Gottes begangen. Der Atheismus hat seine selbstattestierte ethische und intellektuelle Überlegenheit sehr schnell wieder eingebüßt.

    --

    #2654855  | PERMALINK

    beetlejuice

    Registriert seit: 15.01.2008

    Beiträge: 7,606

    Herr RossiDie antiken Texte sind größtenteils in mittelalterlichen Abschriften auf uns gekommen. Das Mittelalter lebte vielmehr aus der Antike-Rezeption, als allgemein bewusst ist. Es wäre fatal, das christliche Mittelalter auf Kreuzzüge, Judenfeindschaft und Ketzerverfolgung zu reduzieren.

    Genauso ist es – in der Kunstgeschichte bildlich nachzuvollziehen. Dort hat man die Bildsprache der Antike gnadenlos in die christliche Kunst einkopiert. Copy und paste sozusagen.

    Man könnte mit gleichem Fug und Recht die agnostische und atheistische Moderne auf den Holcocaust und Terrorregime reduzieren. Bei aller begründeten Furcht vor religiösen Fundamentalisten: Die großen Menschheitsverbrechen des letzten Jahrhunderts wurden nicht im Namen Gottes begangen. Der Atheismus hat seine selbstattestierte ethische Überlegenheit sehr schnell wieder eingebüßt.

    Nein, aber die christlichen Institutionen haben sehr wenig dagegen unternommen – Einzelpersonen ausgenommen.

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    #2654857  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,194

    beetlejuice
    Nein, aber die christlichen Institutionen haben sehr wenig dagegen unternommen – Einzelpersonen ausgenommen.

    Oder sogar aktiv daran mitgewirkt, man denke nur an den deutschen Protestantismus in der Zeit der NS-Diktatur. Die bemerkenswert zahme Haltung der katholischen Kirche im Verhältnis zu faschistischen Diktaturen war ebenso verhängnisvoll.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #2654859  | PERMALINK

    fifteenjugglers
    war mit Benno Fürmann in Afghanistan

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 11,754

    Mozza ist lustig.

    --

    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #2654861  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
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    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 88,530

    beetlejuice
    Nein, aber die christlichen Institutionen haben sehr wenig dagegen unternommen – Einzelpersonen ausgenommen.

    nail75Oder sogar aktiv daran mitgewirkt, man denke nur an den deutschen Protestantismus in der Zeit der NS-Diktatur. Die bemerkenswert zahme Haltung der katholischen Kirche im Verhältnis zu faschistischen Diktaturen war ebenso verhängnisvoll.

    Prima, damit ist die Frage der Verantwortlichkeit auch gleich wieder an die richtige Adresse zurückgegeben. Die Überlegenheit des Atheismus wollen wir doch nicht wegen solcher Lappalien wie den NS-Verbrechen und dem Zweiten Weltkrieg in Frage stellen. Hätten die dummen Christen mit ihrem rückständigen Glauben doch was unternommen.
    (Es ist natürlich richtig, das die Kirchen sich größtenteils angepasst haben und kompromisslerisch handelten. Aber es gab eben auch eine Bekennende Kirche und großen persönlichen Mut vieler Geistlicher.)

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    #2654863  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,194

    Mir ging es eigentlich gar nicht darum, der Kirche oder der Religion die Schuld für irgendetwas zu geben, sondern darauf hinzuweisen, dass in dem Augenblick als eine atheistische Pseudo-Religion, die auf einer wahnhaften Übersteigerung der Nation aufbaute, zur Macht gelangte, viele Amtsträger der Kirchen sich an deren verbrecherischem Tun herzlich wenig stören, sondern aktiv mitwirken oder nach einer gemeinsamen Basis suchten.

    Zwar waren die Auffassungen darüber, wie weit man gehen sollte, unterschiedlich, aber insgesamt gab es doch für weite Teile der christlichen Kirchen ein kooperatives Mit- und Nebeneinander mit dem NS-Regime zwischen 1933 und 1945. „Anpassung“ und „Kompromisse“ reichen mir als Begriffe nicht aus. Die NS-Vorstellungen wurden von einem ganz wesentlichen Teil der protestantischen Geistlichkeit nicht nur mitgetragen, sondern unterstützt.

    Selbst die Bekennende Kirche war gespalten in entschiedene Gegner der Nazis und Kompromissler (da passt das Wort). Sicher, es wurden viele Geistliche, die Mitglied der BK waren, verfolgt und auch ermordet. Auf ihren Mut wird ja auch häufig und mit Recht hingewiesen. Aber darüber sollte man nicht die Mehrheit vergessen, die fügte sich ziemlich nahtlos in den NS-Staat ein.

    --

    Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
    #2654865  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 88,530

    @Nail: Das ist sicher richtig, aber man müsste letztlich auch noch stärker differenzieren. Mir geht es aber um einen anderen Punkt: Der Alltags-Atheismus neigt zu einem sehr naiven Glauben(!), dass Atheismus an sich fortschrittlich und emanzipatorisch sei und Religionen regressiv und repressiv. Solch eine Schwarz-Weiß-Malerei finde ich angesichts der Geschichte des 20. Jahrhunderts unfassbar. Man muss dafür die Realität wirklich komplett ausblenden.

    --

    #2654867  | PERMALINK

    cleetus

    Registriert seit: 29.06.2006

    Beiträge: 17,843

    Kennt jemand ein Buch, dass die israelische Siedlungspolitik aus pro-israelitischer Sicht behandelt/rechtfertigt?

    --

    Don't be fooled by the rocks that I got - I'm still, I'm still Jenny from the block
    #2654869  | PERMALINK

    fifteenjugglers
    war mit Benno Fürmann in Afghanistan

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 11,754

    Wo sollte man anfangen, wenn man – nicht lachen! – noch nichts von Thomas Mann gelesen hat? Erst mal was Kürzeres? Z.B. „Der Tod in Venedig“? Oder gleich die volle Packung, etwa in Form des „Zauberbergs“ oder der „Buddenbrooks“?

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    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #2654871  | PERMALINK

    fifteenjugglers
    war mit Benno Fürmann in Afghanistan

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 11,754

    Ach ja: Was empfehlt Ihr unter den gleichen Voraussetzungen von Charles Dickens?

    --

    "Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
    #2654873  | PERMALINK

    declan-macmanus

    Registriert seit: 07.01.2003

    Beiträge: 14,707

    FifteenJugglersWo sollte man anfangen, wenn man – nicht lachen! – noch nichts von Thomas Mann gelesen hat? Erst mal was Kürzeres? Z.B. „Der Tod in Venedig“? Oder gleich die volle Packung, etwa in Form des „Zauberbergs“ oder der „Buddenbrooks“?

    „Der Tod in Venedig“ war mein Einstieg. Danach habe ich gleich mit dem „Zauberberg“ weitergemacht, weil beide Werke thematisch verbunden sind (Mann plante den „Zauberberg“ als „humoristisches Gegenstück“ zum „Tod in Venedig“).

    Ein noch besserer Einstieg wären aber meiner Meinung nach die „Buddenbrooks“, nicht zuletzt, weil sie eher entstanden sind und sich einfacher lesen. Früher oder später wirst du die anderen beiden genannten dann ohnehin nachschieben wollen.

    Oder aber du versuchst es erst einmal mit einer von Manns ganz frühen Erzählungen oder Novellen, damit du sehen kannst, ob dir sein Duktus überhaupt zusagt. Hier empfehle ich „Der Bajazzo“ oder „Der kleine Herr Friedemann“. Oder aber (wenngleich nach den „Buddenbrooks“ entstanden, dafür aber noch besser) „Tonio Kröger“.

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    #2654875  | PERMALINK

    mark-oliver-everett

    Registriert seit: 14.12.2003

    Beiträge: 18,065

    FifteenJugglersAch ja: Was empfehlt Ihr unter den gleichen Voraussetzungen von Charles Dickens?

    das würde mich auch interessieren.

    --

    TRINKEN WIE GEORGE BEST UND FUSSBALL SPIELEN WIE MARADONA
    #2654877  | PERMALINK

    rob-fleming

    Registriert seit: 08.12.2008

    Beiträge: 12,842

    FifteenJugglersWo sollte man anfangen, wenn man – nicht lachen! – noch nichts von Thomas Mann gelesen hat? Erst mal was Kürzeres? Z.B. „Der Tod in Venedig“? Oder gleich die volle Packung, etwa in Form des „Zauberbergs“ oder der „Buddenbrooks“?

    Grundsätzlich lohnt sich natürlich alles von Thomas Mann. Ich würde aber Declans Empfehlung, mit den Buddenbrooks zu beginnen, unterstützen. Das Werk war auch mein Einstieg und ist inzwischen eines meiner Lieblingsbücher.

    FifteenJugglersAch ja: Was empfehlt Ihr unter den gleichen Voraussetzungen von Charles Dickens?

    Dickens entdecke ich gerade selber für mich. Bislang habe ich nur David Copperfield gelesen. Mir hat es sehr gefallen aber ob es der ideale Einstieg ist vermag ich nicht zu beurteilen.
    Für die Weihnachtstage habe ich mir Oliver Twist vorgenommen, danach kann ich vielleicht schon etwas mehr sagen.

    --

    Living Well Is The Best Revenge.
    #2654879  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

    Registriert seit: 01.01.1970

    Beiträge: 0

    FifteenJugglersWo sollte man anfangen, wenn man – nicht lachen! – noch nichts von Thomas Mann gelesen hat?

    Mit Tonio Kröger.

    FifteenJugglersAch ja: Was empfehlt Ihr unter den gleichen Voraussetzungen von Charles Dickens?

    Bleak House.

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