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Die letzten Tage immer wieder die zwei CDs mit den Vee Jay-Sessions von Bill Henderson. Das ist gerade eine echte Entdeckung! Die sind zwar schon einige Jahre hier und ich hab immer wieder etwas daraus gehört, aber es brauchte wohl die aktuelle Beschäftigung mit sehr viel Vocal Jazz, um da endlich richtig einzutauchen. Das ist einerseits hervorragend gesungen, andererseits von einer betörenden Lässigkeit … und dazu dünkt mich das Material hervorragend ausgewählt, die Arrangements sind auch da top, wo unbekannte Bands (meist unter Jimmy Jones‘ Leitung) zum Einsatz kommen. Und Billy Vera hat gute Liner Notes (dieselbelben in beiden Volumen, ein biographischer Abriss und dann ein paar Zeilen zum Inhalt beider Volumen, in denen er aber nur auf ein paar Highlights hinweist) geschrieben (und erzählt auch, wie er aus Hendersons alten Fotos wohl das auf dem Cover zu Vol. 2 sehende ausgewählt hat – wer ist das denn am Steuer des Rollers?).
Nur die erste Vee Jay LP kann einfach mit den Sessions rekonstruiert werden: „Bill Henderson Sings“ (LP 1015, 1959) wurde aus den ersten zwei Sessions zusammengestellt: sieben Stücke mit dem Trio von Ramsey Lewis (Eldee Young, Red Holt), fünf (auf der CD ist noch ein sechstes, „Without You“, das nicht auf der LP landete) von der zweiten mit einer hervorragenden Studio-Band aus Jazz-Cracks: Booker Little, Bernard McKinney, Yusef Lateef, Wynton Kelly, Paul Chambers, Jimmy Cobb – arrangiert von Benny Golson). Danach wird’s schwierig: Henderson war quasi der Haus-Jazzsänger des Labels und nahm bis Ende April 1961 noch zehn Sessions auf, die aber alle maximal drei oder vier Stücke zeitigten (ob es da noch mehr gäbe?).
Ende Januar 1960 ging es dann weiter mit einer noch etwas grösseren Band (Bobby Bryant-t, Benny Powell-tb. Billy Mitchell-ts, Frank Wess-ts,arr, Charlie Fowlkes-bari, Gildo Mahones-p, Bob Cranshaw-b, Al Duncan-d). Nur eins der beiden Stücke, „I Go for That“, kam auf der dritten Vee Jay-LP heraus, „Please Send Me Someone to Love“, die 1974 nachgereicht wurde. Im August nahm Henderson eine zweite Version des anderen Stückes vom August auf, „Sleepy“ vom im August mitspielenden Bobby Bryant – und diese erschien auch auf der LP von 1974. Leider gibt es von dieser Session mit dem MJT + 3 (Crashaw und Walter Perkins-d mit Willie Thomas-t, Frank Strozier-as und Harold Mabern-p) keine weiteren Aufnahmen.
Zwischen dem 21. November und dem 20 Dezember 1960 folgten dann fünf Sessions, die ersten beiden mit unbekannter Band unter der Leitung von Jimmy Jones, bei denen zwei bzw. vier Stücke entstanden. Dass die ersten beiden (wie schon der sechste Track der Little/Lateef/Golson-Combo) nur auf den CDs von 1993 herauskamen, deutet wohl darauf hin, dass es wirklich nicht mehr Material gibt, als auf diesen präsentiert wird. Von den vier der zweiten Session kamen drei auf dem zweiten Vee Jay-Album heraus, das vierte wieder auf der LP von 1974. Die dritte Session mit völlig unbekannter Band zeitigte wieder zwei Songs, die erst für die CDs aufbereitet wurden – darunter neben dem nicht zuschreibbaren (keine Composer-Credits) „Slowly“ auch das Oscar Brown Jr.-Cover „Opportunity“. Session Nummer vier versammelt die Basie-Bläser (das genaue Line-Up ist unbekannt) und ein paar weitere Musiker, zu denen vermutlich Nat Adderley-t, Milt Hinton-b und Elvin Jones-d gehören, sowie entweder Tommy Flanagan oder Bernie Leighton am Klavier. Thad Jones steuerte die Arrangements der drei Stücke bei, von denen „My How the Time Goes By“ (Leigh-Coleman) auf der zweiten, die beiden anderen Songs auf der dritten LP von 1974 herauskamen. Den Session-Marathon schloss dann eine mit kleiner Combo ab: Tommy Flanagan, Basies Gitarrist Freddy Green, Hinton und Jones – vier Songs, wieder zur einer auf dem zweiten Vee Jay-Album („Twelth of Never“), die anderen drei dann 1974 auf dem dritten. Das ist hier besonders unverständlich, weil darunter eine unglaublich schöne Version von „Skylark“ zu finden ist.
Die zweite LP hiess schlicht „Bill Henderson“ (LP 1031, 1960) und enthält neben den erwähnten vereinzelten Aufnahmen der Sessions vom Herbst 1960 auch noch fünf Stücke von den drei 1961 noch folgenden Sessions. Im Februar nahm Henderson nochmal mit einer unbekannten Band unter Jimmy Jones drei Songs auf, die alle auf dem Album landeten. Der Endspurt fand dann am 14. und 25. April statt. Am ersten Termin arrangierte Riley Hampton für eine grössere Band (Paul Serrano und Sonny Turner-t, John Avant-tb, Eddie Harris und Cliff Davis-ts, McKinley Easton-bari, Eddie Higgins-p, Joe Diorio-g, Rail Wilson-b und Al Duncan-d), am 25. gab es dann zwei Stücke mit dem Trio von Eddie Higgins (Richard Evans-b und Marshall Thompson-d). Diese zwei kamen wieder 1960 heraus, darunter auch „Am I Blue“, der 39. und letzte Song auf den zwei CDs, während die drei Stücke der ersten April-Session erst 1974 erschienen – darunter auch das Titelstück der LP, „Please Send Me Someone to Love“ (VJS 3055), das ebenfalls ein Highlight ist: hier wird Henderson nur von Joe Diorio, Rail Wilson und Eddie Harris begleitet.
Das Repertoire ist wie gesagt hervorragend, es gibt weitherum bekannte Songs wie „Bye Bye Blackbird“, „It Never Entered My Mind“ oder „My Funny Valentine“ (bei der Session mit Ramsey Lewis), damals beliebte Jazz-Tunes wie „Moanin'“ (von der Little/Lateef/Golson-Session, bei der auch Dinah Washington „Bad Luck“ aufgenommen wurde – Vera: „Dinah had gone to school with Bill’s brother and, as anyone who knew her will attest to, you did not say no to the Queen.“) oder eben „Sleepy“ von Bobby Bryant, gleich in zwei Versionen. Capote/Arlens „Sleeping Bee“ beschliesst die erste CD. auf der davor auch ein erstes Mal Ray Charles zu hören war („This Little Girl of Mine“, von der Little/Lateef/Golson-Session), aus dessen Repertoire auf Vol. 2 weiteres zu hören ist (v.a. Sy Olivers „Yes Indeed“. „Sleepin‘ Bee“ gibt es auf Vol. 2 gleich nochmal – und auch da gibt es einen guten Mix aus Bekanntem („Bewitched“, „I Can’t Give You Anything But Love“, „The More I See You“), seltener Gehörtem („My How the Time Goes By“), Jazz-Tunes („Old Country“ von Nat Adderley/Curtis Lewis) und alten Klassikern („Royal Garden Blues“, „Sweet Georgia Brown“, „Am I Blue“). In Hendersons Händen bzw. Stimmbändern findet das alles mühelos zusammen und die zweieinviertel Stunden Musik auf den beiden CDs fliessen ziemlich toll dahin – bedürfen aber zumindest bei mir erhöhter Aufmerksamkeit. Als Hintergrundmusik funktioniert Bill Henderson für mich nicht.
Ein paar Zeilen aus den Liner Notes, die Billy Vera 1993 für die beiden CDs schrieb und für die er sich länger mit Henderson unterhalten konnte:
William Randall Henderson was born in Chicago on March 19, 1926. He grew up on Rhodes Avenue near South Parkway (now Martin Luther King). He attended James R. Doolittle grammar school. He did time at Wendell Phillips High School before transferring to Paul Lawrence Dunbar Trade School, where he took machine shop and acted in a number of musicals. His drama teacher was named Nelmathilda Woodard nee rRichie.
After graduation, his fist job was on a punch press, making metal baskets. It was the kind of job that lets you know you should be in show business in you possibly can.
Bill spent time in the United States Army, serving with the 293rd Construction Engineers in Europe. He also put in time with Special Services doing shows and meeting inductees like Vic Damone.
After his discharge, Bill came home to Chicago and took up singing as a profession. One of his home bases was Stelzer’s Lounge, where he performed with another up and coming act, the Ramsey Lewis Trio. Jazz disc jockey Sid McCoy (who’s also since become an actor in Hollywood [also, weil Vera schon davor auf sein erstes Treffen mit Henderson bei Dreharbeiten zu sprechen kommt, 1983 am Set von „Buckaroo Banzai“, „my first paying gig as an actor“]) bought Bill to Vee-Jay. „Around the same time, Nancy Wilson got signed by Capitol, Ramsey went to Chess and I went to Vee-Jay,“ says Bill now. „We packed the place (Stelzer’s). We were young, the crowd was young and, I guess, young people want to be where other young people go.“
But we’re getting ahead of ourselves. A year earlier, 1958, Bill had gone to New York. Pianist Billy Taylor had given him that old line, „If you’re ever in New York…“ In Taylor’s case, he evidently meant it. And it was a good thing, because our boy Bill was on the next thing smoking. True to his word, Taylor introduced Bill around.
One of the results was not just a record date, but a date with Horace Silver on the paragon of jazz labels, Blue Note. At the time, Blue Note was putting out singles for the juke box trade. Henderson know his was a hit in those circles when people started stopping him on the street with the greeting „Hey, Señor Blues,“ the tiles of the record.
„Señor Blues“ caused Bill to be categorized as a „jazz singer,“ a pigeonhole he feels hurts vocalists financially–that, once compartmentalized, performers get stuck there by both the public and people in the business. Bottom line–a jazz singer gets paid less than a pop singer.
The hit led to Bill’s first Apollo gig, a jazz show with Horace, Jimmy Smith and Betty Carter. Dancer Honi Coles, then stage manager for the theater, told Bill, „We need an M.C. You can talk. Get out there.“ So, Bill spent the week introducing acts and singing his one song, five shows a day.
Next came „Busy Signal“ on Riverside and another pair of singles for Blue Note, this time backed by organist Jimmy Smith, „Angel Eyes“ and „Willow Weep for Me,“ before returning to Chicago and Stelzer’s Lounge.
The first Henderson single on Vee-Jay was „Joey, Joey, Joey,“ backed by his friends from the club, the Ramsey Lewis Trio. „Joey“ also made some noise in hipster circles, leading to Bill’s first important gig as a solo, New York’s Village Vanguard, where he played on the bill with Sonny Rollins. A free spirit, Rollins was given to waking out of his dressing room [Küche?] in the middle of any one of Bill’s numbers that felt good to him and playing along. „I just wanted some,“ was how Sonny would explain it.
Every engagement wasn’t as great, however. In Detroit, the once-fabuloous Flame Show Bar was, as Bill puts it, „dying.“ The legendary leader, Maurice King, still had the band, such as it was, but it was a bunch of non-readers. Ventriloquist Willie Tyler & Lester was the opening act.
One night, Berry Gordy’s mother reproached Bill for not singing „his hit, ‚Snap Your Fingers.‘ When Bill told her she’d meant Joe Henderson, she walked out–and with a rather large party, too.
Another memorable gig was one where that man of fewest words, Thelonious Monk, came into Bill’s dressing room to give some timeless advice, „Always leave ‚em wanting more.“ Never thought of you as a show-biz kinda guy, Monk.
1965 found Henderson singing with Count Basie at the Sands in Las Vegas. One night, the headline act, Ol‘ Blue Eyes, took it upon himself to introduce the singer, „Here’s the guy who sings up a storm…“ Apparently, Sinatra was a fan.
Bill had previously worked with another Bill, Cosby that is, and when Henderson moved to Los Angeles in 1967, Coz was very generous in helping him get started as an actor. You’ve seen him in countless commercials, TV series and movies, including „Trouble Man“ with Robert Hooks, „Inside Moves“ and, most recently, „White Men Can’t Jump.“
As for the music on this set, Bill says, „I was a real gung-ho,“ and researched the material for his recording sessions, and it shows.
~ Billy Vera, 1993
Die Riverside-Single „How Long Has This Been Goin‘ On“ b/w „Busy Signal“ (Riv 612) – Bruynickx hat da nur lückenhafte Angaben, zuerst mal nur „1958“ als Zeitangabe, zum Line-Up dann „All Star Group: Bill Henderson (vcl) acc by poss Julian „Cannonball“ Adderley (as) Billy Taylor (p) + others unknown“ (bei jazzdisco.org taucht die Session gar nicht auf, der Discogs-Eintrag taucht nur bei einer Suche auf, obwohl er demselben Bill Henderson zugewiesen ist … weitere Infos findet man dort aber auch nicht). In der Tube finde ich nur die B-Seite, „Busy Signal“, das ich noch nicht kannte – Henderson ist in diesem Fall wie es scheint wirklich Bill Henderson selbst:
Die Blue Note-Aufnahmen sind einfacher zu finden, zumindest auf CD – es gibt drei Singles, eine mit Horace Silver, zwei mit Jimmy Smith. „Señor Blues“ und das zugehörige „Tippin'“ (BN 45-1710, Van Gelder Studio, Hackensack, NJ, mit Donald Byrd-t, Junior Cook-ts, Silver-p, Gene Taylor-b und Louis Hayes-d, 15. Juni 1958) sind als Bonustracks auf dem Reissue von „Six Pieces of Silver“ zu finden. Danach folgten zwei Singles mit Jimmy Smith, die alle als Bonustracks auf dem CD-Reissue von „Softly as a Summer Breeze“ zu finden sind: „Ain’t That Love“ (auch da schon Ray Charles) b/w „Willow Weep For Me“ (BN 45-1728) und „Ain’t No Use“ b/w „Angel Eyes“ (BN 45-1727). Bei der Session vom 14. Oktober 1958 im Studio von Rudy Van Gelder waren Ray Crawford-g und Donald Bailey-d dabei.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba