Chronological Coltrane

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  • #7658527  | PERMALINK

    nail75

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    Sehr schön, jetzt kommen wir auch in die Zeit, wo ich ein wenig mitreden kann. ;-)

    Dieses Coltrane Reference Book ist natürlich ein Monster. Wenn man eine detaillierte Chronologie erstellen will natürlich unverzichtbar, aber ansonsten für den normalen Leser nicht zu empfehlen, aufgrund der Kosten und des doch begrenzten Nutzens. Für Dich natürlich im Moment vermutlich ein Traum. ;-)

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    #7658529  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Ja, seh ich ähnlich. Letztlich ist’s eher eine Sammlung von Schnippseln und seitenlanger Listings von Reissues)… eine Chronologie, nicht viel mehr. Die Diskographie ist so vollständig (eben: alle Reissues gelistet), dass sie auch schon sehr unhandlich ist. Werd’s mir wohl kaum kaufen, hoffe für den Moment, dass es nicht vorbestellt ist und ich’s noch ein paar Mal verlängern kann!

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    #7658531  | PERMALINK

    nail75

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    Beiträge: 44,728

    Ach bei Euch kann man Fernleihen verlängern, das geht hier gar nicht mehr… :roll:

    So schön die zeitgenössischen Kritiken und Berichte sind, sie gehen in der schieren Masse an Text einfach etwas verloren. Ein kleiner Band mit solchen Kritiken wäre viel hilfreicher. So hätte man sich da auf die Essenz beschränken können. Was ich auch krass finde, ist dass niemand gemerkt hat, dass Coltrane krank ist, nicht einmal seine Frau!

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    #7658533  | PERMALINK

    redbeansandrice

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    wie vorhin schon erwähnt bin ich jetzt ca 100 Seiten in CO Simpkins Coltrane Buch und kann es sehr empfehlen; grad im Vergleich zu Porter fällt angenehm auf, dass Simpkins nicht vorhat sich als Wissenschaftler zu beweisen, wenn ein unkommentiertes Gedicht grad am besten passt, dann ist sich Simpkins nicht zu schade dafür eine Seite zu opfern… stilistisch ist das Buch entsprechend „fast ein Roman“, man mag an „Beneath the Underdog“ denken, ist nicht ganz falsch, ganz so heftig ist es aber nicht; unkommentierte Gedichte sind auch mehr die Ausnahme, Basis des Buchs sind Interviews, die Simpkins Anfang der 70er Jahre in Coltranes Bekanntenkreis geführt hat, für die ersten 100 Seiten sind die Hauptquellen Cal Massey und Naima; dass Simpkins die Geschichte im wesentlichen so erzählt, wie er sie erzählt bekommen hat, mag ein akademischer Schriftsteller bemängeln (tut Porter auch), aber die Lebendigkeit der Darstellung gewinnt dadurch enorm… klar gibt es so Geschichten wie [so ungefähr] die wo Reggie Workman Coltrane sagte, er solle doch jetzt mal wirklich mit den Drogen aufhören, das sei peinlich, und Coltrane das dann direkt erfolgreich cold turkey umsetzte (Reggie Workman erinnerte die Begebenheit…), die man vielleicht im Detail nicht überbewerten sollte… zu Like Sonny steht im Buch zB Naimas Version, wie sie beim Sonny Rollins Konzert waren, wie immer in der ersten Reihe, um alles genau zu studieren (also, John), wie Coltrane sie direkt auf diese eine Phrase aufmerksam machte, und das dann zu Hause direkt ausarbeitete… es gibt auch andere Quellen, Artikel, Rezensionen, aber alles so präsentiert, dass eine aussagekräftige Collage herauskommt und keine Coltrane Reference… (die natürlich auch ihre Berechtigung hat)

    sehr froh dass ich das bestellt hab, obwohl es über 30 Jahre alt ist, Porters Buch hat sicherlich seine Berechtigung (also, Biografie wie Reference), aber um Coltrane kennenzulernen ohne sich zu langweilen, ist das hier vermutlich überlegen… (hab von Porter aber bisher nur ein Kapitel gelesen)

    (jetzt alles aus dem Gedächtnis, hoffe auch ich hab im kleinen nicht zu viel durcheinandergeschmissen)

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    #7658535  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    Beiträge: 0

    Habe gerade, angeregt durch redbeans‘ Zeilen zu Simpkins, nach den genaueren Angaben zu dem Buch gesucht – und dabei diese Gegenüberstellung von Porter und Simpkins gefunden.

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    #7658537  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Registriert seit: 25.01.2010

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    Also, Giant Steps und Coltrane Jazz – für mich gehören diese beiden Alben irgendwie zusammen („Naima“, von den Sessions für letzteres, ist auch auf ersterem erschienen).

    Was am klarsten auffällt ist Coltranes – wie wir’s oben schon mal genannt haben – Autorität. Er wirkt in allem , was er tut völlig kontrolliert, immer hat er alles im Griff. (Und dies gehört vielleicht zu den Gründen, weswegen ich grad bei Giant Steps so lange gebraucht habe, bis ich es schätzen konnte.)
    Was auch sofort auffällt ist, wie raffiniert die Kompositionen sind – oft bestehen sie nur aus kleinen, ziemlich einfachen Motiven, darum wird dann aber ein ausgeklügeltes Arrangement konstruiert, mit „pedal points“, Latin Beats, Wechsel von 4/4 in 2/2 etc. Unglaublich gut gemacht, all das! Und auch die „Wegwerf“-Stücke wie „Mr. P.C.“ sind so eingängig, dass sie zu Klassikern wurden (immerhin im echten „Real Book“ zu finden! „Giant Steps“, „Countdown“ und „Naima“ natürlich auch). Auch „Cousin Mary“ und das vergnügte „Syeeda’s Song Flute“ sind toll!
    Und ich finde das relaxtere Spiel von Coltrane auf „Spiral“ sowie beiden Takes des fast bis zum Schluss als ts/d-Duo gespielten „Countdown“ mindestens so eindrücklich wie dasjenige auf dem Titelstück.

    Was mich vielleicht eben am Genuss von „Giant Steps“ längere Zeit gehindert hat, ist wohl diese Konstruiertheit (die zugleich natürlich – intellektuell betrachtet – höchst bewundernswert ist) – einen Eindruck davon gibt die Beschreibung von Lewis Porter im Booklet zur CD-Box (er nimmt wieder das Session-Reel von der ersten Session mit Cedar Walton zum Ausgangspunkt):

    It is thrilling to hear the development of the historic first recording of „Giant Steps.“ Its 16-measure chord progression begins with eight measures of root movement in thirds and closes with eight measures of ii-V-I progressions. It has since become a test piece for jazz musicians and is required fare in jazz education programs. Coltrane chose to construct his solo largely out of four-note patterns, which could be easily transposed to fit each chord. One basic pattern, involving the first, second, third and fifth degree of each key, appears several times. This use of „pentatonic patterns,“ as they are called (because the sixth of the scale, which is omitted, would make it a pentatonic scale), is widespread today. There are entire books devoted to the application of these and other patterns to technique practice as well as to improvisation and to slower-moving as well as fast-moving chord progressions. Coltrane alternated these pentatonic patterns with other material, most of it also derived from pentatonic scales. Another kind of four-note pattern, the simple arpeggio, appears often, particularly during the first eight measures of each chorus. These arpeggios are all related to five-note scales, with one note omitted. In some cases this may be more easily seen if the scale is rotated, or if it is built on a different root than the chord. For example, the opening C-sharp minor arpeggio (of his issued solo on the session with Tommy Flanagan) employs notes of an E pentatonic scale rotated to B. Coltrane employed contrasting upward and downward motion to add variety, especially during the first four measures of each chorus. He frequently also used a connecting scale, which may be seen as filling in of the pentatonic scale. In short, Coltrane relied heavily on formulas, especially ones derived from pentatonic scales, to negotiate the first eight measures of his chord progression, but his repertoire of forumlas was so vast that he was able to keep the solo interesting.

    ~ Lewis Porter, John Coltrane: The Atlantic Years, im Booklet zu „John Coltrane – The Heavyweight Champion: The Complete Atlantic Recordings“, p. 12f.

    (Unmittelbar hier schliesst übrigens das oben schon abgetippte Zitat von p. 13 an.)

    Das sollte die Komplexität des Planes von Coltrane etwas verdeutlichen, auch wenn man die technischen Details nicht nachvollziehen kann. Die verschiedenen wiederkehrenden Phrasen sind jedenfalls im Solo deutlich hörbar!

    Und in einer leichten Korrektur meiner Sackgasse-These von oben… möglicherweise ist Giant Steps eben doch eher ein „decisive moment“ als eine Sackgasse. Das mit der hohen Komplexität und den danach folgenden modalen, weitgehend offenen Strukturen, das stimmt zwar zweifellos, aber es gibt eben doch auch einen entscheidenden Unterschied zwischen den Aufnahmen bis zu „Giant Steps“ und diesem (bzw. den Atlantic-Sessions von 1959, ich würde jetzt mal alle fünf zusammennehmen, also 26.3., 4.5., 5.5., 24.11. und 2.12.). Ob dies allerdings ausreicht, um „Giant Steps“ (wie ich’s grad getan habe) als Schlüsselmoment zu stilisieren… ich bin doch unsicher, denn auch von ’55-’57 hat sich Coltrane ähnlich stark entwickelt… anyway, hier der Punkt, den ich noch kurz machen möchte:
    Auf „Giant Steps“ und den anderen Aufnahmen dieser Zeit (also seine Leader-Sessions für Atlantic 1959), spielt Coltrane keine (oder kaum mehr?) „sheets of sound“ mehr. Die Strukturen der Stücke sind so komplex, die Tempi teils so hoch, dass er zu einfacherer rhythmischer Phrasierung gezwungen wird (und eben auch – das find ich ja eigentlich auch nicht toll – „Patterns“ spielt, vorgefertigte Phrasen, die er dann beliebig in jeder Tonart bzw. jedem Akkord entsprechend bringen kann… aber wie Porter sagt, Coltrane hatte soviel solches Rohmaterial im Gepäck, dass es eben doch nie langweilig wird).
    Das Interesse am Rhythmus hat an diesem Punkt deutlich zugenommen, was auch an den anderen Techniken zu merken ist, die Coltrane verwendet (eben „pedal points“, Latin-Rhythmen etc). Dagegen bilden die „sheets of sound“ einen deutlichen Kontrast – und ich hole wieder weiter aus und tippe Porter ab dazu (bzw. Coltrane, der er zitiert):

    Early in 1958 Coltrane rejoined the Miles Davis group, making his first recording with them in April. He wrote in „Coltrane on Coltrane“ [written with the editorial assistance of Don DeMichael, in Down Beat, 1960]: „We found Miles in the midst of another stage of his musical development. There was one time in his past that he devoted to multichord structures. He was interested in chords for their own sake. But now it seemed that he was moving in the opposite direction to the use of fewer and fewer chord changes in songs. He used tunes with free-flowing lines and chordal direction. This approach allowed the soloist the choice of playing chordally (vertically) or melodically (horizontally).“ The words in parentheses reflect Coltrane’s having been exposed to the music and terminology of jazz composer George Russell.
    „In fact,“ Coltrane continued, „due to the direct and free-flowing lines of his music, I found it easy to apply the harmonic ideas that I had. I could stack up chords – say, on a C7, I sometimes superimposed an E-flat 7, up to an F-sharp 7, down to an F. That way I could play three chords on one. But on the other hand, if I wanted to, I could play melodically. Miles‘ music gave me plenty of freedom. It’s a beautiful approach.
    „About this time, I was trying for a sweeping sound. I started experimenting because I was striving for more individual development. I even tried long, rapid lines that Ira Gitler termed ’sheets of sound‘ at the time. But actually, I was beginning to apply the three-on-one chord approach, and at that time the tendency was to play the entire scale of each chord. Therefore, they were usually played fast and sometimes sounded like glisses. I found there were a certain number of chord progressions to play in a given time, and sometimes what I played didn’t work out in 8th notes, 16th notes, or triplets. I had to put the notes in uneven groups like fives and sevens in order to get them all in. I thought in groups of notes, not of one note at at time. I tried to place these groups on the acccents and emphasize the strong beats – maybe on two here and on four over at the end… Sometimes what I was doing clashed harmonically with the piano – especially if the pianist wasn’t familiar with what I was doing – so a lot of times I just strolled with bass and drums.“
    An interesting aspect of the above quotation is the emphasis Coltrane places on harmony. He explains the sheets of sound as well as the complex rhythmic groupings from the point of view of harmony. Both, he writes, unavoidably resulted from the rapid superimposition of several scales over each chord. (The matching of scales and chords was espoused by Lennie Tristano and George Russell during the early 1950s.) This suggests an emphasis on harmony, with rhythms almost happening by accident. Another quotation from the same piece suggests that is correct: „I want to be more flexible where rhythm is concerned. I feel I have to study rhythm some more. I haven’t experimented too much with time; most of my experimenting has been in harmonic form. I put time and rhythm to one side, in the past.“ Yet, clearly, Coltrane was not disregarding rhythm. He speaks of placing the groups of notes on the accents and emphasizing the strong beats, since they are emphasized in jazz. In most kinds of music, one and three are the strongest.

    Lewis Porter, ibid, p. 8-10

    Also:
    – Verlagerung von der Harmonie zum Rhythmus
    – zugleich Notation der immer noch ähnlich komplexen Harmonien

    Das geht einher, irgendwie… also keine Brüche oder sowas, sondern eben der nächste Schritt der Entwicklung. Das Notieren dieser komplexen harmonischen Strukturen (also deren Umsetzung in eigene Stücke) bedingte die rhythmische Vereinfachung. Dafür sind zu diesem Zeitpunkt dann die Kompositionen eben dreifach (in Anlehnung an die zwei über den Grund-Akkord gelegten weiteren Akkorde) komplexer als „normale“ Jazz Originals, die Rhythmik ist aber wieder „back in line“, sozusagen.
    Das waren ja auch die ersten nennenswerten Kompositionen Coltranes – ohne damit jenen auf „Blue Train“ unrecht tun zu wollen, aber die waren ja kaum ähnlich raffiniert gemacht (mit Ausnahme vielleicht vom Titelstück, aber das ist ja dann harmonisch eben doch wieder „nur“ ein Blues).

    Und noch was… Coltrane Jazz halte ich für eins der unterbewertetsten Coltrane-Alben. Es schliesst für mich ziemlich direkt an Giant Steps an, hat aber eine besser Band (die Rhythmusgruppe von Miles: Wynton Kelly, Paul Chambers und Jimmy Cobb), die einen stimmungsvolleren Charakter hat und irgendwie mehr Spielgeist. Die Stücke sind eine Spur weniger komplex, aber dafür machen sie mir grösseren Spass! Und eben: Kelly/Chambers/Cobb sind eine schwer zu schlagende Kombination!

    Eine letzte Anmerkung: Coltranes Ton verändert sich hier… und zwar nicht zum besseren. Er hat weniger Biss, weniger von diesem Drängenden, Stürmenden. Das mag auch zusammenhängen mit den Versuchen, „multiphonics“ zu spielen (was mit einem ausgeprägt harten Ansatz – soweit ich weiss, bzw. ich das erfahren habe – so gut wie unmöglich ist). Man kann die ab und zu in den Schluss-Tönen hören (die dann beinahe zu Schluss-Akkorden werden), besonders in „Harmonique“.
    Eins der absoluten Highlights dieser Sessions ist für mich dann das allerletzte Stück (vom 2. Dezember 1959), „Fifth House“!

    Die Coltrane Jazz LP (Atlantic 1354, rel. Feb. 1961) enthielt zudem noch ein erstes Stück, auf dem man Coltranes Quartett mit McCoy Tyner, Elvin Jones und Steve Davis erstmals hören konnte („Village Blues“). Schon im März 1961 erschien dann allerdings My Favorite Things, was wohl dem Ruhm von Coltrane Jazz auch nicht gerade zuträglich war.

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    gypsy-tail-wind
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    clasjazHabe gerade, angeregt durch redbeans‘ Zeilen zu Simpkins, nach den genaueren Angaben zu dem Buch gesucht – und dabei diese Gegenüberstellung von Porter und Simpkins gefunden.

    Und im sehr alten Forums-Thread dazu gibt’s einige sehr schöne Erinnerungen an Coltane von einer Sandi, die als Teenager in den späten 50ern im Lighthouse herumgehangen ist… ich wünschte ich hätte solche Teenager-Erinnerungen! (Ich war 2003 oder so mal eine zeitlang im AAJ-Forum aktiv, Sandi hat einige Male tolle Stories gepostet! Kann aber gut sein, dass die im Crash irgendwann damals verloren gingen… jedenfalls wüsste ich nicht, wonach suchen!)

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    redbeansandrice

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    hier sind mal zwei Kostproben aus Simpkins, beides basiert offensichtlich auf Interviews, das erste mit Cal Massey, das zweite mit Naima Coltrane… ich find sie fangen den Geist des Buchs ganz gut ein, beide Stellen, grad die erste sollt man wohl nicht zu wörtlich nehmen (also, warum sollte Massey nach 20 Jahren noch jedes „Yea“ akkurat erinnern… egal wie eindrücklich die Begebenheit war)… und der Gegensatz im Tonfall zwischen dem (fast schon absurd) „hippen“ Massey und der frommen Naima kommt schön raus… als Zitate gekennzeichnet sind beide nicht, fand der Autor zu Recht unnötig, auch wenn man sich bei der ersten Stelle schon ein bißchen fragt, wo jetzt genau das Massey Zitat anfängt und aufhört (ich nehm mal an, es geht bis zum Ende, dort schließt sich eine technische Fussnote an, in der erklärt wird, wie mit den beschriebenen Methoden „Countdown“ komponiert wurde…);

    „Folks“ und „Nita“ sind die Spitznamen von Cal und Naima… das erste war wohl ca 1957

    John, Folks, and Johnny Coles would still practice together frequently, going over different chord progressions. John was very involved with a particular chord progression that would later be used in a number of musical contexts. One day he excitedly told Folks, „Man, I gotta tell you somethin‘! Man, I had this dream last night that scared the shit outta me!“
    Folks: „Yea, man?“
    John: „I dreamt about Bird. I woke up in sweat.“
    Folks: „What was the dream?“
    John: „Man, I dreamt that Bird came to me and said, ‚Keep, keep on those progressions cause that’s the right thing to do‘.“
    Folks, now also excited, shouted, „That’s it. Do it!“
    These progressions in their final development took the form of a formula which would be used to add more chords to music in which there were few. By using this formula he could obtain more color and variety in his improvisation, using a scheme that could easily be remembered on the bandstand or used when sitting down to compose.

    und zu „Like Sonny“

    Like Sonny refers to the tenor saxophonist Sonny Rollins, whom John and Naima had to see whenever he was playing in New York. John would select a seat directly in front of the bandstand so that he wouldn’t miss a thing. One night Sonny played a figure that doubled John over into laughing pleasure. He and Nita went home, and John picked up his horn to play what he had heard. Out of this musical figure came the composition Like Sonny.

    Simpkins, S. 60 und 95; abschließend, wenn Porter sich was drauf einbildet, hier „Fehler korrigiert zu haben“, spinnt er, ist einfach ein anderer Typ von Buch (das Thema gab es hier übrigens schonmal, link)

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    gypsy-tail-wind
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    Danke für die Auszüge aus Simpkins! Denke Simpkins und Porter zusammen zu lesen wäre wohl die beste Lösung! Porter hat mich jedenfalls mit seinen Liner Notes in zwei der drei Prestige/Concord-Boxen schon sehr überzeugt!

    Jetzt läuft The Avant-Garde, das missglückte Album mit Don Cherry. Irgendwie kriegt Coltrane hier einfach keine Unterstützung von der Rhythmusgruppe, die groovt leicht vor sich hin (wie das bei Ornette passt) und Coltrane ist völlig auf sich gestellt. Er greift eher wieder zu sheets of sound, die allerdings streckenweise unpräzise und etwas hilflos klingen. Im Oreos-Buch von Filtgen/Ausserbauer stehen zwei interessante Punkte, beim ersten würde mich interessieren, woher diese Behauptung kommt, ob die irgendwo belegt ist:
    1) das ganze Album sei eine Produktionsidee gewesen, also: Avantgarde-Bewegung taucht auf, Atlantic paart die betreffenden Musiker im Studio… Cherry und Coltrane werden dann als „Opfer“ dieser Taktik hingestellt – ob das jetzt mehr mit der schlechten Meinung der beiden Autoren über das Album zu hat oder ob das irgendwo anders belegt ist, würde mich sehr interessieren!
    2) Coltrane versuche (das kann ich jetzt auch nicht hören, übrigens) über die offenen (meist auf einer Skala basierenden) Stücke Ornettes Akkorde zu legen, was meist ziemlich schief klinge und nicht wirklich gut gehe. Sie meinen, das funktioniere nur auf „The Invisible“ wirklich (und natürlich ist das Monk-Stück davon ausgenommen, wo Coltrane in der Tat selbstsicherer klingt).

    Meine eigene Meinung des Albums ist auch zweigeteilt. Man könnte auch sagen – wie bei der Begegnung mit Cecil Taylor – Coltrane „röste“ einfach über die Musik hinweg, das scheint mir hier aber viel weniger zuzutreffen, denn er klingt eher ratlos-suchend, tastend. Und in der Tat kommt von Blackwell fast nichts, er begleitet äusserst dezent, lässt nur in seinen eigenen Soli wirklich lost und spielt. Das ist schade.
    Cherry dagegen soliert ganz toll! Ihm ist das Umfeld natürlich vertrauter, aber Coltrane war ja (wegen seiner mangelnden Beschäftigung mit Rhythmus? s.o., 2. Zitat) irgendwie auf treibendere Drummer angewiesen, die aktiver ins musikalische Geschehen eingreifen.
    Dennoch möchte ich sagen, dass ich „Focus on Sanity“ für ein sehr schönes Stück halte, grad da, wo nach dem Schlagzeug-Solo das zweite Thema vorgestellt wird. Sonst ist schon „Bemsha Swing“ das Stück, das am besten funktioniert.
    Und noch was: hier spielt Coltrane zum ersten Mal Sopransax. Ich glaub die Geschichte geht so, dass Miles ihm auf der Europa-Tournee im März/April eins geschenkt habe? Im Booklet der 1994er RTE/TREMA/Pour ceux qui aiment le jazz 4CD-Ausgabe der Konzerte aus Paris (März mit Coltrane, Oktober mit Stitt) ist jedenfalls ein Foto drin von Coltrane und einem unbekannten, auf dem Coltrane ein Sopransax in den Händen hält.

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    gypsy-tail-wind
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    Trivia: im Interview, das vom dänischen Rundfunk anlässlich des Konzerts vom Miles Davis Quintet am 22. März 1960 in Kopenhagen mit Coltrane geführt wurde, nennt er auf die Frage, welches seiner Alben „listenable“ sei, Blue Train. Dann folgt die Frage, was er von seinem neusten Album Giant Steps halte. Coltrane: „I think that is my best quartet recording, so far [Pause] with the exception of maybe Soultrane.“

    Interessant!

    Aber (siehe hier) es waren zu dem Zeitpunkt von den Prestige Alben ausserdem erst Coltrane, Traneing In und Lush Life erschienen. Der Rest erschien erst 1961-65.

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    gypsy-tail-wind
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    März – April 1960

    Zum Auftakt ein äusserst passendes Zitat von Ralph J. Gleason (San Francisco Sunday Chronicle, „Big Show at Auditorium: The Concert Voice of Miles Davis,“ March 6, 1960, p. 32 – Auslassung so in „Coltrane Reference“):

    Coltrane […] is sometimes so complex that the audience cannot hear the solo for the notes. However, patience and an open mind applied to his music is greatly rewarding.

    ~ „Coltrane Reference“, p. 189

    Trivia: auch „on the bill“ war neben Nina Simone, dem Golson/Farmer Jazztet und Jimmy Witherspoon die Big Band von Virgil Gonsalves, und die spielte ein Sax-Soli (also ganze Sax-Section arrangiert), das auf Coltranes Solo von „A Moment’s Notice“ (Blue Train, 1957) basierte. Laut „Coltrane Reference“ (p. 189) war das vermutlich das erste Mal, dass ein Coltrane Solo in dieser Art für ein Arrangement genutzt wurde.

    Aber nun zum Thema…

    Vom 21. März bis am 10. April 1960 geht Coltrane mit Miles Davis‘ Quintett zum letzten Mal auf Tour. Angekündigt war ein Sextett mit Buddy Montgomery am Vibraphon, der im Februar zur Band gestossen ist, aber aufgrund seiner Abneigung gegen das Fliegen nicht auf die Tour mitging – möglicherweise der Fehler seines Lebens? Im Gegensatz zu Bruder Wes hatte Buddy ja wenig Erfolg (von Monk könnte man ähnliches sagen, aber der spielte ja immerhin schon in den 40ern mit seinem Fender Bass bei Lionel Hampton mit – das Trio der Brüder ist sehr hörenswert!).

    Die Tour lief unter dem „Jazz at the Philharmonic“ Etikett, neben Miles‘ Gruppe waren Stan Getz und Oscar Peterson dabei. Am 28. März kam es dabei im Rahmen zweier Studio-Aufnahmen des WDR auch tatsächlich zu Begegnung von Coltrane und Getz – mal wieder aus „Coltrane Reference“:

    „These were studio recordings done for German radio and television. The Apollo Theater of Düsseldorf opened in 1899 and over the subsequent decades variously featured variety shows, operas, movies, and pop concerts. In 1959 it was closed and converted into a TV studio. It was demolished in 1966. (See http://www.andreas-praefcke.de/carthalia/germany/duesseldorf_apollo.htm [accessed July 15, 2006] for photos of and further information about this theatre.)
    Tenor saxophonist Gerd Dudek was in the studio, along with Dusko Goykovich (a trumpeter who was acquainted with Stan Getz); both were members of the Kurt Edelhagen Orchester at that time. There was no audience in the Apollo theater; only cameramen, technicians, and other personnel were present, except the musicians. The applause on the recordings is overdubbed. Dudek recalls that they all waited for hours (possibly for Miles Davis, who apparently never showed up). He had coffee in the staff restaurant and noticed Coltrane nearby; Dudek thought that Coltrane looked very young, almost like a student. (Phone conversations with Wolf Schmaler, Dec. 2 and 8, 2003.)
    It’s astonishing that the Coltrane-Getz session was apparently forgotten and remained unknown for more than 40 years. It didn’t help that in 1965, Norman Granz implied that the session never took place. In „Jazz Today as Seen by Norman Granz,“ by Leonard Feather (Down Beat, Dec. 30, 1965, pp. 26-27, 30), Granz, as quoted by Feather, said that Coltrane didn’t want to participate in the jam session with Getz (from p. 30):

    I took Miles‘ Group to Europe when Coltrane was with him. At one timewe were supposed to do a television show, and I insisted on Coltrane jamming against Stan Getz, accompanied by Oscar Peterson, Ray Brown, and Jimmy Cobb. But it was like Panic City. Getz was prepared to do it. But in spite of the fact that Trane’s background equipped him excellently for htis, he just didn’t have eyes for it. He just had thee fixed things he did with Miles and that’s all he wanted to play. […] I don’t know why Trane shouldn’t do [jam sessions]. After all, before he changed his style, he used to be a rock-and-roll tenor player like Sil Austin and Sam Taylor and those cats.

    This account is difficult to reconcile with the fact that Coltrane obviously did participate in the jam session, as well as the quartet session (without Miles Davis). However, in a 1987 interview with Scottish broadcaster and record producer Elliot Meadow, Granz was asked about these sessions and gave a different account. Granz said that the main snag was Miles Davis’s refusal to participated. Granz then set up the sessions without Davis and asked Coltrane to participate (for pay), and Coltrane agreed. It’s possible that Leonard Feather (in the 1965 article) either misquoted Granz or took his statements out of context. (Thanks to Tad Hershorn for providing the information about the 1987 interview, and thanks to Alexander Vasilic, WDR archivist, for detailed informations about these sessions.)
    [Additional data from eyewitness account, Karl-Heinz Scholz (phone conversations with Wolf Schmaler, Dec. 11, 2003, and Jan. 9, 2004.]

    ~ Coltrane Reference, pp. 192-193

    Das Ballad-Medley wird von Kelly begleitet, dann wurde eine kurze Pause rausgeschnitten, während der Oscar Peterson sich ans Piano setzte, und weiter ging’s mit „Hackensack“! Toll, Coltrane und Getz zusammen zu hören!

    Am bekanntesten dürften jedoch die beiden ersten Konzerte (21. März in Paris und 22. März in Stockholm) sowie eins der letzten (9. April in Scheveningen) sein. Davon sind schon seit vielen Jahren kommerzielle Ausgaben erhältlich.
    Das Zitat von Gleason oben hab ich ausgewählt, weil es perfekt passt zum Zustand, in den man sich begeben muss, um Coltrane auf diesen unglaublichen Aufnahmen zu schätzen. Die Stücke dauern meist über zehn Minuten, wobei Miles üblicherweise nach dreien mit dem Thema und seinem Solo schon durch ist, dann kommen die suchenden Exkurse Coltranes, die sich manchmal in kleinen Riffs verlieren, in Versuchen, einen Sound hinzukriegen (auch Multiphonics tauchen ansatzweise wieder auf). Für mich sind diese Aufnahmen ein endloses Faszinosum, diejenige aus Paris hab ich wohl schon ca. seit ich 15 war… Vom Konzert aus Stockholm am 22.3. stammt auch das Zitat im letzten Post – in der Pause hat das Schwedische Radio ein kurzes Interview mit Coltrane geführt.

    Das Programm:
    21.3. – Olympia, Paris (zwei Konzerte, 19:00 und 21:00)
    22.3. – Konserthuset, Stockholm (zwei Konzerte, 19:00 und 21:15)
    23.3. – Njardhallen, Oslo (oder Göteborg)
    24.3. – Tivolis Koncertsal, Kopenhagen (zwei Konzerte, 19:00 und 21:30)
    25.3. – Niedersachsenhalle, Hannover
    26.3. – Weser-Ems-Halle, Oldenburg
    27.3. – Sportpalast, Berlin
    28.3. – WDR-Sessions, Apollo Theater, Düsseldorf
    29.3. – Musikhalle, Grosser Saal, Hamburg
    30.3. – Kongresshalle, Frankfurt/Main
    31.3. – Teatro Lirico, Milano
    1.4. – Fruchthalle, Kaiserslautern
    2.4. – Miessehalle, Köln (2 Konzerte, 18:15 und 21:00)
    3.4. – Deutsches Museum, Kongress-Saal, München (2 Konzerte, 18:00 und 21:00)
    4.4. – Stadthalle, Karlsruhe
    6.4. – prob. Stadthalle, Wien
    7.4. – Messehaus, Nürnberg (2 Konzerte)
    8.4. – Kongresshaus, Zürich
    9.4. – Kurhaus, Scheveningen
    10.4. – Liederhalle, Beethoven-Saal, Stuttgart

    Damit endete Coltranes Zeit als Sideman endgültig. Hört man sich die diversen Aufnahmen an – ich habe neben Paris, Stockholm und Scheveningen auch welche von Zürich, Kopenhagen, Frankfurt und von einem unbekannten Ort, vermutlich aus Deutschland – ob mehr kursiert weiss ich nicht… haben die lieben Schwaben in Stuttgart damals echt keine Aufnahmen gemacht? Kaum zu glauben… aber es scheint davon nichts „in circulation“ zu sein! -, so merkt man schnell, dass die Zeit für Coltrane endgültig reif war! Seine Auftritte riefen v.a. in Paris ähnlich viele Buhrufe hervor wie Applaus. Ein paar Reaktionen hab ich vor Jahren für ein anderes (englisch-sprachiges) Forum schon mal abgetippt (aus der Trema/Europe1 4CD-Ausgabe der Miles Konzerte von Paris vom März mit Trane und Oktober mit Stitt, erschienen 1994 – seither billig zu haben auf zwei 2CD-Sets von LaserLight, aber wohl ohne all die tollen Texte und Photos, nehm ich an, hab die aber nie gesehen):

    There is one long article from Jazz Magazine, plus shorter ones from Combat and excerpts from two more, giving info on the debate that started with that concert. The most interesting thing about the booklet, though, I find to be the comments of several musicians who had been there that night (these were in Jazz Magazine, too):

    Some quotes (incomplete):

    Stéphane Grappelli:
    „… Coltrane m’a vivement impressionné mais ne m’a pas touché comme venait de le faire Oscar Peterson. Je l’admire beaucoup d’avoir eu le coeur de continuer à jouer sous les lazzis et les imprécations d’un public grossier et irrespectueux. …“ (he then goes on explaining that German audiences are able to remain quiet and polite even if they dislike the music… that changed, at Jazzfest Berlin, though… in the late Seventies Carla Bley performed a track called „Boo to you too“ in Berlin, dedicated to the dedicated boo-ers in the Berlin audience…)

    Then René Urtreger, who obviously loved it:
    „J’aime l’inhabituel. Coltrane est inhabituel dans ce sens qu’il joue – ou essaie de jouer – quelque chose qui lui est particulier et par là même différent, tout en étant purement jazz. Même si Coltrane a joué des choses inachevées, voire un peu bizarres (il me faudrait réécouter la bande du concert), sa conception me plaît profondément.
    J’ai réellement découvert Coltrane en l’écoutant en direct.“
    (This is the complete quote. I like the part „ou essaie de jouer“ – shows how much Urtreger understood, because this really was the period where Trane seemingly played on and on if no one stopped him…)

    Daniel Humair:
    „… Le public était venu pour entendre ce qu’il connaissait des disques et a été surpris, voire contrarié d’entendre ce à quoi il n’avait pas été préparé. Ce n’est pas une raison pour manifester si grossièrement; j’ai assité aux concert du quintette à Berlin: les prestations de Coltrane ont choqué quelques auditeurs; ceux-ci ont discrètement quitté la salle. N’est-ce pas une attitude plus intelligent que de pousser des hurlement de sauvages?
    Pour en venir plus directement à Coltrane, j’aime beaucoup ses disques, mais l’audition directe a provoqué en moi un véritable choc. …“

    Michel Hausser (wasn’t the *other* socialist working together with Lafitte against Americans getting gigs?):
    „Connaîssant et appréciant les disques de John Coltrane, j’avoue avoir été surpris par sa façon de jouer à l’Olympia, que j’ai trouvée laide et qui – à mon avis – aurait une fâcheuse tendance à suivre la voie tracée par le saxophoniste <plastique> Ornette Coleman. …“

    Quelle

    Später haben die Pariser ja die Pole Position im Musiker-Auspfeifen den rüden Berlinern abgeben müssen (siehe Carla Bley, JazzFest 1979). Aber in den 60ern erging es in Paris auch George Russell so (bei einem absolut fantastischen Konzert am 1. Oktober 1964 in der Salle Pleyel mit Thad Jones, Garnett Brown, Joe Farrell, Barre Phillips und Tootie Heath).

    Quelle: Coltrane Reference, 190-197.

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    redbeansandrice

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    gypsy tail windVom 21. März bis am 10. April 1960 geht Coltrane mit Miles Davis‘ Quintett zum letzten Mal auf Tour. Angekündigt war ein Sextett mit Buddy Montgomery am Vibraphon, der im Februar zur Bang gestossen ist, aber aufgrund seiner Abneigung gegen das Fliegen nicht auf die Tour mitging – möglicherweise der Fehler seines Lebens?

    witzig, wusst ich gar nicht; Wes war ja mal kurzeitig sechster Mann in Coltranes Quintet mit Dolphy… falls ich es noch nicht gesagt hab: das oben verlinkte Interview mit Jimmy Maddin ist sehr zu empfehlen… danke!

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    gypsy-tail-wind
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    Noch eine kleine Ergänzung: Miles fiel ja in eine kleinere Krise, nachdem Coltrane weg war. Er hatte sich (musikalisch) zurückgelehnt, hatte mit Cannonball, Coltrane und Evans Solisten, die dafür sorgten, dass die Musik nie langweilig wurde. Dann ging Coltrane (die anderen waren schon weg… und Kelly war noch am Wachsen, zumindest was seine Rolle im Miles Quintett betrifft)… und es folgte… ja was denn? Bzw. wer denn? 1964 Wayne Shorter (und eine neue, fantastische Rhythmusgruppe!). Dazwischen eine ganze Reihe von Saxophonisten: Sonny Stitt (der im Herbst 1960 mit dem Quintett durch Europa tourte, Aufnahmen gibt es zumindest von Paris, Stockholm und Manchester), Jimmy Heath (der nicht reisen durfte weil er auf Bewährung war), Hank Mobley (der perfekt zum mittlerweile unglaublich tighten, groovenden Wynton Kelly Trio passte und die Band zur perfekten Klub-Band werden liess… man höre die Black Hawk Aufnahmen, v.a. aber auch das eindrückliche Carnegie Hall Konzert vom Mai 1961, an dem auch das Gil Evans Orchestra beteiligt war, und eine die Studio-Version fast übertreffende Version vom „Concierto de Aranjuez“ entstand… aber auch unglaublich swingende Quintett-Musik, z.B. „Teo“ oder „Oleo“, mit einigen von Mobleys besten Soli überhaupt)… dann lief Miles auch das Kelly Trio davon, um sich selbständig zu machen, und die Krise war perfekt.
    1962 brachte Miles wenig zustande: die eher mässig gelungenen Sessions für einen Nachfolger von „Sketches of Spain“, sowie die erste Session mit Shorter (der damals in Art Blakeys Band war) und Bob Dorough (Blue X-Mas… aufgenommen im August!).
    1963 folgte dann die Session mit Victor Feldman und Frank Butler (und George Coleman und Ron Carter, die etwas länger bleiben sollten), die bald durch Herbie Hancock und Tony Williams ersetzt wurden. Da fehlte wieder nur ein wirklich geeigneter Tenorsaxophonist. Coleman blies tolle Soli auf Konzerten in Antibes („Miles in Antibes“, 1963) und besonders im Februar 1964 am langen Konzert im Lincoln Center („Four & More“ & „My Funny Valentine“ geben eindrücklich Zeugnis davon). Vor kurzem erschien auch noch das Monterey Konzert der Gruppe vom Herbst 1963 auf CD.
    Im Juli war Miles dann mit dem eher unpassenden Sam Rivers für drei Konzerte in Japan („Miles in Tokyo“).
    Im Herbst stiess dann Wayne Shorter nach längerem Bemühen von Seiten Miles‘ endlich dazu und schon die erste Aufnahme, „Live in Berlin“, sollte beweisen, dass Miles mit seiner Hartnäckigkeit, Shorter zu kriegen, komplett richtig lag!
    Erst 1965 ging Miles (abgesehen von noch einer missglückten Session mit Gil Evans 1964) wieder ins Studio, zwischen „Someday My Prince Will Come“ (wo Coltrane auf zwei Stücken auch nochmal mitspielte, ebenso taucht da Philly Joe Jones nochmal auf) und „E.S.P.“ war Miles fast vier Jahre nie im Studio.

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    gypsy-tail-wind
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    redbeansandricewitzig, wusst ich gar nicht; Wes war ja mal kurzeitig sechster Mann in Coltranes Quintet mit Dolphy… falls ich es noch nicht gesagt hab: das oben verlinkte Interview mit Jimmy Maddin ist sehr zu empfehlen… danke!

    Mehr Trivia zu Maddin:

    Note: According to Down Beat (Mar. 17, 1960, p. 49), Miles Davis priced himself out of a gig at the Sundown Club in Los Angeles: „Miles Davis, reputedly getting $3,500 a night for concert appearances with his quintet, asked for a flat $5,000 for a 10-day stand at Jimmie Maddin’s Sundown, according to the clubowner. Maddin wouldn’t buy it.“

    ~ Coltrane Reference, p. 188

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    gypsy-tail-wind
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    redbeansandricewitzig, wusst ich gar nicht; Wes war ja mal kurzeitig sechster Mann in Coltranes Quintet mit Dolphy… falls ich es noch nicht gesagt hab: das oben verlinkte Interview mit Jimmy Maddin ist sehr zu empfehlen… danke!

    Die haben einige Gigs gespielt als Sextett:

    Feb 11-21, 1960 – Sutherland Lounge, Sutherland Hotel, Chicago, IL

    Reviewed in the Chicago Daily News („At the Sutherland: Jazz Styles by Miles Davis,“ by „B.W.“ [probably Buck Walmsley], Saturday, Feb. 20, 1960, p. 14):

    Jazz patrons of the Sutherland Lounge are hearing as much musical experimentation as polished jazz music as they listened to the Miles Davis sextet.
    For the most part the Davis group is exciting and refreshing. Miles‘ trumpet work is beautiful, though hampered by a sputtering microphone system; Paul Chambers proves he is one of the best string bassists around; and Wynton Kelly’s piano work is always interesting.
    A recent happy addition to the group is vibraphone player Buddy Montgomery, late of the Mastersounds.
    The there is John Coltrane.
    Jazz practitioners are constantly in search for novelty in rhythm, harmony or dynamic. But Coltrane is taking as long as a half hour on some numbers to hunt and feel his way on tenor sax into new harmonic structures. It is interesting, perhaps, to other musicians, but agonizing to the casual listener who expects to hear something polished and assured from a jazz artist of Coltrane’s stature.
    The practice session is a much better place for experimentation.

    ~ Coltrane Reference, 186f.

    An diesem Gig hat Coltrane offenbar zum ersten Mal Sopransax gespielt („Coltrane Reference“, 187 gibt mehrere Versionen, wie er dazu kam, von Don Cherry und Coltrane selbst).
    Dann gibt’s ebda auch einen lustigen Hinweis auf Miles‘ Album „Sketches of Spain“:

    „Miles Davis, appearing at the Sutherland Lounge, said he is in the process of completing one of his ‚most rewarding albums.‘ The complete album features, he said, the sole instrumentation of – castanets, Miles?“ (Down Beat, Mar. 3, 1960, p. 51)

    :lol:

    Feb. 27, 1960 – Shrine Auditorium, Los Angeles, CA
    (mit dem Modern Jazz Quartet, Jackie and Roy und dem Paul Horn Quintet)

    Ca. late Feb.-early March 1960 – San Diego, CA (not confirmed)

    March 3, 1960 – San Jose Civic Auditorium, San Jose, CA
    (mit dem Golson/Farmer Jazztet, dem Ramsey Lewis Trio und Jimmy Witherspoon)

    March 4, 1960 – San Francisco Civic Auditorium, San Francisco, CA
    (mit Nina Simone, dem Jazztet, Witherspoon und Virgil Gonsalves‘ Big Band – s.o. zu „Moment’s Notice“)

    Mach 5, 1960 – Oakland Auditorium Arena, Oakland, CA

    Anscheinend waren einige dieser Konzerte ziemlich schlecht besucht, was als Hinweis auf die Übersättigung Kaliforniens mit Jazzkonzerten gedeutet wurde.

    Alles nach/aus „Coltrane Reference“, 186-190.

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