Otis´ 7" Faves

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  • #2455439  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

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    otisDie meisten würden die Preacher Man vorziehen. Sie stehen ja auch noch eng beieinander. Mal sehen. Das Problem ist immer die augenblickliche Euphorie, wie ich gelernt habe.

    Ich auch. Aber das kommt von der Euphorie. 14 Tage Urlaub und keinen Zugang zu Musik außer der „Spassmusik“ am Strand. Und dann spielen sie im Restaurant plötzlich Preacher Man…

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    If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.
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    #2455441  | PERMALINK

    otis
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    Faves #38


    Mark Beer: Pretty / Per(version) 1981 UK-Rough Trade

    Ganz klar in meiner Top 100. Keine Diskussion! Mag sie auch noch so unerkannt und unbekannt und unbedeutend sein. Diese Single ist schlicht großartig. Für viele sicher nicht besser als anderes, aber für mich Liebe auf den ersten Blick. Ich gestehe, sie damals nur wegen des Covers gekauft zu haben; zu Zeiten noch, als Rough Trade für eher rauere musikalische Ware stand. Doch als ich die Platte auflegte und mich 3 Minuten lang schiere Schönheit umzauberte, hatte sie für immer gewonnen.
    Mark Beer war von Hause aus Bassist, was wohl der Grund dafür war, dass sein Instrument absolut führend hier ist, was ja selten genug vorkommt. Das mag auch den besonderen Reiz dieser Platte letztlich ausmachen: ein recht redseliger Bass, ganz wenige Base-Drumschläge nur, Rhythmusgitarre und ein leicht verfremdetes Klavier mit sehr vereinzelten Akkorden. Das ganze Arrangement ist also extrem luftig und durchsichtig. Darüber nun ein eher trockener, wenig phrasierender, aber hochmelodischer Gesang, der von einem engelhaften Mädels-Chor ergänzt wird. Unglaublich pretty. Pretty, pretty. Einer der kleinen Höhepunkte z.B. the sweet little kiss oder die leichte Dramatik, als Bowie´s Heroes ins Spiel kommen. Das Ganze also gedacht als musikalische Umsetzung des Warhol´schen Satzes von den 15 Minuten Berühmtheit.
    Die Rückseite enthält eine Zerlegung der A-Seite in ihre Einzelteile. Jedes Soundelement wird isoliert und mit den anderen linear neu kombiniert. Also ein Nacheinander, kaum Gleichzeitigkeit. Hört sich sehr dekonstruktivistisch und kopfig an, ist aber trotzdem schön, wenn man die A-Seite kennt.

    (·) Neben dieser Single, die sicher keine Top-Rarität ist (wer sammelt schon Mark Beer), hat Beer auch noch eine LP gemacht Dusty On The Road. Ich habe sie einmal gehört, aber leider nicht mehr richtig im Kopf. Weiß jemand mehr über den Mann?


    P.J. Proby: Hold ME / The Tip of My Finger 1964 UK-Decca

    Wenn ich an P.J. Proby Denke, fällt mir immer wieder Nik Cohn´s Buch A WopBopaLooBop… ein, in dem er auf eine extrem subjektive, aber überaus suggestive Weise seine Geschichte der Rockmusik bis zum Ende der 60s erzählt. So eigen es sein mag, aber es ist durchaus lesenswert und sein Portrait von Proby ist sehr nah dran am Gegenstand. Er schildert ihn als leicht überspannten Amerikaner, der dann auch in England sein Glück versucht und an allem und niemandem scheitert, außer vielleicht an sich selbst. Und, dass er auf der Bühne schier fantastisch war. Ein wenig davon (auch von seiner Überspanntheit) kommt in Hold Me zum Ausdruck. Ich liebe es sehr. Da passt alles, seine wirklich gute Stimme, das leicht trashige Arrangement mit reichlich Drums-Blech und Fuzz-Gitarre (ja, ´64 schon!) und die großen, beinahe schon überzogenen Gesten des Songs. Einfach wunderschön.
    The Tip Of My Finger bekommt diese Ausgewogenheit schon nicht mehr ganz so gut hin, aber es bleibt dennoch ein schöner kleiner Song, der nirgendwo ins Gigantische abdriftet, obwohl er Gelegenheit dazu hätte.
    (·) Es gibt auch eine dt. Version mit Sleeve von dieser Single auf Decca. Sehr selten.


    Cathy Davey: Cold Man´s Nightmare / Some Things I Can´t Have 2004 UK-Regal

    Es gibt Singles, die einen auf Anhieb packen, weil sie aus Altem etwas Neues machen und damit ganz genau recht haben. Wie Oasis damals oder die Libertines mit What A Waster vor ein paar Jahren. Und es gibt Singles, wie diese hier, die Altes auf die Spitze treiben. Denn genauso hätte die A-Seite in gewisser Weise eigentlich schon vor 20 Jahren erscheinen können oder vor 30, aber sie erschien erst vor einigen Monaten und sie ist dennoch schlichtweg großartig. So etwas ist dann wohl Pop, der die Zeiten überdauert.
    Ich weiß nichts über Cathy Davey, will auch nicht googeln. Auch scheint das Cover mir kaum die Musik widerzuspiegeln. Denn, was sich hier darbietet, ist Girlpop, der kaum besser, schöner und definitiver sein könnte. Da ist alles drin von Francoise bis Blondie, von den Young Marble Giants bis Beth Gibbons. Das alles untergründig natürlich nur.
    Ein toller Song also mit fantastischer Melodieführung auf der A-Seite und allen Girlpop-Zutaten, die das Ohr schmelzen lassen. Auf der Flipside findet sich ein eher zurückhaltendes, fragiles Gebilde; Triphop ohne Beat. Ganz großartig das alles.
    (·) War nicht ganz einfach, die Single zu bekommen, wenn man nicht zu Anfang dabei war.
    Nicht anders als bei den meisten neueren 7“s, denen man manchmal lange nachlaufen muss, sie zu bekommen. Und dann meist nur zu hohen Preisen. Unbedingt zulangen, wenn sie auftaucht.

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    #2455443  | PERMALINK

    otis
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    Aretha Franklin: See Saw / My Song 1968 D-Atlantic

    Warum My Song auf die Rückseite verbannt wurde, ist mir schleierhaft. Eine der besten Flips aller Zeiten. Sicher kein Mainstream-Track. Dafür ist es zu balladig, zu komplex, zu fein. Aber ein wunderbarer Song, zurückhaltend angelegt und grandios gesungen. So mag ich Aretha´s Vocals unglaublich gern. Der Track ist damals non-LP gewesen.
    Don Covay´s Klassiker See Saw mag als A-Seite für die Verantwortlichen aussichtsreicher gewesen sein, konnte aber nicht allzu viel in den Charts ausrichten. Tolle Aufnahme, keine Frage, aber das Highlight ist My Song.
    (·) Meine Platte ist ok, das Sleeve nicht. Aber meine Versuche, ein etwas besser erhaltenes Exemplar zu bekommen, scheiterten bislang. Die Single scheint auf mittlerem Niveau also einigermaßen gesucht.


    The Revillos: Motor Bike Beat / No Such Luck 1980 UK-dindisc

    Zuerst waren sie die Rezillos, dann wurden sie die Revillos und machten u.a. diese wunderbar überdrehte Single. B-52s auf Speed. Biker ohne Mod-Alarm. Cool ohne Pose. Post-Post-Punk mit feinstem Girls-Background, welchen die fantastischen „Revettes“ abliefern. Und natürlich Motorradgeräuschen. Erkennt jemand das Moped auf dem Cover, eine alte Triumph? Jedenfalls hat das gute Teil ganz am Ende der Platte wohl den letzten Atemzug getan. Toll gemacht.
    Die Rückseite ist noch etwas härter und weniger songhaft melodisch. Aber in ihrer Atemlosigkeit kaum weniger klasse.
    (·) Sicher nicht häufig, aber gewiss nicht sonderlich gesucht.


    Casey Jones & The Engineers: Don´t Ha Ha / Long Gone Train 1965 D-bellaphon
    Casey Jones & The Governors: Don´t Ha Ha / Nashville Special 1965 D-Golden 12

    Anfang der 60er zog es Beatbands, wie die Beatles und viele andere, über den Kanal, weil sie hier, im Vergleich zum Heimatland, unglaublich viel Geld verdienen konnten. Die Clubbesitzer zahlten z.T. extrem hohe Monatsgagen (10000 Mark und mehr), was der Verlockung genug war. Eine der Bands, die dann hier blieb, waren Casey Jones und seine Leute. Die bewegte Geschichte hinter ihnen will ich hier nicht ausführen, obwohl interessant genug, reicht sie doch in die Frühzeit des Liverpool-Beat zurück. Spannend aber ist auch die parallele Existenz der beiden obigen Singles. Sie waren mehr oder minder gleichzeitig erschienen und, obwohl die Band bei Bellaphon seit fast zwei Jahren unter Vertrag war, schaffte es die Golden 12 zur Nr.1 bei uns. Bellaphon, die Mutterfirma, ging einigermaßen leer aus. Zu Casey Jones (=die alte US-Lok) passten die Engineers im Bandnamen, jedenfalls wesentlich besser als jene Governors, die ihnen Golden 12 als Beinamen aufgedrückt hatte.
    Zur Musik: Don´t Ha Ha ist die ausgesprochen gelungene, beat-mäßige Umsetzung des New Orleans-Klassikers von Huey Piano Smith: Don´t You Just Know It, den ich ziemlich am Anfang mal hier besprochen habe. Casey Jones singt toll, er muss ein guter Entertainer gewesen sein. Das Ganze hat einen gehörigen Drive und es macht einfach Spaß zuzuhören, auch z.B. das Zusammenspiel mit dem Background-Chor. Eine tolle Beat-Party, wo bei Huey Smith New Orleans angesagt war.
    Die Bellaphon-Aufnahme gefällt mir vom Musikalischen her deutlich besser, da sie differenzierter ist und so z.B. einen tollen Bass hören lässt. Die Golden 12 ist etwas trashiger und mehr partymäßig mit handclaps etc..
    Beide Flipsides enthalten Train-Songs, die ebenfalls nicht zu verachten sind. Long Gone Train ist ein wunderbares, kleines Stückchen Beat, das sicher seine Vorbilder hat, aber durchaus so eigenständig ist, dass es musikalisch gesehen die A-Seite noch aussticht.
    Nashville Special dagegen ein Instrumental mit feiner Harp, aber auch mit dem Party-Charakter der A-Seite.
    Casey Jones-7“s (auch Yockomo, Jack The Ripper) habe ich etwas später auf unseren selbstorganisierten Music-Party-Events immer wieder gern aufgelegt, hatten sie doch einen Trash, der zu jener Zeit schon etwas verloren gegangen war.
    (·) Kein großes Problem, die Golden 12 zu bekommen. Die Bellaphon ist deutlich seltener.

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    #2455445  | PERMALINK

    otis
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    Today´s Tops:
    1 Beer
    2 Aretha
    3 Cathy Davey
    4 Revillos
    5 Proby
    6 C. Jones

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    #2455447  | PERMALINK

    mikko
    Moderator
    Moderator / Juontaja

    Registriert seit: 15.02.2004

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    Ich freue mich jedes Mal wieder, Otis.
    Mit Cathy Davey habe ich auch was Neues entdeckt. ;)
    Hab schon gleich mal bei Ebay geschaut. Ist aber nichts da.
    Mark Beer – ich erinnere mich, aber nur dunkel.
    PJ Proby, Aretha, Casey Jones – alles gut!
    Und die Revillos – ganz ganz prima!

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    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
    #2455449  | PERMALINK

    mistadobalina

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    P.J. Proby ist eindeutig hier mein Favorit. „Hold me“ ist toll, ich mag „I Can’t make it alone“ auch sehr gern. Ich hatte mal eine Liberty-Single, wo auf der einen Seite Gary Lewis & his Playboys drauf war (ich glaube „This Diamond Ring“) und auf der anderen Seite merkwürdigerweise P.J. Probys „Somewhere“, was mich als Kind irgendwie schwer verwirrte. Vor allem seine Interpretation. :)

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    When I hear music, I fear no danger. I am invulnerable. I see no foe. I am related to the earliest time, and to the latest. Henry David Thoreau, Journals (1857)
    #2455451  | PERMALINK

    mistadobalina

    Registriert seit: 29.08.2004

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    Mark Beer kenne ich leider überhaupt nicht.

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    #2455453  | PERMALINK

    herr-rossi
    Moderator
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    Registriert seit: 15.05.2005

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    MistadobalinaP.J. Proby ist eindeutig hier mein Favorit.

    Dann wird Dich die Dusty-DVD umso mehr freuen, der wird nämlich auch interviewt. Ich kenne seine Musik bislang gar nicht.

    PS: Stimmt, die „Somewhere“-Version hab ich irgendwo. Die hat mich allerdings auch eher verwirrt.

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    #2455455  | PERMALINK

    mistadobalina

    Registriert seit: 29.08.2004

    Beiträge: 20,833

    P.J. Proby pflegte auf der Bühne öfter mal seine Samthosen platzen zu lassen. Das hat auch viele Leute verwirrt.

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    #2455457  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    Revillos/Rezillos waren klasse!
    Die Rezillos gibt es übrigens wieder. Touren regelmäßig in UK, mehr oder weniger in der Originalbesetzung. Sogar mit dem alten schlagzeuger, der inzwischen Architekt ist und in Bremen wohnt.

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    #2455459  | PERMALINK

    otis
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    Registriert seit: 08.07.2002

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    Schön dass es Proby-Fans hier gibt. die erste Lp finde ich recht gelungen. Aber, Mista, die Sache mit seinen geplatzten Samthosen ist nicht allzu oft vorgekommen, da die Tournee dann abgebrochen wurde.

    Hier die neue Top 100. War heute sparsam mit den Plätzen, obwohl die Singles alle sehr gut sind. Und Aretha vor Cathey macht mir noch Kopfschmerzen. ;)

    1 Elvis Presley: Heartbreak Hotel
    2 The Clash: London Calling
    3 The Beach Boys: Good Vibrations
    4 The Byrds: Mr. Tambourine Man
    5 Bob Dylan: Like A Rolling Stone
    6 James Carr: The Dark End Of The Street
    7 Bobby Fuller Four: I Fought The Law
    8 The Rolling Stones: Paint It Black
    9 The Jimi Hendrix Experience: The Wind Cries Mary
    10 The Beach Boys: I Get Around
    .
    27 Mark Beer: Pretty

    --

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    #2455461  | PERMALINK

    otis
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    Faves #39


    The Waves: The Nightmare / Hey War Pig 1982 UK-Armaggedon

    Die Softboys trennten sich 1981, zumindest waren die beiden wichtigsten Musiker der Gruppe (Robyn Hitchcock, Kimberley Rew) seitdem eigene Wege gegangen. Während Hitchcock eine Solokarriere startete, die auf die Unterstützung ehemaliger Softboys zählen konnte, tat sich Rew mit den Waves zusammen, die mit Katrina Leskanich eine Frontsängerin hatten, deren Name bald in den Bandnamen aufrücken sollte. Ich habe an anderer Stelle schon ihr Going Down To Liverpool (von den Bangles gecovert) erwähnt. Hier nun eine noch frühere Single der Waves, als sie noch eine Kimberly Rew-Band waren. Beide Songs sind auch von ihm geschrieben.
    Nightmare ist ein kassischer früher Waves-Song wie Atomic Rock´n Roll oder Machine Gun Smith, druckvoll und straight nach vorn gespielt. Das Kleinod aber ist die B-Seite. Ich bin mir nicht sicher, ob es damit zu tun hat: aber 1982 war das Jahr des Falkland-Krieges und dies mag für Rew Anlass genug für diesen eigenartigen Anti-Kriegssong gewesen sein. Hey you war pig, hey you pig, don´t kill my kid. Dieses Wenige an Text wird gebetsmühlenartig mit einer eingängigen Endlosmelodie wiederholt, nur einmal kurz unterbrochen von einem kleinen Solo, sonst nichts. Dennoch ist der Song in sich überaus stimmig und in seiner vordergründigen Naivität überaus wirkungsvoll. Ich mag ihn sehr.

    (·) Wahrscheinlich recht selten, aber wohl kaum sonderlich gesucht.


    The Who: Substitute / Waltz For A Pig 1966 D-Polydor International

    Bisher kam von The Who nur die Lily hier zur Sprache, aber sie haben natürlich noch ein paar mehr ganz großartige Singles gemacht. So wird wohl auch die eine oder andere am Ende unter den besten 100 sein. Mindestens drei Kandidaten dafür stehen noch aus. Eine davon ist Substitute.
    I was born with a plastic spoon in my mouth. Ersatz, Unechtes, Unwahres in unwahren Welten, davon handelt der Text. Nur die Musik spricht eine andere Sprache, schnörkellos und eindeutig lässt sie hinter den alltäglichen Ersatzhandlungen eine Welt erahnen, die mehr sein kann als nur substitute. Intelligent gemacht, toller Songaufbau und vor allem musikalisch absolut überzeugend. Der Bass Entwistle´s muss besonders erwähnt werden, wie er in der Mitte des Songs pumpt und arbeitet, das hat eine ganz eigene Wahrheit.
    Über die Flip und ihre Bedeutung können sicher die Who-Experten mehr sagen. Ein Instrumental, das wohl nur ansatzweise von der Band selber eingespielt wurde, beinahe orchestral mit Sax und Hammond. Aber wieder ein unglaublicher Bass.
    My Generation fand ich damals toll, Substitute habe ich geliebt.
    (·) Hatten sie ihre Singles zuvor noch in der Decca-Gruppe (incl. Brunswick) veröffentlicht, war Substitute die erste für Polydor/Reaction. In D erschien sie als einzige Who-Single auf dem relativ kurzlebigen, aber sehr wichtigen (schwarzen) Label Polydor International. Ihre Singles danach hatten dann das normale rote Polydor-Label. Polydor International-Singles sind recht gesucht (wie die Starclub- oder dt. London-Singles), diese Who-Single in mint erst recht.


    John Leyton: Johnny Remember Me / There Must Be 1962 D-Ariola

    Endlich habe ich diese Platte auch als dt. Pressung wieder hier stehen. Als ich in den späten 70ern anfing, intensiv all das an Singles aufzukaufen, was mir 10-15 Jahre zuvor mangels Geld nicht erreichbar gewesen war, war auch einiges dabei, was ich noch nicht kannte. Manches wurde beiseite gelegt oder gleich wieder verkauft, manches aber begeisterte mich auf Anhieb. Ich kannte Johnny Remember Me nicht bewusst aus den 60s, als ich es dann aber hörte, war es eine Entdeckung. Auf John Leyton´s „Johnny-Tick“ habe ich bei Lonesome Johnny schon hingewiesen, hier ist also der Auslöser.
    Englischer geht es nicht. Er denkt an seine dahingegangene Liebe und sie ruft sich ihm immer wieder geheimnisvoll und gespenstisch, dabei durchaus engelhaft, aus nebelverhangenen Mooren und durch das säuselnde Blattwerk der Bäume in Erinnerung: „Johnny, remember me“. Dazu eine treibende Rhythmusgruppe mit fantastischer Rhythmusgitarre (The Outlaws, die auch irgendwann einen Mann namens Blackmore in ihren Reihen hatten, weiß nicht, ob er hier schon dabei ist) und John Leyton´s Vocals, das Ganze trotz seines recht surrealen Charakters auf sehr eigene Weise zusammenhaltend. Grandios. So etwas konnte damals nur einer produzieren: Joe Meek: Vielleicht seine allergrößte Tat, die Single rangiert jedenfalls bei mir vor Telstar.
    Die Flipside ist etwas konventioneller gehalten. Leyton gibt den Cliff und die Backgrounddame(n) ihr zart gehauchtes „Lalalalala“ dazu. Sehr schön.
    (·) Die deutsche Single ist nicht häufig, dennoch habe ich sie letztens in sehr guter Erhaltung für nur 2 Euro zum MB bekommen. Eigentlich unglaublich. Ein Pic-Sleeve existiert wohl nicht dazu. Ein Muss!

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    #2455463  | PERMALINK

    otis
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    The Rolling Stones: Waiting On A Friend / Little T&A 1981 NL-EMI

    1981 hatte ich eigentlich längst keine Stones-Platten mehr gekauft, sondern mein Geld in anderes, für mich vermeintlich Spannenderes, Neueres investiert. Aber diese Single musste ich mir damals sofort zulegen, so sehr hatte sie mich, nachdem ich sie im Radio gehört hatte, berührt. Sie war zu schön, um wahr zu sein, und ist es bis heute geblieben. Eine ganz eigentümliche Gelassenheit und eine fast zärtliche Sanftmut gehen von ihr aus. Und wenn ich heute auf den Titel schaue, mag ich das Waiting On A Friend gern wörtlich und auf mich bezogen hören. :) Ja, es war eine Aufwartung mit dem Besten, was die Stones zu jener Zeit zu bieten hatten, von wann die eigentliche Aufnahme auch sein mag. Näheres kann man im Special im August-RS nachlesen.

    (·) Wohl x-mal häufiger als die Leyton oben, aber hundertmal gesuchter, deshalb wohl kaum für 2 Euro zu bekommen.


    Rita Pavone: Wenn ich ein Junge wär´ / Okay! Okay! 1963 D-RCA

    “Die Berliner Tonmeister trauten ihren Augen kaum, als Rita Pavone ins Studio kam: Vor ihnen stand eine (wie es heißt) 16jährige von 1,49 Meter “Größe” und 36 Kilo Gewicht – aber mit einer tollen Schlagerstimme.“
    Dies und noch einiges mehr über die kleine Italienerin steht auf der Rückseite der Hülle. Was dort Schlagerstimme genannt wird, hat es denn auch wirklich in sich. Das Mädel hat ein Organ, das musikalische Feinheiten kaum erwarten lässt, dennoch gibt es vereinzelt auch zartere Stellen. Aber sie will sich ja auch behaupten als Junge in einer Jungenwelt. Text und Arrangement sind für die damalige Zeit ziemlich einzigartig. Auch wenn einige typisch dt. Schlagerzutaten nicht ganz vermieden werden, so hat der Song doch einen Drive, der nur von ganz wenigen Songs damals erreicht wurde. Toller Bass, klasse Backgroundchor „wo-ahhhh“ und eben ein derart guter Text (G.Loose), dass Nina Hagen glaubte, den Song covern zu müssen. Meiner Erinnerung nach hat sie aber eine recht dümmliche Lesben-Strophe hinzugefügt.
    (·) 12 Wochen in den Top 10 in D, also keineswegs selten.


    Ray Charles: What´d I Say Part I /Part II 1959 (Abb. 1962 D-Atlantic)

    In dem Film “Ray” wird die Entstehung dieses Songs so erzählt, als sei er während einer Zugabe quasi als Adhoc-Komposition/Improvisation entstanden. Ich weiß nicht, ob das so haltbar ist, aber die Bedeutung der Single für die damalige Zeit wird dort dennoch schön deutlich. Da ist zum einen der Umstand, dass dies eine der ersten Singles ist, auf der der Titel-Track auf zwei Seiten verteilt wurde, weiterhin eine der ersten, auf der in dieser Form Publikumsreaktionen mitveröffentlicht wurden, übrigens geschickt gemacht das Ganze. Die erste Seite hört sich wie eine Studioaufnahme an, wo erst am Schluss des Songs (ge-fake-tes?) Publikum, das nach mehr verlangt, hörbar wird. Die zweite Seite blendet hier ein enthält dann aber wohl eine echte Live-Aufnahme mit Backgroundchor und ein paar schönen party-musikalischen Schmankerln, die dafür sorgten, dass auch diese Seite gehört wurde. Erwähnenswert noch das fantastisch gespielte elektrische Klavier, das in dieser Art bis dahin wohl so großartig kaum zum Einsatz gekommen war, mit dem unverkennbaren Riff.
    (·) Das dt. Atlantic-Label startete zwar 1959, What´d I Say ist aber hier zunächst auf einer London-Single veröffentlicht worden. Obige wurde dann ´62 auf Ray Charles´ Mutterlabel Atlantic in D veröffentlicht, als er dieses längst verlassen hatte. Dennoch ein schönes Stück Musikgeschichte, welches noch einigermaßen leicht zu bekommen ist.

    Today´s Tops:
    1 The Who
    1 John Leyton
    3 The Rolling Stones
    4 Ray Charles
    5 The Waves
    6 Rita Pavone

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    #2455465  | PERMALINK

    mrsgarthi

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    otis


    Rita Pavone: Wenn ich ein Junge wär´ / Okay! Okay! 1963 D-RCA

    Eigentlich bin ich hier ja nur stiller Mitleser und möchte nicht dazwischen reden. Aber hier kann ich nicht anders! Einen wunderbaren Schatz hast Du da.

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    Yet there's no one to beat you, no one t' defeat you, 'Cept the thoughts of yourself feeling bad.
    #2455467  | PERMALINK

    mikko
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    Moderator / Juontaja

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    Tolle Auswahl! Langsam wird’s spannend.
    The Waves sind mir damals offenbar durch die Lappen gegangen. Wird wohl nicht leicht sein, die aufzutreiben.
    Die Rita Pavone Single suche ich jetzt auch schon einige Zeit vergeblich. Früher hab ich so was immer stehen lassen. Tja, die Zeiten und Präferenzen ändern sich.
    Dass es „Waiting On A Friend“ als Single gibt wusste ich gar nicht.

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    Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!
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