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Aus derselben Kritik:
Versonnen summt und quengelt der Pianist im Hintergrund die Melodien mit, ächzt und stöhnt nach besonders gut gerundeten Phrasen – und spielt fabelhaft.
Gerade in den Momenten, in denen Jarrett-Verächter gern schnell mit dem Wort „Kitsch“ daherkommen, zeigt sich die besondere Meisterschaft dieses Pianisten. Er spielt keinen Kitsch, denn dann klängen diese Momente abgedroschen. Und das tun sie nicht. Auch wenn Jarrett diese einschmeichelnden Momente, die er gern mit emphatischen Triolen und sich auftürmenden Tremoli garniert, noch so sehr feiert und mit manchmal fast pompösem Gestus auflädt, schafft er es stets, der Musik eine Frische und Unmittelbarkeit zu geben, die jeden Verdacht auf gezielt eingesetzte, aus dem Fundus abgerufene Effekte, sofort zerstreut. Und spieltechnisch sind diese schier hymnischen Einlagen sowieso wohl kaum zu überbieten: Klarer kann man Stimmen gar nicht gegeneinander absetzen, und mustergültiger lassen sich melodische Phrasen nicht formen. Ein „Testament“, das man sich als Hörer gern zu Gemüte führt. Was Jarrett hier an die Mit- und Nachwelt weitergibt, ist es wert, dass man es behält.
:bier:
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Werbunggypsy tail windStimmt, an die hab ich da wohl grad nicht gedacht – die sind in der Tat sehr schön!
…aber Jarrett war in der Zeit Teil einer äusserst experimentellen, ja elektrisierenden Gruppe und hat offenbar mal für eine Weile ohne sein Ego funktionieren können (bzw. vermutlich war sein Ego damit ruhiggestellt, dass er Abend für Abend mit Miles spielen durfte…).
Und noch was gutes: falls er da rumgemöhnt hätte, hätte man das bei der lauten Musik bestimmt auch nicht gehört! :lol:…eben, teil einer gruppe, nix jarrett superstar, da hätte auch herbie hancock oder chick corea sitzen können…
zur testament: die hatte ich schon verdrängt, erinner mich so dunkel einige kritiken dazu gelesen zu haben, hatte vom kauf aber abstand genommen wegen dieser inflationären vö-flut und der enttäuschungen der letzten jahre, sollte ich wohl mal überdenken!
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Hat Zappa und Bob Marley noch live erlebt!Ist ja übrigens lustig… das Isle of Wight Konzert von Miles mit der Band inkl. Jarrett gab’s vor ein paar Jahren ja auf DVD („Electric Miles“), eingebettet in einen Dok-Film, der v.a. aus Interviews mit den beteiligten Musikern bestand. Das ist lustig, wie Jarrett sich da winden muss, weil sich das so gar nicht mit seinem Kreuzzug gegen elektrische Musik verträgt… das Konzert ist allerdings absolut grandios!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Kleine Anmerkungen:
Jarretts Solosachen kann ich weit mehr abgewinnen als dem »Standard-Trio« (dieses amerikanische Quartett kenne ich nicht), trotz reichlicher Versuche. Ob das der ECM-Sound ist, der mir da alles zu sehr einebnet? Kann sein, kann sein auch nicht. Kann sein auch Peacock. Ist mir auch nicht sonderlich wichtig. Ausnehmen kann ich nur eine Sache aus der Blue Note-Session, auch da kenne ich nicht mehr. Habe heute nur Zeit gefunden, noch einmal die »Testament« einzulegen: das ist schon der Jarrett, den ich schätzen kann, v. a. das Paris-Konzert. Von den von lotterlotta genannten Alben kenne ich nur die Melody – nett, hörbar (und das ist er ja immer), aber aus dem Alter, Frauen mit Rilke-Gedichten zu verführen, bin ich heraus. (Bitte, ist man in dem Alter, nur zu.)
Die »Testament« würde ich also schon empfehlen, falls überhaupt gusto vorhanden; deshalb, weil sie, wenn auch nicht überall und nicht sehr konsequent, meine Jarrett-Favoriten aufnimmt: »La Scala« und »Vienna Concert« – ich glaube, da gings ihm gut, auch wenn er immer sagen muss, es ging ihm schlecht. Testament-Booklet nach wie vor: 6.
Ad musicam: Jarrett ist ein toller Eklektiker – Betonung auf »toll«, im alten Sinn. Ohne Eklektizismus geht’s ohnehin nicht; kommt dann darauf an, welche puristische Haltung man sich aus was für Gründen auch immer zufügen will: Bei Brahms und hie und da Skrjabin wird man besser fahren als bei Jarrett, falls man nicht den Boogie- oder Sonstwas-Slang mag. Dann ist er, Jarrett, naturgemäß besser. – Das »Stöhnen« stört mich nicht, glaube auch nicht, dass das, Andrice, unvereinbar mit seiner sonstigen Geräuschempfindlichkeit ist; war auch bei Gould nicht so – der sein »Summen« gerne unterlassen hätte, aber ohne »es« nicht spielen konnte (es gibt, nail, auch eine aufschlussreiche Studie über den musikalischen »Sinn« von Goulds Gestik).
Dies das eine. Das andere: Jarretts Egomanien interessieren mich nicht sonderlich, ich brauche die schlichten Formen der Identifikation nicht. Mag sein, dass in einem Musikforum die Sprache einfach nur »in Kauf genommen« wird. Will ich nicht teilen. Der SZ-Artikel ist dummes musikfeuilletonistisches Kraut, der BR-Artikel ebenso. Beinahe austauschbar. Vorlagen für Karikaturen.
Im Übrigen wundere ich mich über die Abwesenheit von Paul Bley – hat auch was bei ECM gemacht –, wenn schon die manuellen Differenzierungen Jarretts gelobt werden (BR). Gleich dazu gesagt: Technisch ist Bley in meinen Ohren versierter als J., aber eben und leider: er hat so oft das Visier von C. B. auf.
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Spannender Kommentar!
Ich werd mir die „Testament“ kaum besorgen, bin ja ziemlich Jarrett-gesättigt. Die Standards Trio 3CD-Box hab ich seit ich sie besitze (über ein Jahr) noch nicht angerührt… von den Solos erinnere ich mich v.a. an Bremen/Lausanne als einen alten Favoriten – da spielte er streckenweise auch noch im Piano.
Was das Standards Trio betrifft: mir gefällt es schon immer noch. Peacock ist ein äusserst musikalischer Bassist, man könnte allerdings drüber streiten, ob man bei ihm auch sagen könnte „he lost it“ (wie bei Dave Holland, wo wir mit nail drüben auf Org neulich einen kleinen Austausch mit dem Zweihänder gehabt haben).
Peacock hat ja in seinen frühen Jahren wunderbare Musik gemacht, zu Beginn etwa mit Bud Shank (auf dem sehr sehr schönen einen Bud Shank Quartett-Album mit Billy Bean an der Gitarre), später dann im „New Thing“, v.a. natürlich mit Albert Ayler… aber auch mit Paul Bley, Gil Evans, Tony Williams, Lowell Davidson, Mal Waldron etc etc.
Auch Jack DeJohnette… also mir geht’s tendentiell eher so, dass ich Jarrett vom Standards Trio den langweiligsten findeMuss mich gelegentlich wohl mal nach dieser sagenhaften Blue Note Box umschauen.
Zum American Quartet: das ist wohl die tollste Band, die Jarrett je geleitet hat, mit dem grossen Dewey Redman, Charlie Haden und Paul Motian (und ab und zu Perkussionisten oder Sam Brown an der Gitarre).
Einen guten Überblick bietet das Columbia-Doppel-Album „Expectations“, die meisten Alben des American Quartet sind bei Impulse erschienen (und es gab sie mit ungekürzten und einigen alternate Takes in einer 5CD und einer 4CD Box, für 1973/74 bwz. 1975/76). Eins der Alben kam neulich auch in der Universal Originals Reihe raus und sollte billig und einfach zu finden sein.--
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Jarretts Solosachen kann ich weit mehr abgewinnen als dem »Standard-Trio« (dieses amerikanische Quartett kenne ich nicht), trotz reichlicher Versuche. Ob das der ECM-Sound ist, der mir da alles zu sehr einebnet?Nein.
Die »Testament« würde ich also schon empfehlen
:bier:
Dieses ganze Drumherum interessiert mich nicht. Mich nervt auch immer die gleichartige Diskussion, ob Fußballer „intelligent“ sind. „Haha, ich bin intelligenter als Podolski“, „haha, ich bin weniger egomanisch als Keith Jarrett“, „haha, ich bin weniger behindert als Stephen Hawking“, ha ha ha, Glückwunsch. Und ab in die Kiste und vergessen.
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gypsy tail wind
Zum American Quartet: das ist wohl die tollste Band, die Jarrett je geleitet hat, mit dem grossen Dewey Redman, Charlie Haden und Paul Motian (und ab und zu Perkussionisten oder Sam Brown an der Gitarre).Nein, aber sicher die Band von Jarrett mit den größten Qualitätsschwankungen. Neben dem grandiosen „Survivor’s Suite“, den hervorragenden „Expectations“ und „Shades“ gibt es zwar noch zahlreiche gute Alben wie „Death And The Flower, Backhand“, Treasure Island“, aber gegen Ende wird das zunehmend schwächer. „Bop-Be“ und „Byablue“ sind keine Meisterwerke. Das Standards-Trio ist im Vergleich viel ausgewogener, da gibt es ja kaum eine wirklich schwache Aufnahme.
Organissimo = Wo Jazz hingeht, um zu sterben und dann unter den Augen aller langsam zu verwesen.
Wer ist der Zweihänder?
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75
Organissimo = Wo Jazz hingeht, um zu sterben und dann unter den Augen aller langsam zu verwesen.ja, da ist was dran, den Level der Threads die gtw hier gestern verlinkt hat, hat jenes Forum schon lang nicht mehr (obwohl er bisweilen noch aufblitzt, im Dunlop/Ore Thread vor ein paar Tagen etwa)
wo siehst du Fort Yawuh im Output des American Quartet (Rest kenn ich noch nicht)
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.nail75Nein.
Doch.
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wo siehst du Fort Yawuh im Output des American Quartet (Rest kenn ich noch nicht)
Fairerweise muss ich dazusagen, dass ich mich nie an das Design von Organissimo gewöhnen werde, ich suche beispielsweise immer nach dem Namen des Posters.
Ich finde die sind auf dem Niveau der anderen frühen Alben für Impulse (***1/2). Für diese Aufnahmen insgesamt würde sich wirklich ausnahmsweise ***3/4 anbieten. Aber das beste Album des amerikanischen Quartetts ist auf ECM, das ist eine feine Ironie, die mir gerade im Moment besonders gut gefällt.
Noch ein Wort zu den frühen Standards-Aufnahmen (Vol. 1 und 2). Das sind beides keine Meisterwerke, da ist die Band noch nicht so eingespielt wie später, beispielsweise auf dem fantastischen Changeless oder auf der Blue Note Box. Für mich spielt bei der Beurteilung aber auch eine Rolle, dass Jarrett einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hat, Jazz wieder aus dem Tal zu führen, in dem er sich Ende der 70er und Anfang der 80er befand. Das sollte man nicht vergessen. Die Verbindung von Tradition und Modernität, die Jarrett schon immer auszeichnete, wies auch vielen anderen Musikern den Weg.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.nail75Die Verbindung von Tradition und Modernität, die Jarrett schon immer auszeichnete, wies auch vielen anderen Musikern den Weg.
Na ja… kann schon sein, dass er in den 70ern sehr einflussreich war (ich weiss es nicht), aber diese Verbinung gibt’s schon früher (ich unterstelle dir hiemit aber nicht, dass du gesagt hast, Jarrrett sei der erste) – besonders bei Charles Mingus oder Roland Kirk, die beide in der Zeit auch noch aktiv waren (Kirk zumindest in den frühen 70ern).
Und ich sag das jetzt mal ganz offen: mein „Doch“-Post oben ist zwar nicht besonders nett, aber das ist meine Meinung! Und dein „Nein“ ist auch deine Meinung… mich nerven diese Absolutismen manchmal gehörig! Fände eine „Ich finde das Standards-Trio (oder das European Quartet?) einiges spannender“-Antwort angemessener, höflicher und auch ergiebiger für eine weitere Diskussion! Aber das ist vielleicht der übermässig konsens-gewohnte Eidgenosse in mir, der hier spricht
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wie gesagt, ich find das ok – wir alle wissen, dass nail das nicht aus dem Buch der ewigen Weisheiten abliest, sondern seine Meinung äußert (oder?), entsprechend kann man die Debatte ruhig so verkürzt führen, find ich… (und versuch ich auch so zu machen); um den Kreis zu schließen, s. Post 47 hier
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.Na ja, ich gewöhn mich langsam dran – aber ab und zu muss ich doch mal noch leer schlucken…
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Du musst nicht immer nett sein.
Wir hatten die „Absolutismus“-Diskussion hier auch schon und mein Standpunkt ist, dass meine Posts nichts anderes wiedergeben können, als meine Meinung. Der Gegensatz zwischen den beiden Ausdrucksweisen existiert (meiner Meinung nach!) nicht, wenn man über Musik diskutiert.--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Jo! (um Tassilo aus Strizz zu zitieren :lol: )
Ich denk die Krise im Jazz beginnt schon mitte 60er – mit dem Siegeszug des Rock, der den Jazz als Pop-Musik und Tanz-Musik abgelöst hat und der seit dem Bebop eintretenden Wandlung des Jazz selber von der Tanz- zur Hör-Musik.
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Schlagwörter: ECM, Free At Last, Jazz, Labels, Manfred Eicher
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