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Faves #39
The Waves: The Nightmare / Hey War Pig 1982 UK-Armaggedon
Die Softboys trennten sich 1981, zumindest waren die beiden wichtigsten Musiker der Gruppe (Robyn Hitchcock, Kimberley Rew) seitdem eigene Wege gegangen. Während Hitchcock eine Solokarriere startete, die auf die Unterstützung ehemaliger Softboys zählen konnte, tat sich Rew mit den Waves zusammen, die mit Katrina Leskanich eine Frontsängerin hatten, deren Name bald in den Bandnamen aufrücken sollte. Ich habe an anderer Stelle schon ihr Going Down To Liverpool (von den Bangles gecovert) erwähnt. Hier nun eine noch frühere Single der Waves, als sie noch eine Kimberly Rew-Band waren. Beide Songs sind auch von ihm geschrieben.
Nightmare ist ein kassischer früher Waves-Song wie Atomic Rock´n Roll oder Machine Gun Smith, druckvoll und straight nach vorn gespielt. Das Kleinod aber ist die B-Seite. Ich bin mir nicht sicher, ob es damit zu tun hat: aber 1982 war das Jahr des Falkland-Krieges und dies mag für Rew Anlass genug für diesen eigenartigen Anti-Kriegssong gewesen sein. Hey you war pig, hey you pig, don´t kill my kid. Dieses Wenige an Text wird gebetsmühlenartig mit einer eingängigen Endlosmelodie wiederholt, nur einmal kurz unterbrochen von einem kleinen Solo, sonst nichts. Dennoch ist der Song in sich überaus stimmig und in seiner vordergründigen Naivität überaus wirkungsvoll. Ich mag ihn sehr.
(·) Wahrscheinlich recht selten, aber wohl kaum sonderlich gesucht.
The Who: Substitute / Waltz For A Pig 1966 D-Polydor International
Bisher kam von The Who nur die Lily hier zur Sprache, aber sie haben natürlich noch ein paar mehr ganz großartige Singles gemacht. So wird wohl auch die eine oder andere am Ende unter den besten 100 sein. Mindestens drei Kandidaten dafür stehen noch aus. Eine davon ist Substitute.
I was born with a plastic spoon in my mouth. Ersatz, Unechtes, Unwahres in unwahren Welten, davon handelt der Text. Nur die Musik spricht eine andere Sprache, schnörkellos und eindeutig lässt sie hinter den alltäglichen Ersatzhandlungen eine Welt erahnen, die mehr sein kann als nur substitute. Intelligent gemacht, toller Songaufbau und vor allem musikalisch absolut überzeugend. Der Bass Entwistle´s muss besonders erwähnt werden, wie er in der Mitte des Songs pumpt und arbeitet, das hat eine ganz eigene Wahrheit.
Über die Flip und ihre Bedeutung können sicher die Who-Experten mehr sagen. Ein Instrumental, das wohl nur ansatzweise von der Band selber eingespielt wurde, beinahe orchestral mit Sax und Hammond. Aber wieder ein unglaublicher Bass.
My Generation fand ich damals toll, Substitute habe ich geliebt.
(·) Hatten sie ihre Singles zuvor noch in der Decca-Gruppe (incl. Brunswick) veröffentlicht, war Substitute die erste für Polydor/Reaction. In D erschien sie als einzige Who-Single auf dem relativ kurzlebigen, aber sehr wichtigen (schwarzen) Label Polydor International. Ihre Singles danach hatten dann das normale rote Polydor-Label. Polydor International-Singles sind recht gesucht (wie die Starclub- oder dt. London-Singles), diese Who-Single in mint erst recht.
John Leyton: Johnny Remember Me / There Must Be 1962 D-Ariola
Endlich habe ich diese Platte auch als dt. Pressung wieder hier stehen. Als ich in den späten 70ern anfing, intensiv all das an Singles aufzukaufen, was mir 10-15 Jahre zuvor mangels Geld nicht erreichbar gewesen war, war auch einiges dabei, was ich noch nicht kannte. Manches wurde beiseite gelegt oder gleich wieder verkauft, manches aber begeisterte mich auf Anhieb. Ich kannte Johnny Remember Me nicht bewusst aus den 60s, als ich es dann aber hörte, war es eine Entdeckung. Auf John Leyton´s „Johnny-Tick“ habe ich bei Lonesome Johnny schon hingewiesen, hier ist also der Auslöser.
Englischer geht es nicht. Er denkt an seine dahingegangene Liebe und sie ruft sich ihm immer wieder geheimnisvoll und gespenstisch, dabei durchaus engelhaft, aus nebelverhangenen Mooren und durch das säuselnde Blattwerk der Bäume in Erinnerung: „Johnny, remember me“. Dazu eine treibende Rhythmusgruppe mit fantastischer Rhythmusgitarre (The Outlaws, die auch irgendwann einen Mann namens Blackmore in ihren Reihen hatten, weiß nicht, ob er hier schon dabei ist) und John Leyton´s Vocals, das Ganze trotz seines recht surrealen Charakters auf sehr eigene Weise zusammenhaltend. Grandios. So etwas konnte damals nur einer produzieren: Joe Meek: Vielleicht seine allergrößte Tat, die Single rangiert jedenfalls bei mir vor Telstar.
Die Flipside ist etwas konventioneller gehalten. Leyton gibt den Cliff und die Backgrounddame(n) ihr zart gehauchtes „Lalalalala“ dazu. Sehr schön.
(·) Die deutsche Single ist nicht häufig, dennoch habe ich sie letztens in sehr guter Erhaltung für nur 2 Euro zum MB bekommen. Eigentlich unglaublich. Ein Pic-Sleeve existiert wohl nicht dazu. Ein Muss!
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