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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaHighlights von Rolling-Stone.deSo klingen die größten Schlagzeuger ohne ihre Band
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WerbungHab noch rasch durchs Handy gescrollt und oben ein paar wenige Fotos ergänzt – meistens bin ich so sehr mit Klatschen beschäftigt, dass ich eh nicht dran denke
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaNeue Konzertreihe Zürich – Zürich, Tonhalle, 5. November 2021
Cappella Andrea Barca
András Schiff Klavier & LeitungMOZART: Klavierkonzert Nr. 3 Es-Dur KV 271 „Jenamy“
SCHUBERT: Sinfonie Nr. 5 B_Dur D 485
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MOZART: Klavierkonzert Nr. 27 B-Dur KV 595Gestern das letzte Konzert von dem Urlaub (in dem es wieder drei Konzerte geben wird ) – András Schiff, zum zweiten Mal mit Orchester (nach 2016, als ich ihn noch vor dem Umbau mit dem Tonhalle-Orchester unter Haitink hörte) und nach zwei Solokonzerten (beide 2020). Die Cappella Andrea Barca ist natürlich viel kleiner besetzt als das Tonhalle-Orchester, Für mich bleibt es eine ambivalente, aber lohnende Erfahrung, Schiff zu hören. Ich werde in Sachen CD-Einspielungen kaum mehr anschaffen als was ich habe (den Beethoven-Sonatenzyklus sowie die Doppel-CD mit den Diabelli-Variationen, beides ECM), aber ins Konzert gehe ich bei Gelegenheit doch wieder.
Unterm Strich fand ich das Konzert gestern gut, aber nicht hervorragend. Es wird zwar kammermusikalisch aber wie mich dünkt doch recht behäbig mit den Werken umgegangen, das Ziel scheint eher Schönheit zu sein als – mir fehlen da irgendwie die Worte und ich will jetzt nicht „Tiefe“ schreiben, aber vor der Pause kam es mir schon ein wenig oberflächlich vor, etwas zu wohlklingend vielleicht? (Sie kommen übrigens gestimmt auf die Bühne und legen los, sobald Schiff da ist – das finde ich toll.) Mozart war wunderbar, ganz toll der Klang seines Bösendorferflügels im roten Mahagoni-Finish (den spielte er 2020 bei beiden Solokonzerten auch schon, glaub ich – zum ersten mit Bach hatte ich etwas geschrieben, zum zweiten im Herbst dann leider nicht, dort gab es Haydn, Beethoven und Schubert und ich war auch zwiegespalten, nicht dass ich das eine gut fand und das andere weniger, sondern insgesamt). Schhubert kam mir dann aber – u.a. mit dem Kammerorchester Basel unter Heinz Holliger ihm Ohr kam mir die Darbietung gestern etwas behäbig vor. Mit Holliger und dem KOB hörte ich allerdings Nr. 4 und 6 im Konzert, Nr. 5 nur ab CD – aber ich war gestern überrascht, wie vertraut mir die Fünfte war. Schiffs Dirigat war minimal, mehr gestalterisch und Akzente seztend als den Takt bzw. Schlag gebend. Die Präzision der Cappella war allerdings durch den Abend hindurch nie perfekt, auch schien mir manchmal fast ein Wettstreit zwischen den Pulten zu herrschen – am ersten sass Konzertmeister Erich Höbarth, praktisch vor meiner Nase, aber oft hörte ich das dritte Pult viel lauter (vermutlich das Party-Pult). Da wäre auch gestalterisch mehr drin gewesen, manchmal wirkte das Orchester eher wie ein Haufen Freunde beim unverbindlichen Musizieren als wie ein durch Probearbeit zusammengewachsener Klangkörper.
Nach der Pause dann – leider vor hustendem (die pandemiebedingte soziale Ächtung der notorischen und zwanghaften Konzerthustenden ist hier leider nicht erfolgreich umgesetzt worden, was für eine Wohltat wär’s gewesen! ) und unruhig gewordenen Publikum – für mich eine recht deutliche Steigerung. In KV 595 passte der Zugriff Schiffs und seiner Cappella Andrea Barca bestens, hier kam alles zusammen. Ich vermute, das liegt daran, dass KV 595 weniger auf Schönklang aus ist und daher nicht dazu tendiert, unter der Last der vielen schönen Töne und des allgemeinen Wohlklangs zu ersticken, wie das bei KV 271 stärker der Fall ist? Ich weiss es nicht, jedenfalls war das ein wunderbarer Abschluss, der dann aber noch von Schiffs Solo-Zugabe getoppt wurde, einem längeren Stück im 3/4-Takt, das ganz einfach begann und dann fast bruchartig ziemlich intensiv wurde. Ich habe leider keine Ahnung, was das war – vom Kontext her würde ich mal auf Beethoven tippen (das „Andante favori“?), in den ersten Takten dachte ich an Chopin … leider habe ich es versäumt, mich gestern direkt nach dem Heimkommen auf die Suche zu machen.
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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@ „gypsy“ : Andras Schiff verbleibt auch bei mir eine Art „dark horse“ ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Ein kleines PS, weil Steven Isserlis tatsächlich gerade mein Nachfrage auf Twitter beantwortet hat … vor dem Konzert, auf der Toilette, lief ich fast in jemanden hinein, der wie Isserlis aussah. Vorhin, beim Blick in das Programmheft, sehe ich zweimal den Namen Isserlis: Annette bei den zweiten Geigen und Rachel bei den Bratschen – beides Schwestern von Steven. Da ich seine erfrischenden Tweets seit längerem schätze und ihn als alles andere als unnahbar wahrnehme, war ich so frei, ihn privat zu kontaktieren (eine Option, die fast alle „Promis“ deaktiviert haben) – ich schrieb natürlich, um ihn zu fragen, ob er wisse, was die Zugabe gewesen sei? Und tatsächlich habe ich gerade eine Antwort erhalten: Es war der langsame Satz von Schuberts Sonate D 959.
Im Herbst 2020 hatte ich Schiff mit Haydn (g-Moll, Hob. XVI:44), Ludwig van Beethoven (C-Dur op. 53 «Waldstein») und Schubert (B-Dur D 960) gehört – und jetzt also noch das Andante aus D 959.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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gypsy-tail-wind …. Im Herbst 2020 hatte ich Schiff mit Haydn (g-Moll, Hob. XVI:44), Ludwig van Beethoven (C-Dur op. 53 «Waldstein») und Schubert (B-Dur D 960) gehört – und jetzt also noch das Andante aus D 959.
Ich empfinde Schiff bei Haydn fast noch am meisten „zu Hause“ ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)gypsy-tail-wind Ich werde in Sachen CD-Einspielungen kaum mehr anschaffen als was ich habe (den Beethoven-Sonatenzyklus sowie die Doppel-CD mit den Diabelli-Variationen, beides ECM), aber ins Konzert gehe ich bei Gelegenheit doch wieder.
.. kann ich nachvollziehen. Vielen Dank für Deinen Bericht zum Konzert mit András Schiff.
Bei mir steht u.a die eloquence Bach-Box, aber irgendwie höre ich die CDs nicht durch. Das „Konzert im Konzert“ zum „Residence“Abschied von Schiff im Juni 2019 (Ital. Konzert, LvB KK 1 und Concerto for Orchestra) gehört für mich jedoch zu den bisher schönsten Abenden im Konzerthaus.
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Ja, ich glaub Schiff zuhause hören wäre auch für mich bei vielem eine Herausforderung. Vom Beethoven-Zyklus bin ich soweit ich da schon reingehört habe (vermutlich erst die Hälfte – oder einmal schnell durch, bin mir nicht sicher) aber recht angetan, und die Diabelli-Doppel-CD mit den letzten Klavierwerken Beethovens ist sehr gut (die Diabellis selbst gibt es zweimal, einmal auf altem Instrument oder Nachbau, einmal modern, dazu die letzten Bagatellen bzw. die letzte Sonate).
Ich glaube etwas, was mich bei Schiff hie und da stört ist, dass er gerne mit erhobenem Zeigefinger spielt, etwas schulmeisterlich Akzente setzt, etwas hervorhebt, quasi seine Sicht der Dinge doppelt und dreifach unterstreicht. Beim Bach-Konzert kurz vor der Pandemie (bzw. da lief sie schon, halt noch nicht bei uns) hatte er ja auch noch ein paar Worte gesagt davor – teils sehr nachvollziehbares über die Anpassung der Spielweise an den jeweiligen Raum (Pedale seien halt nichts des Teufels sondern er setze sie je nachdem behutsam schon ein … tat er dann auch), teils aber total boomer cringe (junge Leute könnten keinen Bach spielen) …
Nun ja, ich muss jetzt Dichtungen für die Moka kaufen gehen, der erste Versuch, einen Kaffee zu brühen, ging gründlich daneben
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbaLugano, LAC – 11. November 2021
Orchestra della Svizzera italiana
Robert Trevino, direttoreARNOLD SCHÖNBERG Verklärte Nacht, poema sinfonico per orchestra d’archi op. 4
FRANZ SCHREKER Kammersymphonie
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FELIX MENDELSSOHN Sinfonia n. 5 in re minoreDrei wunderbare Konzerte habe ich Lauf meines Urlaubs in Lugano hören können – alle im LAC und alle vom selben Platz, der etwas Abseits in einer der seitlichen „Loggias“ war. Mir war im Vorfeld nicht klar, wie das mit Zertifikat (das schützt ja eh vor nichts), Masken usw. genau ausschauen würde, aber der Platz erwies sich dann für mich als optimal: Blick ins Orchester und akustisch wunderbar. Ein sehr direkter, komplett mit Holz verschalter moderner Saal mit einem recht steil ansteigenden „Parkett“ und einem grossen Balkon darüber/dahinter, sowie jeweils zwei solcher „Loggien“ mit 7 bzw. 9 Plätzen an jeder Seite (ich hatte in der mit 7 den einzeln abgesetzten Platz zuvorderst, in der unteren Loggia gab’s dort auch eine Gruppe mit 3 Sitzen, wie die zweireihigen dahinter/daneben).
Am ersten Abend spielte das OSI, soweit ich weiss das einzige noch überlebende Radioorchester (bzw. überhaupt Radio-Musikgruppe), ein Relikt aus alten Zeiten, das aber soweit ich weiss das einzige namhafte Orchester der Italienischen Schweiz ist (in Genf gibt es das OSR, in dem schon 1938 das Radioorchester aus Lausanne aufging; das Radio-Orchester Beromünster aus Zürich ging 1970 im Radio-Sinfonieorchester Basel auf und hat eine illustre Geschichte, über die ich bis eben gar nichts gewusst hatte, die Benennung gab’s auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Radio Beromünster überlebte noch bis 2008 als Volksmusikdudelfunk, ein unmöglicher Sender, dem wohl mit dem aussterbenden Publikum irgendwann einfach der Stecker gezogen werden musste).
Das OSI also … und Robert Trevino, ein amerikanischer Dirigent, der mir davor auch bloss namentlich bekannt war. Doch das Programm fand ich – bis auf Mendelssohn – sehr vielversprechend. Dass ich Schönbergs „Verklärte Nacht“ sehr mag, von der Fassung unabhängig, habe ich erwähnt, Schreker kenne ich dafür noch kaum und seine „Kammersinfonie“ hörte ich im Konzert zum ersten Mal (hat da jemand Empfehlungen zu einer Einspielung bzw. gerne überhaupt zu Orchester- und/oder Kammermusik von Schreker?). Mendelssohns Fünfte hörte ich davor mal mit dem Freiburger Barockorchester unter Pablo Heras-Casado und fand damals so wenig einen Zugang wie auf den mir vorliegenden CD-Einspielungen (also: vielleicht habe ich die richtige noch nicht entdeckt, es liegen wohl noch ein paar nie angehörte herum).
Das war denn aber die schönste Überraschung, denn Trevino spielte das seltsam disparate Ding schnörkellos und gradlinig, mich dünkte zügig aber ohne auf den Effekt aus zu sein, zupackend ohne knallig zu werden. Und am Ende wusste ich gar nicht mehr, warum ich mit dem Werk bisher immer so grosse Mühe gehabt hatte.
Schönberg und Schreker in der der viel längeren ersten Konzerthälfte waren sowieso erstklassig, das Orchester überzeugte mich sehr. Und der Saal auch mit seinem sehr transparenten, direkten Klang: das ist der Klang, wie ihn die Maag-Halle in Zürich bot, die ja leider als Konzertsaal nicht überlebt hat. In der neuen/alten Tonhalle wird jetzt wieder der üppige, warme Mischklang zelebriert, der natürlich seine Verdienste hat, aber mir alles in allem einfach weniger entspricht. Durch die Höhe des Saales in Lugano ergaben sich natürlich auch keine der Schuhschachtelprobleme wie in der Tonhalle-Maag (die vergleichsweise sehr tief war, nur knapp über 11 Meter). Bei Schönberg vermisste ich dennoch keinen Moment die Wärme, die dem ja durchaus spätromantisch inspirierten Stücke inne ist.
Die Aufstellung war – wie bei Mendelssohn – die alte, also mit den zweiten Geigen rechts vorn, in der Mitte links die Bratschen und rechts die Celli. Für Schreker musste umgebaut werden: Klavier und Harfe dazu, ein paar Streicher weg, und die Bratschen tauschten mit den zweiten Geigen (von da ist das Foto). Fand ich am Ende ein rundum gelungenes, in jeder Hinsicht stimmiges Konzert – mit der für mich schönen Versöhnung mit Mendelssohns fünfter Symphonie (die glaub ich in der Chronologie seine zweite ist?).
Lugano, LAC – 12. November 2021
Mahler Chamber Orchestra
Leif Ove Andsnes piano & director
Christiane Karg soprano
Matthew Truscott concertmaster & leaderW. A. MOZART
Piano Concerto No. 23, K. 488
Ch’io mi scordi di te?, K. 505
Masonic Funeral Music, K. 477
Piano Concerto No. 24, K. 491
E: II. Andantino (aus: Piano Concerto No. 21 in C major, K. 467)Gleich am nächsten Abend ging es wieder hin, diesmal mit Begleitung: ein Bekannter aus Mailand mit seiner Frau stiess dazu, mit dem ich in den letzten Jahren soweit ich mich erinnere zweimal in der Scala und zweimal bei Kammermusikkonzerten im Konservatorium in Mailand war – höchst erfreulich, sowas wieder mal zu tun, auch wenn das anschliessende Abendessen in einer engen Pizzeria unter den Umständen eine grenzwertige Ausnahme darstellte (für beide Seiten, wie ich sie verstanden habe).
Das war von den drei Konzerten für meine Ohren das beste, ein wunderbares, ohne Pause gespieltes Programm (nur kleine Umbaupausen vor der Maurerischen Trauermusik, für die die Bläser massiv verstärkt werden mussten). Ohne Pause ist auch beim Tonhalle-Orchester die neue Entwicklung, aber dort war ich noch nie, und ich weiss nicht, ob der nächste Lockdown mir zuvor kommen wird (die Zahlen sind beängstigend, der Anstieg und die Fallzahlen hochgerechnet noch eine Spur heftiger als in Deutschland – aber da übernächstes Wochenende bereits zum zweiten Mal über das Covid-Gesetz abgestimmt wird, wird die Regierung sich hüten, vorher neue Massnahmen anzukündigen – lieber einige Dutzend Tote mehr).
Aber gut, zur Musik! Andsnes kenne ich nicht gut bisher – nur die EMI-CD „Shadows of Silence“ u.a. mit dem Klavierkonzert von Lutoslawski und ein paar kleine Sachen von Liszt aus einer Box, ebenfalls EMI). Ich hatte also höchst unklare Erwartungen, fand es auch etwas seltsam, dass Karg nur für die gut 10 Minuten dieser Arie dabei sein sollte – letzteres lässt sich aber nicht aufs „ohne Pause“-Konzept schieben, denn geboten wurde in Lugano einer von drei Mozart-Abenden, mit denen das Mahler Chamber Orchestra und Andsnes derzeit touren (in grösseren Städten spielen sie teils gleich alle drei Programme an drei Abenden, neulich in Hamburg oder Wien und ab morgen in Brüssel).
Fand das jedenfalls grossartig, Mozart klang nahezu modern, sehr transparent und sehr klar ausgestaltet und doch manchmal im Klavierpart mit einem fast improvisatorischen Touch – aber nicht von der ausufernden Sorte, wie Jan Lisiecki sie in Basel bot, was mich ja auch sehr beeindruckt hatte. Eher, dünkt mich, kam eine Mischung aus Strenge und Freiheiten zum Vorschein. Karg war in der Arie (mit Klavierbegleitung) auch klasse, und klar, ich hätte gerne mehr von ihr gehört. Nach ihrem Abgang folgte die längere Umbaupause, und dann das Highlight: die Maurerische Trauermusik diente quasi als Prélude zu KV 491, das mit einer kurzen Fermate, ohne die Instrumente abzusetzen, direkt folgte. Dass beide Konzerte zu den „Klarinettenkonzerten“ und Mozarts Klavierkonzerten zählen, kam wunderbar zur Geltung, die relativ kleine Besetzung und der erwähnte transparente Klang sowohl des Orchester wie des Saales trugen wohl beide bei zum Fazit, dass das sehr modern geklungen hat. Der Applaus war gross, obwohl der Saal nicht sehr voll war, als Zugabe spielte Andsnes dann noch den langsamen Satz aus KV 467, ein wundervoller Ausklang, in dem der Konzertmeister des Orchesters dann auch noch solistisch etwas glänzen konnte. (KV 467 gehört das zu einem der aktuellen Programme; auf der bereits erschienen ersten Doppel-CD – es folgt wohl bald noch eine zweite, aber ich muss die erste jetzt erstmal kaufen – ist übrigens die Trauermusik dem Konzert KV 482 vorangestellt).
Lugano, LAC – 15. November 2021
Julia Fischer, violin
Yulianna Avdeeva, pianoWOLFGANG AMADEUS MOZART Violin Sonata No. 33 in E-flat Major, K. 481
GEORGE ENESCU Violin Sonata No. 2 in F minor, Op. 6
ROBERT SCHUMANN Sonata for violin and piano n. 1 in A minor, op. 105
MAURICE RAVEL Tzigane, Concert Rhapsody for violin and piano
E: JOHANNES BRAHMS Scherzo (aus: F-A-E Sonate)Der dritte Abend begann dann auch wieder mit Mozart, doch den fand ich nicht restlos überzeugend – ganz im Gegensatz zum restlichen regulären Programmteil. Ich habe das Duo 2018 schon mal in der Tonhalle-Maag gehört, auch damals mit einem guten Programm, in dem das Vertraute (Brahms‘ zweite) auf das eher unerwartete (Szymnowskis „Mythes“) und ein halbvertrautes, nicht unbedingt mit Fischer assoziiertes (huch, vermutlich tue ich ihr damit Unrecht?) Werk traf (Schostakowitschs Sonate – als Zugabe spielten sie damals schon das FAE-Scherzo). Dieses Programm spielten sie am Vorabend in der Tonhalle, wo ich das Konzert bestimmt ausgelassen hätte (und wo das erst die zweite dokumentierte Aufführung von KV 481 und die erste überhaupt von Enescu war!) – aber ich bin froh, hab ich das im Urlaub anders gemacht.
Die Enescu-Sonate im Konzert zu hören, danach Schumann, beides in sehr zupackenden, fast angriffigen Sichtweisen, und dann als Krönung und logischen Schluss die „Tzigane“, in der Fischer im langen Solo-Intro eine klangliche Palette bot, die fast schon atemberaubend war – das Konzert bot quasi einen Steigerungslauf, wenn man so will – und dass Schumann nach Enescu zu hören war, war jetzt überhaupt kein Fehler. Die Zugabe fand ich dann etwas brav – und hätte natürlich gerne eine andere gehört. Aber auch das war wieder ein rundum gelungenes Konzert (auch ohne Pause – das scheint im LAC wie beim Tonhalle-Orchester gerade generell das Konzept zu sein, ob das nach der Pandemie wieder geändert wird, weiss ich nicht; von mir aus darf es so bleiben, auch wenn ich Järvis zweieinhalbstündige Programme vermissen werde, die schon auf tolle Art sehr fordern sein können bzw. konnten).
Dass ich einen Moment lang gedacht hatte, Fischer hätte in Zürich auch die Franck-Sonate gespielt, sei mir verziehen, denn beim letzten Mal, als dort die erste von Schumann erklang, war ich auch – das waren aber Janine Jansen und Alexandre Gavrylyuk (die dann eben auch die Sonate von Franck spielten, und zudem die zweite von Brahms, ganz wie Fischer/Avdeeva ein Jahr davor – da kann man schon mal durcheinander kommen). Ein besseres Foto brachte ich leider nicht hin, weil die zwei immer sofort ihre Masken montierten, und bis ich beim Handy das Licht dunkler gestellt hatte, fummelten sie bereits mit den Masken herum – sind ja bloss unwichtige Erinnerungsschnappschüsse, aber ich hab mir vorgenommen, öfter solche zu machen. Die schöne doppelte Klavierspiegelung hatte ich schon vor dem Konzert einfangen müssen.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind das Radio-Orchester Beromünster aus Zürich ging 1970 im Radio-Sinfonieorchester Basel auf und hat eine illustre Geschichte, über die ich bis eben gar nichts gewusst hatte, die Benennung gab’s auch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Radio Beromünster überlebte noch bis 2008 als Volksmusikdudelfunk, ein unmöglicher Sender, dem wohl mit dem aussterbenden Publikum irgendwann einfach der Stecker gezogen werden musste)
vielen Dank für den ausführlichen Bericht zum musikalischen Urlaub, diesen Exkurs und die Links… „Beromünster“ begegnete mir gerade erst am Wochenende; in den „Interpretationen“ auf Dlf Kultur zu Frank Martins Violinkonzert (war eine tolle Sendung)… u.a. mit Hansheinz Schneeberger (Geiger der UA) mit dem Radio-Orchester Beromünster unter Paul Sacher …
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gypsy-tail-wind … Schreker kenne ich dafür noch kaum und seine „Kammersinfonie“ hörte ich im Konzert zum ersten Mal (hat da jemand Empfehlungen zu einer Einspielung bzw. gerne überhaupt zu Orchester- und/oder Kammermusik von Schreker?).
habe bisher nur Mitschnitte
cpo hat 2020 eine Serie angefangen (Aufnahme Vol. 1 von 2014)
… schon spät, ich mache dann demnächst weiter :D
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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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@ „gypsy“ : thnx …. scheen zu lesen in pandemischer Einsamkeit ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Neue Konzertreihe Zürich – 22. November 2021 – Zürich, Tonhalle
Cecilia Bartoli Mezzosopran
Franco Fagioli Countertenor
Les Musiciens du Prince
Gianluca Capuano Leitung
Pier Luigi Fabretti OboeANTONIO VIVALDI: Nisi Dominus (RV 608) (FF)
ANTONIO VIVALDI: Domine Deus (aus: Gloria, RV 589) (CB)
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL: „What Passion Cannot Music Raise and Quell!“ (aus: Ode for St. Cecilia’s Day, HWV 76)
ALESSANDRO MARCELLO: Konzert d-Moll für Oboe und Streicher (WVZ 799)
GIOVANNI BATTISTA PERGOLESI: Stabat mater (CB & FF)E1: HÄNDEL: „Lascia la spina“ (CB)
E2: (Eine italienische Cäcilien-Ode) (FF)
E3: JS BACH: Amen (aus: „Tilge, Höchster, meine Sünden“, BWV 1083) (CB & FF)Was für ein wunderbarer Abend! Das Bühnenfoto oben stammt von vorm Konzert, links stand auch noch eine kleine Orgel, doch das Cembalo erwies sich tatsächlich als wichtiger, denn Luca Quintavalle, der es spielte, improvisierte damit auch ein paar Überleitungen, besonders zwischen den beiden Arien, die Bartoli im zweiten Drittel des Abends sang.
Los ging es mit Franco Fagioli und Vivaldis umwerfendem „Nisi Dominus“ – allein das Programm des Abends versprach ja nicht wenig: vertraute, grossartige Werke, die ich allesamt noch nie im Konzert hören konnte. Fagioli brauche am Anfang einen Moment, seine Stimme dünkte mich etwas flach, doch je länger er sang, desto schöner konnte sie sich entfalten. Da und dort blieb eine kleine Schärfe in der hohen Lage, aber spätestens beim „Cum dederit“ (das Antonini letztes Jahr so wunderbar am Chalumeau eingespielt hat) war es um mich gesschehen.
Dann Bartoli – und der Applaus, der zu ihrer Begrüssung aufbrandete, wäre anderen gut als Schlussapplaus angestanden. Sie gab ja auch vor einem guten Jahr ein grandioses Konzert und es ist unter den Umständen natürlich ganz wunderbar, sie wieder hören zu können. Zürich ist für sie ja nicht nur einen wichtige Karrierestation sondern auch Heimat (oder zumindest die nächstgrösste Stadt von da, wo sie sich niedergelassen hat), und jeder ihrer Auftritte hier wird zu einem besonderen Anlass. Sie sang zwei Arien, die wie gesagt durch eine kurze improvisierte Cembalo-Überleitung verbunden wurden. Danach erklang das mutmasslich erste Solokonzert für Oboe. Besonders schön ist der langsame Mittelsatz, in dem vom Solisten obendrein Zirkuläratmung verlangt wird (ich hab das ja nicht mal am Sax hingekriegt, wie das mit dem Doppelrohrblatt gehen kann, ist mir echt ein Rätsel – also dass man allein mit Stützen, durch die Bauchmuskulatur, beim Einatmen den Druck auf die austretende Luftsäule so hoch halten kann, dass der Ton nicht massiv absackt … ich kann’s mir wirklich kaum vorstellen).
Schon hier war der Abend schlicht ein Fest: Bartoli, das „Nisi Dominus“, die Oboe … doch der Höhepunkt folgte natürlich noch, das grossartige Stabat mater von Pergolesi. Egal wie oft gehört, es bleibt ein faszinierendes, geliebtes Werk, das in so einer schlanken und agilen Präsentation mit unfassbarem Gesang einfach wunderbar war. Wie die beiden ihre Stimmen strahlen liessen, noch im leisesten Pianissimo … wie das kleine Orchester zupackend musizierte, präzis, sehr lebendig – es war schlicht grossartig.
Stehende Ovationen, Blumen aus der ersten Reihe … dann Bartoli mit der ersten Zugabe: „Lascia la spina, cogli la rosa“ (lass den Dorn, pflück die Rose) passte natürlich perfekt. Nochmal gigantischer Applaus, dann war Fagioli dran, der eine Hymne an Cäcilia sang, derweil Cecilia von hinter der Bühne zuguckte. Leider konnte ich nicht herausfinden, woraus seine Zugaben entnommen war. Die gemeinsame, letzte, sagten sie dann an: Pergolesis Stabat mater war so erfolgreich, dass diverse Adaptionen entstanden, u.a. eine von Bach, natürlich über einen deutschen Text. Den Schlusssatz daraus, ebenfalls „Amen“ betitelt, sangen die beiden dann noch gemeinsam – und schon waren zwei Stunden (ohne Pause) vergangen und ich taumelte beglückt hinaus in die kalte Winterdunkelheit.
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27. November 2021 – Zürich, Tonhalle
Tonhalle-Orchester Zürich
Monteverdi Choir
Sir John Eliot Gardiner Leitung
Andrew Staples Tenor (Le récitant)
Ann Hallenberg Mezzosopran (Maria)
Ashley Riches Bariton (Joseph)
William Thomas Bass (Herodes)
Alex Ashworth Bass (Polydorus, le Père de famille)
Gareth Tresedor Tenor (Centurion)HECTOR BERLIOZ: L’Enfance du Christ, Op. 25 H. 130
Und gestern wieder in die Tonhalle – ob’s schon wieder das letzte Mal war, wird sich weisen. Auch das zweite Referendum gegen das Covid-Gesetzt scheint heute deutlich zu scheitern, ob deswegen wieder mehr Massnahmen ergriffen werden, ist offen – nötig wäre es, allerdings würde ich beim Homeoffice und der Gastronomie ansetzen und nicht bei Veranstaltungen, die mit Masken durchgeführt werden können – aber dass die Gastronomie nochmal zum schliessen gezwungen wird, kann ich mir kaum vorstellen, daher wären Veranstaltungen ein gutes Ablenkungsmanöver, um Handlungsfähigkeit zu beweisen … bleibt nichts als abwarten, andernfalls steht am 11. Dezember Argerich/Dutoit an und Ende Dezember die „Anna Bolena“ mit Diana Damrau, die gestern Abend Première feierte.
Nun, gestern ging es also zu Berlioz – ich fand die Aussicht toll, Gardiner einmal mehr mit einem (in diesem Fall selten zu hörenden) geistlichen Werk in der Tonhalle zu hören, nach seinem Einstand beim Tonhalle-Orchester mit der Missa Glagolitica von Janácek (u.a. mit Luba Orgonásová – damals traute ich mich leider noch nicht, darüber zu schreiben) und danach dem Requiem von Verdi in der Tonhalle-Maag (beide mit dem Tonhalle Orchester und seinem Monteverdi Choir, dazwischen kam er auch noch mit dem Orchestre révolutionnaire et romantique und Kristian Bezuidenhout, ebenfalls noch vor der Renovation in der alten Tonhalle, auch das war toll).
Gestern lud ich auch meine Mutter ein, ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk sozusagen. So theatralisch wie in Luzern die Matthäuspassion oder später die konzertante Aufführung von Monteverdis „L’Orfeo“ ging es gestern nicht zu und her, aber Staples, der mit seinem wunderbar beweglichen und warmen Tenor als Erzähler agierte, stand nicht immer vor dem Orchester sondern auch mal zwischen Orchester und Chor, Treseder hatte seinen kurzen Auftritt als Centurio in der opernhaften Szene hinten im Chor mit Ashworth, der später als Familienvater noch vorn kam. Thomas als Herodes – ein relativ kurzer aber sehr einprägsamer Auftritt – und Hallenberg/Riches als Maria und Joseph blieben vorn und gingen seitlich ab, wenn sie nichts zu tun hatten. Für das Trio aus zwei Flöten und Harfe im dritten Teil setzte sich dann auch Gardiner zu den Solist*innen. Und Chor der Engel hatte seine Einsätze in der linken Galerie, von unten nur zu hören, nicht zu sehen. Der Chor war überhaupt einmal mehr beeindruckend gut. Dass seine Mitglieder auch rasch einen solistischen Auftritt hinlegen können, wissen wir ja schon seit den Bach-Kantaten, aber im Konzert ist das dann halt doch nochmal eindrücklicher zu erleben.
Am meisten beeindruckt, verwundert, amüsiert und ja: am Ende auch überzeugt, hat mich jedoch die Musik von Berlioz selbst, den ich noch viel zu schlecht kenne. Das Werk bewegt sich zwischen Oratorium und Oper, zwischen Parodie und tiefer Empfindung. Das Libretto hat Berlioz selbst auf Basis von Texten aus dem Neuen Testament geschrieben – und ein paar Szenen, v.a. die dritte in Ägypten, frei dazu erfunden. Die erwähnte Szene mit dem Centurio und Polydorus, aber auch viele Passagen des dritten Teiles wirken sehr opernhaft, stellenweise von grosser Dramatik. Doch wenn der Erzähler am Ende vom Chronist selbst zum Gläubigen wird, nimmt man das der Musik halt doch ab. Der Engelschor trägt dazu das seine bei – bei Gardiner waren es sechs Sopranistinnen, die ihren ersten Auftritt relativ spät aus dem Off hatten (im ersten Teil standen nur die Männer auf der Bühne, bis dahin braucht es nur ihre Stimmen als Chor der Wahrsager), und danach noch ein paar Mal die Bühne verliessen – praktischerweise kann der Balkon (wie auf dem Foto oben zu sehen) von der Bühne direkt erreicht werden). Dass am Ende fast zwei Stunden vergangen waren, hat mich sehr überrascht – die einzige Länge hörte ich im Trio für zwei Flöten und Harfe, das mir etwas repetitiv und gar einfach gestrickt schien … in der grossen französischen Oper wäre das wohl der Teil für das Ballet gewesen, aber das wird sich Berlioz in einem geistlichen Oratorium ja nicht auch noch gewagt haben?
Gardiner selbst nahm ich, obwohl er direkt vor mir stand (vermutlich pandemiebedingt war die erste Reihe aber ca. drei oder vier Meter von der Bühnenkante entfernt), kaum wahr. Die Musik schien über die ganze Länge vollkommen natürlich zu fliessen – womit ja eigentlich alles gesagt ist, was seine Leistung angeht. Das einzige, was mir nicht ganz optimal schien, war stellenweise der Orchesterklang. Seit Juni 2020 oder so (zwei Kurzkonzerte mit Paavo Järvi in der Tonhalle-Maag) hatte ich das Tonhalle-Orchester nicht mehr gehört, und der Weg zurück in den akustisch neu zu erfühlenden und zu erlernenden Tonhalle-Saal ist wohl nicht ganz abgeschlossen (auch wenn ich von anderswo allerbestes gehört habe über die Leistungen des Orchesters in der aktuellen Saison). Es war weder die Präzision noch das Zusammenspiel, eher Dinge wie Klangschönheit oder -volumen, Klangfarben und (gefühlte/wahrgenommene) Innigkeit – in der Hinsicht schien mir noch nicht wieder alles perfekt zu laufen. Nichtsdestotrotz: zwei der schönsten Konzerte der neuen Saison (und damit auch des Jahres) in einer Woche, nachdem ich schon in Lugano drei wunderbare Konzertabende gehört hatte, und zwischen diesen zwei in der Tonhalle auch noch mein erstes Jazzkonzert seit März 2020 – fast absurd, so etwas mitten in einer Pandemie erleben zu dürfen. Aber ich bin glücklich darüber und es tut wahrlich gut in diesen sonst ja oftmals düsteren Zeiten.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #158 – Piano Jazz 2024 - 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"Registriert seit: 02.12.2013
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@ „gypsy“ „: schön dass Du in dieser mühsamen Zeit konzertante Musik geniessen konntest ….
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)Neue Konzertreihe Zürich – 11. Dezember 2021 – Zürich, Tonhalle
European Philharmonic of Switzerland
Charles Dutoit Leitung
Martha Argerich KlavierIGOR STRVINSKY Jeu de Cartes
MAURICE RAVEL Klavierkonzert G-Dur
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ANTONÍN DVOŘÁK Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 «Aus der neuen Welt»Bevor es mir untergeht – sind grad strube Zeiten und Tage und ich hab’s die ganze Woche nicht geschafft, viel kriege ich auch heute nicht hin, aber ein paar Sätze. Das Orchester ist eine seit 2015 bestehende Nachfolgeorganisation des 1987 von Claudio Abbado gegründeten Gustav Mahler Your Orchestra – und es ist in der Tat auffällig, dass da alles Leute um die 30 oder 35 sitzen (ein paar jüngere und ein paar ältere sind schon dabei, aber nicht wie z.B. beim Tonhalle-Orchester alles von Anfang 20 bis Mitte 60). Der Saal war praktisch ausverkauft (leer gebliebene Plätze gab es da und dort, hoffentlich bloss, weil es manchen unter den Umständen nicht mehr geheuer war … war es mir auch nicht, aber endlich mal Argerich auf der Bühne … immerhin gab es keine Gastronomie mehr und die Maskenpflicht wurde von fast allen korrekt befolgt).
Los ging es beschwingt mit dem Stück von Stravinsky, inspiriert von einer seiner Lieblingsbeschäftigungen zur Erholung: dem Pokerspiel. Ich glaube nicht, dass ich das Werk davor schon gehört habe (live sowieso nicht), aber ich fand’s auch wenig inspirierend – am Ende halt eher eine Überlange Ouvertüre vor dem Auftritt der Solistin … die hatte es dann in sich: ich fand es höchst faszinierend, die Leichtigkeit zu sehen, mit der Argerich noch die lautesten und prägnantesten Passagen spielte (wie üblich ganz aus der Nähe, erste Reihe etwas links der Mitte, also quasi vor dem ersten Pult im Klavierkonzert, vorm zweiten wenn sie wieder nach vorn rückten, nachdem der Steinway weggerollt). Es wirkte, als würden ihre Hände die Tasten kaum berühren – uns so erklang das eh geschätzte Ravel-Konzert in einer höchst präzisen und wunderbar zupackend gespielten Version. Die Verbindung von Argerich und Dutoit hat all die Jahre überlebt, ihre Blicke trafen sich ein paar Male und auch am Ende war klar, dass die beiden kaum Worte brauchen dürften, um sich zu verstehen. Als Zugabe spielte Argerich die Nr. 7 aus Chopins Préludes Op. 28 – kaum eine Minute lang … und wie ich fand arg zerdehnt. Aber egal, sie liess sich eh bitten und zierte sich ein wenig … danach Pause.
Nach der Pause Dvoráks neunte – in wie mich dünkte sehr schnellem Tempo gestartet, und am Ende so laut, dass mir die Ohren noch eine Stunde später zuhause etwas pfiffen (wie gesagt: erste Reihe – auf den richtig teuren Plätzen so ab Reihe 10 oder 12 war es vermutlich nochmal lauter, weil vorn ja einiges über den Köpfen durchziehen dürfte?). Dutoit wirkte dabei wie schon im Stravinsky zwar irgendwie charismatisch aber auch so ziemlich wie das Gegenteil eines Sympathieträgers. Er tänzelte auf dem Podium herum und mich überkamen leider immer wieder Eindrücke, dass der alte Womanizer (er wurde Anfang Oktober 85) noch nicht ganz gemerkt hat, dass die Zeit vorbei sein dürfte (und ja, wie man hört ist „Womanizer“ eine Verniedlichung … ich weiss nichts Genaueres, habe ihn auch erst einmal gehört, als er vor nicht ganz fünf Jahren mit Julia Fischer das zweite Violinkonzert von Bartók und die Vierte von Tschaikowski gab – damals war ich v.a. von Fischers Bartók sehr angetan, sass bzw. stand aber weit hinten auf der Galerie und kriegte von Dutoit wenig mit). Aber es wurde bei Dvorák dann schon sehr klar, wie ernst die Sache für ihn immer noch war, mit wie grossem Engagement er dabei war. Aber die Lautstärke war am Ende wirklich heftig – auch wenn sie das Gefüge im Orchester nicht gross gestört hatte (die Holzbläser waren vielleicht da und dort eine Spur zu wenig deutlich zu hören, mag sein, aber das fiel auch nicht gross ins Gewicht). Wuchtig war’s, dem Publikum gefiel’s – mir war’s ein wenig zuviel.
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Schlagwörter: Kammermusik, Klassik, klassische Musik, Konzertberichte, Lied, Oper
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