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nail75Ja, aber China ist eben nicht Deutschland. Die fünfhundert Millionen Bauern in China fahren sicher nicht in die Großstadt für ein Bob Dylan Konzert. Und wenn Du das Durchschnittseinkommen der Stadtbewohner nimmst, dann bist Du schon viel näher dran und wenn Du es auf die Mittelschicht beschränkst, dann wird das regelrecht bezahlbar.
Man könnte im Stile von Malte Lehming sogar noch weiter gehen und zu bedenken geben, dass diejenigen, die sich in Peking ein Dylan-Ticket leisten können, maßgeblich auch von jenem Teil der chinesischen Politik profitieren, der für die Abwendung von starren planwirtschaftlichen Dogmen hin zu Elementen „freiheitlicher“ Markwirtschaft steht. Daran könnte sich dann die Frage anschließen, ob damit nicht genau die „aufgeklärteren“ und zumindest potenziell kritischeren Bevölkerungsschichten erreicht werden, bei denen das Saatkorn der Subversion auf besonders fruchtbaren Boden fällt.
Das zeigt aber letztlich nur, wie wenig die Widersprüche dieses Landes mit unseren westlichen Maßstäben zu fassen sind. Dass der machtpolitische Frontverlauf nicht unbedingt mit dem der Wohlstandsverteilung identisch sein muss, ist ja für „kommunistisch“ regierte Staaten keinesweg untypisch, wiederum im Gegensatz zum Apartheid-Regime. Gerade in Kreisen wirtschaftlich eher „privilegierter“ Intellektueller, Künstler, Ärzte etc. gab es auch in der DDR schon die größte kritische Distanz zur Politik des „Arbeiter- und Bauernstaates“, weil dort die Grenzen der Freiheit und die damit verbundenen persönlichen Risiken natürlich am stärksten zu spüren waren.
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Musik ist nicht was sie ist, sondern was sie den Menschen bedeutet. (Simon Rattle)