Konzertimpressionen und -rezensionen

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  • #11193665  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Inzwischen sind auch die ersten Rezensionen zu Levit aus Luzern da:

    https://www.nzz.ch/feuilleton/lucerne-festival-achtung-sie-erklimmen-jetzt-den-klavier-olymp-ld.1573139
    https://bachtrack.com/de_DE/review-beethoven-igor-levit-lucerne-festival-august-2020

    Der schöne Bericht des Tagesanzeigers ist leider hinter der Paywall versteckt, aber Susanne Kübler greift in wenigen Worten schön Charakter des zweiten Levit-Konzertes – und das gilt durchaus auch für das vom Vorabend:

    Dann beginnt er mit der Klaviersonate Op. 28 – und macht mit den ersten Tönen klar, was dies für ein Konzert sein wird. Ein stilles, introvertiertes. Ein dunkles auch, selbst in den hellen Momenten.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    #11215717  | PERMALINK

    yaiza

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    Musikfest Berlin, Philharmonie Großer Saal

    Igor Levit spielt Beethoven (8 Veranstaltungen)  25.08.-20.09.2020

    Für einen Bericht ist erstmal keine Zeit, daher hier zunächst ein kleines Fazit:

    Heute endete der Zyklus der 32 Beethoven-Klaviersonaten mit Igor Levit in Berlin. Das ist schon bewundernswert, wie er das alles so schafft: erst der Zyklus in Salzburg, dann das Wochenende in Luzern, dann gleich Berlin, mittendrin die Album-Promotion, in dieser Woche auch wieder ein Konzert in der Wigmore Hall und es geht ja weiter… Ich wünsche ihm, dass er das alles gut verkraftet. Ansonsten waren das wirklich tolle Veranstaltungen, die sechs „bunten Programme“ gefielen mir sehr und die letzten sechs Sonaten jetzt am Wochenende waren sicher auch ein Highlight. Den ‚Abschied‘ heute nach op. 111 empfand ich gar nicht so wehmütg, wie ich es mir erst vorgestellt hatte… Vielleicht war’s ja auch der Auftakt (mit gaaaanz langem Anlauf also) für mehr Beschäftigung mit einzelnen Sonaten. Hut ab überhaupt vor Igor Levits Leistung und dann auch noch die Programme ohne Pause durchzuspielen.

    …. und obwohl die OrdnerInnen wirklich meist sehr freundlich waren, ich werde sie nicht vermissen :D  Solch kontrollierte Konzertbesuche sind nicht so meins… Wie ein Objekt platziert zu werden und der Veranstalter lässt sich offen, auch noch im letzten Moment umzusetzen – auch auf diese einseitigen Entscheidungen habe ich gerade keine Lust mehr. Ich habe mich natürlich entsprechend verhalten, bin aber auch froh, erstmal keine Veranstaltungen mehr in der Philharmonie gebucht zu haben. (Im Konzerthaus bekommt man nach wie vor ein Ticket mit fester Sitzplatz-Nr.) Durch die Umplanung des Programms bleibt mir jetzt noch eine schöne Spätsommer-Woche an der See bevor vermutlich ein nächstes verrücktes Semester los geht.

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    #11215889  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Du hast sie alle acht gehört? Grossartig! Ich hatte ja 2019 schon zwei der gemischten Programme verpasst, aber Corona sei Dank bringe ich es, wenn es denn im November mit dem kleinen „Beethoven Farewell“-Festival in Luzern auch tatsächlich klappt, auf sechs (ohne Corona wären es wohl nur drei oder vier geworden, der Luzerner-Zyklus zieht sich lange hin – und vor der Haustür liegt das auch nicht gerade).

    Das mit dem Umsetzen ist aber total ätzend. In die Platzwahl fliessen ja derzeit noch mehr Überlegungen ein als sonst schon – ich suche mesit Randplätze aus, bei denen die Akustik dann eher zweitrangig ist, bestenfalls lässt sich das auch kombinieren, aber nicht immer … umgesetzt werden passierte hier nur aufgrund des Sicherheitskonzeptes und betraf in dem Fall dann alle (es gab neue Karten in der Post, mein Platz lag in den Fällen nur einen Sitz nebenan in der vordersten Reihe, wobei diese zurückversetzt wurde, um mehr Abstand von der Bühne zu haben … Randplatz ist das dann coronatechnisch nicht, wenn einem alle in den Nacken atmen (mit Maske, aber es gibt ja leider stets die Prachtexemplare, die noch nicht begriffen haben, dass die Nase auch atmet und mit dem Rachen verbunden ist).

    Wollte selbst ja auch noch ein paar Zeilen schreiben: Bartoli, Sokolov, Bezuidenhout, Esfahani … alles tolle Konzerte! Jetzt stehen bis im November nur noch zwei an. Aber besser als gar nichts!

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #11555675  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Registriert seit: 25.01.2010

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    Konzert Nr. 1 – „Traummusik“ – Stadtcasino Basel, 15.08.2021

    Kammerorchester Basel
    Heinz Holliger, Baptiste Lopez
    Leitung
    Jan Lisiecki Klavier

    RUDOLF KELTERBORN: „Traummusik“, sechs Stücke für kleines Orchesters
    WOLFGANG AMADEUS MOZART: Konzert für Klavier und Orchester Nr. 20 d-Moll KV 466
    E: III. Alla turca – Allegretto (aus Klaviersonate Nr. 11 A-Dur KV 331/300i)

    FRANZ SCHUBERT: Sinfonie D-Dur D 936A (bearbeitet und hörbar gemacht von Roland Moser)

    Das war es also, mein erstes richtiges Konzert seit ca. einem Jahr – halbwegs voller Saal, Impfzertifikate inkl. Ausweis beim Einlass geprüft, dafür zogen dann fast alle, die draussen beim Schlangstehen brav Maske trugen diese drinnen ab – immerhin war ich nicht der einzige, der sie aufbehielt. Pausengastronomie geht wohl vor etwas Vorsicht – aber gut, dass nur Geimpfte rein durften, war ja immerhin sehr in meinem Sinn. Doch das ist alles nur Beigemüse, im Gegenteil zur Ausstellung von Kara Walker, die ich mir davor im Kunstmuseum Basel anschaute, inkl. zweier Filme, zu denen Jason Moran und Alicia Hall Moran die Musik komponiert haben. Heftige Kost, für die ich zum Glück mehr als genug Zeit hatte. Ein richtiger „Kultur-Tag“, wie ich ihn vor der Pandemie wohl ein- bis zweimal monatlich einrichtete – und so gesehen eine grosse Wohltat.

    Das Konzert fand im Stadtcasino Basel statt, in dem vor einem Jahr zur Neueröffnung nach dem Umbau bereits Heinz Holliger am Pult des KOB stand, um Schuberts „Unvollendete“ zu dirigieren – ein Konzert, für das ich an sich in der Saison 2019/20 eine Karte gehabt hätte. Zum Verschiebetermin im Sommer mochte ich nicht, da die Lage mir damals noch zu unklar war als dass ich mich für so ein frivoles Vergnügen in den – damals wohl sogar noch maskenlosen – Zug gesetzt hätte. Schade, aber als ich sah, dass die aktuelle Saison wieder mit einem um Schubert kreisenden Konzert mit Holliger öffnet und auch ein paar andere interessante Konzerte dabei sind, wagte ich den Kauf eines kleinen Wahlabos für die Saison 2020/21 des Kammerorchester Basels.

    Los ging es mit einem ca. 13minütigen Werk von Rudolf Kelterborn. Holliger wandte sich davor mit ein paar Sätzen ans Publikum, weil ihm der im März verstorbene Kelterborn viel bedeutet hat, zeitweise ein Mitstreiter war, der auch in der Schweiz nicht gross gewürdigt wurde. Selbst in seiner Heimat Basel sei dieses Konzert Mitte August die erste Würdigung des Komponisten. Florian Hauser schreibt im Programmheft: „Musik soll aus sich selber heraus wirken, das war immer sein Credo. Sie braucht keine Zusätze. Da war Rudolf Kelterborn ganz alte Schule, und wenn heute die neue Musik der jungen Komponistinnen und Komponisten immer interdisziplinärer wird, wenn sie an den Rändern ausfranst und Allianzen mit anderen Disziplinen wie Theater und Tanz, Installation, Elektronik und Performance eingeht, dann hat Kelterborn das mit Interesse zur Kenntnis genommen. Seine Sache war es nicht. Die war etwas anderes.“

    Die sechs Stücke, die grossteils ineinander fliessen, tauchen aus dem Nichts auf: zarte, leise Töne, ein Tremolo vielleicht? Andeutungen, ein Auftauchen und Verschwinden, Figurationen, die immer deutlicher werden, ein Schatten, ein Traum, und dann plötzlich wuchtige Töne, ein Grummeln und Brummen in den Tiefen. Uraufgeführt wurde das Stück schon 1972 vom Collegium Musicum Zürich, doch es klang tatsächlich enorm frisch. Kelterborn: „Der ‚Inhalt‘ meiner Musik wird bestimmt durch die oft schier unerträgliche Spannung zwischen den Schönheiten dieser Welt, den unerhörten Möglichkeiten des Lebens einerseits und den Ängsten, Schrecken und Nöten unserer Zeit andererseits.“ Auf Tagesaktualität hatte er es dabei nicht in erster Linie abgesehen: „Wichtig ist mir, dass mein Werk bei Zuschauern und Zuhörern etwas in Bewegung setzt. Mit ‚Bewegung‘ meine ich nicht eine nebulöse Gefühlsduselei, sondern das Gegenteil von Erstarrung“ (Programmheft). Das war in der Tat Musik, die zugleich sehr greifbar und konkret wirkte, aber zugleich nicht zu greifen war, Fragmente, die durch den Raum zogen, diesen kurz füllten, um wieder zu verklingen.

    Dann grosser Umbau, der Flügel wird in die Mitte gerollt, an dem Hélène Grimaud hätte sitzen sollen. Ihre Rückkehr in die USA nach zahlreichen geplanten Konzerten in Europa konnte allerdings nicht gewährleistet werden, weswegen sie alles absagen musste. An ihrer Stelle trat Jan Lisiecki auf, für mich bisher bloss ein Name (ich kenne auch Grimaud nicht gut, habe sie nie im Konzert gesehen). Holliger pausierte, die Leitung übernahm der Konzertmeister des Abends, Baptiste Lopez, vom ersten Pult. Das Orchester legte mit viel Schwung los, klar und pointiert spielend – und Lisiecki spielte seinen ersten Lauf noch etwas unsicher, fand aber sehr schnell hinein in die Musik und tatsächlich auch in das Orchester, in dessen Klangwellen der Flügel im Kopfsatz immer wieder versank, um sich dann wieder herausschälen und zu brillieren. Die eigene, lange Kadenz gestaltete Lisiecki anfangs behutsam, nah am Material Mozarts, um gegen Ende in wilde Läufe auszubrechen, in denen ich einen Augenblick an Liszt denken musste – doch wie er zurückfand zu Mozarts Partitur war dann gerade so atemberaubend. Der zweite Satz wurde recht rasch gespielt, dünkte mich, das Klavier schien frei zum improvisieren, so locker phrasierte Lisiecki, dass es mir fast unvorstellbar schien, dass das alles vollständig notierte Musik ist (ein paar kleine Verzierungen waren es auch nicht, glaube ich?) – sehr faszinierend. Im dritten Satz ging es dann entsprechend rasant zur Sache, noch eine überraschende, hochvirtuose Solokadenz, und dann ein stringent angestrebter Schluss. Eine packende Interpretation, die mit grossem Applaus gewürdigt wurde – und als Zugabe folgte der dritte Satz aus der Sonate KV 331, „alla Turca“, in dem Lisiecki mindestens zwei Seelen in seiner Brust zu beherbergen schien, die rasanten Läufe im Fortissimo in einen Dialog mit unglaublich zarten, ganz leisen aber ebenso schnellen Passagen treten liess. Ein überzeugender Auftritt, auch die Zugabe fand ich am Ende beeindruckend, auch wenn ich mir anfangs eine andere gewünscht hätte.

    Dann ging es an die Cüpli und die Canapés, ich nutzte die Pause, um den Saal ein wenig anzuschauen (vor einigen – zwölf, fünfzehn? – Jahren war ich dort mal einem Jazzkonzert, seither nicht wieder, die letzten Jahre wurde er renoviert und das Drumherum umgebaut) und einen Platz weiter hinten zu suchen, da meine Platzwahl etwas blöd ausfiel (noch für zwei weitere Konzerte, nunja, ich kannte den Saal halt noch nicht).

    Danach erklang Roland Mosers Schubert-Bearbeitung, zu der es in der Einführung vor dem Konzert – mit Holliger und Moser und dem Orchester teils noch in T-Shirt und kurzen Hosen, es war über 30 Grad heiss – gegangen war. Drei Sätze sind fragmentarisch da: I. Allegro maestoso, II. Andante und III. Scherzo, ein Schlusssatz fehlt. Anscheinend sind davon nur Klavierskizzen vorhanden, die erst 1981 als Fragmente einer geplanten Sinfonie aus Schuberts letzten Lebenswochen erkannt wurden. Die Bearbeitungen, die im Programmheft erwähnt werden:
    – Rudolf Leopold (Cellist), für 3 Celli und Kontrabass
    – Klaus Arp (Komponist/Dirigent), für Bläseroktett
    – Peter Gülke (Musikwissenschaftler), „Aktualisierung“
    – Brian Newbould (Musikwissenschaftler)
    – Pierre Bartholomée (Dirigent/Komponist) (revidierte Fassung von Newbould)
    – Luciano Berio („Rendering“, neues Stück auf Basis Schuberts)

    Und dann eben Roland Moser. Der hatte schon 1982 das Andante bearbeitet, als „fragmentarisches Klangbild“, das die Skizze des zweiten Satzes orchestrierte, aber nicht ausschmückte, nicht ergänzte – nicht versuchte, ein nie existierendes Original herzustellen (wie Newbould und Bartholomée), sondern „nach den Regeln heutiger Restaurierungskunst, die darin besteht, zum Beispiel bei einem nur teilweise erhaltenen oder beschädigten Fresco, auf keinen Fall das Original wiederherzustellen, sondern dessen ursprüngliche Gestalt allerhöchstens mit Umrissstrichen anzudeuten.“ (So Roman Brotbeck in den Liner Notes zur letzten CD des Schubert-Zyklus vom KOB mit Holliger, auf der dieses Andante zu finden ist, 2021 bei Sony erschienen – habe ich dann gleich beim Konzert noch gekauft.) Was Moser dabei herausstricht – und das betonte er auch in der Konzerteinführung wieder: die Kontrapunktik, die – kurz von dem Tod Schuberts „in eine völlig neue Welt“ weise (Brotbeck), wie sie schon im Beginn der „Unvollendeten“ angelegt sei. „Kurz vor seinem Tod führt Schubert die Zuhörenden an die geheimnisvolle, nie erklärbare Schwelle, die zu überschreiten keinem Lebenden je gegeben ist. Hier ist auch der Ort des geheimnisvollsten Sinfoniebeginns, der je von einem Komponisten gefunden worden ist“ (Holliger-Zitat in Brotbecks Liner Notes).

    Für dieses Konzert – es handelte sich, soweit ich verstanden hatte, um eine Erstaufführung – hat Moser nun auch die Sätze I und III ergänzt. Moser beschreibt die Quelle (wenn ich richtig verstehe 1978 publiziert, aber erst 1981 als Sinfonie-Fragment erkannt) wie folgt: „Erhalten sind zwölf grosse, zweizeilig eng geschriebene Seiten mit drei Sätzen: einem ersten mit zwei Anfängen bis zum mittleren Doppelstrich, und danach nur einem rätselhaften Schluss zwischen Trauer und virtuosem Übermut. Der zweite, ein Andante in h-Moll erscheint fast nackt, ohne übliches Beiwerk, mit einem nachträglich durchgestrichenen Schluss. Der dritte Satz ist mit ‚Scherzo‘ überschrieben, aber in völlig neuer Sicht durchgeführt, ohne die üblichen Wiederholungen, in einem sich fortlaufend entwickelnden polyphonen Satz. Von einem Finale fehlt jede Spur.“ (Programmheft)

    Moser wählte nun für jeden Satz eine andere „Hörbarmachung“ – das Andante von 1982 nannte er „ein fragmentarisches Klangbild“ – und beschreibt sein Vorgehen so: „Die komplette Exposition des ersten Satzes entspricht Schuberts früherer Instrumentationsweise. Statt der fehlenden Durchführung bildet eine neu komponierte leise, dünn instrumentierte Brücke den Übergang zu einer zunächst immer noch im Schatten liegenden kürzeren Reprise. Die Coda folgt wieder ganz Schuberts Schreibweise. Im traumhaften Andante wurden keine Stimmen für Übergänge hinzugefügt. Einzig eine kleine, nachträglich von Schubert eingefügte Fis-Dur-Episode wurde klanglich etwas hervorgehoben. Die durchgestrichene Coda wird bloss von einem einfach Streichquartett gespielt. Daran anschliessend wird der polyphone Scherzo-Satz an Stelle des Orchesters bis zum Schluss durchgehend von einem Streichquintett (mit zwei Celli) ausgeführt.“ (Programmheft)

    Das Gehörte jetzt auch noch zu beschreiben fällt mir schwer – aber Moser macht tatsächlich das Fragmentarische erfahrbar, er zieht einen Vergleich: „ein Textfragment – etwa von Hölderlin – kann Gedanken auslösen nach Herkunft und möglichem Ziel. Und irgendwie gelingt es ihm, die Skizze, die ja in der Aufführung materialisiert werden muss, als Fragment erfahrbar zu belassen (ganz im Gegenteil zu den Fassungen von Newbould, von der mir in Gielens Einspielung das Andante vorliegt, oder der Bartholomée-Fassung, die noch so üppig ausfällt, dass ich eher an Romantik denn an Beethoven denke). Er geht im ersten Satz einen Mittelweg zwischen dem Versuch, den Satz „stilecht“ (in Schuberts Stil bzw. einem von dessen Stilen) zu orchestrieren und der Hörbarmachung des Fragments.

    Im zweiten Satz steht dann quasi das Fragment eben als teilweise erhaltenes Fresco vor uns, als „fragmentarisches Klangbild“. Noch bevor der Satz verklingt, steigt Holliger vom Podest und setzt sich auf einen Stuhl neben dem Konzertmeister, hört, wie das ganze Orchester, für den Rest zu. „Aus dem Gemälde wird eine Zeichnung.“ – so Moser lapidar dazu. Den letzten Satz spielt dann ein Streichquintett mit zwei Celli, und diesen empfand ich wohl als Höhepunkt dieses „Sinfonie-Fragments“. Die fortlaufende Entwicklung des Satzes, die Reduktion des Materials und der Besetzung – eine enorme Stringenz bei zugleich grösster Transparenz.

    Dass Luciano Berio den Tanzcharakter herausstreicht, dass bei ihm das Scherzo zu einem Rondo/Scherzo wird und stellenweise fast in einen Faux-Barock Fugen-Groove kippt, passt sehr gut, klingt für mich aber zugleich auch ziemlich aufgepfropft. Macht ja nichts, weil Berio sein „Rendering“ (ich höre es von der Tudor-CD „Schubert-Epilog“ der Bamberger Symphoniker unter Jonathan Nott) ja gleich ganz als eigenes Werk behauptet.

    Wo ich längst aus dem Konzertbericht in die Coda gerutscht bin, füge ich – Florian Hausers Text aus dem Programmheft weiter ausschlachtend – noch ein paar Worte zu den anderen Bearbeitungen an. Zu jenen von Leopold und Arp steht da nichts weiter, aber zu Gülkes „Aktualisierung“ schon: „Er nahm sich das Sinfoniefragment vor, um Schubert zu rehabilitieren und zu beweisen, welch revolutionäres Potential in diesen Skizzen liegt. Der traditionelle Rahmen der Sonatenform werde, sagt Gülke, von innen heraus gesprengt, weil Schubert an substantielle Hindernisse gekommen sei: Tonarten widersprächen sich, Reprisen fänden nicht statt, kontrapunktische Verfahren bestimmten plötzlich den Satz, der in jeder Hinsicht weit in die Zukunft weise“. „Immerhin“, so Hauser lapidar und zu Newbould überleitend, „hat Gülke eine Spielbare Fassung hergestellt, wie das auch der britische Musikforscher Brian Newbould tat. Der griff dabei gehörig in die Substanz von Schuberts Skizzen ein, ergänzte hier und glättete dort, rekonstruierte nach eigenen Vermutungen, komponierte neu und gruppierte manche Elemente neu.“ Bartholomée nun habe Newboulds Vervollständigungen als „zu respektvoll und konservativ“ angeschaut, fügte das Scherzo des Sinfonie-Fragments D 708A als zusätzlichen dritten Satz ein und erweiterte das Fragment zu einer viersätzigen Form. Ausserdem setzte er chromatische Hörner und Trompeten ein und zeigte sich damit als nicht gerade historisch korrekt.“

    Und mich irritiert gerade: die Version, die mir vorliegt, enthält dieses Scherzo gar nicht, ist aber als D 936A/780A [sic] angeschrieben – aus der Box zum 50. Geburtstag des Orchestre Philharmonique de Liège, mit dem Bartholomée seine Fassung für Ricercar eingespielt hat; die Original-Ausgabe war aber wirklich viersätzig, beim Discogs-Eintrag für die LP stimmt zusätzlich noch was mit den Zeitangaben nicht, aber auf den abgebildeten Plattenlabeln und der Rückseite stimmt es wohl wieder. Was weiter verwirrt ist, dass der dritte Satz von D 936A (der vierte der LP) „Allegro moderato“ heisst, wenn es doch ein Scherzo ist – das scheint auf Newbould zurückzugehen, den ihn schlicht umbenannte (vermutlich seiner Bearbeitung entsprechend).

    Von allem gerade gehörten – II. Andante von SWR/Gielen (Newbould-Version), II. Andante von Holliger/KOB (Moser-Version, von der neuen CD), I/II/III (bzw IV, weil er ja III aus D 708A einschob) von Liège/Bartholomée (seine eigene Version) sowie Berios „Rendering“ (Bamberger/Nott) – finde ich tatsächlich Moser am interessanten und ansprechendsten. Er lässt dem Fragment seine Unfertigkeit, seiner Fassung wohnt eine Brüchigkeit inne, die mir sehr passend scheint. Umso schöner wäre es natürlich, wenn Holliger nach dem 2020 eingespielten zweiten Satz nun auch noch die dreisätzige Version einspielen würde, wie am Sonntag im Konzert zu erhören war.

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    soulpope
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    @ „gypsy“ : Dank für die ausführliche Besprechung ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #11557519  | PERMALINK

    yaiza

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    vielen Dank gypsy für den ausführlichen Bericht und die Erläuterungen zu D 936A… ich habe es gerade erst gelesen und werde hier vielleicht noch mehrmals hereinschauen…

    gypsy-tail-wind … Das war es also, mein erstes richtiges Konzert seit ca. einem Jahr – halbwegs voller Saal, Impfzertifikate inkl. Ausweis beim Einlass geprüft, dafür zogen dann fast alle, die draussen beim Schlangstehen brav Maske trugen diese drinnen ab

    ich habe mir Karten für zwei Veranstaltungen im Konzerthaus und für zunächst eine im Pianosalon geholt… das Tragen der Maske während des Konzerts bleibt hier Pflicht…

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    #11557547  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Das mit D 936A ist ziemlich verwirrend … v.a. wenn es da noch eine Version mit D 708A dazu gibt. Habe ja alle beim Schreiben im Hintergrund durchgehört, fand am Ende das im Konzert gehörte definitiv am spannendsten, v.a. auch mit dem Übergang ins Streichquartett/-quintett. Leider ist auf der CD vom KOB mit Holliger, die ja anlässlich des Konzertes von 2020 aufgenommen wurde, als der „offizielle“ Schubert-Zyklus mit der „Unvollendeten“ ihren Abschluss fand, nur der mittlere Satz dabei, den Moser 1982 komponiert hat. Ich vermute, den Rest hat er im Lauf des letzten Jahres geschrieben – da aber im Programmheft nicht notiert ist, dass es sich bei der Dreisätzigen Version um die Uraufführung handelt, ist mir das nicht ganz klar (aber das mit der Uraufführung wurde soweit ich mich erinnern kann in der Einführung erwähnt. Hoffe wirklich sehr, dass es davon mal eine Einspielung gibt. Moser ist für mich schon seit dem Gymnasium so ein herumschwirrender Name, dem ich mal nachgehen sollte. Ein damals als Musiklehrer tätiger Querflötist (meine Schwester ging bei ihm in den Unterricht), der für meine musikalische Sozialisation einigermassen wichtig war, empfahl Moser immer mal wieder, aber da konnte man auch in den 90ern nicht einfach in den Laden gehen und vier, fünf CDs kaufen …

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    #11577013  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Konzert Nr. 2 – „Beethoven erzählt“ – Stadtcasino Basel, 10.09.2021

    Kammerorchester Basel
    Sylvain Cambreling
    Leitung
    Carolin Widmann Violine
    Lorelei Dowling Kontraforte

    LUDWIG VAN BEETHOVEN
    Romanze für Violine und Orchester Nr. 1 G-Dur Op. 40
    Romanze für Violine und Orchester Nr. 2 F-Dur Op. 50

    GEORG FRIEDRICH HAAS
    „Was mir Beethoven erzählt“, Konzertante symphonische Dichtung für Violine, Kontraforte und Orchester (UA)

    LUDWIG VAN BEETHOVEN
    Sinfonie Nr. 6 F-Dur Op. 68 „Pastorale“

    Und schon war ich beim zweiten Konzert der neuen Saison des Kammerorchesters Basel – ein Beethoven-Abend, auch als Wiedergutmachung für das verpatzte bzw. virusbefallene Jubiläumsjahr 2020. Um er vorwegzunehmen: die erste Konzerthälfte war toll, die zweite eher mau.

    Widmann habe ich bisher im Konzert nur einmal mit Zeitgenössischem gehört. Die beiden Romanzen wurden am Stück geboten, mit einer kurzen Fermate dazwischen, einem Atemholen – aber ohne Geraschel, Gescharre, Gehuste (letzteres gibt es leider wieder, da gemäss den Vorgaben – Eintritt nur mit gültigem Zertifikat – die Maske abgelegt werden darf, und die allermeisten dies auch tun). So richtig viel her geben die zwei Romanzen allerdings auch im Konzert nicht, aber sie mal im Saal und nicht in den eigenen vier Wänden zu hören war dennoch ganz nett.

    Danach folgte die pièce de résistance des Abends, die einigen Leuten im eher schlecht besuchten Saal nur ein Kopfschütteln abzuringen vermochte. Haas, der sich in einer kurzen Einführung auch selbst zu seinem Werk äusserte (das am Vorabend in Bonn beim Beethovenfest seine Premiere erlebte), geht in seinem halbstündigen Werk der Frage nach, was in Beethovens Kopf, in seinem Geist vorging, als er allmählich ertaubte. Das Kontraforte ist eine Weiterentwicklung des Kontrafagotts, das leichter zu spielen sei und in den Händen von der australischen Solistin Lorelei Dowling tatsächlich sehr beweglich daherkam. In Haas‘ Stück hören wir tiefes Pochen, wir hören Klopfgeräusche, ein Dröhnen, Trillerketten in hohen Frequenzen, dissonante Intervalle, die sich oft nur halb auflösen, da Haas mit Mikrotönen arbeitet (am Kontraforte vermutlich nur annäherungsweise durch Ansatz/Intonation zu erreichen, an der Violine ist das naturgemäss leichter). Aus der Leere entsteht das Stück, die Violine ganz hoch, das Kontraforte in der Tiefe, Motive entwickeln sich, werten von hämmernden, mitunter bis an die Schmerzgrenze lauten Einbrüchen abrupt unterbrochen. Dazwischen tauchen Motive, Splitter aus Beethovens Werken auf: aus der „Pastorale“, aus dem langsamen Satz der Siebenten (soweit hörte ich das), aus dem 5. Klavierkonzert, „Fidelio“, dem Violinkonzert (soweit Florian Hauser im Programmheft, das die Siebte allerdings nicht erwähnt). Immer dichter wird das Stück, am Ende solieren die meisten Orchestermitglieder, das Klangdickicht wird zu dicht, als dass man die eingestreuten Motive noch erkennen könnte. Doch der Abschluss ist einigermassen versöhnlich, „ein weicher, verstörender Clusterklang“ (Programmheft). Und ja, verstörende Elemente zogen sich durch das ganze Stück, es bleibt ein Unbehagen, was auch an den Mikrotönen, der manchmal spektral anmutenden Auffächerung der Klänge liegt. Haas lobte das Orchester in der Einführung über alles – und ich schliesse mich dem Lob an. Ein faszinierendes Werk, mit enormem Engagement überzeugend dargeboten.

    Nach der Pause dann die „Pastorale“. Der Einstieg schwungvoll, doch hinten hinaus nahm Sylvain Cambreling es gar gemütlich – so dass die Sinfonie quasi mit einer Suite als langsamen Sätzen auszuklingen schien. Vielleicht gar zu pastoral? Aber gut, ich habe auch diese Sinfonie soweit ich mich erinnern kann noch nie im Konzert gehört. Aber eine gradlinigere Sichtweise wäre mir da definitiv näher.

    Foto oben vor der Pause, unten bei der Konzerteinführung – hab ich nicht besser hingekriegt, pardon!

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    Neue Konzertreihe Zürich – Zürich, Tonhalle, 28. September 2021

    The English Concert
    Maurice Steger
    Blockflöte und Leitung

    Händel: Water Music HWV 348-350 – Suite Nr. 1
    Vivaldi: Concerto C-Dur RV 537 für zwei Trompeten, Streicher und b.c.
    Corelli/Geminiani: Concerto Nr. 7 d-Moll für Blockflöte, Streicher und b.c.

    Vivaldi: Concerto F-Dur RV 570 «La tempesta di Mare» für Blockflöte, Streicher und b.c.
    Händel: Water Music HWV 348-350 – Suite Nr. 3
    Corelli/Geminiani: Concerto Nr. 10 F-Dur für Blockflöte, Streicher und b.c.
    Händel: Water Music HWV 348-350 – Suite Nr. 2

    Das war mein erstes Konzert in der frisch renovierten Tonhalle – nebenan im Kongresshaus lief glaub ich mehr oder weniger Parallel zur Weltpremiere in London im Rahmen des Zurich Film Festivals der neue Bond, über der Seepromenade schwirrten Kameradrohnen herum und Damen in Absätzen, mit denen man töten kann, staksten herum – ein leicht surreales Ankommen also, besonders für mich in Jeans und auf dem alten Fahrrad. Der Saal erstrahlt tatsächlich in einem Glanz, wie ich es mir trotz aller Ankündigungen kaum vorstellen konnte. Der graue Anstrich aus den Achtzigerjahren (der wie jahrundertealte Patina aussah und wirklich hässlich war) ist weg, jetzt glänzt ganz viel Gold, was zur Architektur, den Kronleuchtern usw. auch wirklich besser passt. Eine neue Orgel wurde eingebaut, womit leider die pro Seite vier Plätze hinter der Bühne verschwanden, die ich besonders bei Klavierrezitalen toll fand. Die wichtigste Neuerung ist aber, dass der frühere Fehler (ich weiss nicht, ob von Beginn oder als Resultat einer vermurksten früheren Renovation) betreffend des Bodens behoben wurde: Dieser endete vor dem Umbau an der Bühnenkante, was akustisch einen negativen Effekt hat. Der neue Boden wurde jetzt unter die Bühne gezogen und alles so miteinander verbunden, dass quasi das Gemäuer die Schwingungen der Musik aufgreifen kann – so, wie das in Konzertsälen eben sein soll. Zudem wurde die Bühne etwas tiefer gesetzt, was mir, der ich bei der Neuen Konzertreihe ein Abo mit Sitz in der vordersten Reihe habe, natürlich genehm ist. Wegen der etwas geringeren Höhe ist auch eine der grössten bisherigen Sünden getilgt: vermutlich als Vorsichtsmassnahme zur Abgrenzung gab es an der Bühnenkante stets eine Reihe mit Geranien oder sonstigen Blumen, jetzt gibt es da nichts, einfach nur Holz – wie in der Übergangshalle, der von mir so geliebten „Tonhalle-Maag“, die leider Geschichte ist. So viel zu „Zürich als Kulturstadt“. Bah.

    Die Musik des Abends war dann so unmittelbar, unkompliziert und direkt, dass ich mir, ohne Krawatte und mit dem Fahrrad, überhaupt nicht mehr unpassend vorkam … Steger leitete in der ersten Hälfte zumindest bei der auf drei Blöcke verteilten längsten, ersten Suite aus Händels Wasserkmusik (die „Horn-Suite“) mehrheitlich das kleine Orchester, hie und da griff er sich eine seiner Blockflöten und spielte mit, das tat er dann aber vor allem im ersten Konzert, dem von Corelli (orchestriert von Geminiani, Verzierungen der Oberstimme von Pietro Castrucci). Da blitze neben seiner sehr sympathischen Art und seiner offensichtlichen Freude am Musizieren dann auch ein erstes Mal sein genialisches Können als Blockflötist auf. Nach der Pause war Vivaldis Konzert RV 98 für Blockflöte, Oboe, Violine und Fagott (und ganz klein besetztes b.c.) ein schöner Auftakt, bevor es mit der dritten Suite aus Händels Wassermusik los ging, wo Steger nur richtig glänzte. Seine Virtuosität am Instrument ist jedenfalls atemberaubend, dabei wirkt alles ganz leicht, es geht immer um die Musik und nie um die Pose oder die pure Technik. Wenn The English Concert mal richtig in Fahrt kam, hörte man auch die Flöte kaum noch, aber sie löste sich immer wieder, und es gab auch im folgenden Corelli-Konzert (wieder von Geminiani orchestriert, die Verzierungen der Oberstimme stammten hier von William Babell) reichlich Gelegenheit, Steger als Solist zu hören. Den Abschluss machte dann die zweite Suite aus Händels Wassermusik, deren letzter Satz dann als Zugabe gleich noch wiederholt wurde. Ich kann nicht sagen, dass das so ganz meins war, aber Steger zu hören, das Glänzen seiner Augen zu sehen, die grosse Freude, mit der er und das Orchester (das er wohl öfter mal als Gastdirigent leitet) zu Werke gingen – das war wahnsinnig schön. Und auch nochmal greifbarer, unmittelbarer als bei den beiden davor in Basel gehörten Konzerten, die zwar mir wesentlich nähere Musik vorstellten.

    Festival Alte Musik Zürich Saitenspiel – Zürich, Kulturhaus Helferei, 2. Oktober 2021
    Sous l’empire d’Amour: Airs de cour und Lautenmusik

    Marie-Claude Chappuis Mezzosopran
    Luca Pianca Erzlaute & Theorbe

    Michel Lambert (1610–1696): Goutons un doux repos
    Gabriel Bataille (1575–1630): Ma bergère non légère
    Michel Lambert: Charmante nuit
    Gabriel Bataille: Qui veut chasser une migraine
    Lorenzo Tracetti (ca. 1552–1590): Preludio
    Barbara Strozzi (1619–1677): Eraclito amoroso
    Charles Hurel (um 1665/92): Pièces de Théorbe: Prélude – Courante – Gavotte “La Lionne” – Sarabande “La Bolonoise” – Gigue – Musette
    Trad.: Trois Chants Suisses anciens: Rossignolet du bois joli – Pauvre Jacques – Rossignolet gentil
    Jean Baptiste Lully (1632–1687): Repans, charmante nuit
    Robert de Visée (ca. 1655–1732/33): Ouverture de La Grotte de Versailles, Tambourin
    Gabriel Bataille: Un satyre cornu
    Michel Lambert: Ma bergère est tendre et fidèle
    Gabriel Bataille: Amis enivrons-nous
    Jean-Baptiste Lully: Récit de la Beauté

    Ein paar Tage später ging es am Samstagabend an ein relativ kurzes, aber sehr schönes Konzert im Rahmen dies diesjährigen Festival Alte Musik, das „Saitenspiel“ überschrieben war und allerlei Musik mit Saiteninstrumenten präsentierte (letzte Jahr hiess es „Tastenspiel“ und ich hatte, in der halben Pandemiepause, die Gelegenheit, Mahan Esfahani und Kristian Beuzuidenhout zu hören). Marie-Claude Chappuis und Luca Pianca haben dieses Programm vor ein paar Jahren auch auf einer CD bei der Deutschen Harmonia Mundi herausgebracht. Chappuis hat eine wunderbare, warme Stimme, Pianca begleitete sie an der Erzlaute, für seine zwei instrumentalen Zwischenspiele griff er dann zur Theorbe (ich glaube von de Visée spielte er was anderes als im Programm angegeben, das ich oben reinkopiert habe).

    Besonders schön fand ich die Kantate von Barbara Strozzi, die eigentlich ja nicht zum Thema passte bzw. eben den italienischen „Exzess“ und „falschen Schein“ (Nicolas Boileau) der französischen Konzentration darauf, „dem Ohr zu schmeicheln und in ihrem Gesang eine anhaltende Sanftheit zu pflegen“ (Marin Mersenne – beides Auszüge aus Zitaten im Programmheft) entgegenstellt. Wobei das jetzt sicherlich nicht das beste Stück war, um diesen Gegensatz zu verdeutlichen (mir kommt da wie kurze Passage der Italienerin in Charpentiers „Médée“ in den Sinn, da wird anhand einer überexaltierten Arie der Gegensatz quasi als Teil des Plots der Oper direkt verdeutlicht – natürlich mit ein paar besonders sinnfremden Trillern).

    Sehr schön waren auch die drei alten Schweizer Lieder, keine „Volkslieder“ im eigentlichen Sinn sondern altes Liedgut, das Chappuis und Pianca auch bereits für eine CD eingespielt haben (die jetzt zu mir unterwegs ist). Etwas zuviel wurden mir dafür ein paar theatralische Einlagen, die in den airs à boire natürlich nicht deplaziert sind, aber ich mag den plumpen französischen Komödienhumor sowieso nicht – aber das, pardon, Altersheim um mich herum hat sich köstlich amüsiert (was natürlich wieder mal die Frage aufwirft, wie solche Formate zu überleben gedenken, ist ja im Konzertsaal nicht anders, in der Oper gibt es vergleichsweise viel mehr junge Leute hier, aber das liegt wohl am Besonderen, am „Event“, und macht das Genre kein bisschen nachhaltiger oder kostendeckender – schwieriges Thema.)

    Konzert Nr. 3 – „Majestäten“: Haydn-Nacht – Basel, Don Boco, 5. Oktober 2021

    Kammerorchester Basel
    Giovanni Antonini
    Leitung
    Christian Tetzlaff Violine

    Joseph Haydn (1732 – 1809)
    Sinfonie Nr. 62 in D-Dur Hob. I:62
    Violinkonzert A-Dur Hob. VIIa:3
    Sinfonie Nr. 50 in C-Dur Hob. I:50 «Der Götterrath»
    Sinfonie Nr. 85 in B-Dur Hob. I:85 «La Reine»

    Wo ich gerade das Wort „Event“ verwendet habe … mein – wegen Corona um eineinhalb Jahre verzögertes – erstes Live-Konzert im Rahmen das Projektes Haydn2032 der Basler Joseph Haydn Stiftung und Giovanni Antonini mit Il Giardino Armonico und dem Kammerorchester Basel, kann man wohl auch als solches durchgehen lassen. Don Bosco ist eine ehemalige Kirche, die erst kürzlich zum Probelokal des KOB und zum Konzertsaal umgebaut wurde. Eine Stunde vor Konzertbeginn sass Antonini mit dem Klassikjournalisten Andreas Müller-Crepon auf der Bühne und sprach über Haydn, danach sollte der Publizist Bruno Preisendörfer einen eigens verfassten Text lesen – er war jedoch abwesend und stattdessen sprang jemand von der Stiftung (nehme ich an, er stellte sich nur als Ersatz für den Abwesenden vor, las dann aber ziemlich gut) ein – doch leider hätte Preisendörfer wohl ein schnelleres Tempo draufgehabt, jedenfalls marschierte dann das Orchester auf, bevor der Text – u.a. über Haydns stibitzen Schädel und besonders über den (biologischen) Mikrokosmos auf den von Haydn so geschätzten Perücken – zu Ende gewesen wäre. In der Pause gab’s dann auch noch Suppe. Man hat ja ein Zertifikat und muss daher keine Maske tragen … unverständlich für mich, aber anders als im Stadtcasino, wo wohl noch 5-10 Prozent des Publikums eine trug, war ich im Don Bosco vielleicht der einzige. Und Suppe brauchte ich auch keine. Eine Konzerteinführung finde ich ja gut aber man kann’s auch übertreiben, Suppe essen in einem mickrigen Foyer, in dem man sich nicht drehen kann, ohne drei Leute anzurempeln, mitten in einer durch ein airborne Virus ausgelösten Pandemie finde ich schon fast darwinpreiswürdig. Aber gut, die Menschheit schafft sich ja eh demnächst selbst ab und ich tue mich schwer, darob traurig zu sein.

    Neben dem ganzen Rahmenprogramm gab es natürlich auch noch Musik, zu der ich ja schon einen Satz geschrieben hatte. Ich kann auch rückblickend nicht viel mehr schreiben, als dass mir das alles etwas brav und manchmal etwas schwunglos vorkam, dass ich oft dachte, ein paar von Antoninis mit Il Giardino Armonico doch so eifrig gepflegten Zuspitzungen hätten dem Abend gut getan. Wo wir es kürzlich im Hörfaden von Mozart hatten: Haydn empfinde ich (abseits der Streichquartette) oft als etwas brav, quasi zuviel Biedermeier, zuwenig Revolution. Dabei scheint er ja von Zeitgenossen ganz und gar nicht so wahrgenommen worden zu sein? Das Highlight war für mich an dem Abend jedenfalls Tetzlaff mit dem Violinkonzert, nicht nur weil das eine Abwechslung bot, sondern auch, weil der Solopart wunderbar gespielt war. Ich gehe sicher gerne wieder mal hin, wenn ich die Gelegenheit haben sollte, Tetztlaff erneut zu hören (und ich gehe nächstes Jahr, sofern und das alles nicht nochmal um die Ohren fliegt, auch noch ins nächste Haydn-Konzert in Basel Ende Januar, wenn Il Giardino Armonico und das KOB gemeinsam spielen werden … Haydn-Symphonien mit Il Giardino Armonico unter Antonini hörte ich ja auch schon mal in Zürich, aber da gab’s dazwischen noch Konzertarien von Mozart und Haydn mit Sandrine Piau, noch in der alten Tonhalle vor der Renovation, das war definitiv ein anderes Kaliber – und es gab mehr Abwechslung – als dieses Konzert in Basel).

    Zürich, Opernhaus – 12. Oktober 2021

    Tosca
    Melodramma in drei Akten von Giacomo Puccini (1858-1924)
    Libretto von Giuseppe Giacosa und Luigi Illica, nach dem Drama «La Tosca» von Victorien Sardou

    Musikalische Leitung Paolo Carignani
    Inszenierung Robert Carsen
    Ausstattung Anthony Ward
    Ausstattungsmitarbeit Alexander Lowde
    Lichtgestaltung Davy Cunningham
    Choreinstudierung Ernst Raffelsberger

    Floria Tosca Sonya Yoncheva
    Mario Cavaradossi Joseph Calleja
    Baron Scarpia Thomas Johannes Mayer
    Cesare Angelotti Stanislav Vorobyov
    Mesner Valeriy Murga
    Spoletta Martin Zysset
    Sciarrone Ilya Altukhov
    Hirte Claire Schurter
    Un carceriere Benjamin Molonfalean

    Philharmonia Zürich
    Chor der Oper Zürich
    Kinderchor der Oper Zürich
    Statistenverein am Opernhaus Zürich

    Die volle Dröhnung gab es dann letzten Dienstag – ich hatte meine StoneFM-Sendung deshalb verschoben. Und am nächsten Tag gab es nach dem dreifachen Bühnentod dann plötzlich auch noch einen im richtigen Leben. Der Schock sitzt mir noch in den Knochen.

    Die Inszenierung fand ich alles in allem ganz in Ordnung, aber wenn man das Stück – mit seiner Selbstreferentialität, der mise en l’abyme, dazu der Titelrolle, die einer Diva bedarf, die im Stück eine Diva spielt, in seiner ganzen Modernität betrachtet (was im Programmheft getan wird), könnte man damit vermutlich schon etwas mehr anstellen als diese recht biedere Aufführung es tut.

    Musikalisch gab es allerdings wenig zu meckern. Klar, da ist vieles laut, es geht nicht ganz ohne Geschrei. Aber Yoncheva war grossartig, auch in den stilleren Passagen in der zweiten Hälfte und in der Verzweiflung zum Schluss. Ihr „Vissi d’arte“ war grandios und der Szenenapplaus endete erst, als die einfach weiterzuspielen begann und das Orchester wieder einsetzte. Mit Calleja wurde ich nicht sofort warm, aber auch ihm gelang der Spagat zwischen Überschwang und Intimität, zwischen Fortissimo und Pianissimo, am Ende sehr gut. Sein „Lucevan le stelle“ war dann ein weiteres Highlight zum Schluss hin. Thomas Johannes Mayer als Scarpia hatte neben den beiden starken Stimmen einen recht schweren Stand, behauptete sich aber sehr gut. Das Orchester spielte unter Paolo Carignani hervorragend auf, das Solo-Cello übernahm Lev Sivkov, den ich im November 2019 bei einem Gesprächskonzert mit Helmut Lachenmann dessen „Pression“ spielen hörte. Unterm Strich jedenfalls ein sehr guter Abend.

    (Foto oben vom Schlussapplaus, zwischen Calleja und Yoncheva der Dirigent)

    Als neulich der Vorverkauf des Opernhauses für November und Dezember startete (pandemiebedingt immer in Tranchen, sonst geht das im Juli oder August für die ganze Saison los, könnte auch so bleiben, finde ich sehr viel angenehmer, als von Anfang an alles planen zu müssen), besorgte ich Karten für „Anna Bolena“ mit Diana Damrau, Luca Pisaroni und Karine Deshayes Ende Dezember – das ist dann eine neue Produktion (David Alden inszeniert, Enrique Mazzola dirigiert).

    Und heute Abend höre ich zum ersten mal das noch relativ junge Swiss Orchestra mit seinem dritten Programm im Konzert (das ich teils schon von der ersten CD kenne) – einmal mehr mit der Mezzosopranistin Marie-Claude Chappuis, die Stücke von Joseph Joachim Raff (1822-1882) singen wird, dem einen Schweizer, der heute auf dem Programm steht. Der andere ist August Walter (1821-1896), dessen erste Symphonie in der zweiten Konzerthälfte aufgeführt wird wird. Ihnen gegenübergestellt (bzw. Raff umklammern) werden die Melusine-Ouvertüre von Mendelssohn und „Träume“ aus Wagners Wesendonck-Liedern (wie ein Stück von Raff für Violine und Orchester – da aber kein Violinsolist bekannt gegeben wurde, wird das wohl der Konzertmeister sein … an sich wollte ich letztes Jahr das zweite Programm mit Heinz Holliger als Gast hören, das wurde aber in den Juni 2022 verschoben – mal schauen, ob das hinhaut).

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    #11604743  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    @ „gypsy“ : wie immer Dank für Deine ausführlichen Konzertberichte …..

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #11605057  | PERMALINK

    yaiza

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    :bye: gypsy: ich habe auch schon in Deine Konzertberichte reingeschaut. Vielen Dank. Ich schreibe noch was in der nä. Woche . Heute bin ich nochmal draußen unterwegs… wird wohl ein grauer, aber regenfreier Tag …

    Konzert gestern war ein ‚Ohrenschmaus’… für mich erstes live Konzert eines Orchesters seit 19 Monaten…

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    #11616365  | PERMALINK

    yaiza

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    hier noch meine Nachträge 

    Pianosalon Christophori

    Mittwoch, 15.09.2021   Krzyzowa Music Quintet, Klavierquintette von Schostakowitsch und Weinberg.

    Stephen Waarts & Olivier Robin (Violinen), Emma Wernig (Viola), Joshua Halpern (Cello) und Yannick Rafalimanana (Klavier)

    Dieser Abend bot die seltene Gelegenheit, die Quintette mal live nacheinander gespielt zu hören. Im Nachhinein bin ich den jungen Musikern dankbar für diese Erfahrung. Die aufgrund der starken Eindringlichkeit entstandene Stimmung begleitete mich allerdings noch ein paar Tage danach. Sie begannen mit dem Quintett von Schostakowitsch op.57 (1940). Ich habe mich da ganz in die tiefe Musik hineinziehen lassen. Im Pianosalon war es auch unglaublich still, kein Rühren war zu hören. Der Cellist Joshua Halpern erklärte später, dass sie davon ausgingen, dass die meisten mit diesem Quintett vertraut sein würden und leitete danach noch mit Erklärungen zum Weinberg Quintett über. Die Musiker selbst spielten teilw. schon mehrmals beim Krzyżowa-Music Festival. Mitschnitte davon sind auch regelmäßig im Dlf zu hören. Für drei der fünf Musiker war die Aufführung des Quintetts von Weinberg op. 18 (1944) vor Publikum eine Premiere. Ich fand es beeindruckend, es mal live zu hören. Das ist nicht nur der Dauer wegen ein großes Werk. Live kamen auch die Folk-Anleihen sehr gut zur Geltung… das Ende dann ist sehr erschütternd und wirkt noch lange nach.

    Mittwoch, 27.10.2021   Markus Becker, Klavier CD Release-Konzert „Alleingang“
    Im Oktober ging’s dann nochmal in den Pianosalon zu einem Klavierabend mit Markus Becker. Das müsste jetzt vielleicht in die Jazz-Ecke… ich lasse es mal trotzdem hier, weil ich -auch nach mehrmaligen Hören der CD- denke/fühle (kenne mich nicht aus), dass auch noch viel aus der Klassik im Spiel ist. Überhaupt schien Markus Becker glänzend aufgelegt und ließ immer mal lustige Kommentare zu beiden Genres fallen. Er selbst gab auch zu, dass es ihm immer noch schwer fällt, bei Applaus sitzen zu bleiben; es zog ihn immer wieder zu den Verbeugungen hoch… das legte sich dann in der zweiten Hälfte. Es ging los mit einer Impro zum Abendlied von Matthias Claudius („Der Mond ist aufgegangen“), danach folgten unterhaltsame Stücke, allesamt mit schönen Namen versehen: z.B. mit absteigendem Bass „Abstiegskampf“, Gespräch in zwei Tonlagen „doppio“… Die Pause kam dann viel zu schnell… und ja, es gibt also wieder Pausen. Nach der Pause ging es mit einer Haydn Sonate weiter, die ich ganz wunderbar gespielt empfand. Danach leitete er in ein Stück aus seiner vorigen CD „Regenlied“ über, das sich aber toll an den Haydn anschmiegte. Weiter ging’s dann mit der Vorstellung der neuen Stücke bis ein Blues die „Letzte Runde“ einleitete. Ein echter Höhepunkt war dann noch Beckers Arrangement zur „Appassionata“… Alles in allem ein sehr unterhaltsamer Abend — Markus Becker mit Haydn – das merke ich mir mal.

    ***

    Konzerthaus Berlin

    Montag, 27.09.2021   Nils Mönkemeyer, William Youn 2x Hören „Hommage à Mozart“ für Viola und Klavier von Konstantia Gourzi
    In der Konzertreihe „2x Hören“ werden im Konzerthaus zeitgenössische Stücke vorgestellt. Zuerst wird es mit frischen Ohren und (meist) ohne Wissen drumherum gehört und nach dem Gespräch mit den Interpreten noch einmal. Nils Mönkemeyer und William Youn spielten nun die „Hommage à Mozart“, die sehr meditativ beginnt und den Hörer in eine alte Klangwelt zieht. Mozart tritt nicht offensichtlich oder deutlich in Erscheinung. Um das näher zu beleuchten wurde zum anschließenden Gespräch (moderiert von Christian Jost, auch Komponist) noch die Komponistin Konstantia Gourzi auf der Bühne begrüßt. Eine gelungene Überraschung. William Youn setzte sich nach den einleitenden Worten nochmal ans Klavier und nun folgte der Versuch, Mozart auf die Spur zu kommen. Letztendlich erklärte Gourzi, dass sie den Kompositionsauftrag für dieses Stück von Mönkemeyer und Youn bekam und sie (selbst Pianistin) sich eher von ihrem Gefühl zu Mozart leiten ließ. Es gibt keine Anspielungen oder Zitate. Gleichzeitig erklärte sie auch ihre Liebe zu den alten in Europa gebräuchlichen Skalen, die wir vom Klang her heute mit dem Orient verbinden. Nils Mönkemeyer brachte hier Interessantes zur Sprache, wie das Spielen alter europ. Volksmelodien -egal ob aus Griechenland oder Nordeuropa- oder z.B. auch Erwähnungen aus Briefen von Mozart und Mozarts Sicht auf die Musik. Interessante Punkte, die in mir noch nachwirken. Ebenso wie der Eindruck von William Youn… Vielleicht höre ich ja mal in seine Schubert CDs hinein.

    Samstag, 16.10.2021   Konzerthausorchester, Iván Fischer, Mirijam Contzen (v) Beethoven VK, Bartók Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta
    Mitte Oktober hörte ich dann zum ersten Mal nach 19 Monaten wieder einem Orchester live im Konzertsaal zu. Das empfand ich sehr besonders und hat mich nach Beǵinn des Beethoven Violinkonzerts sehr gerührt… Es war schön, diesen vollen Klang wieder direkt zu hören. Das Violinkonzert von Beethoven wird wohl immer beeindruckend bleiben. Mirijam Contzen (auch Prof an der UdK) spielte es mit dem Konzerthausorchester sehr souverän.
    Nach dem langen Applaus blieb Iván Fischer auf der Bühne und es folgte ein „Umbaupause-Überbrückungsgespräch“, wie er es so schön nannte. Während auf der Bühne alles für die folgende Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta umgebaut wurde (für zwei Orchester li. und re. vom Dirigenten, Harfe in der Mitte sowie Klavier, Celesta und Schlagwerk im hinteren Bereich) führte er auf seiner vergnüglichen Art in das Stück ein… (Fortsetzung folgt)

    --

    #11616819  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Sehr schön, danke für die Berichte @yaiza!

    Ich muss zu den jüngsten Konzerten auch bald schreiben! Hadelich war wie drüben schon geschrieben hervorragend, am meisten berührt hat mich aber Marie-Ange Nguci – da ging ich quasi erwartungsfrei hin, und es entpuppte sich als eine, ich kann es nicht anders sagen, existentielle Erfahrung!

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    #11617247  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
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    Schatzkammer Schweizer Symphonik: Tour #3 – Zürich, Tonhalle, 16. Oktober 2021

    Swiss Orchestra
    Lena-Lisa Wüstendörfer
    Leitung
    Marie-Claude Chappuis Mezzosopran

    Felix Mendelssohn Bartholdy: Ouvertüre zu «Das Märchen von der schönen Melusine», op. 32
    Joseph Joachim Raff: Zwei Scenen, op. 199 sowie «Traumkönig und sein Lieb», op.66 für Singstimme und Orchester
    Joseph Joachim Raff: Cavatina aus «Six Morceaux», op. 85 Nr. 3, arrangiert für Violine und Orchester von Edmund Singer (1874)
    Richard Wagner: «Träume» aus den Wesendonck-Liedern, Fassung für Violine und Orchester, WWV 91B

    August Walter: Sinfonie in Es-Dur, op. 9

    Die letzten Wochen waren hier sehr intensiv (jetzt sollte es besser, v.a. weil ich im November auch fast zwei Wochen frei habe), die Konzerte wurden mir auch mal fast zuviel – aber sie boten dann halt auch immer einen schönen Ausgleich, eine kurze Auszeit. Vor zwei Wochen war ich erstmals für ein grösseres Orchester in der restaurierten Tonhalle. Das Swiss Orchestra, gegründet von Lena-Lisa Wüstendörfer, widmet sich der Schweizer Symphonik der Romantik und hat inzwischen vier Programme vorbereitet. Ich hörte das dritte, das vierte (mit Hackbrett-Solo) lasse ich aus, das zweite (u.a. mit Heinz Holliger) musste wegen der Pandemie schon mehrmals verschoben werden und ist jetzt für nächsten Mai geplant, da ist wohl meine 2019 gekaufte Karte dann weiterhin gültig – schauen wir mal.

    Musikalisch fand ich das Gebotene sehr ansprechend, wenngleich mir nicht alle Werke wirklich gefielen. Salonmusik von Raff und Wagner muss bei mir eher nicht sein, aber das eine Orchesterlied von Raff, das anspruchsvoller ist – und auch auf der ersten CD des Orchesters zu finden – ist schon sehr interessant. Die Symphonie von Walter fand ich dann ebenfalls sehr hörenswert (das ist das andere Stück auf der CD – da wurde also schon eine gute Wahl getroffen): in der Form stark an der Wiener Klassik orientiert, aber mit einem Drängen und einem Antrieb, der durchaus an Mendelssohn oder Schumann denken lässt. Da war dann am Ende aber, dünkte mich, beim Orchester die Präzision etwas dahin. Das Programm mit einer reinen Spieldauer von fast zwei Stunden war sowieso ambitioniert.

    Im Saal sassen wie es schien relativ wenige Leute aus Zürich, es gabe bei der Symphonie auch zweimal Zwischenapplaus (ja, stört mich, weil es aus dem Werk rausreisst und eine Zwangspause bedeutet). Was die Dirigentin angeht: ihr Auftritt mit grosser Geste, langem Stab wirkte irgendwie sehr altmodisch, manchmal eher etwas auf der ruppigen Seite. Ich hatte den Eindruck, dass die Musiker*innen gut sind, dass sie weniger der Lenkung bedürften, dafür aber gestalterisch etwas mehr drin gewesen wäre. Wüstendörfer wandte sich auch zweimal kurz ans Publikum, um zu den Werken ein paar Sätze zu sagen – da wirkte sie dann überaus sympathisch und kompetent. Die Violinsoli spielte übrigens der Konzertmeister des Orchesters, Sherniyaz Mussakhan – mit für meinen Geschmack etwas gar viel Schmelz, aber bei Romantik ist das ja schon drin. Marie-Claude Chappuis war dabei einmal mehr überzeugend – wie immer, wenn ich ihr bisher begegnet bin (im Konzert erst gerade, dafür gleich zweimal, auf CD schon ein paar Mal mehr).

    Demnächst wird das Swiss Orchestra zum Residenzorchester des grossen Ferien-Ressorts des ägyptischen, ähm, Geschäftsmannes Samih Sawiris, der dort auch die Andermatt Concert Hall erbauen liess. Da scheint jedenfalls ein Karriereplan ganz schön aufzugehen. Das wirkt auf mich am Ende vielleicht alles eine Spur zu ambitioniert und berechnend, aber so lange interessante Werke wie die Walter-Symphonie auf dem Plan stehen oder sogar noch Heinz Holliger als Solist gewonnen werden kann, verfolge ich das mit wohlwollendem Interesse.

    (Foto oben von vor der Pause)

    Sol & Pat – Winterthur, Stadthaus, 23. Oktober 2021

    Patricia Kopatchinskaja Violine
    Sol Gabetta Violoncello

    Jean-Marie Leclair: Tambourin C-Dur
    Jörg Widmann: aus: 24 Duos für Violine und Violoncello: XXI. Valse bavaroise – XXIV. Toccatina all’inglese
    Johann Sebastian Bach: Präludium G-Dur (BWV 860)
    Francisco Coll: „Rizoma“ (2017)
    Domenico Scarlatti: Sonate G-Dur (Kk 305)
    Maurice Ravel: Sonate für Violine und Violoncello

    Johann Sebastian Bach: Invention Nr. 3 D-Dur (BWV 774)
    Domenico Scarlatti: Sonate h-Moll (Kk 377)
    György Ligeti: Hommage à Hilding Rosenberg
    Yannis Xenakis: „Dhipli Zyia“
    Carl Philipp Emanuel Bach: (unbekanntes Stück)
    Zoltan Kodály: Duo für Violine und Violoncello

    Encores:
    Patricia Kopatchinskaja: (unbekanntes Stück)
    Jean-François Zbinden: Fanfare

    Das nächste Konzert fiel dann auf einen Samstagabend, an dem ich auch direkt umkippen und zu Bett hätte gehen können, weil ich so auf dem Zahnfleisch lief. Aber entgehen lassen wollte ich es mir auf gar keinen Fall. Nach dem Dokumentarfilm über das Duo, das während der Pandemie auch bei Kopatchinskaja daheim in Bern gemeinsames Repertoire erarbeitet hat, war klar, dass ich zu diesem Konzert gehen will.

    Um es vorweg zu nehmen: Es überzeugte mich nicht ganz so sehr, wie erhofft. Das Programm blieb etwas bunt, der Auftritt war mir eine Spur zu theatralisch. Im Gegensatz zu anderen Konzertgänger*innen, die beim Rausgehen über die CD sprachen und meinten, „aber die muss man live erleben“, freue ich mich auf die CD, die hoffentlich beim Vertrieb noch vorrätig sein wird, wenn ich es wieder mal dorthin schaffe (solche Neuheiten sind gerne immer weg und ich müsste mir extra ein Exemplar zur Seite legen lassen).

    Der grosse Höhepunkt war für mich fraglos Kodály zum Ausklang. Da gab es keine Mätzchen sondern eine intensive, überzeugende Darbietung. Davor gab es äusserst charmante Bach-Bearbeitungen. Ich glaube es war das nicht genauer angekündigte von CPE Bach – eine kleine Programmänderung – für das beide auf dem Klavierschemel sassen, den Gabetta nutzte, und Schulter an Schulter in reinem Pizzicato eine wundervolle Miniatur schufen.

    Davor schwankte das Programm zwischen faszinierenden zeitgenössischen Stücken (Coll, Ligeti und Xenakis – die beiden von Widmann empfand ich eher als hübsche Charakterstücke) und älteren Werken. Seltsamerweise zog die Sonate von Ravel an mir ziemlich vorbei.

    Als Zugaben spielten sie dann zuerst eine Eigenkomposition von Kopatchinskaja (mit einem kulinarischen Titel, glaub ich?) und dann ein kleines Stück von Jean-François Zbinden, der letzten März mit 103 Jahren verstarb. In dieser „Fanfare“ – zumindest in der Version von Pat & Sol – waren die Geige und das Cello ziemlich angeheitert und spielten (natürlich koordiniert) mit abweichenden bzw. schwankenden „pitches“. Das ist zwar charmant, aber – wie das eine oder andere davor – arg drauf angelegt, dass der Saal tobt. Und sowas finde ich halt recht schnell etwas bemüht, kann ich leider nicht ändern.

    Neue Konzertreihe Zürich – Zürich, Tonhalle, 24. Oktober 2021

    Kammerorchester Basel
    Umberto Benedetti Michelangeli
    Leitung
    Marie-Ange Nguci Klavier

    Joseph Haydn: Symphonie Nr. 95 c-Moll Hob. I:95
    Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll Op. 37

    Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 1 C-Dur Op. 21

    Am folgenden Abend ging es dann direkt nochmal in die Tonhalle. Auftreten sollen hätte Alexandra Dovgan, eine erst 16jährige, von Grigory Sokolov geförderte Pianistin (die schon für die Saison 2019/20 angekündigt war, aber das Konzert wurde dann pandemiebedingt abgesagt). Ein paar Tage davor wurde angekündigt, dass sie erkrankt sei und die franko-albanische Pianistin Marie-Ange Nguci mit demselben Werk einspringen würde. Auch das ein Name, der mir nicht sagt, zudem hörte ich das KOB schon mit Umberto Benedetti Michelangeli (und Regula Mühlemann) mit einem Mozart-Programm, das mich – damals im zu grossen KKL in Luzern – nur so halb zu überzeugen wusste.

    Erwartungen waren also keine vorhanden – und wie so oft, wurde gerade das zu einem in jeder Hinsicht überzeugenden, ja umwerfenden Abend. Los ging es mit einer Haydn-Interpretation, die – obwohl im Sitzen gespielt – den Vergleich mit den Aufführungen unter Giovanni Antonini keinesfalls zu scheuen brauchte. Ganz im Gegenteil: das KOB klang für meine Ohren deutlich frischer, agiler, zupackender – und das Spiel mit dem Dirigenten klappte ganz hervorragend. Dem Orchester stand auch die Freude ins Gesicht geschrieben, immer wieder warfen die Musikerinnen und Musiker sich beim Spielen Blicke zu. Ein wunderbarer Auftakt.

    Dann wurde der grosse Steinway in die Mitte gerollt und die Pianistin trat im langen Glitzerkleid auf. Die lange Orchestereinführung schloss nahtlos an Haydn an – und dann das Klavier … der erste Einstieg vielleicht nicht von der prägnantesten Sorte, aber nach wenigen Takten war sass ich auf der Stuhlkante und lauscht ungläubig, was da passierte. Ich habe keine Ahnung, was Nguci mit dem eh faszinierenden Werk (ich hörte es zuletzt in einer ähnlich grandiosen Aufführung von Volodos mit dem Tonhalle-Orchester unter Järvi) anstellte – aber das wurde für mich, ich kann es nicht anders sagen, zu einer existentiellen Erfahrung. Die Musik atmete, Abgründe öffneten sich, über die Nguci behende sprang, wie ein Geier über den Flügel gebeugt. Tosender Applaus, den die Debutantin ganz für sich kriegte (richtig wohl dabei war ihr nicht, sie signalisierte mit Handbewegungen mehrmals, Benedetti Michelangeli möge doch auch noch mal mit nach vorn kommen. Er verweigerte sich, und wir wurden mit zwei längeren Zugaben beschenkt, die ich leider nicht identifizieren konnte, aber der Romantik zuordnen mochte, beides enorm virtuose Stücke, die den Eindruck vermittelten, als hätte Nguci gerade richtig Lust, einfach weiterzuspielen.

    Bis zur Pause war damit deutlich mehr als eine Stunde vergangen – der Gedanke huschte kurz durch meinen Kopf, ob ich nach Hause gehen sollte? Aber nein, natürlich nicht, denn es gab noch die erste Symphonie von Beethoven und nach dem gelungenen Auftakt mit Haydn wollte ich mir die dann nicht entgehen lassen. Und auch hier fand ich die Darbietung hervorragend. Zupackend, sehr klar – und am Ende trotz dem grossartigen Auftritt Ngucis in der Mitte keineswegs als von geringerer Güte empfunden.

    Musikkollegium Winterthur – Stadthaus, 23. Oktober 2021

    Musikkollegium Winterthur
    Eduardo Strausser
    Leitung
    Augustin Hadelich Violine

    Jean Sibelius: Konzert für Violine und Orchester Op. 47
    Encore: Coleridge-Taylor Perkinson: Louisiana Blues Strut
    György Ligeti: Ramifications

    Johannes Brahms: Symphonie Nr. 4 e-Moll Op. 98

    Dann führt mich der Weg diesen Donnerstag nochmal nach Winterthur. Der stressbedingende Faktor (neben dem eigenen unbelehrbaren Verhalten) war am Mittwochnachmittag abgehakt worden, ich war um 10 im Bett und hatte für Donnerstag gar nicht erst den Wecker gestellt. War am Abend also einigermassen aufmerksam, aber das erhoffte – und eingetroffene – Highlight gab es eh direkt zu Beginn: Augustin Hadelich spielte eine grossartige Version des Sibelius-Konzertes, das Musikkollegium unter der Leitung des sehr jung wirkenden Eduardo Strausser (*1985 – kennst Du ihn von Berlin @yaiza?) dankte es ihm mit einer ebenso guten Aufführung. Die existentielle Dramatik von Nguci stellte sich hier nicht ein (aber solche Erlebnisse aus dem Konzertsaal kann ich sowieso noch bestens an den Fingern meiner beiden Hände abzählen), aber auch das war eine umwerfende, in sich vollkommen stimmige Sichtweise, wuchtig, mit Schneid, aber auch transparent und klar (das Musikkollegium spielte ähnlicher Grösse wie das KOB, 7 erste und 6 zweite Geigen, je 4 oder 5 Bratschen und Celli und 3 Bässe).

    Hadelichs Zugabe war dann auch ein absoluter Gassenhauer für die Sorte Publikum, laute Lacher, weil die Verwunderung über die ungewohnte Rhythmik und Intonation irgendwie abgeführt werden muss (was mich dann wiederum verwundert, eh ben) … ich habe mich an die Sichtweise von Alec Wilder erinnert, die @vorgarten drüben in der Jazzecke erwähnte: am besten seien die Songbook-Komponisten gewesen, wenn sie „auf der Strasse“ gelernt hätten – ob sich das auch auf die Konzertmusik eines Perkinson übertragen lässt? Das Stück ist von Hadelich auch in der Tube zu finden, z.B. hier.

    Dann Umbaupause für Ligeti. Die 12 Solostreicher, von denen die Hälfte während des Umbaus ihre Instrumente um einen Viertelton umstimmen mussten, sassen im Halbkreis in der zweiten Reihe und spielten das sehr faszinierende Stück von Ligeti – und mir schien, dass Strausser für sowas vielleicht fast der geeignetere Dirigent sein könnte? Aber er hat ja auch Opernerfahrung und ist wohl überhhaupt sehr breit aufgestellt.

    Brahms‘ Vierte nach der Pause fand ich dann etwas weniger gut. Hatte das Stück auch im Dezember 2018 schon in Winterthur gehört, also dort noch Thomas Zehetmair Chefdirigent war (am unvergesslichen Abend, an dem Carolin Widmann das Violinkonzert von Dieter Ammann aufführte). Verstehe dann halt auch nicht, warum man dem Dirigenten nicht nahgelegt hat, etwas anderes (ja warum nicht gleich im 20. Jahrhundert bleiben?) nahegelegt hat (vielleicht ja gerade nicht, ich habe keine Ahnung, wie es um die Probenarbeit der letzten Monaten steht und wie es den Orchestern die Tage so geht, vielleicht ist es da ja gerade gut, auch Bekanntes wieder aufzugreifen?). Strausser drückte vielleicht etwas zu sehr auf Tempo und Lautstärke – ich empfinde in der vierten in so einer Sichtweise jedenfalls den dritten Satz gerne als etwas störend und als Antiklimax vor der tollen, dunklen Passacaglia zum Ausklang. Aber auch daraus wurde am Ende ein durchaus gelungener Konzertabend.

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    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
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    yaiza

    Registriert seit: 01.01.2019

    Beiträge: 5,405

    vielen Dank für Deine Berichte, gypsy

    Eduardo Strausser: ihn hörte ich noch nicht, beim Nachschauen, welche Konzerte er dirigierte, stieß ich auf einen Text von ihm zu seinem Aufenthalt in Venezuela im Jan. 2019
    https://van-magazin.de/mag/eduardo-strausser-venezuela/   (13.03.2019)

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