Otis´ 7" Faves

Ansicht von 15 Beiträgen - 571 bis 585 (von insgesamt 1,095)
  • Autor
    Beiträge
  • #2455619  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557


    Virna Lindt: I Experienced Love / Trailers From ‘Shiver’ 1984 UK-act
    Blond. Schwedin. Zartes Stimmchen. Da schmilzt mein Ohr dahin und die Hörnerven mögen auch mal etwas nachsichtiger sein. Aber dafür ist hier kein Grund vorhanden.
    Virna Lindt ist schlau, sie spielt mit der Musik. Alles ist irgendwie gekünstelt und dennoch von wunderbarer Wirkung. Girl-Pop in die Post-Moderne transferiert. Etwas anders als Blondie, die sich ja noch eher gängiger Pop-Muster bediente, holt Virna Lindt musikalisch noch viel weiter aus und ist deshalb auf ihre Art recht einzigartig, aber immer gefällig und dennoch nie ohne Haken. Ich weiß gar nicht, warum man im Zusammenhang mit ihr das Wort „Kitsch“ benutzt hat, jedenfalls habe ich es früher mal gelesen. Sie ist definitiv keine Kitsch-Chanteuse.
    On my travelling expenses I experienced love. Auf der Basis eines leicht reggae-angehauchten Rhythmus legt sie mit dem Titelstück in knappen Worten Zeugnis von ihren Reisen in die Landschaften der Liebe ab. Kühl und gelassen, ruhig und überaus distanziert.
    Die ausgesprochen feine eigene (!) Produktion mit vielen kleinen Ideen lässt dieser Platte (und dem zugehörigen Album Shiver) schon einen Ausnahmerang zukommen.
    Und irgendwo passt in diese uneigentliche Kühle dann auch die Rückseite, die ziemlich unverfroren einige Ausschnitte aus der LP einfach aneinander schneidet. Man kennt das von „Klingenden Hörproben“ aus den 50s und 60s. Hier aber scheint es künstlerisches Programm. Lindt nimmt ihren Songs die Bedeutung, sie zerstückelt sie, macht sie beliebig, dennoch bleiben sie erkennbar und wertig und ergeben auf einer anderen Ebene ein neues Ganzes.
    Sicher ist dies keine ganz große Single, keine, die man unbedingt haben muss, aber mir war es wichtig, Virna Lindt auf diesem winzigen Terrain hier mal wieder eine Bühne zu geben. Kommentare gern erbeten, die sie noch mehr zu würdigen wissen.
    (·) Ihre Platten sind nicht häufig, aber es sucht sie offenbar auch kaum jemand.


    The Fourmost: A Little Loving / Waitin’ For You 1964 UK-Parlophone

    Merseybeat par excellence.
    Hier ist vielleicht einmal Gelegenheit daran zu erinnern, dass es ja der so genannte Merseybeat war, der den Beatboom auslöste. Die Musik jener Bands also, die in Liverpool am Mersey zu Hause waren, und es waren derer unglaublich viele, neben den Beatles die Searchers, Billy J. Kramer & The Dakotas, Merseybeats, Gerry & The Pacemakers, Ian & The Zodiacs, Swinging Blue Jeans, Fourmost etc.
    Diese Musik hatte sich Anfang der 60er entwickelt aus dem R&R (gab es neben Billy Fury nicht auch noch andere wichtige Liverpooler Rocker?) und eigenen Varianten melodiös gestrickter Songs, wie sie die Beatles (aber nicht nur sie) mit ihren ersten Singles vorgemacht hatten. Es war eine neue Form von Band-Musik, an der alle Mitglieder ihren Anteil hatten.
    Am Rande: Neben dem Merseybeat hatten sich zur gleichen Zeit im UK , wie man weiß, die mehr R&B-orientierten Bands wie die Rolling Stones, Yardbirds, Pretty Things etabliert.
    Der Merseybeat ist in seiner Unbekümmertheit und fast naiven Spielfreude eine wahre Fundgrube für den Entdeckungsreisenden in Sachen Musik, und er wird immer belohnt.
    Zum Beispiel mit dieser Platte. Sie war ein kleiner Hit auf der Insel und auch hier nicht ganz unbekannt. Ich hatte sie jedenfalls im Ohr, als ich sie in den 70ern zum ersten Mal ergattert hatte. Das Titelstück sprüht förmlich über vor Drive und Lebensfreude. Es hält musikalisch genau das, was der Titel verspricht, ein fröhlich verspieltes little loving. Merseybeat-typische mehrstimmige Vocals, einfache Begleitung, etwas Gitarre, der Rhythmus straight forward. Herrlich.
    Die Flipside ist etwas langsamer, aber ebenso gut. Und, man muss es mal sagen, die Songs der Beatles waren nicht besser, sondern die Fab hatten einfach mehr davon und haben sich schneller weiter entwickelt. Wohin das geführt hat, ist bekannt. Nach wie vor sehe ich das aber nicht unbedingt als Nachteil der Fourmost! ;)

    (·) Eine dt. Pressung gibt es nicht, UK-Pressungen sind leicht zu bekommen.


    Belle and Sebastian: Lazy Line Painter Jane / You Made Me Forget My Dreams 1997 UK-Jeepster

    I confess: Ich bin ein Spätbekehrter. Ich habe sie damals nicht hören wollen, ich habe sie nicht gekauft, als sie die Bühne betraten, und heute halte ich diese Single für eine der schönsten der 90er. So ändern sich die Zeiten, so kann es gehen.
    Welch ein Song (Vorsicht! bitte mit 33Upm abspielen, ist nicht schön, wenn einem die ersten Takte verleidet werden) über die Starre und das Leben, über die unendlich langen Sekunden des Alltags und die wahnsinnige Leere, die nach etwas Liebe sucht. Am Ende heißt es You will have a boy tonight on the last bus out of town. Ja, irgendwie geht es weiter. Der Text richtet sich direkt an eine Lazy Jane, wie eine Aufmunterung, ganz liebevoll, ganz verständnisvoll. Und wie genial ist das dann alles in Musik umgesetzt. Der Schluss, der ja wieder aus der Stadt wegführt, wieder hinein in den öden Alltag, wird musikalisch hymnisch wie ein Sieg gefeiert. Auch hier sind die musikalischen Mittel einfach bewundernswert. Nichts Überproduziertes, einfachste Strickmuster, eine Wahnsinnsorgel, das Ganze in seiner Schlichtheit unglaublich wirkungsvoll und auf unspektakuläre Weise ganz einfach wahr. Grandios.
    Sehr schön auch der zusätzliche Lazy Jane-Text, der auf dem Single-Sleeve abgedruckt ist.

    (·) Man bekommt die Single noch, wenn auch schon etwas teurer.

    --

    FAVOURITES
    Highlights von Rolling-Stone.de
    Werbung
    #2455621  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Today’s Tops:

    1 Sir Douglas ?
    2 Belle & Sebastian ?
    3 Mike Berry
    4 Fourmost
    5 Electric Chairs
    6 Virna Lindt

    --

    FAVOURITES
    #2455623  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 37,712

    Wieder ganz toll geschrieben, otis, besonders:

    otis[…] Denn Pop lebt von der Überzeichnung, von der großen Geste, den überlebenswichtigen Gefühlen. […]

    Und auf Lazy Line Painter Jane hatte ich schon gewartet. Ist knapp mein Lieblingslied von B&S, ihr druckvollster Song.

    --

    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
    #2455625  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

    Beiträge: 34,399

    Eine sehr gelungene Auswahl, Otis. Die Begleittexte treffen auch immer das Wesentliche. The Fourmost sind mir zwar geläufig, aber ich habe gar nichts von ihnen. Ein Fehler? – Bei Virna Lindt fällt mir natürlich sofort „Attention Stockholm“ ein! Eine Single, die ich sträflicherweise vor ca. 15 Jahren verkaufte. Ich muss sie mir wohl doch wieder beschaffen.

    --

    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
    #2455627  | PERMALINK

    mistadobalina

    Registriert seit: 29.08.2004

    Beiträge: 20,833

    Freue mich sehr, dass du auf Virna Lindt hinweist. Ich hatte in der 80ern Kontakt zu ihrem Platten-Label The Compact Organization und dem Master Mind des Ganzen, Tot Taylor, der auch für Virna geschrieben hatte und mitproduzierte. Virna hat auf Compact auch zwei Alben veröffentlich „Shiver“ und „Play/Record“, Compact selbst bezeichnete die Music als „Spy Pop“ und das Konzept des ersten Albums drehte sich ja auch ein bisschen um Spionage etc.

    Compact war ein Klasse-Label, ich habe sie mehrmals in London besucht. Der einzige wirklich große Hit war 1982 Mari Wilson mit ihrer Single „Just what I always wanted“, eine von meinen All Time Favourites-Singles. Auch Tot Taylor veröffentlichte mehrere interessante Alben und tut es wohl noch. Das Label hat sich aber wohl übernommen – zu viele Künstler und letzlich zu wenig Erfolg. Sehr schade.

    --

    When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)
    #2455629  | PERMALINK

    tops
    This charming man

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 3,598

    @ otis

    Da ich seit zwei Runden nicht mehr hier war in meinem Fave Thread, nur soviel: sehr ausgeglichen, alle würdig. Mein Ranking:
    1. SDQ
    2. Hollies
    3. Eric
    4. Who
    5. B & S
    6. Berry
    7. Turtles
    8. S & G
    9. Fourmost
    10. Bass
    11. Lindt
    12. Chairs
    Zu letzterem: der Terminus ist „Punkette“.
    Zu den Outlaws: Blackmore spielte für den späten Meek oft jene Rolle, die John Paul Jones für Andy Oldhams Produktionsübungen spielte: die des begabten, ideenreichen Demo-Fertigers und Aushilfe-Musikers. Ist schon traurig, daß beide später für das Gegenteil berühmt wurden, nämlich für Dimpfel-Rock.
    Zu „Miles“: hier bist Du Dir mit Mikko einig, mit mir nicht.
    Feine Texte wieder. Weitermachen.

    --

    #2455631  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Thx, Tops für die Info bzgl. Meek.
    Besonders freut mich deine Wertung für Doug Sahm. Es ist ja nicht so, dass diese Platte überall diesen Stellenwert hat. Ebenso, dass du Wreckless Eric so hoch wertest.
    Die Fourmost hätte ich vor S&G erwartet.
    Da fällt mir ein, dass ich meine Top 100 noch aktualisieren muss.

    --

    FAVOURITES
    #2455633  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Mistadobalina
    Meine Walker-Single ist wie bei dir eine niederländische Pressung. Ich habe sie Anfang der 70er auf einem Grabbel-Tisch in einem Kaufhaus entdeckt. Weißt du, ob es auch eine deutsche Pressung gibt?

    Ich hatte oben falsch geantwortet, hatte es nicht besser gewusst. Es soll doch deutsche Pressungen von den meisten 60s-John Walker Singles geben. Quelle: Single-Preiskatalog. Die 4, die ich habe, sind alle NL.

    --

    FAVOURITES
    #2455635  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    1 The Rolling Stones: The Last Time
    2 Elvis Presley: Heartbreak Hotel
    3 The Clash: London Calling
    4 Bob Dylan: Like A Rolling Stone
    5 The Byrds: Mr. Tambourine Man
    6 The Beach Boys: Good Vibrations
    7 James Carr: The Dark End Of The Street
    8 Bobby Fuller Four: I Fought The Law
    9 The Rolling Stones: Paint It Black
    10 The Jimi Hendrix Experience: The Wind Cries Mary
    .
    37 Sir Douglas Quintett: She’s About A Mover
    .
    63 Belle & Sebastian: Lazy Line Painter Jane
    .
    95 Mike Berry: Tribute To Buddy Holly

    Die aktuelle Top 100 steht am Ende des Threads.

    --

    FAVOURITES
    #2455637  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Faves #46


    Petula Clark: Down Town / You’d Better Love Me 1965 D-Vogue

    Down Town dürfte 1965 weltweit einer der größten Hits des Jahres gewesen sein. Im UK zwar nur Nr. 2, dafür aber 15 Wochen in den Charts, ansonsten beinahe überall Nr. 1. Unnötig hinzuzufügen, dass das Jahr voll war von Singles, die für sich einen kleinen Ewigkeitsanspruch in Anspruch nehmen können.
    Down Town also. Zunächst war ich etwas unsicher, ob ich die Single hier präsentieren sollte, war mir der Song als Noch-Kind damals doch so sehr ans Herz gewachsen, dass der Gedanke an eine Vorstellung hier zunächst mit ziemlichen Selbstzweifeln besetzt war. Aber dann habe ich sie wieder aufgelegt.
    Ja, man höre einfach nur hin. Es gibt kaum perfektere Pop-Songs! Welch ein wunderbarer Aufbau, welche Dynamik, welch ein Arrangement. Diesen Song kann man wahrscheinlich ebenso wenig covern wie z.B. San Francisco (obwohl sich Petula als eine der wenigen daran versucht hat und gescheitert ist). Hier sind Song und Aufnahme einen unübertroffene Einheit.
    Das beginnt mit dem einfachen, aber so zwingenden Piano-Intro, den Steigerungen zwischendurch, den Breaks, die rhythmisch um einiges komplexer als der Rest die Höhepunkte danach umso wirkungsvoller erscheinen lassen. Toll auch der Schluss mit der beinahe Free Jazz-mäßig gespielten, gestopften Trompete. Besser geht es kaum, vom Songwriting wie vom Arrangement her.
    Was fehlt zur Top 10 oder ewigen Top 100? Es ist eine perfekte, unglaublich brillante Aufnahme, aber sie berührt mich nicht im tiefsten Innern; obwohl auch sie von den Stunden des Suchens handelt, vom Hinaus-in-die-Welt, vom Nicht-mehr-warten-wollen, von der Sehnsucht nach Leben und ihrer zeitweisen Erfüllung.
    Aber Down Town war nicht Satisfaction, es stand für nichts, es hatte keine wirkliche Bedeutung, es war einfach nur toll anzuhören. Doch auch das sollte man anerkennen können.
    (·) Noch häufiger zu bekommen, auch in einer von P. Clark dt. gesungenen Aufnahme. Da ist der Text aber deutlich schlechter, wenn ich mich recht erinnere.


    Hazeldine: Tarmac / Apothecary 1996 US-Cherry Smash

    Nachdem diese Platte letztens in Roots lief, habe ich alles daran gesetzt, sie zu bekommen, hatte ich doch den Eindruck, dass sie Apothecary noch weitaus besser in Szene setzt als die LP-Version. Leider habe ich das Album nicht mehr; hatte es als CD, die mir bei einem Autoeinbruch gestohlen worden ist. Seitdem warte ich darauf, eine Vinylausgabe zu finden. Gibt es die überhaupt? Ich hätte die Aufnahmen des Albums gar zu gern mit denen dieser Single genauer verglichen. Nun denn, der direkte Vergleich ist mir derzeit nicht möglich, aber der überragenden Qualität dieser Platte tut das ohnehin keinen Abbruch.
    Besonders Apothecary halte ich in dieser Ur-Version für einen der besten Alt-Country-Tracks ever. Unglaublich diese Ruhe, die Dichte, die sich langsam auf- und abbaut, dieser wunderbare Flow, der aus einem Song ein Ereignis macht.
    Tarmac ist vom Rhythmus her wesentlich straighter, zupackender. Deshalb wohl als a-side ausgewiesen, steht aber für mich deutlich hinter Apothecary zurück. Dennoch große Klasse und aus der Erinnerung heraus ebenfalls besser als auf LP.
    Achtung mit 33 UpM zu spielen.

    (·) Eine grandiose Debüt-Single. Ich habe sie für nur 4 $ in den Staaten bekommen. Schaut euch danach um, vielleicht ist sie noch irgendwo aufzutreiben. Absolut lohnend.


    Joy Division: Love Will Tear Us Apart // These Days / Love Will Tear Us Apart 1980 Portugal-Factory

    Joy Division hatte von Beginn an viel Publicity, so dass ihre erste EP An Ideal For Living schon nach kurzer Zeit nicht mehr zu bekommen war, weshalb sie bald nachgepresst wurde oder als Bootleg („Warsaw“) auf den Markt kam. Beide Ausgaben sind sehr gesucht und teuer. Ian Curtis galt mit seiner Band nach dem Abflauen der ersten Punkwelle als das ganz große neue Ding. Und irgendwo setzte er die No Future-Stimmung mit seinen Songs ja auch fort, wenn auch musikalisch ganz anders.
    Ihre Singles (obige, Transmission, Atmosphere und She Lost Control) gehören für mich zur Creme dessen, was die ausgehenden 70s zu bieten hatten. Diese ist ihre größte.
    Sie bringt all das in drei Minuten auf den Punkt, was die Band ausmachte. Düstere, repetitive Sounds mit melodischen Floskeln, die für mich auch immer ein gehöriges Maß an Wärme ausstrahlten. Ziemlich einzigartig, wie der Bass in diesem Song die führende Rolle übernimmt und immer wieder das kurze, melodisch abfallende Thema spielt, das den Song ausmacht. Mehr ist da nicht, mehr kann nach Lage der Dinge auch kaum sein, dennoch ist es so überzeugend und auch so würdevoll stark, dass es nicht in den Kopf will, dass Ian Curtis trotz dieser großartigen Musik nicht überleben wollte.
    Ja, ich fand ihre Musik schön und Bekannte, die die Band in Amsterdam erlebt hatten, schwärmten von einem der besten Konzerte ever.
    Bemerkenswert an meiner portugiesischen Pressung, dass sie auf der Rückseite eine Alternativ-Version des Titelstücks enthält. Auf dem Cover finden sich aber weder Hinweise darauf, noch auf die Herkunft der Aufnahme. Weiß jemand mehr?
    Nach Curtis´ Tod machte die Restband unter dem Namen New Order bis heute weiter und hatte mit Blue Monday damals sehr schnell einen Riesenhit.

    (·) Ein Indie-Hit. Also wohl leicht zu bekommen.

    --

    FAVOURITES
    #2455639  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557


    The Wingdale Community Singers: Give It A Kiss / My Les Paul 2005 UK-Agenda

    Ich habe hier noch nie eine Platte vorgestellt, die erst ein paar Wochen im Handel ist. Diese soll es mir wert sein. Sie bietet eine ganz seltsame Mischung aus Folk und einem Hauch Avantgarde.
    Hinter dem seltsamen Namen verbergen sich David Grubbs (ex-Gastr Del Sol, Red Krayola u.a.), Hannah Marcus und Rick Moody, ein recht bekannter Autor in den Staaten. Damit ist schon angedeutet, die Band kommt aus New York, genauer aus Brooklyn. Als ich die Platte zum ersten Mal hörte, wäre ich jede Wette eingegangen, dass es Engländer sein müssten, die solche Musik in die Welt setzen. Seitdem habe ich mittels Google einiges mehr erfahren.
    Give It A Kiss ist modern-folk der besonderen Art, wie ihn etwa auch Will Oldham in seiner unnachahmlichen Weise draufhat. Die Wingdales aber verzichten völlig auf verstörende Elemente: I touch the black of the tea, I see a beautiful thing, I wanna give it a kiss. In dieser Art werden wir textlich herausgefordert und das Gitarrenarrangement mit Vocals aus verschollenen Gegenwelten und unendlichen Melodielinien lassen eine Lichterkette musikalischer Schönheit erstrahlen, die nie zu Ende gehen möge. Folk seiner unmittelbaren Aussagekraft beraubt, aber in der Wirkung jene Direktheit und Wärme vermittelnd, die ihm eigen sein können. Wunder-, wunder-, wunderschön.
    Und kein bisschen weniger wertig My Les Paul. Songs dieser Klasse scheinen sie aus dem Ärmel zu schütteln, so dass man sie gar als non-LP-Track auf die Rückseite verbannen kann. My Les Paul ist natürlich eine Ode auf eben diese Gitarre. Und so hat sie auch am Schluss ihren Auftritt, einen mit recht samtenem, aber sehr bestimmtem Fuzz.
    Musik für alle Freunde von alt-Folk bis alt-Country. Unglaublich schön. Für mich bislang Single des Jahres.

    (·) Die Single ist derzeit auch in D über Rough Trade erhältlich. Seit Mai ist auch ein CD-Album auf dem Markt. Habe es noch nicht gehört. Weiß jemand, ob es noch als Vinyl erscheinen wird?


    The Drifters: Save the Last Dance For Me / Nobody But Me 1960 D-atlantic

    Die Drifters haben seit 1953 von sich reden gemacht. Zunächst eine relativ kurze Zeit mit dem großartigen Leadsänger Clyde McPhatter, dann ab 1959, nach einer ziemlich kompletten Umbesetzung, eine Zeitlang mit Ben E. King als Leadsänger. Aus dieser Ära ist Save The Last Dance For Me ihr größter und langlebigster Hit. Leicht südamerikanisch angehaucht arrangiert, wie es Mode damals war, singt Ben E. King diesen Pomus/Shuman-Song derart unnachahmlich, dass der millionseller nicht ausbleiben konnte.
    An dieser Aufnahme und seinen Coverversionen ist wunderbar zu studieren, was musikalische Klasse ist und wo sie aufzuhören pflegt. Hier ist nichts überzogen, hier wird nichts überdehnt, alles ist musikalisch dezent angedeutet, dennoch ungemein drängend und fordernd. Selbst das großartige Streicherintermezzo macht keine Kompromisse und unterstreicht die aufgeregte Mischung aus Eifersucht und Erwartungshaltung. Kein Zweifel, was dem erbetenen letzten Tanz noch folgen soll.
    Manches Ohr mag sich das Arrangement an vielen Stellen „schöner“ und vom Tempo her langsamer ausgespielt vorstellen können und es wurde ja auch von diversen Coverversionen in dieser Art „bestens“ bedient, aber diese Aufnahme ist und bleibt unübertroffen.
    Auch Nobody But Me ist ein ganz feiner Track.
    (·) Ein Hit, dennoch als deutsche Atlantic nicht ganz leicht zu bekommen. Meine klingt zwar gut, muss aber wegen des Schriftzuges auf dem Label noch unbedingt ersetzt werden.


    The Jimi Hendrix Experience: Hey Joe / Stone Free 1967 D-Polydor

    Es muss nicht viel gesagt werden. Welch ein Gitarren-Intro, welch ein Debüt! Unverändert und absolut begeisternd bis heute: die Vocals, die ungeheure Dichte der Aufnahme, die so zeitverhafteteten Backgroundvocals, die dem Ganzen dennoch eine unnachahmliche Tiefe geben, und die, bei aller Dichte, wahnsinnig durchsichtige Produktion. Dabei rede ich von der Mono-Aufnahme der Single!
    Welch eine Aufnahme! Eine musikalische Tour de Force, eine grandiose Steigerung ins irgendwann nicht mehr Steigerbare. Wir kennen andere Versionen, frühere und spätere von Hey Joe. Aber keine hat auch nur annähernd diesen tödlichen Eifersuchtswahn derart musikalische Wirklichkeit werden lassen wie Hendrix. Hier finden schwarze Direktheit und Emotionalität und weißes Form- und Strukturbewusstsein zu einer musikalischen Einheit, die kaum je wieder so erreicht worden ist. Und das alles zu einer Zeit, als andere sich abmühten mit irgendwelchen dubiosen Kapellen eines Herrn Pfeffer und krähenden Hähnen frühmorgens.

    (·) Nach wie vor relativ leicht zu bekommen.

    --

    FAVOURITES
    #2455641  | PERMALINK

    otis
    Moderator

    Registriert seit: 08.07.2002

    Beiträge: 22,557

    Today’s Tops:

    1 Hendrix
    2 Joy Divison
    3 Hazeldine
    4 Clark
    5 Drifters
    6 Wingdale (die Konkurrenz ist einfach zu stark)

    --

    FAVOURITES
    #2455643  | PERMALINK

    tops
    This charming man

    Registriert seit: 04.05.2003

    Beiträge: 3,598

    @ Otis

    Die Hazeldine-Sides ($4 ist geschenkt) unterscheiden sich deutlich von den späteren (CD-only) Album-Versionen und sind um Klassen besser (dichter, intensiver, schöner). „Apothecary“ ist in der 45er Fassung überhaupt das beste von dieser von mir sehr geschätzten Band.
    Mein Ranking diesmal:
    1. Hendrix
    2. Hazeldine
    3. Clark
    4. Division
    5. Drifters
    6. WCS
    Schön, daß Du nun auch aktuelle Singles berücksichtigst. Und immer noch nichts von den Pfeffermilitärs und ihren krähenden Hähnen.

    --

    #2455645  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
    -

    Registriert seit: 15.05.2005

    Beiträge: 87,241

    Mit „Down town“, „Love will tear us apart“ und vor allem „Save the last dance for me“ hast Du diesmal gleich drei meiner absoluten Favoriten dabei. Wie immer sehr gut beschrieben.

    --

    #2455647  | PERMALINK

    art-vandelay

    Registriert seit: 07.10.2005

    Beiträge: 3,382

    Ich schließe mich an: Lesen & Gucken: Sehr schön :-)

    otis
    Joy Division: Love Will Tear Us Apart // These Days / Love Will Tear Us Apart 1980 Portugal-Factory
    Bemerkenswert an meiner portugiesischen Pressung, dass sie auf der Rückseite eine Alternativ-Version des Titelstücks enthält. Auf dem Cover finden sich aber weder Hinweise darauf, noch auf die Herkunft der Aufnahme. Weiß jemand mehr?

    Wie bei Factory Records üblich, ist die Cover- und Labelbeschriftung ausbaufähig bis rätselhaft ;-)
    Hier das, was ich auf die Schnelle rausgesucht habe:

    LOVE WILL TEAR US APART
    Factory FAC23 (1981) [7″ + 12″]

    1. Love Will Tear Us Apart
    2. These Days
    3. Love Will Tear Us Apart

    Track 1 recorded in March 1980 at Strawberry Studios, Stockport.
    Tracks 2 and 3 recorded in January 1980 at Pennine Sound Studios, Oldham

    --

Ansicht von 15 Beiträgen - 571 bis 585 (von insgesamt 1,095)

Schlagwörter: , , , ,

Du musst angemeldet sein, um auf dieses Thema antworten zu können.