Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Solokünstler › Bob Dylan
-
AutorBeiträge
-
bullschuetzNa, nicht ganz – die „Zeit“ schreibt von einem Ticketpreis von 980 Yuan bei einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 1160 Yuan.
Also, als ich das letzte Mal bei Dylan war, habe ich keine zweieinhalbtausend Euro gezahlt.Ja, aber China ist eben nicht Deutschland. Die fünfhundert Millionen Bauern in China fahren sicher nicht in die Großstadt für ein Bob Dylan Konzert. Und wenn Du das Durchschnittseinkommen der Stadtbewohner nimmst, dann bist Du schon viel näher dran und wenn Du es auf die Mittelschicht beschränkst, dann wird das regelrecht bezahlbar. Vergessen wir nicht die vielen Ausländer, die dort waren.
Machen wir doch nicht so ein großes Problem aus dem Ganzen. China existiert als seit ungefähr 2000 Jahren, seien wir doch nicht so vermessen, um zu glauben, dass Dylan den Chinesen Demokratie und Menschenrechte beibringt. Das müssen die Chinesen schon selbst erledigen.
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.Highlights von Rolling-Stone.deGuns N‘ Roses vs. Nirvana: Chronik eines Streits mit gutem Ausgang
„Blonde On Blonde“ von Bob Dylan: Manische Brillanz
Todesursache Freddie Mercury: Woran starb der Queen-Sänger?
Die 100 größten Musiker aller Zeiten: David Bowie – Essay von Lou Reed
So entstand Brian Wilsons Meisterstück „Good Vibrations“
Warum Stephen King die „Doctor Sleep“-Verfilmung gar nicht hätte gefallen dürfen
Werbung
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Okay, ich nehme zur Kenntnis: Außer mir finden’s alle egal bzw. okay.
Bei mir bleibt ein Bauchgrummeln.--
nail75Ja, aber China ist eben nicht Deutschland. Die fünfhundert Millionen Bauern in China fahren sicher nicht in die Großstadt für ein Bob Dylan Konzert. Und wenn Du das Durchschnittseinkommen der Stadtbewohner nimmst, dann bist Du schon viel näher dran und wenn Du es auf die Mittelschicht beschränkst, dann wird das regelrecht bezahlbar.
Man könnte im Stile von Malte Lehming sogar noch weiter gehen und zu bedenken geben, dass diejenigen, die sich in Peking ein Dylan-Ticket leisten können, maßgeblich auch von jenem Teil der chinesischen Politik profitieren, der für die Abwendung von starren planwirtschaftlichen Dogmen hin zu Elementen „freiheitlicher“ Markwirtschaft steht. Daran könnte sich dann die Frage anschließen, ob damit nicht genau die „aufgeklärteren“ und zumindest potenziell kritischeren Bevölkerungsschichten erreicht werden, bei denen das Saatkorn der Subversion auf besonders fruchtbaren Boden fällt.
Das zeigt aber letztlich nur, wie wenig die Widersprüche dieses Landes mit unseren westlichen Maßstäben zu fassen sind. Dass der machtpolitische Frontverlauf nicht unbedingt mit dem der Wohlstandsverteilung identisch sein muss, ist ja für „kommunistisch“ regierte Staaten keinesweg untypisch, wiederum im Gegensatz zum Apartheid-Regime. Gerade in Kreisen wirtschaftlich eher „privilegierter“ Intellektueller, Künstler, Ärzte etc. gab es auch in der DDR schon die größte kritische Distanz zur Politik des „Arbeiter- und Bauernstaates“, weil dort die Grenzen der Freiheit und die damit verbundenen persönlichen Risiken natürlich am stärksten zu spüren waren.--
Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)Speed TurtleMan könnte im Stile von Malte Lehming sogar noch weiter gehen und zu bedenken geben, dass diejenigen, die sich in Peking ein Dylan-Ticket leisten können, maßgeblich auch von jenem Teil der chinesischen Politik profitieren, der für die Abwendung von starren planwirtschaftlichen Dogmen hin zu Elementen „freiheitlicher“ Markwirtschaft steht. Daran könnte sich dann die Frage anschließen, ob damit nicht genau die „aufgeklärteren“ und zumindest potenziell kritischeren Bevölkerungsschichten erreicht werden, bei denen das Saatkorn der Subversion auf besonders fruchtbaren Boden fällt.
Das zeigt aber letztlich nur, wie wenig die Widersprüche dieses Landes mit unseren westlichen Maßstäben zu fassen sind. Dass der machtpolitische Frontverlauf nicht unbedingt mit dem der Wohlstandsverteilung identisch sein muss, ist ja für „kommunistisch“ regierte Staaten keinesweg untypisch, wiederum im Gegensatz zum Apartheid-Regime. Gerade in Kreisen wirtschaftlich eher „privilegierter“ Intellektueller, Künstler, Ärzte etc. gab es auch in der DDR schon die größte kritische Distanz zur Politik des „Arbeiter- und Bauernstaates“, weil dort die Grenzen der Freiheit und die damit verbundenen persönlichen Risiken natürlich am stärksten zu spüren waren.Wir messen Dylan eben an den Gegebenheiten der 1960er, am Zusammenstoß der Generation, dem revolutionären und reformistischen Potential der westlichen Gesellschaften und stellen fest, dass China 2011 nicht die USA 1963 sind.
Überhaupt: Was erwarten wir eigentlich von Dylan? Dass er China 2011 revolutioniert? Interessiert uns auch nur ein kleines bisschen, was die Chinesen wollen? Wissen wir, warum sie auf ein Dylan-Konzert gehen? Wissen wir, was sie sich erhoffen/wünschen?--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Nein, wissen wir nicht, ich jedenfalls nicht.
Ich stelle mir einfach die Frage, ob die Auftritte in Ordnung gehen, und bin mir da nicht sicher.
Offenbar hat von Euch auch niemand eine Antwort. Eure Posts empfinde ich jedenfalls, mit Verlaub, als elegante und kluge Umgehungen solch einer Antwort bzw. als intelligente und wortmächtige Ausdifferenzierungen des Satzes „Ich weiß auch nicht“.
Zur Vergewisserung nochmal meine Frage: Bei Euch keinerlei Magengrummeln?--
bullschuetzNein, wissen wir nicht, ich jedenfalls nicht.
Ich auch nicht.
Ich stelle mir einfach die Frage, ob die Auftritte in Ordnung gehen, und bin mir da nicht sicher.
Offenbar hat von Euch auch niemand eine Antwort. Eure Posts empfinde ich jedenfalls, mit Verlaub, als elegante und kluge Umgehungen solch einer Antwort bzw. als intelligente und wortmächtige Ausdifferenzierungen des Satzes „Ich weiß auch nicht“.Ich stelle mir die Frage erst gar nicht, daher muss ich sie auch nicht beantworten. Bob Dylan macht das was er will, ich mische mich da nicht ein. Der Mann ist fast 70, was soll ich ihm „vorschreiben“, was er zu tun hat? Er ist doch wirklich erfahren genug in diesen Dingen.
Was auch immer das Problem in China ist, Bob Dylan hat damit nichts zu tun. Die Kritiker verwechseln Ursache und Wirkung.
Außerdem spielt Bob Dylan in China für sein Publikum, nicht für die chinesische Führung. Allerdings hat er mal für den Papst gespielt…Zur Vergewisserung nochmal meine Frage: Bei Euch keinerlei Magengrummeln?
Nein.
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.bullschuetzIch stelle mir einfach die Frage, ob die Auftritte in Ordnung gehen, und bin mir da nicht sicher.
Offenbar hat von Euch auch niemand eine Antwort. Eure Posts empfinde ich jedenfalls, mit Verlaub, als elegante und kluge Umgehungen solch einer Antwort bzw. als intelligente und wortmächtige Ausdifferenzierungen des Satzes „Ich weiß auch nicht“.Wenn ich andere dafür kritisiere, sich ein Urteil darüber anzumaßen, wäre es wohl keine geringere Anmaßung, gleichzeitig mal eben selbst eins so locker aus der Hüfte zu schießen, da muss ich um Verständnis bitten. Das und die Frage nach dem Magengrummeln sind aber verschiedene Paar Schuhe, denn bei letzterem geht es nur um die eigene, subjektive Position, und die glaube ich deutlich gemacht zu haben: Die Chance, in Köpfen und Herzen etwas zu bewegen, indem man für die Leute präsent ist und zeigen kann, was man anzubieten hat, halte ich für sehr viel realistischer als dass durch Boykott-Appelle auch nur ein einziger politischer Gefangener befreit wird. Mir leuchtet nicht ein, was für die Freiheit gewonnen sein soll, wenn man Menschen dieses Angebot im Namen der Menschenrechte verweigert und damit auch die Freiheit der Entscheidung dafür oder oder dagegen. Für mich ist das Protest gegen Bevormundung durch Zementierung der Bevormundung. Und wofür? Für ein gutes Gewissen ohne Magengrummeln?
Bei mir grummelt’s, wenn ich diese Art von selbstgerechtem Opportunismus rieche, und wenn es so etwas wie den lebenden Gegenentwurf zum Opportunismus gibt, dann ist zumindest einer seiner Namen Bob Dylan.
Dehalb kann ich seine Entscheidung respektieren – ohne Magengrummeln.--
Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)bullschuetz
Zur Vergewisserung nochmal meine Frage: Bei Euch keinerlei Magengrummeln?In keiner Weise.
Ich nehme an, dass du bei dir anfängst und chinesische Waren generell boykottierst.
--
FAVOURITESbullschuetz[…]
Zur Vergewisserung nochmal meine Frage: Bei Euch keinerlei Magengrummeln?Wenn der Auftritt Dylans vergleichbar wäre mit den Auftritten diverser Show-Größen (Thomas Anders…) in Sun City, dann vielleicht. Kann man aber nicht vergleichen.
--
If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.otis
Ich nehme an, dass du bei dir anfängst und chinesische Waren generell boykottierst.
Grundsätzlich gutes Argument, aber kann man wohl aus verschiedenen Gründen nicht miteinander vergleichen: Es dürfte wohl inzwischen sehr schwer zu bewerkstelligen sein gänzlich auf Produkte „made in china“ zu verzichten, ein paar Konzerte nicht durchzuführen beziehungsweise sich nicht einer Zensur zu beugen dürfte da jemanden von dem Bekanntheitsgrad eines Dylan schon einfacher fallen.
Aber ich will mir jetzt auch kein moralisches Urteil erlauben, und selbstverständlich haben auch Chinesen das Recht in live zu sehen.
--
Man hatte uns als Kindern das Ende der Welt versprochen, und dann bekamen wir es nicht.In welchem Land sollte Bobby dann noch „ehrlichen Herzens“ auftreten? In den U.S.A. etwa??:roll:
Bob – mach weiter so!!!:sonne:
Manne--
Denk ich an Deutschland in der Nacht....(H.Heine)bullschuetz
Zur Vergewisserung nochmal meine Frage: Bei Euch keinerlei Magengrummeln?Doch, schon. Und ich versuche, Produkte aus China und anderen Repressionsländern zu vermeiden. Muss man ja nur auf die Verpackung schauen.Nur beim Benzin wird`s schwierig………..
--
His profession's his religion, his sin is his lifelessness Contre la guerre
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
otisIn keiner Weise.
Ich nehme an, dass du bei dir anfängst und chinesische Waren generell boykottierst.
Dieses Argument will mir auch, nachdem es nun bereits zum zweiten Mal in diesem Thread vorgebracht worden ist, nicht erschließen. Aus zwei Gründen:
Erstens hinkt der Vergleich ein bisschen. Als Künstler kommentarlos seinen Gig runterzureißen, das Geld zu nehmen und zu verschwinden aus einem Land, in dem gerade ein anderer Künstler verhaftet worden und spurlos verschwunden ist – das scheint mir doch etwas anderes zu sein, als ein China-Entchen für die Badewanne zu kaufen.
Zweitens: Klar, Doppelmoral ist weit verbreitet – aber kann man daraus folgern, dass jede moralische Fragwürdigkeit okay ist, weil sowieso jeder moralisch fragwürdig handelt? „Wir boykottieren doch alle keine chinesischen Waren, also kann auch ein Künstler auftreten, wo er will …“ Hm.
Nochmal: Ich schwimme ja selber bei dem Thema, mir ist schon klar, dass man das so oder so sehen und dabei trefflich in die Details gehen kann. Ich wundere mich bloß über die hier allgegenwärtige Nonchalance, mit der nahegelegt wird, es sei geradezu abwegig, komplexe moralische Zwiespälte überhaupt anzusprechen.
--
Der Sohn eines Freundes studiert in China. Er (der nicht beim Konzert war) hat erzählt, dass ganz viele Nicht-Chinesen (also Diplomatensöhnchen- und töchterchen) beim gig waren. Und dass die Chinesen zu JEDEM Konzert gehen, das westliche Gruppen geben. Dylan ist für die nur eine Westikone, ihnen ist nicht klar, was für viele Menschen diese Dylan mal bedeutete/bedeutet. Die Texte verstehen sie so guit wie gar nicht (bei Dylans Gesang eh nicht) – und es wäre ihnen auch egal.
Viele hier glauben, dass die probleme, die Dylan in den Sechzigern (!!!) ansprach, irgendetwas mit den Chinesen von heute zu tun hättren. Das ist ein krasser Denkfehler. Man muß sich vor Augen halten, dass viele Chinesen gerade ihren Wirtschaftsaufschwung anbeten (bis auf die Milliarde, die im Elend lebt), und für die ist Rockmusik Prestige, Fun, Event, Entertainment. Denen wäre es eher lästig, wenn einer sie von der Bühne herab auf Menschenrechte aufmerksam machen würde – und ein Ausländer schon gar nicht
Sie lassen sich nämlich nicht gerne bevormunden, dies stolze Volk, und schon gar nicht maßregeln. Außerdem wird das Thema Menschenrechte dort „so gut wie nicht verhandelt, das zeichnen die Medien hierzulande ein vollkommen falsches Bild“ – sagt Bodo, der Student in China.
Also darf Dylan sich getrost als das sehen, was er auch ist: Als Entertainer, der die Chinesen unterhält.--
Include me out!bullschuetz
Erstens hinkt der Vergleich ein bisschen. Als Künstler kommentarlos seinen Gig runterzureißen, das Geld zu nehmen und zu verschwinden aus einem Land, in dem gerade ein anderer Künstler verhaftet worden und spurlos verschwunden ist – das scheint mir doch etwas anderes zu sein, als ein China-Entchen für die Badewanne zu kaufen.Ich weiß nicht so recht – ist das so? Wenn jemand China generell boykottiert und findet, dass andere das auch tun sollten – ok. Wenn nicht, dann kann man ihm doch vorwerfen, dass er anderen gegenüber moralische Ansprüche einfordert, die er selbst nicht erfüllt. Das erinnert mich an das Clinton-Impeachment, als ein Republikaner, Newt G. aus GA, beim Seitensprung erwischt wurde und dennoch der Meinung war, dass für ihn als Speaker des House of Rep. andere Maßstäbe gelten als für den Präsidenten.
Zweitens: Klar, Doppelmoral ist weit verbreitet – aber kann man daraus folgern, dass jede moralische Fragwürdigkeit okay ist, weil sowieso jeder moralisch fragwürdig handelt? „Wir boykottieren doch alle keine chinesischen Waren, also kann auch ein Künstler auftreten, wo er will …“ Hm.
Wie gesagt: umgekehrt wird ein Schuh daraus. „Mit welchem Recht forderst Du etwas von Dylan, was Du nicht einmal selbst zustande bringst?“
Nochmal: Ich schwimme ja selber bei dem Thema, mir ist schon klar, dass man das so oder so sehen und dabei trefflich in die Details gehen kann. Ich wundere mich bloß über die hier allgegenwärtige Nonchalance, mit der nahegelegt wird, es sei geradezu abwegig, komplexe moralische Zwiespälte überhaupt anzusprechen.
Trotz aller Menschenrechtsverletzungen muss man der chinesischen Führung zugestehen, dass sie die Lebensbedingungen von hunderten Millionen (!) Chinesen deutlich verbessert hat. Zur Zeit des Großen Sprungs nach vorn verhungerten dutzende Millionen (!) Chinesen, was hier lebende Vollidioten in den 1960ern und 1970ern nicht davon abhielt, Mao als großartigen Führer zu preisen und den in Buchform gesammelten Schwachsinn dieses Massenmörders zu besabbern. Im Gegensatz dazu besteht die aktuelle chinesische Führung ja aus Menschenrechtsaposteln. Anders gesagt: Ich kann mit dem heutigen China leben. Ich beäuge es durchaus misstrauisch, würde es aber nicht insgesamt verdammen.
--
Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum. -
Schlagwörter: Bob Dylan
Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.