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Ich finde, du hast das alles ganz richtig erfasst und beschrieben, die Wechselwirkung zwischen den Alben, die Veränderung der Perspektiven, den unterschiedlichen Grundcharakter. Ein schöner Text.
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WerbungIch habe beide Platten definitv schon einmal gehört, besitze sie aber leider bis heute nicht. Dennoch: Mir gefallen Deine leidenschaftlichen, sehr fundierten Gedanken dazu sehr. Obwohl der Text recht lang ist, habe ich alles in einem durchgelesen und mich zu keiner Sekunde gelangweilt. Respekt.
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Hold on Magnolia to that great highway moonnail75Ich finde, du hast das alles ganz richtig erfasst und beschrieben, die Wechselwirkung zwischen den Alben, die Veränderung der Perspektiven, den unterschiedlichen Grundcharakter. Ein schöner Text.
IrrlichtIch habe beide Platten definitv schon einmal gehört, besitze sie aber leider bis heute nicht. Dennoch: Mir gefallen Deine leidenschaftlichen, sehr fundierten Gedanken dazu sehr. Obwohl der Text recht lang ist, habe ich alles in einem durchgelesen und mich zu keiner Sekunde gelangweilt. Respekt.
Thx! Thx! Thx! :liebe:
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)IrrlichtIch habe beide Platten definitv schon einmal gehört, besitze sie aber leider bis heute nicht.
Noch mal hinterher geschoben: Du bekommst beide Alben für’n Appel und’n Ei hinterhergeworfen.
TRANSFORMER halte ich für unverzichtbar, was Pop der 70er betrifft. Vielleicht die beste Platte, die David Bowie je gemacht hat. Und wer ist mehr 70er als David Bowie?
SONGS FOR DRELLA kann man eigentlich bloß im Rückblick auf die Zeit und die Themen verstehen, die 18 Jahre vorher auch auf TRANSFORMER verhandelt wurden. Eine Binsenweisheit, ich weiß. Aber außerdem ist das Album eine auch musikalisch sehr schöne Platte. Ganz gegensätzlich zu TRANSFORMER. Aber diesen Gegensatz muss man auch erstmal herstellen.
Bei beiden Platten scheint mir ein ganz spezielles Verhältnis zwischen Text und Musik zu bestehen. Bei TRANSFORMER verdeckt die Musik fast den Text: Wer weiß schon, dass es in WALK ON THE WILD SIDE auch um – äh, ja, mmh, wie soll ich sagen? – Schwanzlutschen geht? Das wäre 1972 sonst kein Hit geworden! Bei DRELLA scheint es mir fast umgekehrt: Da wird so viel erzählt, das man die Musik fast aus den Augen bzw. Ohren verliert. Dabei gibt es dort auch wunderschöne Melodien. Lou Reeds E-Gitarre klingt so schön, John Cales Piano und Viola ist ganz wunderbar und ich weiß nicht, wo ich Lou Reeds und John Cales Stimmen je so schön gehört habe.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Ich wollte noch was zum historischen Genre Synthie Pop beitragen.
Pet Shop Boys – INTROSPECTIVE (1988)
Pet Shop Boys – BEHAVIOUR (1990)
Schon wieder zwei Alben? Ja, schon wieder!
Jahreswechsel 90/91: Auf einer etwas lahmen Sylvesterparty durchwühle ich die Plattensammlung des Gastgebers nach Tanzbarem. Dabei stoße ich auf das Ende 1990 erschienene BEHAVIOUR von den Pet Shop Boys. Tolle Sache, denke ich. Ich kannte BEHAVIOUR zwar noch nicht, aber das vorhergehende Album INTROSPECTIVE von 1988 war ein party animal gewesen. Die House Welle überrollte zu dieser Zeit gerade Europa und die PSB sprangen schamlos auf diesen Zug auf. Das war ihnen nicht vorzuwerfen, denn eine ausgesprochene Affinität zu elektronischer Tanzmusik hatten sie schon immer und mit DISCO hatten sie 1986 ein ganzes Album mit Extended Dance Remixes älterer Stücke veröffentlicht. Also konnte ich mit BEHAVIOUR eigentlich nichts falsch machen, oder?
Auf INTROSPECTIVE wird das Prinzip des Remix-Albums umgekehrt: Hier werden zuerst die Remixe als Album herausgebracht, abgespeckte Versionen der Songs werden dann als Singles veröffentlicht. Nur 6 Tracks, keiner unter 6 Minuten, zwei überspringen sogar die 9 Minutenmarke. Produktionstechnisch wird alles aufgeboten, was man für Geld kaufen kann, darunter Trevor Horn als einer von fünf Produzenten, der das Stück LEFT TO MY OWN DEVICES nicht nur mit einem treibenden Beat sondern auch einem Orchester und einer Opernsängerin aufbläst. Der Grundsatz scheint ganz einfach zu sein: Von allem das Meiste! Die anderen Stücke ziehen da mit: das monoton tuckernde I WANT A DOG, in dem sich ein einsamer Single einen Chihuahua als Gesellschaft wünscht, das latin-gefärbte DOMINO DANCING, das in die Länge gezogene Elvis-Cover ALWAYS ON MY MIND und abschließend das Sterling Void-Cover IT’S ALRIGHT, das mit house-typischen Piano-Akkorden direkt auf den Dancefloor zielt. Einzig bei I’M NOT SCARED kommen die Beine mal etwas zur Ruhe. Eine Partyplatte, deren Texte aber teilweise in eigenartigem Widerspruch zur extrovertierten Musik stehen, daher der Titel INTROSPECTIVE. Die Zeilen „I was faced with a choice at a difficult age / Would I write a book? Or should I take to the stage / but in the back of my head I heard distant feet / Che Guevara and Debussy to a disco beat“ von LEFT TO … werden ewig als Aphorismus eines rebellischen und romantischen Hedonismus‘ gültig bleiben.
Nun aber BEHAVIOUR: Ich lege also diese Platte auf einer Sylvesterparty auf. Was geschieht? Nichts! Den Titel des ersten Stückes BEING BORING meine ich zwar ironisch verstehen zu müssen, aber die erste Minute davon geht im Partylärm unter und erst langsam schält sich überhaupt ein Rhythmus heraus. Um dazu zu tanzen muss man aber schon sehr viel Willen aufbringen. Die Platte übersteht nur das erste Stück auf dem Plattenteller, dann bemächtigt sich jemand anderes der Stereoanlage. Aus der weiteren musikalischen Gestaltung des Abends halte ich mich von da an lieber raus.
Einige Zeit später höre ich SO HARD, die erste Single von BEHAVIOUR, im Radio. Ein uptempo Popsong mit eigenartig quäkenden Synthesizer-Sounds, irgendwie billig klingend, irgendwie retro und um die Ecke gedacht. Das amüsiert mich und als ich BEHAVIOUR wenig später billig im 2nd-Shop finde, kann ich nicht widerstehen.
Auf dem heimischen Sofa funktioniert BEHAVIOUR dann viel besser als auf dem dancefloor. BEING BORING ist ein sich langsam und raffiniert aufbauendes Stück. Anfangs hört man nicht nur ein eigenartiges Heulen oder Pfeifen, das mit einem Plastikschlauch erzeugt wurde, sondern auch – absolutes Novum bei den PSB – eine E-Gitarre mit Wah-Wah. Erst nach und nach setzt der drum computer ein und Neil Tennant sinniert beinahe flüsternd über verflossene Jugendtage als noch alles neu und aufregend war: „’Cause we were never being boring / We had too much time to find for ourselves / And we were never being boring / We dressed up and fought, then thought: „Make amends“ / And we were never holding back or worried that / Time would come to an end“. Das Video zu BEING BORING ist dann auch eine wunderschön romantisch idealisierende Ode an das Jungsein. Neil Tennants Kindheit in einer katholischen Schule, auf die er in THIS MUST BE THE PLACE I WAITED YEARS TO LEAVE zurückblickt, dürfte hingegen weniger lustig gewesen sein. Erst das vierte Stück, HOW CAN YOU EXPECT TO BE TAKEN SERIOUSLY? ist dann ein schneller Song, der über das eitle Gutmenschentum mancher Popstars spottet. Auf BEHAVIOUR geht es um Erinnerungen, geplatzte Hoffnungen, Eifersucht, Misstrauen und Untreue, und auch wenn hier und da der Humor der PSB aufblitzt, scheint die Party vorbei zu sein. Eine nachdenkliche Platte, die manchmal fast verträumt und still wirkt: „It’s only the wind blowing cans along the street / Someone’s dustbin lid playing havoc with the peace / There’s nobody hiding behind a locked door / And no one’s been lying, ‚cause we don’t lie any more“ (IT’S ONLY THE WIND)
Für den manchmal demonstrativ synthetischen Sound von BEHAVIOUR mit blubbernden analogen Synthies und Hi Hat-Achteln wie aus einer billigen rhythm box ist der Münchener Produzent Harold Faltermeyer verantwortlich, ein früherer Mitarbeiter Giorgio Moroders, der in den 70ern und 80ern mit Euro Disco erfolgreich war. Dennoch klingt BEHAVIOUR keineswegs aufdringlich sondern mit seinem breit gefächerten Klangspektrum und leisen Tönen sogar außergewöhnlich raffiniert. Außer der bei den PSB programmatischen Elektronik gibt es hier auch eine Gitarre (gespielt vom Ex-Smith Johnny Marr) und auf drei Stücken sogar Streicher zu hören.
BEHAVIOUR klingt wie ein Gegenentwurf zu INTROSPECTIVE, ja, eigentlich würde der Titel INTROSPECTIVE hier sogar besser passen. Aber die PSB wären nicht die PSB, wenn sie nicht irritierend ironische Titel wählen würden. Vielleicht war es ein absichtlicher Schachzug, mit BEHAVIOUR etwas ganz anderes zu machen als mit INTROSPECTIVE und damit die Erwartungshaltung des Publikums zu unterlaufen um sich nicht festlegen zu lassen. Gleichzeitig ist BEHAVIOUR auch ein großer Schritt für das Genre Synthpop, das damals noch manchmal als etwas leichtgewichtig belächelt wurde. Vielleicht wurde Synthie Pop mit BEHAVIOUR sogar ein Stück weit erwachsen.
Auf BEHAVIOUR folgte dann VERY mit dem Mitgröhl-Hit GO WEST. Aber das ist eine andere Geschichte.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Nice, Friedrich! Eine Frage bleibt für mich jedoch unbeantwortet: Introspective>Behaviour oder Introspective
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How does it feel to be one of the beautiful people?Clau
Nice, Friedrich! Eine Frage bleibt für mich jedoch unbeantwortet: Introspective>Behaviour oder Introspective
oder < entscheiden. Willst Du ausschweifende Tanzmusik, greif zu INTROSPECTIVE, willst Du kultiviertes Electronic Listening, greif zu BEHAVIOUR. Vielleicht braucht man beide. Vielleicht braucht man dann sogar nichts anderes mehr von den PSB. Vielleicht würde ich empfehlen, mit BEHAVIOUR anzufangen. Bei mir selbst war es aber umgekehrt. --
„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Oh, natürlich braucht man beide! „Introspective“ hat den für mich besten PSB Track, „Left To My Own Devices“ an Bord und würde bei mir deshalb vorgezogen. Aber „Behaviour“ finde ich auch sehr gut, gerade wegen seiner kultivierten Art, wie Du treffend sagst.
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How does it feel to be one of the beautiful people?ClauOh, natürlich braucht man beide! „Introspective“ hat den für mich besten PSB Track, „Left To My Own Devices“ an Bord und würde bei mir deshalb vorgezogen. Aber „Behaviour“ finde ich auch sehr gut, gerade wegen seiner kultivierten Art, wie Du treffend sagst.
Das könnte direkt Thema im How to buy …?-Thread sein.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Weiter geht’s:
Golden Earring – ContrabandEs war 1976, als dieses Album der Niederländer erschien.
Ein Album wie jedes andere davor auch wird es sein, so dachte ich bei der Ankündigung. Doch weit gefehlt. Dass ich dieses Album noch heute zu einem meiner Lieblingsalben der Band zähle, ist vor allem auch der Tatsache geschuldet, dass die Band sich ab diesem Album kurzzeitig mit Eelco Gelling als Vollzeitmitglied ausstattete. Diesen hatte ich bereits kennen- und lieben gelernt als Gitarristen der Band Cuby + Blizzards und schon vorher war er gelegentlicher Gast bei Golden Earring, bei “Radar Love“ zum Beispiel brillierte er durch seine ungewöhnliche Gitarrenarbeit.
So ist Gelling für mich einer der ganz großen Gitarristen der Rock und Bluesgeschichte, der nie die ihm zustehende Anerkennung in vollem Umfange erfuhr.Offensichtlich ist dieses ein umstrittenes Album in der Geschichte der Ohrringe. Denn schon so viele unterschiedliche Meinungen , Aussagen und Kritiken hierzu habe ich gehört und gelesen, dass ich es hiermit einmal vor- und zur Diskussion stellen möchte.
Durch Gelling bot sich der Band eine gute Chance für einen “Twin-Guitar-Sound“ von Kooymans und Gelling, der aus meiner Sicht auch gut genutzt wurde (man höre dieses zum Beispiel auf “Con Man“), und so entwickeln sich aus dieser Konstellation spannende Stücke, vor allem hier die längeren unter ihnen. Insgesamt ist hier ohnehin ein, wie ich meine, abwechslungsreiches Album, mit rockigen und melodiösen Ecken und Kanten, entstanden.So findet man Songs mit dem gewissen “Hitcharakter“ wie “Bombay“, dass letztlich auch als Singleveröffentlichung auf dem Markt war oder auch verspielte Klänge wie auf “Sueleen“ oder “Fighting windmills“ mit diesem leichten asiatischen Touch im Arrangement. Ein Höhepunkt ist vielleicht nicht nur für mich “Mad love’s comin’“, mit einem starkem Ausdruck im Aufbau und Arrangement, letztlich halte ich den Song für einen hervorragenden Rocksong.(der später auf der Liveversion noch gut ausgebaut werden sollte)
Eher schwächere Songs sind für mich “Faded jeans“ und “Time’s up“, die das Gesamtbild für mich jedoch nicht wesentlich schmälern.
In den USA, wo die Platte ein Jahr später unter dem Albumtitel “Mad Love“ erschien, wurde übrigens der Song “Faded Jeans“ durch “I Need Love“ ersetzt.Hier die Songs:
01:Bombay (3:52)
02:Sueleen (5:40)
03:Con Man(7:10)
04:Mad Love’s Comin’(7:45)
05:Fighting Windmills (4:38)
06:Faded Jeans(5:07)
07:Time’s Up(3:52)
(all songs by George Kooymans / Barry Hay)Lineup:
Barry Hay (vocals)
George Kooymans (guitar, vocals)
Rinus Gerritsen (bass)
Cesar Zuiderwijk (drums)
Eelco Gelling (guitars)
Robert Jan Stips (mini Moog, piano, string arranger)
Patricia Paay (female vocals)
Nippy Noya (percussion)* * * * *
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Jonathan Richman – Rockin‘ and Romance (1985)
Dem Sommer Auf Wiedersehen sagen zu müssen fällt wohl am leichtesten mit einem Album, das selbst in Jonathan Richmans Werk als besonders leichtherzig hervorsticht. Dass er, der als glühender Velvet-Underground-Fan mit seiner Band „The Modern Lovers“ verschrobenen Indie-Rock dargeboten hatte, im Alter von 34 Jahren eine Platte aufnahm, die in geradezu überschäumender Weise Jugendlichkeit und Lebensfreude feiert, stellt dabei natürlich vordergründig eine Versuchung dar, sich in hobbypsychologischen Betrachtungen über das Peter-Pan-Syndrom zu ergehen; aber solcher Versuchung wollen wir souverän widerstehen (zumal es erste Ansätze in diese Richtung schon acht Jahre zuvor auf „Rock ’n‘ Roll with the Modern Lovers“ gegeben hatte), indem wir das vorliegende Album als das würdigen, was es ist: nämlich ein überaus bemerkenswerter und gelungener Versuch, zeitgenössischen Pop-Appeal mit Rock’n’Roll-Nostalgie der Endfünfziger zu vermählen und dabei juvenile Albernheiten zu vermeiden.
Los geht’s mit „The Beach“, und zwar im doppelten und damit besten Sinne. Denn der Eröffnungstrack versprüht so viel Energie, dass er nicht nur unmittelbar zum Shaken auffordert, sondern zugleich einen uneingeschränkt positiven Zugang zum Album ermöglicht. Er versetzt den Hörer an einen sonnenbeschienenen Strand, an dem nicht zählt, was man trägt, sondern was nicht, und der deshalb zum Besten gehört, was es gibt. Also der Strand. Nach der anschließenden Rock’n’Roll-Eloge „My Jeans“ folgt ein ausgesprochen romantisches Loblied auf die Bermuda-Inseln sowie mit „U.F.O. Man“ ein ganz und gar bestrickender Nostalgie-Unplugged-Rocker im Geist der frühen Sechziger. Und dann wohl der Höhepunkt des ganzen Albums: „I Must Be King“, ein zum Heulen und Niederknien schönes Liebeslied, das J.R. fünf Jahre später auf „Jonathan Goes Country“ noch einmal aufnahm, allerdings nicht in solch vollendeter Erhabenheit wie hier.
Ich will nicht zu viel verraten, drum mache ich an dieser Stelle den Topf mal zu. „Rockin‘ and Romance“ ist sicherlich kein Meisterwerk, aber dafür in seiner Einfachheit von durchaus profunder Musikalität. Sowohl der frühe Rock’n’Roll als auch (vor allem in „The Baltimores“) der Doo-Wop werden hier auf mustergültige Weise mit dem Pop-Feeling der achtziger Jahre verschmolzen, und das Ergebnis kann sich in jeder Hinsicht hören lassen, nämlich als ein in sich völlig stimmiges Popalbum, das einerseits seine stilistischen Wurzeln klar erkennen lässt, andererseits sich allzu simplifizierenden Kategorisierungen souverän entzieht. Das Schlusswort sei aber Track Acht gewidmet. „Just Beginning to Live“ ist ein Lied, das jedem, dem schon einmal ein großes Begebnis sein Leben erhob, Herz und Geist belebt. Alle anderen werden nach diesem Song sich wünschen, das auch zu haben.
Tracklist
1. „The Beach“ 2:20
2. „My Jeans“ 3:17
3. „Bermuda“ 3:05
4. „U.F.O. Man“ 3:23
5. „I Must Be King“ 2:40
6. „Vincent Van Gogh“ 2:26
7. „Walter Johnson“ 2:23
8. „Just Beginning to Live“ 2:54
9. „The Fenway“ 2:31
10. „Chewing Gum Wrapper“ 3:21
11. „The Baltimores“ 3:02
12. „Up in the Sky Sometime“ 2:52
13. „Now Is Better Than Before“ 2:08****
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"Edle, freie Unbefangenheit bei Allem. ... Alle übrigen Vollkommenheiten sind der Schmuck unsrer Natur; sie aber ist der der Vollkommenheiten selbst. ... Sie ist mehr als Leichtigkeit, sie geht bis zur Kühnheit: sie setzt Ungezwungenheit voraus und fügt Vollkommenheit hinzu. Ohne sie ist alle Schönheit todt, alle Grazie ungeschickt: sie ist überschwenglich, geht über Tapferkeit, über Klugheit, über Vorsicht, ja über Majestät." (Baltasar Gracián) =>mehr<=dann lege ich einmal nach:
Alexis Korner – A New Generation Of Blues
Im Mai 1968 war es, als einer der Paten oder Väter des britischen Blues, Alexis Korner, mit dieser Platte möglicherweise eine Prophezeiung aussprach. Sollte es tatsächlich eine neue Generation des Blues geben?
Über Umwege in der Jazzband von Chris Barber oder über Skifflemusik wurde Korner unter anderem durch den Mundharmonikaspieler Cyril Davies an den Blues herangeführt.
Die aus verschiedenen Einflüssen gespeiste Formation Blues Incorporated, die nicht nur Blues und Rhythm & Blues, sondern auch Jazz spielte, existierte von 1961 bis 1967. Sie galt als wahre Talentschmiede, lernten dort doch ihr Handwerk solch später bekannte Musiker wie Mick Jagger, Brian Jones, Jack Bruce, Ginger Baker, Graham Bond und andere.Und nun die neue Generation des Blues, die sich nach und nach durch einige Neugründungen von Bluesbands darstellte, der British Blues Boom war geboren.
Und im Song „What’s That Sound I Hear“ besang Alexis sie dann auch noch, die “neue“ die “weiße“ Generation des Blues:
»“There’s Clapton, there’s Hendrix, there’s Pete Green, and there’s John Mayall, too“… «
Und nebenbei fällt auch noch der Name Aynsley Dunbar.Seinerzeit arbeitete Korner auch mit weißen Bluesbands zusammen, dokumentiert auf Platten von Cuby + Blizzards und The Beefeaters. (“Live ‚68“, “Meet You There“)
Auf der hier vorgestellten Veröffentlichung spielt Korner elektrische und akustische Gitarren, und mit seinen Mitspielern wird ein ganz spezieller Blues geboten, stets auch versehen mit leicht jazzigen Untertönen, man war aber auch damals modernen Zeitströmungen der populären Musik wie Psychedelic nicht verschlossen.
Korner wirkte, ganz anders als Mayall, der letztlich auch erst durch Korner zur Gründung der Bluesbreakers inspiriert wurde, in seiner Musikdarbietung “befremdlicher“, “sperriger“, was ihn aber auch , näher betrachtet, teilweise viel interessanter machte. Seine Musik war immer eigenwillig, und auch hier die Darstellung seiner Vorstellung von Blues.
So klebte er nicht unbedingt an starren Schemata, wie auf diesen Aufnahmen sehr gut nachzuvollziehen ist.Von den elf Titeln gibt es fünf Eigenkompositionen, drei traditionelle Stücke, von Korner entsprechend neu arrangiert, und drei Fremdkompositionen, von Duffy Power, Freddie King und Chris Kenner.
Hier die Songliste:
01:Mary Open The Door [Power] (3:28)
02:Little Bitty Girl [Trad., arr. Korner] (6:26)
03:Baby Don’t You Love Me [Trad., arr. Korner] (3:24)
04:Go Down Sunshine [Korner] (4:02)
05:The Same For You [Korner] (4:07)
06:I’m Tore Down [King] (2:06)
07:In The Evening [Trad., arr. Korner] (4:34)
08:Somethin‘ You Got [Kenner] (2:22)
09:New Worried Blues [Korner] (2:35)
10:What’s That Sound I Hear [Korner] (3:13)
11:A Flower [Korner] (2:10)Diese Veröffentlichung war für mich damals eine der Sternstunden des weißen britischen Blues, zusammen mit dem Vorläufer “I Wonder Who“.
Viel Kritik erntete Korner stets für seinen ungewöhnlichen Gesang, mit seiner rauen Stimme manchmal in Richtung Sprechgesang tendierend, aber stets mit dem gewissen Etwas und viel Feeling im Ausdruck.
Böse Zungen behaupteten gar, er würde seine Lieder “bellen“.Nun gut, Virtuosität hin und her, es passt genauso, wie es ist, und besonders auf dieser Platte, für mich eine der Klassiker der “New Generation Of Blues“, die vielleicht nicht unbedingt von Korner allein eingeläutet wurde, aber in seiner Entwicklungsphase entscheidend mitgeprägt und gefördert!
Hier die Musiker:
Alexis Korner (vocals, electric guitar, except for # 4, 7, 9, 11, acoustic guitar- #4, 7, 8, 9,11)
Ray Warleigh (flute – #1, 2, 5, alto saxophone – #3, 6)
Danny Thompson (string bass – #1, 2, 3, 4, 6)
Steve Miller (piano – #6,10)
Terry Cox (drums – #1, 2, 3, 5, 6)**** ½
http://forum.rollingstone.de/showthread.php?51470-Alexis-Korner&highlight=Korner
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edit
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Blue, Blue, Blue over you@asdfjklö, sehr schöner Beitrag von Dir :sonne:
Ich hatte früher einmal eine „Best-Of-LP“ von Alexis Korner, die ich aber insgesamt von der Musik her und obwohl einige Bluesklassiker drauf waren, als nur „recht durchschnittlich“ empfunden habe. Von daher hatte ich mich dann auch nicht weiter mit Alexis Korner beschäftigt. Das lag auch daran, dass – wie Du treffend schreibst – Alexis Korner einen, wenn auch nicht befremdlichen, so doch „sperrigen“ Musikstil hatte und seine Darbietungen auch mehr jazzorientiert und weniger „Blues-Rock-mäßig“ waren, wie die von so vielen anderen Vertretern des damaligen britischen Bluesbooms. Korner’s Musik war auch sicherlich deswegen anders zu dieser Zeit, weil sie nicht so „gitarrenorientiert“ war. Er hatte ja eigentlich nie irgendwelche überragende Gitarristen in seinen Bands bzw. er spielte meistens die Gitarrenparts selbst und er war nun einmal kein begnadeter Gitarrist.
Du erwähnst in deinem Beitrag auch sein damaliges Pendant John Mayall. Beide werden ja bis heute als die „Godfathers of the British Blues“ gesehen und beide hatten sicherlich auch einige Gemeinsamkeiten. Es gab aber auch Unterschiede und der gravierendste ist wohl der, dass John Mayall immer überragende Gitarristen wie Clapton, Green, Taylor zu jener Zeit in seiner Band hatte, die die Musik und die Alben entscheident geprägt haben. Deswegen klingt seine Musik in meinen Ohren auch interessanter und spannender als die von Alexis Korner.;-)
Ein Unterschied zwischen den beiden fällt mir noch dahingehend ein, dass Alexis Korner eigentlich immer der britischen und europäischen Bluesszene treu geblieben ist, während sich John Mayall ab 1970 rum zunehmend „amerikanisiert“ hat.
Ja, insgesamt glaube ich aber doch, dass ich mich aufgrund deines Beitrages einmal wieder mit Alexis Korner beschäftigen sollte.--
Blue, Blue, Blue over youDa der Blues anscheinend wieder etwas beleuchtet wird, passt diese Vorstellung sicher gut:
V.A. – American Folk Blues Festival ‘69
Es soll wohl die Idee von Joachim-Ernst Behrendt gewesen sein, und so veranstalteten die Promotor Horst Lippmann und Fritz Rau seit 1962 regelmäßige Europatourneen mit vielen damals namhaften Bluesmusikern aus den Vereinigten Staaten, unter dem Namen “American Folk Blues Festival“.
Die Stars wurden dem europäischen Publikum in verschiedenen Städten vorgestellt.
So entwickelte sich jährlich bis 1972 eine kontinuierliche Reihe dieser Tourneen, die auf Tonträgern festgehalten wurden, (außer 1968, da wurde leider nicht veröffentlicht, und 1971 fand wohl nicht statt) und dann ab 1980 bis 1985 (außer 1984).Ich freue mich, dass die genannten Jahre alle konserviert worden sind, und mittlerweile gibt es auch eine hervorragende Serie mit drei DVDs, die vieles davon dokumentiert, nicht nur die Konzerte, sondern auch Hintergrundinformationen.
Ein Jahr in diesem Reigen lag mir damals besonders am Herzen, und zwar dieses am 3.Oktober 1969 in der Royal Albert Hall in London aufgezeichnete Konzert. Und dafür gibt es auch eine einfache Erklärung, weil mit Earl Hooker und Magic Sam zwei meiner “Gitarrenhelden“ dabei waren.
Earl Hooker war damals auch Grund dafür, dass ich diese LP unbedingt haben musste, nur, damals auf dem deutschen Label SCOUT erschienen, war sie schnell eine Rarität und bald nicht mehr erhältlich.
Ein Freund hatte sie mir dann seinerzeit auf Band aufgenommen, bis ich sie dann 1980, ich konnte es kaum glauben, in einem kleinen Ort in Irland in einem kleinen Plattenladen auf dem Grabbeltisch NEU(!) für 1(ein!) irisches Pfund erblickte!!! (auf dem Label CBS)
Nun ja, und zwischenzeitlich wurde schließlich digital nachgerüstet und die CD fand auch Einzug in meine Sammlung.Unabhängig von den beiden Hooker-Stücken (er spielt auch noch bei Carey Bell mit) finden wir hier Juke Boy Bonner mit seiner E-Gitarre und zwei kraftvoll zur Sache gehenden Solostücken. Ja, dieser Mann hatte gewaltig Druck in seiner Spielweise und in seinem Gesang! Und dann ist da noch John Jackson mit feinem Countryblues, Clifton Chenier, der hier den Europäern die hohe Kunst des Zydeco lehrt, Whistling Alex Moore, noch einmal traditionell verwurzelt , und……, den Gitarristen, den ich dann später, als ich seine Musik näher kennen lernte, zum zweiten Lieblingsgitarristen neben Hooker erkor – MAGIC SAM! Und fürwahr, wieder ist es wahre Magie, die Sam Maghett hier loslässt, ein Zauber mit ungeheurem Feeling, mit diesem Mark und Bein durchdringenden Gesang, der unter die Haut geht und diesem so gefühlvollem Gitarrenspiel…
Schade, bald darauf, am 1.Dezember 1969, war er schon tot. Auch Hooker sollte nicht mehr lange leben und starb am 21.April 1970.
So sind beide in ihrer Spätphase noch einmal hervorragend dokumentiert.Daher sind es die knapp 25 Minuten mit Earl Hooker und Magic Sam, die diese Platte zu einer meiner wichtigsten und liebsten in der Sammlung machen.
Hier alle Interpreten und ihre Titel:
01. Juke Boy Bonner: Jumpin‘ with Juke Boy (1:42)
02. Earl Hooker: Going up and down (5:08)
03. Carey Bell: Medley: Rocking with chromanica / I feel bad, bad, bad (7:02)
04. Juke Boy Bonner: Running shoes (2:27)
05. John Jackson: Poor boy (3:04)
06. Clifton Chenier: Zydeco et pas sale (2:52)
07. Earl Hooker: Blue shadows fall (5:13)
08. Clifton Chenier : Wrap it up (3:09)
09. Magic Sam: Easy baby (3:26)
10. Magic Sam : Looking good (2:07)
11. Whistling Alex Moore: Across the Atlantic Ocean (6:36)
12. John Jackson: John Jackson breakdown (1:43)Insgesamt bestand das Ensemble dieser Tour aus diesen Musikern:
Mac Thompson, Earl Hooker, Clifton Chenier, Juke Boy Bonner, Cleveland Chenier, Magic Sam, Carey Bell, ‚Whistling‘ Alex Moore, John Jackson, Robert St. Julien.
Mack Thompson am Bass und Robert St. Julien am Schlagzeug bildeten hierbei die hervorragende Rhythm Section.
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