Adaption fremder Musikstile oder: "Können Deutsche auch Country"?

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  • #5819695  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Sonic Juice
    Ich glaube auch, dass die Frage nach der Möglichkeit von deutschem „Country“ allenfalls unter Bezugnahme auf die klassische Vorstellung dieses Genres mit ihren klasischen Kennzeichen zu beantworten ist.

    Dann fragen wir also, ob Deutsche bislang in der Lage waren, so qualitativ hochwertige Countrymusik zu machen wie die besten amerikanischen Musiker? Meine Antwort ist ein eindeutiges „Nein.“

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    #5819697  | PERMALINK

    sonic-juice
    Moderator

    Registriert seit: 14.09.2005

    Beiträge: 10,983

    nail75Wie bereits erwähnt gibt es in den USA massenhaft Schlager-Country, der stilistisch eindeutig Country ist, aber nicht im Mindesten den inhaltlichen Mustern entspricht, die Sonic aufgezählt hat. Und diese Art von Country überwiegt bei weitem. Ich kenne mich in diesem Gebiet deutscher Musik nicht aus, aber es würde mich wundern, wenn manche deutschen Künstler nicht in der Lage wären, so schlechte Countrymusik zu machen, wie das Gros der modernen amerikanischen Countrykünstler.

    Ja, aber was hilft diese Erkenntnis (der von Dir erwähnte US-Schlager-Country spielt sich jedenfalls so nicht in den Charts ab, diese Musik kann man aus anderen Gründen schlecht finden)? Die Frage war ja, ob es akzeptablen deutschen Country geben kann. Dass wir hier Tom Astor und Truck Stop haben, wissen wir bereits – ob die nun in den USA qualitätsgleiche Entsprechungen haben oder nicht.

    Die Kriterien, die ich aufgezählt habe, gelten übrigens nicht nur für die „besten amerikanischen Musiker“, sondern auch für das Country-Fußvolk, zwei Namen habe ich dafür stellvertretend genannt. Sprich: für den Mainstream in der klassischen Phase der Country Musik, den das Nashville-Fließband ausgeworfen hat – nicht nur die Exzellenz.
    Wir können uns alternativ auch gerne an den US-Country-Charts der 50er bis heute orientieren, da ist sicherlich nicht nur höchste Qualität zu finden, auch nicht nur reinster Country. Deutsche Entsprechungen wird man dennoch nicht finden.

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    #5819699  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Sie hilft sich klarzumachen, dass das, was wir als „gute Country-Musik“ empfinden, heutzutage nur einen kleinen Teil des Gesamtoutputs ausmacht. Du hast Recht, es ging um die Frage, ob es gute deutsche Countrymusik geben kann, ich wollte nur einwerfen, dass man die gute amerikanische Countrymusik heutzutage leider nicht als kennzeichnend für das Genre an sich ansehen kann.

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    #5819701  | PERMALINK

    latho
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    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    Sonic JuiceNeuer Gedanke, während ich gerade zu Studienzwecken die Reichel-CD höre (danke, Dirk!). Zu „Volxlieder“ selbst schreibe ich vielleicht mal mehr im dazugehörigen Thread.
    […]

    Einschränkend sei gesagt, dass ich mir solche Momente der unverstellen, ungekünstelten Emotionalität wiederum am besten im Bereich regional verankerter Musiker vorstellen kann, etwa bem frühen Wolfgang Ambros, bei Goisern und auch übrigens beim frühen Fendrich. Das sind dann aber doch die großen Ausnahmen, wenn ich mich nicht täusche, oder?

    Ich fasse mal zusammen: in ureigenen US-Musiktraditionen wie zB Soul oder Country können Deutsche nicht reüssieren, weil sie den Stil nur adaptieren, nicht leben können? Zustimmung.

    @SJ
    Was die deutsche Musik angeht, sieh mal in den Volksmusik-Thread oder frag gleich dougsahm. Es gibt da einiges, das ursprünglich und sagen wir mal „wahrhaftig“ klingt.

    Und wenn man eine Tocotronic-Platte rückwärts abspielt, steigt man in den Bus nach Bahrenfeld.

    --

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    #5819703  | PERMALINK

    sonic-juice
    Moderator

    Registriert seit: 14.09.2005

    Beiträge: 10,983

    lathoIch fasse mal zusammen: in ureigenen US-Musiktraditionen wie zB Soul oder Country können Deutsche nicht reüssieren, weil sie den Stil nur adaptieren, nicht leben können? Zustimmung.

    Danke, langer Rede, kurzer Sinn.:-)

    Die Frage für mich ist, warum man in Deutschland z.B. (zumindest) passablen Punk, Pop, Rock, Hip Hop und Independent-Geschrubbe fabrizieren kann, aber ausgerechnet Country nur als trashiger Schlager existiert, obwohl doch musikalisch durchaus traditionelle Anknüpfungspünkte bestünden (anders als zB beim Hip Hop, den man sich ja komplett abschauen musste). Und die Antwort wäre, dass das, was guten klassischen US-Country im Kern ausmacht – nämlich das Gefühl, die Inhalte, der Blues, die Heartsongs, der Honky Tonk, wie man es auch nennen will – hierzulande offenbar im typischen künstlerischen Ausdruck der Populärmusik keine Entsprechung hat.

    --

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    #5819705  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Glaube ich nicht. Ich vermute, dass die Niche schon durch einheimische Volksmusik besetzt ist. Da jedoch diese bei der Nachkriegsgeneration durch ihre Instrumentalisierung im Dritten Reich verpönt war, starb die bestehende lebendige Tradition weitgehend aus und verwandelte sich in Belustigung für Altersheime.

    --

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    #5819707  | PERMALINK

    sonic-juice
    Moderator

    Registriert seit: 14.09.2005

    Beiträge: 10,983

    Das lese ich als Bestätigung meiner These. :-) Wenn etwas ausgestorben ist, dann kann darauf nicht mehr im zurückgegriffen werden, diese spezifische Ausdrucksform findet sich eben nicht (mehr) im musikalischen Repertoire des Landes.

    --

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    #5819709  | PERMALINK

    latho
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    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    Sonic JuiceDanke, langer Rede, kurzer Sinn.:-)

    Bitteschön!

    Sonic Juice
    Die Frage für mich ist, warum man in Deutschland z.B. (zumindest) passablen Punk, Pop, Rock, Hip Hop und Independent-Geschrubbe fabrizieren kann, aber ausgerechnet Country nur als trashiger Schlager existiert, […]

    Für mich einfach: im Gegensatz zu zB Indie-Pop gibt es kein Milieu, eigentlich keine Basis. Musik, gerade gute Musik entsteht ja nicht aus dem Nirgendwo oder weil einen einsamen Künstler plötzlich die Muse küsste, sondern weil er Musik zusammen mit anderen macht. Elite (wenn ich den Begriff mal verwenden darf) entsteht m. E. nicht aus einem einsamen Willensakt (auch wenn gerne so getan wird), sondern aus einer Gruppe gleich Interessierter. Es gibt in D keine größere Country-Szene (jenseits des Schlagers), von daher kann es auch nicht verwundern, dass es keine nennenswerten Acts gibt.

    --

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    #5819711  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    Sonic JuiceDas lese ich als Bestätigung meiner These. :-) Wenn etwas ausgestorben ist, dann kann darauf nicht mehr im zurückgegriffen werden, diese spezifische Ausdrucksform findet sich eben nicht (mehr) im musikalischen Repertoire des Landes.

    So gesehen werden wir uns einig!

    :bier:

    --

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    #5819713  | PERMALINK

    latho
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    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    nail75Glaube ich nicht. Ich vermute, dass die Niche schon durch einheimische Volksmusik besetzt ist. Da jedoch diese bei der Nachkriegsgeneration durch ihre Instrumentalisierung im Dritten Reich verpönt war, starb die bestehende lebendige Tradition weitgehend aus und verwandelte sich in Belustigung für Altersheime.

    Ich bin da beileibe kein Experte, melde aber mal vorsichtig Bedenken gegen diese gern wiederholte These an. Im Dritten Reich war es doch eher die leichte Schlagermusik, Tanzmusik und Operette, die gefördert wurde. Die traditionelle Musik – und da beziehe ich mich vor allem auf die alpenländische – entstammt ja eher den Schichten, die sich relativ resistent gegenüber dem Nationalsozialismus gezeigt haben. Aber wie gesagt, eine Vermutung.
    Ganz außer Frage steht der Missbrauch von Begriffen wie Heimat und Tradition.

    --

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    #5819715  | PERMALINK

    nail75

    Registriert seit: 16.10.2006

    Beiträge: 45,074

    lathoIch bin da beileibe kein Experte, melde aber mal vorsichtig Bedenken gegen diese gern wiederholte These an. Im Dritten Reich war es doch eher die leichte Schlagermusik, Tanzmusik und Operette, die gefördert wurde. Die traditionelle Musik – und da beziehe ich mich vor allem auf die alpenländische – entstammt ja eher den Schichten, die sich relativ resistent gegenüber dem Nationalsozialismus gezeigt haben. Aber wie gesagt, eine Vermutung.
    Ganz außer Frage steht der Missbrauch von Begriffen wie Heimat und Tradition.

    Da wäre ich vorsichtig. Bekanntlich haben sich keine Milleus als resistent gegen den Nationalsozialismus erwiesen.
    „Traditionelle“ Musik wurde gerade bei Kindern und Jugendlichen häufig eingesetzt, verkörperte ja deutsches „Volkstum“. Ganz abgesehen davon, war sie natürlich auch bei der älteren Generation weitverbreitet. Das eine schließt das andere (Schlager, Operette) ja nicht aus.

    --

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    #5819717  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    nail75Da wäre ich vorsichtig. Bekanntlich haben sich keine Milleus als resistent gegen den Nationalsozialismus erwiesen.
    „Traditionelle“ Musik wurde gerade bei Kindern und Jugendlichen häufig eingesetzt, verkörperte ja deutsches „Volkstum“. Ganz abgesehen davon, war sie natürlich auch bei der älteren Generation weitverbreitet. Das eine schließt das andere (Schlager, Operette) ja nicht aus.

    Da hätte ich ein paar Einwände, die jetzt aber zu off topic wären, deswegen lassen wir’s lieber.

    --

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    #5819719  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,241

    Sonic JuiceNun fällt mir jedenfalls spontan bei deutschen Künstlern (insbesondere bei mir lieben) keiner ein, der völlig unverstellt, unironisch, schutzlos und voller Inbrunst darüber singt, dass seine Welt in Stücke fällt. Im Schlager werden vornehmlich Idyllen gezeichnet und in der „seriösen“ Musik wird meist in Text oder zumindest in Interpretation mit Understatement, Reflektion, Distanz, Ironisierung die Schutzlosigkeit abgemildert. Vielleicht weil es sonst peinlich wäre.

    An Deiner These ist sicher eine Menge dran, aber es gibt schon ein paar Schlager, die das leisten, spontan fällt mir Alexandras „Mein Freund der Baum“ ein. Oder auch Minas „Heißer Sand“, auch wenn das natürlich romantisch verbrämt ist. Ich werde mal darauf achten.

    --

    #5819721  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Herr RossiAn Deiner These ist sicher eine Menge dran, aber es gibt schon ein paar Schlager, die das leisten, spontan fällt mir Alexandras „Mein Freund der Baum“ ein. Oder auch Minas „Heißer Sand“, auch wenn das natürlich romantisch verbrämt ist. Ich werde mal darauf achten.

    Stimmt, gerade im Schlager der 50er Jahre gab es immer auch tiefe, ehrliche und „unschuldige“ Gefühle. Neben aller Peinlichkeit und allem Kitsch.

    --

    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
    #5819723  | PERMALINK

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    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 2,922

    Hier gibts scheinbar keinen Thread und ich will auch keinen aufmachen, aber ist hier noch jemandem schlecht geworden, war peinlich berührt oder oder wälzte sich irre lachend und mit Schaum vor dem Mund auf dem Teppich, als er von Gunter Gabriels „german recordings“ hörte? Das ganze Konzept und die Umsetzung ist so dreist und platt von Cash kopiert, das ist selbst für Gabriel eine neue Dimension!

    --

    Ich brachte meine Vergangenheit im Handgepäck mit. Ihre lagerte irgendwo im Container-Terminal. Als sie ging, benötigte ich einen Seemannssack.
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