Re: Chronological Coltrane

#7658551  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 68,343

Noch eine kleine Ergänzung: Miles fiel ja in eine kleinere Krise, nachdem Coltrane weg war. Er hatte sich (musikalisch) zurückgelehnt, hatte mit Cannonball, Coltrane und Evans Solisten, die dafür sorgten, dass die Musik nie langweilig wurde. Dann ging Coltrane (die anderen waren schon weg… und Kelly war noch am Wachsen, zumindest was seine Rolle im Miles Quintett betrifft)… und es folgte… ja was denn? Bzw. wer denn? 1964 Wayne Shorter (und eine neue, fantastische Rhythmusgruppe!). Dazwischen eine ganze Reihe von Saxophonisten: Sonny Stitt (der im Herbst 1960 mit dem Quintett durch Europa tourte, Aufnahmen gibt es zumindest von Paris, Stockholm und Manchester), Jimmy Heath (der nicht reisen durfte weil er auf Bewährung war), Hank Mobley (der perfekt zum mittlerweile unglaublich tighten, groovenden Wynton Kelly Trio passte und die Band zur perfekten Klub-Band werden liess… man höre die Black Hawk Aufnahmen, v.a. aber auch das eindrückliche Carnegie Hall Konzert vom Mai 1961, an dem auch das Gil Evans Orchestra beteiligt war, und eine die Studio-Version fast übertreffende Version vom „Concierto de Aranjuez“ entstand… aber auch unglaublich swingende Quintett-Musik, z.B. „Teo“ oder „Oleo“, mit einigen von Mobleys besten Soli überhaupt)… dann lief Miles auch das Kelly Trio davon, um sich selbständig zu machen, und die Krise war perfekt.
1962 brachte Miles wenig zustande: die eher mässig gelungenen Sessions für einen Nachfolger von „Sketches of Spain“, sowie die erste Session mit Shorter (der damals in Art Blakeys Band war) und Bob Dorough (Blue X-Mas… aufgenommen im August!).
1963 folgte dann die Session mit Victor Feldman und Frank Butler (und George Coleman und Ron Carter, die etwas länger bleiben sollten), die bald durch Herbie Hancock und Tony Williams ersetzt wurden. Da fehlte wieder nur ein wirklich geeigneter Tenorsaxophonist. Coleman blies tolle Soli auf Konzerten in Antibes („Miles in Antibes“, 1963) und besonders im Februar 1964 am langen Konzert im Lincoln Center („Four & More“ & „My Funny Valentine“ geben eindrücklich Zeugnis davon). Vor kurzem erschien auch noch das Monterey Konzert der Gruppe vom Herbst 1963 auf CD.
Im Juli war Miles dann mit dem eher unpassenden Sam Rivers für drei Konzerte in Japan („Miles in Tokyo“).
Im Herbst stiess dann Wayne Shorter nach längerem Bemühen von Seiten Miles‘ endlich dazu und schon die erste Aufnahme, „Live in Berlin“, sollte beweisen, dass Miles mit seiner Hartnäckigkeit, Shorter zu kriegen, komplett richtig lag!
Erst 1965 ging Miles (abgesehen von noch einer missglückten Session mit Gil Evans 1964) wieder ins Studio, zwischen „Someday My Prince Will Come“ (wo Coltrane auf zwei Stücken auch nochmal mitspielte, ebenso taucht da Philly Joe Jones nochmal auf) und „E.S.P.“ war Miles fast vier Jahre nie im Studio.

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba