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Mit dem Kopf voll Rotz im Bett habe ich Zeit für dies. Wurde hier schon mal erwähnt. Auch ein schönes Cover. Selbstporträt mit Rotwein und Zigarette.
Joni Mitchell – Both Sides Now (2000)
Ich mag Joni Mitchell sehr gerne, kenne aber eigentlich nur ihre Alben der 60er + 70er. Ulkigerweise dachte ich, Both Sides Now ist also was neueres – dabei ist das jetzt auch schon mehr als 20 Jahre alt.
12 Stücke, 10 alte Standards und zwei alte Originale von Joni Mitchell, A Case Of You und Both Sides Now, die den Zyklus einer Liebesgeschichte, vom kopflosen Verliebtsein (You’re My Thrill) über die erfüllte Liebe (A Case Of You) und die Aufs-und-Abs (Stormy Wheather) bis zur Ernüchterung (Both Sides Now) nachzeichnen.
Arrangiert für Big Band und ein gigantisches Orchester mit Streichern. Man kann darüber streiten, ob man dieses Album unter Vocal-Jazz verbuchen möchte. Viele der Stücke sind Jazz-Standards, die Big Band swingt gepflegt, Wayne Shorter und Herbie Hancock solieren, aber ohne in den Vordergrund zu treten. Das Orchester klingt eher nach Broadway oder großem Kino. Vielleicht eher „Traditional Pop“?
Joni Mitchells Stimme klingt gereift, was mir im Vergleich zu ihren Aufnahmen der 60er/70er-Jahren besonders auffällt. Am Anfang ihrer Karriere klang sie mädchenhaft, optimistisch und glasklar, in 70ern schon erwachsener, da konnte man Erfahrungen, Zweifel und Enttäuschungen heraushören. Auf diesem Album ist ihre Stimme tiefer, getrübt und brüchig und auch nicht mehr so beweglich. Ist das Jazzgesang?
Mit den zwei Aufnahmen des Songs Both Sides Now (Original 1969, neue Aufnahme 2000) schließt sich fast ein Kreis. Auch wenn das von einer 25-Jährigen zur akustischen Gitarre gesungen schon erstaunlich weise klang, so gewinnt es aus dem Munde einer End-50erin mit Orchesterbegleitung sehr an Gewicht. Als sei es das Fazit aus Jahrzehnten Lebenserfahrung. Ursprünglich sollten Both Sides Now und die darauffolgende Retrospektive Travelogue Joni Mitchells letzte Aufnahmen sein. Hätte Sinn ergeben.
Ich finde Both Sides Now vor allem konzeptionell stark. Ein Statement. Das Thema des gesamten Bogens einer Liebesbeziehung , das ist auch immer wieder Thema ihrer Songs gewesen. Einsamkeit, Sehnsucht, Erfüllung, Enttäuschung, die Suche nach Nähe einerseits und der Freiheitsdrang andererseits. Durch Joni Mitchells gealterte Stimme und die Orchester-Arrangements bekommen diese Songs etwas Klassisches und Gewichtiges. Auf der anderen Seite: Big Band und Orchester klingen meist wie eine Kulisse, eine opulente Kulisse zwar, mit Glanz und Glitzer, aber auch etwas gleichförmig und ohne viele Höhepunkte. Und Jonis Stimme klingt zwar reif und lebenserfahren, aber hat auch an Lebhaftigkeit eingebüßt. Große Gefühlsausbrüche bleiben da aus.
Herausragend und berührend ist für mich aber die sehr getragene und schwebende Neuaufnahme von Both Sides Now. Die bringt alles auf den Punkt und lässt gleichzeitig alles offen.
1969:
2000:
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
Die letzten Tage immer wieder die zwei CDs mit den Vee Jay-Sessions von Bill Henderson. Das ist gerade eine echte Entdeckung! Die sind zwar schon einige Jahre hier und ich hab immer wieder etwas daraus gehört, aber es brauchte wohl die aktuelle Beschäftigung mit sehr viel Vocal Jazz, um da endlich richtig einzutauchen. Das ist einerseits hervorragend gesungen, andererseits von einer betörenden Lässigkeit … und dazu dünkt mich das Material hervorragend ausgewählt, die Arrangements sind auch da top, wo unbekannte Bands (meist unter Jimmy Jones‘ Leitung) zum Einsatz kommen. Und Billy Vera hat gute Liner Notes (dieselbelben in beiden Volumen, ein biographischer Abriss und dann ein paar Zeilen zum Inhalt beider Volumen, in denen er aber nur auf ein paar Highlights hinweist) geschrieben (und erzählt auch, wie er aus Hendersons alten Fotos wohl das auf dem Cover zu Vol. 2 sehende ausgewählt hat – wer ist das denn am Steuer des Rollers?).
Nur die erste Vee Jay LP kann einfach mit den Sessions rekonstruiert werden: „Bill Henderson Sings“ (LP 1015, 1959) wurde aus den ersten zwei Sessions zusammengestellt: sieben Stücke mit dem Trio von Ramsey Lewis (Eldee Young, Red Holt), fünf (auf der CD ist noch ein sechstes, „Without You“, das nicht auf der LP landete) von der zweiten mit einer hervorragenden Studio-Band aus Jazz-Cracks: Booker Little, Bernard McKinney, Yusef Lateef, Wynton Kelly, Paul Chambers, Jimmy Cobb – arrangiert von Benny Golson). Danach wird’s schwierig: Henderson war quasi der Haus-Jazzsänger des Labels und nahm bis Ende April 1961 noch zehn Sessions auf, die aber alle maximal drei oder vier Stücke zeitigten (ob es da noch mehr gäbe?).
Ende Januar 1960 ging es dann weiter mit einer noch etwas grösseren Band (Bobby Bryant-t, Benny Powell-tb. Billy Mitchell-ts, Frank Wess-ts,arr, Charlie Fowlkes-bari, Gildo Mahones-p, Bob Cranshaw-b, Al Duncan-d). Nur eins der beiden Stücke, „I Go for That“, kam auf der dritten Vee Jay-LP heraus, „Please Send Me Someone to Love“, die 1974 nachgereicht wurde. Im August nahm Henderson eine zweite Version des anderen Stückes vom August auf, „Sleepy“ vom im August mitspielenden Bobby Bryant – und diese erschien auch auf der LP von 1974. Leider gibt es von dieser Session mit dem MJT + 3 (Crashaw und Walter Perkins-d mit Willie Thomas-t, Frank Strozier-as und Harold Mabern-p) keine weiteren Aufnahmen.
Zwischen dem 21. November und dem 20 Dezember 1960 folgten dann fünf Sessions, die ersten beiden mit unbekannter Band unter der Leitung von Jimmy Jones, bei denen zwei bzw. vier Stücke entstanden. Dass die ersten beiden (wie schon der sechste Track der Little/Lateef/Golson-Combo) nur auf den CDs von 1993 herauskamen, deutet wohl darauf hin, dass es wirklich nicht mehr Material gibt, als auf diesen präsentiert wird. Von den vier der zweiten Session kamen drei auf dem zweiten Vee Jay-Album heraus, das vierte wieder auf der LP von 1974. Die dritte Session mit völlig unbekannter Band zeitigte wieder zwei Songs, die erst für die CDs aufbereitet wurden – darunter neben dem nicht zuschreibbaren (keine Composer-Credits) „Slowly“ auch das Oscar Brown Jr.-Cover „Opportunity“. Session Nummer vier versammelt die Basie-Bläser (das genaue Line-Up ist unbekannt) und ein paar weitere Musiker, zu denen vermutlich Nat Adderley-t, Milt Hinton-b und Elvin Jones-d gehören, sowie entweder Tommy Flanagan oder Bernie Leighton am Klavier. Thad Jones steuerte die Arrangements der drei Stücke bei, von denen „My How the Time Goes By“ (Leigh-Coleman) auf der zweiten, die beiden anderen Songs auf der dritten LP von 1974 herauskamen. Den Session-Marathon schloss dann eine mit kleiner Combo ab: Tommy Flanagan, Basies Gitarrist Freddy Green, Hinton und Jones – vier Songs, wieder zur einer auf dem zweiten Vee Jay-Album („Twelth of Never“), die anderen drei dann 1974 auf dem dritten. Das ist hier besonders unverständlich, weil darunter eine unglaublich schöne Version von „Skylark“ zu finden ist.
Die zweite LP hiess schlicht „Bill Henderson“ (LP 1031, 1960) und enthält neben den erwähnten vereinzelten Aufnahmen der Sessions vom Herbst 1960 auch noch fünf Stücke von den drei 1961 noch folgenden Sessions. Im Februar nahm Henderson nochmal mit einer unbekannten Band unter Jimmy Jones drei Songs auf, die alle auf dem Album landeten. Der Endspurt fand dann am 14. und 25. April statt. Am ersten Termin arrangierte Riley Hampton für eine grössere Band (Paul Serrano und Sonny Turner-t, John Avant-tb, Eddie Harris und Cliff Davis-ts, McKinley Easton-bari, Eddie Higgins-p, Joe Diorio-g, Rail Wilson-b und Al Duncan-d), am 25. gab es dann zwei Stücke mit dem Trio von Eddie Higgins (Richard Evans-b und Marshall Thompson-d). Diese zwei kamen wieder 1960 heraus, darunter auch „Am I Blue“, der 39. und letzte Song auf den zwei CDs, während die drei Stücke der ersten April-Session erst 1974 erschienen – darunter auch das Titelstück der LP, „Please Send Me Someone to Love“ (VJS 3055), das ebenfalls ein Highlight ist: hier wird Henderson nur von Joe Diorio, Rail Wilson und Eddie Harris begleitet.
Das Repertoire ist wie gesagt hervorragend, es gibt weitherum bekannte Songs wie „Bye Bye Blackbird“, „It Never Entered My Mind“ oder „My Funny Valentine“ (bei der Session mit Ramsey Lewis), damals beliebte Jazz-Tunes wie „Moanin'“ (von der Little/Lateef/Golson-Session, bei der auch Dinah Washington „Bad Luck“ aufgenommen wurde – Vera: „Dinah had gone to school with Bill’s brother and, as anyone who knew her will attest to, you did not say no to the Queen.“) oder eben „Sleepy“ von Bobby Bryant, gleich in zwei Versionen. Capote/Arlens „Sleeping Bee“ beschliesst die erste CD. auf der davor auch ein erstes Mal Ray Charles zu hören war („This Little Girl of Mine“, von der Little/Lateef/Golson-Session), aus dessen Repertoire auf Vol. 2 weiteres zu hören ist (v.a. Sy Olivers „Yes Indeed“. „Sleepin‘ Bee“ gibt es auf Vol. 2 gleich nochmal – und auch da gibt es einen guten Mix aus Bekanntem („Bewitched“, „I Can’t Give You Anything But Love“, „The More I See You“), seltener Gehörtem („My How the Time Goes By“), Jazz-Tunes („Old Country“ von Nat Adderley/Curtis Lewis) und alten Klassikern („Royal Garden Blues“, „Sweet Georgia Brown“, „Am I Blue“). In Hendersons Händen bzw. Stimmbändern findet das alles mühelos zusammen und die zweieinviertel Stunden Musik auf den beiden CDs fliessen ziemlich toll dahin – bedürfen aber zumindest bei mir erhöhter Aufmerksamkeit. Als Hintergrundmusik funktioniert Bill Henderson für mich nicht.
Ein paar Zeilen aus den Liner Notes, die Billy Vera 1993 für die beiden CDs schrieb und für die er sich länger mit Henderson unterhalten konnte:
William Randall Henderson was born in Chicago on March 19, 1926. He grew up on Rhodes Avenue near South Parkway (now Martin Luther King). He attended James R. Doolittle grammar school. He did time at Wendell Phillips High School before transferring to Paul Lawrence Dunbar Trade School, where he took machine shop and acted in a number of musicals. His drama teacher was named Nelmathilda Woodard nee rRichie.
After graduation, his fist job was on a punch press, making metal baskets. It was the kind of job that lets you know you should be in show business in you possibly can.
Bill spent time in the United States Army, serving with the 293rd Construction Engineers in Europe. He also put in time with Special Services doing shows and meeting inductees like Vic Damone.
After his discharge, Bill came home to Chicago and took up singing as a profession. One of his home bases was Stelzer’s Lounge, where he performed with another up and coming act, the Ramsey Lewis Trio. Jazz disc jockey Sid McCoy (who’s also since become an actor in Hollywood [also, weil Vera schon davor auf sein erstes Treffen mit Henderson bei Dreharbeiten zu sprechen kommt, 1983 am Set von „Buckaroo Banzai“, „my first paying gig as an actor“]) bought Bill to Vee-Jay. „Around the same time, Nancy Wilson got signed by Capitol, Ramsey went to Chess and I went to Vee-Jay,“ says Bill now. „We packed the place (Stelzer’s). We were young, the crowd was young and, I guess, young people want to be where other young people go.“
But we’re getting ahead of ourselves. A year earlier, 1958, Bill had gone to New York. Pianist Billy Taylor had given him that old line, „If you’re ever in New York…“ In Taylor’s case, he evidently meant it. And it was a good thing, because our boy Bill was on the next thing smoking. True to his word, Taylor introduced Bill around.
One of the results was not just a record date, but a date with Horace Silver on the paragon of jazz labels, Blue Note. At the time, Blue Note was putting out singles for the juke box trade. Henderson know his was a hit in those circles when people started stopping him on the street with the greeting „Hey, Señor Blues,“ the tiles of the record.
„Señor Blues“ caused Bill to be categorized as a „jazz singer,“ a pigeonhole he feels hurts vocalists financially–that, once compartmentalized, performers get stuck there by both the public and people in the business. Bottom line–a jazz singer gets paid less than a pop singer.
The hit led to Bill’s first Apollo gig, a jazz show with Horace, Jimmy Smith and Betty Carter. Dancer Honi Coles, then stage manager for the theater, told Bill, „We need an M.C. You can talk. Get out there.“ So, Bill spent the week introducing acts and singing his one song, five shows a day.
Next came „Busy Signal“ on Riverside and another pair of singles for Blue Note, this time backed by organist Jimmy Smith, „Angel Eyes“ and „Willow Weep for Me,“ before returning to Chicago and Stelzer’s Lounge.
The first Henderson single on Vee-Jay was „Joey, Joey, Joey,“ backed by his friends from the club, the Ramsey Lewis Trio. „Joey“ also made some noise in hipster circles, leading to Bill’s first important gig as a solo, New York’s Village Vanguard, where he played on the bill with Sonny Rollins. A free spirit, Rollins was given to waking out of his dressing room [Küche?] in the middle of any one of Bill’s numbers that felt good to him and playing along. „I just wanted some,“ was how Sonny would explain it.
Every engagement wasn’t as great, however. In Detroit, the once-fabuloous Flame Show Bar was, as Bill puts it, „dying.“ The legendary leader, Maurice King, still had the band, such as it was, but it was a bunch of non-readers. Ventriloquist Willie Tyler & Lester was the opening act.
One night, Berry Gordy’s mother reproached Bill for not singing „his hit, ‚Snap Your Fingers.‘ When Bill told her she’d meant Joe Henderson, she walked out–and with a rather large party, too.
Another memorable gig was one where that man of fewest words, Thelonious Monk, came into Bill’s dressing room to give some timeless advice, „Always leave ‚em wanting more.“ Never thought of you as a show-biz kinda guy, Monk.
1965 found Henderson singing with Count Basie at the Sands in Las Vegas. One night, the headline act, Ol‘ Blue Eyes, took it upon himself to introduce the singer, „Here’s the guy who sings up a storm…“ Apparently, Sinatra was a fan.
Bill had previously worked with another Bill, Cosby that is, and when Henderson moved to Los Angeles in 1967, Coz was very generous in helping him get started as an actor. You’ve seen him in countless commercials, TV series and movies, including „Trouble Man“ with Robert Hooks, „Inside Moves“ and, most recently, „White Men Can’t Jump.“
As for the music on this set, Bill says, „I was a real gung-ho,“ and researched the material for his recording sessions, and it shows.
~ Billy Vera, 1993
Die Riverside-Single „How Long Has This Been Goin‘ On“ b/w „Busy Signal“ (Riv 612) – Bruynickx hat da nur lückenhafte Angaben, zuerst mal nur „1958“ als Zeitangabe, zum Line-Up dann „All Star Group: Bill Henderson (vcl) acc by poss Julian „Cannonball“ Adderley (as) Billy Taylor (p) + others unknown“ (bei jazzdisco.org taucht die Session gar nicht auf, der Discogs-Eintrag taucht nur bei einer Suche auf, obwohl er demselben Bill Henderson zugewiesen ist … weitere Infos findet man dort aber auch nicht). In der Tube finde ich nur die B-Seite, „Busy Signal“, das ich noch nicht kannte – Henderson ist in diesem Fall wie es scheint wirklich Bill Henderson selbst:
Die Blue Note-Aufnahmen sind einfacher zu finden, zumindest auf CD – es gibt drei Singles, eine mit Horace Silver, zwei mit Jimmy Smith. „Señor Blues“ und das zugehörige „Tippin'“ (BN 45-1710, Van Gelder Studio, Hackensack, NJ, mit Donald Byrd-t, Junior Cook-ts, Silver-p, Gene Taylor-b und Louis Hayes-d, 15. Juni 1958) sind als Bonustracks auf dem Reissue von „Six Pieces of Silver“ zu finden. Danach folgten zwei Singles mit Jimmy Smith, die alle als Bonustracks auf dem CD-Reissue von „Softly as a Summer Breeze“ zu finden sind: „Ain’t That Love“ (auch da schon Ray Charles) b/w „Willow Weep For Me“ (BN 45-1728) und „Ain’t No Use“ b/w „Angel Eyes“ (BN 45-1727). Bei der Session vom 14. Oktober 1958 im Studio von Rudy Van Gelder waren Ray Crawford-g und Donald Bailey-d dabei.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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@ „gypsy“ : danke, sehr lesenswert ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)ich danke auch, ich hatte, was die einzelnen sessions angeht, irgendwann aufgegeben, die details zu recherchieren. was ich noch schwieriger finde, ist, den spezifischen stil von henderson zu beschreiben, der ja irgendwie zu modern für die crooner der 40er und 50er ist, aber auch wiederum zu altmodisch (bzw. zu wenig ’spirituell‘) für die entwicklungen ab mitte der 60er. aber vielleicht war henderson tatsächlich eher ein live-act, wegen flamboyanz usw. – tatsächlich hätte ich ihn mir gut im sun ra arkestra vorstellen können. für mich jemand, über den man sich nochmal anderes material erschließen kann – und was die totgespielten standards angeht, gelingt ihm eigentlich immer ein frischer blick darauf.
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vorgartenich danke auch, ich hatte, was die einzelnen sessions angeht, irgendwann aufgegeben, die details zu recherchieren. was ich noch schwieriger finde, ist, den spezifischen stil von henderson zu beschreiben, der ja irgendwie zu modern für die crooner der 40er und 50er ist, aber auch wiederum zu altmodisch (bzw. zu wenig ’spirituell‘) für die entwicklungen ab mitte der 60er. aber vielleicht war henderson tatsächlich eher ein live-act, wegen flamboyanz usw. – tatsächlich hätte ich ihn mir gut im sun ra arkestra vorstellen können. für mich jemand, über den man sich nochmal anderes material erschließen kann – und was die totgespielten standards angeht, gelingt ihm eigentlich immer ein frischer blick darauf.
Ja, das geht mir ähnlich! Ich hab dann vorhin auch das Album mit Peterson nochmal angehört – das lief jetzt wohl ein Dutzend Male, seitdem die CD da ist (erst ein paar Wochen). Dort gibt es zugleich mehr von seiner Flamboyanz – und es wirkt auch vieles intimer, naher, quasi in persönlicherem Rahmen präsentiert. Finde ich einen interessanten Kontrast: Peterson fährt seine bewährte geölte und stets warme, gut gelaunte Begleiter-Manier auf (in der aber auch für Molltöne und Schattierungen Platz ist), Henderson singt etwas gradliniger, direkter, mich dünkt auch mit konsistenterem Stimmvolumen – oder wie soll man das beschreiben? auf den Vee Jay-Aufnahmen klingt seine Stimme mal leicht, mal voll, mal rund, mal hohl … auf dem Verve-Album klingt er für mich weniger variabel, was aber überhaupt kein Verlust ist, weil es wiederum nichts mit den Nuancen zu tun hat, die er darüber hinaus ja auch noch im Überfluss zu bieten hat. Sun Ra (so 1958-60 in Chicago) finde ich eine total spannende Idee … und so ein Gospel-Ding (Spirituals, nicht „spiritual jazz“) läuft eben auch noch mit (das würde ich auch generell als eine Flamboyanz-Quelle im Jazzgesang betrachten, oder?) – ich kenne diesen Namensvetter von „unserem“ Joe Henderson nicht, aber denke, die Verwechslung war vielleicht kein purer Zufall?
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind … auf dem Verve-Album klingt er für mich weniger variabel, was aber überhaupt kein Verlust ist, weil es wiederum nichts mit den Nuancen zu tun hat, die er darüber hinaus ja auch noch im Überfluss zu bieten hat. Sun Ra (so 1958-60 in Chicago) finde ich eine total spannende Idee … und so ein Gospel-Ding (Spirituals, nicht „spiritual jazz“) läuft eben auch noch mit (das würde ich auch generell als eine Flamboyanz-Quelle im Jazzgesang betrachten, oder?) – ich kenne diesen Namensvetter von „unserem“ Joe Henderson nicht, aber denke, die Verwechslung war vielleicht kein purer Zufall?
ich finde das wirklich schwer zu beschreiben… ich höre in seiner stimme mehr coktailbar & gute anzüge als kirche und schweiß und extase, aber trotzdem gibt es eine dringlichkeit, die ich mir nicht recht herleiten kann. ich denke, henderson war ein braver familienvater, aber trotzdem höre ich queere vibes in seiner stimme, fast so wie bei späteren ballroom-djs, eine andere männlichkeit, die aber trotzdem spezifisch afroamerikanisch gefärbt ist, überhaupt nicht androgyn, aber total anders als hartman, williams oder brown jr. vielleicht ist das die nähe zur sprechstimme von james baldwin, weswegen ich da verbindungen ziehe, aber das klickt bei mir, seit ich henderson zum ersten mal gehört habe, ende der 90er.
und p.s. der fahrer des rollers ist gillespie, oder?
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Williams = Joe? Schon interessant, wie schwer Henderson zu greifen ist … ich empfinde Anzug und Schweiss gar nicht so sehr als Widerspruch: Coltranes Quartett spielt im Sommer in Antibes „A Love Supreme“ im Smoking – ist was anderes als die Ekstase der Kirche, klar, aber die höre ich bei Henderson ja auch nur vermittelt – wobei ich nicht weiss, worüber, und das herauszufinden wäre vielleicht gerade klärend?
Und ja, Gillespie war auch mein erster Gedanke, aber wirklich sicher bin ich mir nicht.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaDieser Twofer von Billie Poole lief neulich auch schon … ihre ersten zwei Alben sind hier zu hören, beide für Riverside aufgenommen. Die junge Sängerin aus Kalifornien hätte erst in Europa für Aufsehen sorgen müssen, bevor man sie in den USA zu schätzen lernte – „a style derivative of Bessie Smith and the heritage of the urban, vocalized blues form“ steht da ferner. Das passt wohl. Die Ärmel sind jedenfalls hochgerollt, „belting“ und „shouting“ ist, was Poole macht – sehr direkt und ziemlich stark. Auf „Sermonette“ ist sie mit einer grosse Band zu hören, die von Jimmy Jones geleitet wird – nur Clark Terry ist namentlich bekannt, und das liegt auch daran, dass er einige sehr schöne Momente im Rampenlicht hat (ähnlich toll, wie er auch auf „Sin“ von Oscar Brown Jr. spielt). Auf „Confessin‘ the Blues“ wird Poole dann von Junior Mance, Kenny Burrell, Bob Cranshaw und Mickey Roker begleitet. Neben Bessie Smith („Young Woman’s Blues“) und einigen Standards („Lazy Afternoon“, „This Can’t Be Love“, „Time After Time“ usw.) sind auch ein paar jüngere Nummern dabei, neben dem Titelstück von Nat Adderley (Lyrics: Jon Hendricks) auch „Drown in My Own Tears“ (Henry Glover) aus dem Jahr 1951. Auf dem zweiten Album gibt es ebenfalls vornehmlich Standards, aber auch hier reicht die Palette von Bessie Smith („Jailhouse Blues“) bis zu Ray Charles („Ain’t That Love?“), nimmt neben weiteren Standards auch Billie Holiday („God Bless the Child“), Big Bill Broonzy („Keep Your Hand on Your Heart“) und Jay McShann (das Titelstück) mit. Hier spielt Burrell dann oft eine bluesige Gitarre und Cranshaw/Roker sorgen für rollende 12/8-Grooves oder den richtigen trägen Swing. Als Bonus gibt es noch eine Riverside-Novelty-Single, „I Heard the News“ b/w „Jet“, zu der ich nirgendwo Angaben finde.
Fürs Debut gab’s ein ganz schönes Cover. An weiterem von ihr finde ich sonst bei Bruyninckx eine Single aus Kalifornien für das Label Merrie von ca. 1957/58, „His Promise“ b/w „Then He Came“, sowie ihren einzigen Beitrag zu einer I Giganti del Jazz-Platte (vielleicht ganz interessant: u.a. auch zwei Lafitte-Tracks mit Arvanitas an der Orgel und zwei von Stuff Smith, die ich allerdings schon anderswo habe). Bei Discogs findet sich zudem eine EP von Francy Boland auf Prince Records, auf deren B-Seite Poole wohl zu hören ist (vier Songs von Norbert Schulze?) – da müssten wir mal @redbeansandrice drauf ansetzen ). Zusätzlich zur bei Fresh Sound erhaltenen Riverside-Singles führt Discogs noch drei weitere, die allerdings alles Auskopplungen der zwei LPs sind. Das Cover der zweiten Riverside-LP (wie die erste 1962 aufgenommen, aber erst 1963 erschienen) finde ich dann weniger gelungen – schönes Foto zwar, aber im Kontext eher eine Fleischbeschau, mit der sich vielleicht etwas mehr Exemplare verkaufen liessen. Für den bodenständigen jazzigen Blues von Poole aber eher deplaziert.
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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https://www.jazzwax.com/2023/03/toni-harper-1937-2023.html
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Oh, grad gestern ihre beiden Fresh Sound-CDs gekriegt … danke, interessant, ihre Erinnerungen zu lesen. Die Antwort auf die Frage, warum sie verschwand, ist da auch endlich (okay, ich hatte nie hartnäckig gesucht) zu finden.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaCassandra Wilson – Blue Light Til Dawn (1993)
Eine ziemlich mutige Sache, finde ich. Teils sehr sparsame, aber auch sehr unterschiedliche Besetzung, mal nur Begleitung mit akustischer Gitarre, viel Perkussion, keine Bläser (außer Don Byrons Klarinette), ein Stück ist sogar a-capella. Eigentlich gar nicht jazzig, mit Swing oder so. Sehr weit gestreute Auswahl an Songs, vom Standard (You Don’t Know What Love Is) über archaischen Blues (Robert Johnsons Hellhound On My Trail), Van Morrison (Tupelo Honey) und Joni Mitchell (Black Crow) bis zu einigen Eigenkompositionen und ganz am Ende I Can’t Stand The Rain. Spröde, reduziert, aber gerade dadurch sehr intensiv. Fordert schon ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit.
Ist dadurch gleichzeitig ziemlich vielfältig und etwas uneinheitlich, ist manchmal Blues, manchmal afro-kubanisches Ritual oder auch mal fast Popsong, zusammengehalten durch Cassandra Wilsons Stimme und die skelettierten Arrangements. War meines Wissens aber auch ein kommerzieller Hit.
Bei diesem Stück fand ich immer den groove toll:
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)friedrich
Ist dadurch gleichzeitig ziemlich vielfältig und etwas uneinheitlich, ist manchmal Blues, manchmal afro-kubanisches Ritual oder auch mal fast Popsongdie idee ist ja: es hat alles miteinander zu tun.
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vorgarten
friedrich
Ist dadurch gleichzeitig ziemlich vielfältig und etwas uneinheitlich, ist manchmal Blues, manchmal afro-kubanisches Ritual oder auch mal fast Popsongdie idee ist ja: es hat alles miteinander zu tun.
Ich habe es ja schon immer geahnt: Alles hängt mit allem zusammen!
Spaß beiseite. Vielleicht könnte man es so sagen: Cassandra Wilson befreit die Song-Vorlagen von jeglichem Stil-Dekor und reduziert sie auf ihr Skelett um sie von da aus wieder neu aufzubauen, ohne dass sie sich allzu eng an einem Stil orientiert. Es ist ja nicht mal Jazz, was am Ende dabei herauskommt. Kein Piano-Trio, keine Bläsersätze, nicht einmal eine bass & drums-Begleitung! Dann wird es egal, ob You Don’t Know … ein Jazz Standard ist, Hellhound ein uralter Blues oder Tupelo Honey ein Popsong. Bei einigen Stücken weiß ich nicht einmal, aus welchem Kontext sie ursprünglich stammen.
Hatte die Platte gestern Abend relativ aufmerksam gehört und war beeindruckt, wie ungewöhnlich und unkategorisierbar sie klingt. Es ist wohl unvermeidlich, dass das machmal irritiert und auch mal mehr, mal weniger überzeugt.
Erstaunlich und schön, dass sich das auch noch gut verkaufte.
Kennt hier jemand das darauf folgende CW-Album New Moon Daughter?
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)friedrich
Hatte die Platte gestern Abend relativ aufmerksam gehört und war beeindruckt, wie ungewöhnlich und unkategorisierbar sie klingt. Es ist wohl unvermeidlich, dass das machmal irritiert und auch mal mehr, mal weniger überzeugt.
Erstaunlich und schön, dass sich das auch noch gut verkaufte.
Kennt hier jemand das darauf folgende CW-Album New Moon Daughter?das ist in der tat eine eigenartige erfolgsgeschichte. wilson war ja beim münchener label JMT unter vertrag, dort die stimme des m-base-kollektivs, hat aber dort auch ein klassisches standards-album aufgenommen (BLUE SKIES, sehr schön), war mit e-bass, hammondorgel und funk-drummer live unterwegs und bekam dann einen vertrag bei blue note. und statt mit den vorgeschlagenen produzenten zu arbeiten, vertraute sie instinktiv auf die ideen eines nachbarn, craig street, der eine andere instrumentierung für ihre ungewöhnliche stimme vorschlug (e-bass und orgel waren ihr zu nah) und sie fragte, welche musik sie jemals zum weinen gebracht hätte – und sie antwortete: frühe blues-musik und folkpop.
die musiker auf diesen ersten beiden alben (BLUE NIGHT… und NEW MOON DAUGHTER) sind halt sehr interessant, die sparsam und auratisch spielenden kornettisten olu dara, graham haynes und butch morris, der violinist charles burnham (der mit james blood ulmer spielte), ein paar der m-base-leute (lonnie plaxico, don byron war ja auch im erweiterten umfeld), cyro battista. aber den erfolg hat sie auch als ambivalent empfunden, sie ist ja damals nur noch in großen hallen und stadien aufgetreten, mit dieser eigentlich sehr intimen musik. ich mag BLUE NIGHT… auch am liebsten, danach ist für mich viel hit & miss dabei, eigenes, eher jazzfernes songwriting, immer mehr musiker, die eher aus anderen bereichen kamen, das miles-tribut-album mag ich z.b. gar nicht, dafür aber das spätere LOVERLY. 2015 gab es dann das sehr interessante album mit t bone burnett und van dyke parks, COMING FORTH BY DAY (absurderweise eine billie-holiday-hommage, schon nicht mehr auf blue note), seitdem nichts mehr, was ich einigermaßen unfassbar finde.
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Schlagwörter: Beste Jazzalben, Jazzsänger*innen, Vocal Jazz
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