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Macht immer wieder Spaß beim Lesen, wenn Du Dich spontan zu einer Song-Besprechung hinreißen lässt, danke dafür @irrlicht.
@gipetto: Für mich ist das Album „Pure Heroine“ eines der eindrucksvollsten Debüts der letzten Jahre und nicht nur, weil Lorde damals noch so jung, aber mit einer erstaunlich erwachsenen Stimme gesegnet war, quasi eine moderne Helen Shapiro. Ihr Songwriting war/ist exzellent, einerseits sehr persönlich, aber es hatte zugleich auch etwas Allgemeingültiges, artikulierte – hier darf man den malträtierten Topos wirklich mal bemühen – ein Lebensgefühl ihrer Generation. Dafür stand besonders „Royals“, die erste Clip-Version wurde auch noch mit ihren Mitschülern gedreht: Royals. Bemerkenswert war zudem die effektive, minimalistische Produktion. Trotz des riesigen US-Erfolgs von „Royals“ hat sie das beim Album mit ihrem neuseeländischen Produzenten konsequent durchgezogen, das Label hatte ihr sicher die für heutige potentielle Mainstream-Erfolge übliche kollektive Arbeitsweise mit diversen einschlägigen Produzenten und Co-Songschreibern nahegelegt. Respekt erntete sie mit ihrem Debüt auch bei einem der ganz Großen: klick.
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Werbungherr-rossiMacht immer wieder Spaß beim Lesen, wenn Du Dich spontan zu einer Song-Besprechung hinreißen lässt, danke dafür @irrlicht.
Gerne
Dir auch ein Mercí für die ganzen Randinfos, hab ich sehr gerne gelesen. Aber jetzt die entscheidende Frage – was hältst Du von ihrem neuen Track? Hightlight des Jahres, „etwas zu abgeklärt“ oder irgendwo zwischen den Stühlen?
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Hold on Magnolia to that great highway moon
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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Auch von mir ein großes Danke, my man! Immer wieder ein Vergnügen!
Dass genau jetzt „Melodrama“ angekündigt wurde, freut mich sehr. Vor allem, weil seit einigen Tagen jeden Abend vorm Schlafen 400 Lux läuft, von dem ich plötzlich nicht mehr genug bekommen kann. Selbst muss ich erst sehen, wie ich mit Green Light zurechtkomme, das Meisterwerk des Jahres höre ich bislang noch nicht, aber einen interessanten Vorgeschmack auf ein Album, dem ich freudig entgegenblicke und bei dem ich dann auch gespannt bin, wie der Track im Albumkontext funktioniert.
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grievousangelAuch von mir ein großes Danke, my man! Immer wieder ein Vergnügen! Dass genau jetzt „Melodrama“ angekündigt wurde, freut mich sehr. Vor allem, weil seit einigen Tagen jeden Abend vorm Schlafen 400 Lux läuft, von dem ich plötzlich nicht mehr genug bekommen kann. Selbst muss ich erst sehen, wie ich mit Green Light zurechtkomme, das Meisterwerk des Jahres höre ich bislang noch nicht, aber einen interessanten Vorgeschmack auf ein Album, dem ich freudig entgegenblicke und bei dem ich dann auch gespannt bin, wie der Track im Albumkontext funktioniert.
„400 lux“ ist auch wunderbar, ja. Ansonsten unterstreiche ich den letzten Satz – da bin ich auch gespannt. Solche raumfüllenden Tracks haben ja immer wieder Schwierigkeiten im Kontext nicht alles zu überstrahlen.
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Hold on Magnolia to that great highway moonirrlichtAber jetzt die entscheidende Frage – was hältst Du von ihrem neuen Track? Hightlight des Jahres, „etwas zu abgeklärt“ oder irgendwo zwischen den Stühlen?
Wenn von Künstlern, die ich sehr zu schätzen gelernt habe, etwas neues kommt, bin ich häufig beim ersten Hören etwas reserviert. Und das ist ja nun ein deutlicher Bruch, nicht nur musikalisch. In einer blind session hätte ich vermutlich nicht mal erraten, dass das Lorde ist. Ihr Debüt war ja doch eher kühl, introviert, beobachtend, und das ist hier komplett anders. Ein starkes „Comeback“, keine Frage. Ob „Highlight des Jahres“, das kann ich erst in einigen Tagen sagen.
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irrlichtLORDE: Green light
Wo holst du das nur immer alles her? Knietiefes Waten in Lyrics, in Musik, in deren Verschränkungen. Riesenrespekt. Ich kenne auch jemanden, der den Strand nicht mag, dieser Sand, der zwischen den Zehen klebt, ekelhaft.
wahr Wo holst du das nur immer alles her? Knietiefes Waten in Lyrics, in Musik, in deren Verschränkungen. Riesenrespekt.
Vielen Dank. Sagen wir so: Ich habe da schon ein „System“, nachdem ich vorgehe, ohne dass das jetzt zu einheitlich wäre. In erster Linie: Wenn mich ein Track völlig wegbläst, interessiert mich einfach der Grund dafür – was macht die Aufnahme eigentlich so speziell und wenn ich das weiß: Was ist der Gedanke hinter der Aufnahme? Normalerweile lasse ich daher erstmal den Track mit seinen Sounds, stilistischen Mitteln und Stimmungen auf mich wirken, taste mich dann an die Lyrics ran, gehe für mich durch, ob ich die Querverweise verstehe (sonst tun sich heute ja genug Möglichkeiten auf, um auch wirklich jede Zeile zu verstehen), gleiche das bisweilen noch mit biografischen Details ab, die bei der Entstehung einfach unumgänglich sind und wage, wenn ich den Act besser kenne, noch eine Einordnung ins Gesamtkonzept des Albums/der Diskografie – und dann baue ich daraus eine für mich schlüssige Argumentation.
herr-rossi Wenn von Künstlern, die ich sehr zu schätzen gelernt habe, etwas neues kommt, bin ich häufig beim ersten Hören etwas reserviert. Und das ist ja nun ein deutlicher Bruch, nicht nur musikalisch.
So in etwa hatte ich mir das gedacht. Berichte doch, gerne auch hier, beizeiten mal, wie sich der Track bei Dir entwickelt.
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Hold on Magnolia to that great highway moonirrlicht
wahr Wo holst du das nur immer alles her? Knietiefes Waten in Lyrics, in Musik, in deren Verschränkungen. Riesenrespekt.
Vielen Dank. Sagen wir so: Ich habe da schon ein „System“, nachdem ich vorgehe, ohne dass das jetzt zu einheitlich wäre. In erster Linie: Wenn mich ein Track völlig wegbläst, interessiert mich einfach der Grund dafür – was macht die Aufnahme eigentlich so speziell und wenn ich das weiß: Was ist der Gedanke hinter der Aufnahme? Normalerweile lasse ich daher erstmal den Track mit seinen Sounds, stilistischen Mitteln und Stimmungen auf mich wirken, taste mich dann an die Lyrics ran, gehe für mich durch, ob ich die Querverweise verstehe (sonst tun sich heute ja genug Möglichkeiten auf, um auch wirklich jede Zeile zu verstehen), gleiche das bisweilen noch mit biografischen Details ab, die bei der Entstehung einfach unumgänglich sind und wage, wenn ich den Act besser kenne, noch eine Einordnung ins Gesamtkonzept des Albums/der Diskografie – und dann baue ich daraus eine für mich schlüssige Argumentation.
Klasse System. Wie angenehm und inspirierend es doch ist, wenn so ins Detail gegangen wird.
wahr Klasse System. Wie angenehm und inspirierend es doch ist, wenn so ins Detail gegangen wird.
Ich finde, das eine impliziert das andere, man kann eine Argumentation schlecht auf nur einem Umstand aufbauen. In der Regel folgen Kompositionen bzw. Song einem bestimmten System – und das ist so klar, wie es nur irgendwie geht: Der Künstler lässt uns im besten Fall einen tiefen Blick in sein Innenleben erhaschen. Und natürlich gleicht sich meist die Instrumentierung und Produktion der Thematik an, sie säumt sie oder bildet einen bewussten Kontrast. Und sehr oft hat das Themenfeld wiederum mit der Lebenslage, dem Weltgeschehen oder einem spontanen Motiv zu tun. All das ist wichtig, wenn man Kunst wirklich verstehen will. Einfach nur zu sagen: „Das ist Chartspop“, wie eben geschehen, ist letztlich ein Zeugnis von Desinteresse. Als würde man Menschen charakterlich feinsäuberlich aufgrund der Farbe Ihrer Hemden einsortieren.
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Hold on Magnolia to that great highway moon
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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„Alle Fremden tragen weiße Hemden.“ (Taktlo$$) Aber auch: „Alle meine Frauen heißen Clara Schumann.“
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Wie auch immer.
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Hold on Magnolia to that great highway moonViele Leute fragen: „Warum muss Kozelek zuletzt so viel Belangloses erzählen, was soll dieses ziellose Gebrabbel?“ und geben sich selbst die Antwort: Der Mann ist ein verbitterter Typ im Schaukelstuhl, der die besten (weil melancholischen und musikalisch bekömmlicheren) Tage bereits hinter sich hat. Ich frage: Haben diese Leute sich eigentlich die Alben jemals wirklich angehört?
Für mich steht Kozelek in einer Reihe mit den stärksten Songwritern und lyrischen Stilisten, die der Musikkosmos hervorgebracht hat. Ein im menschlichen Sinne traditionsbewusster Geist, unentwegt mit Ohio und Kalifornien verbunden – im musikalischen und politischen Sinne aber ein teils überaus garstiger Kommentator. Wenn man sich Kozelek widmet, erkennt man mit jedem Text mehr seine Vielgestaltigkeit – da ist ein Typ, der zahlreiche Tracks seiner Familie, seinen Freunden, seiner Frau widmet, hunderte von Zeilen – Offenbarungseide, die in Ihrer Unmissverständlichkeit fast konservativ wirken können. Gleichsam ist da auch ein Typ, der musikalische Formen ins Absurde bricht, mehrere Songs in einem verschachtelt, sich immer wieder zu boshaften Randnotizen hinreißen lässt, Reviews über Ihn mit Spott und anderem Spaß garniert, schelmisch seinen Frauenverschleiß preisgibt – und so vieles mehr. Und wie Fantano richtig sagte: Sein Track endet, wenn der Track endet, mag das manchmal auch zehn Minuten und 6000 Wörter brauchen. Bei Kozelek muss man damit leben, dass ein Mensch kein harmonischer Farbverlauf ist.
„Lone star“ ist einer meiner liebsten Tracks des neuen Albums, eine Trackchimäre, die alles ist, aber sicher nicht unkonkret. Genaugenommen greift Kozelek, wie ein guter Kolumnist, mehrere Themen auf (hier sind es drei), die letztlich wie ein Triptychon funktionieren. Eines davon thematisiert seine entschiedene Haltung, sein absolutes Unverständnis und seine Wut gegenüber der jüngsten gesetzlichen Regelung in North Carolina, die vorsieht Transgender die Toilettenbenutzung nur hinsichtlich Ihres Geburtsgeschlechts zu gestatten („What the fuck is it to you/They’re worthy of dignity and respect and use of any goddamn toilet“). Bands wie Pearl Jam verurteilten dieses Gesetz ebenfalls – auch in Form von Konzertabsagen innerhalb des Staates. Relevant wird hier zudem die Verurteilung von Kozelek selbst und die Auftrittsverbote in Texas – zu oft wurde er als Sexist wahrgenommen, was mich einerseits schockt, andererseits aber auch etwas amüsiert. Auch hier gilt die Frage: Haben diese Leute sich eigentlich die Alben jemals wirklich angehört?
Der zweite Teil ist ein direkter Appendix zur Präsidentenwahl. Und die Aussage könnte nicht eindeutiger sein: „We wanted dumb headlines, well baby, we got it/We wanted instant gratification, right well baby, we got it/We wanted stupid entertainment, baby, we asked for it“. Kozelek belässt die Wahl Trumps nicht bei einer Verschwörung oder gar Zufall – sondern erzählt von einem grotesken Produkt, das genauso entstanden ist, wie es sich das Volk wünschte. Eine Gesellschaft, die Apps über Bildung stellt, die mediales Junkfood in sich hineinfrisst und die jetzt die Verantwortung für Ihre Trägheit und Sensationsgier mit zu tragen hat. „As George Carlin said one night, „I believe you have to be asleep to believe in the American Dream“/So all of us zone the fuck out a minute, get some popcorn, watch some Trump/Check your Facebook and keep up with the Kardashians“ heißt es zuletzt.
Der erste Teil des Tracks wischt mit eitlen Modekrankheiten den Boden auf, ein prächtiges „Fuck you!“ an all die Lifestyle-Depressiven, die mit Ihren Problemchen und dem daily hustle im Starbucks hausieren gehen. Wie real der Anlass ist, kann ich nicht sagen – Kozelek erzählt davon, wie er nachts eine Frau am Hafendamm sieht, die weinend und betend das schwarze Wasser unter sich beobachtet – bereit zu springen. „There are people in this world who have dead children/They’re deeply grieving“ heißt es – ich kann mir vorstellen, dass Kozelek hier einen weiteren Verweis auf den Tod von Arthur (Nick Caves Sohn), der 2015 an einer Klippe in England verunglückte, anbringt. Dieses schreckliche Unglück und allgemein das Thema Kindstod und das Mitgefühl mit den Eltern wurde schon in „Exodus“ ausgebreitet.
Soviel zum thematischen Rahmen. Wie üblich für Kozeleks Lyrics gibt es noch viel mehr. Zierat, kleine Bemerkungen, notwendiger Kitt – der Gang durch das strahlenden Kalifornien, die Liebkosungen seiner Katzen, seine Wertschätzung für Jimmy Page und Nancy Wilson – Alltagsbeobachtungen. Für mich sind diese Nebensächlichkeiten innerhalb des Gedankenstroms oft ähnlich relevant, wie die Hauptstränge. Genaugenommen ist das die Antithese zu Pop – nicht der Versuch alles Essentielle in drei Minuten zu formulieren, sondern sich die Zeit zu nehmen, einen Roman zu schreiben, in dem man nicht nur die großen Gefechte beschreiben kann, sondern auch die Charakterzüge der Protagonisten, die Flora, das Wetter, die Risse am Bauwerk.
Das musikalische Ambiente dazu ist faszinierend: Ein klackender Schlagzeugtakt, gurgelnde, umschlingende Gitarrenbewegungen, zuweilen leichte Verzögerungen in den repetitiven Mustern. Wenn Kozelek die Autos auf den Straßen beobachtet, die Züge in der Ferne, wandelt sich das Arrangement zu einem überblendenden, wallenden Strom – mit Stimmdopplungen und einem Sound, der wie Pink Floyds „On the run“ erklingt. Dann zarte Gitarrenklänge, so anmutig, wie zuletzt auf „Admiral fell promises“ – Kozelek sitzt unter dem Weihnachtsbaum, besonnen und entdeckt das Debut von Hearts unter der Geschenkfolie. Ein paar harmonische Motive, bis der Alltag mit seiner theaterhaften Kulisse wieder ins Bild geschoben wird. Der ursprüngliche Takt stottert wieder von neuem. Alles präzise nach den Worten gerichtet, Hand in Hand.
Man muss diesen Stream of consciousness mögen. Man muss Interesse an den Gedankenläufen haben, Interesse an minimalsten Stimmverschiebungen, sicher auch an Texten, an politischem Geschehen, an Kozelek als Person – dann erscheinen weder Lyrics noch Instrumentierung monoton. Und die Phrasierungen am allerwenigsten. Spannend wird es dann, wenn man bemerken kann, wie sämtliche Tracks der letzten Jahre zu einem großen Mosaik werden – mit unermesslich vielen Querverweisen.
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Hold on Magnolia to that great highway moonZUGEZOGEN MASKULIN/LGOONY: Füchse 2015
Zunächst: HipHop und natürlich auch deutschsprachiger HipHop ist eine Art soap opera. Verstrickungen gibt es in jedem Genre, aber die Tatsache, dass sich jeder auf jeden bezieht und sämtliche Aussagen im Kontext stehen können – das ist in diesem Bereich weiterhin einzigartig. HipHop ist ja zunächst eine Kultur in beständiger Wechselwirkung, ein Medium, das zunächst auf Sprache basiert, man kommt daher nicht umhin ein wenig hinter die Dinge zu blicken.
Zugezogen Maskulin und Lgoony stammen genaugenommen von zwei verschiedenen Enden der Landkarte. Erstere bedienen den linken Flügel der Szene und haben mit „Alles brennt“ ein brillilantes, teils alles niederwalzendes Manifest veröffentlicht – Lgoony ist wiederum einer der jüngeren Szenehelden, ein DIY Genosse, mit einem Faible für sphärische Soundlandschaften, Spaceambiente, Bling-Bling (Diamanten schein‘ wie Wasser!) und Symbolrhetorik. Was die Sache noch bizarrer macht, ist die Herkunft von Lgoony, der unter dem Schirmherr Money boy als Teil der Glo Up Dinero Gang, wie auch vergleichbare Kollegen im Trap Sektor, eine Art Stilkarrikatur ins Deutschrapbizz brachte – die Devise: Mehr sprachliche Schlichtheit, weg von der Labelranschmeißerei, hin zu einem Blick auf Musik, der sich mehr als Gegenwartszeugnis versteht, als sonderlich viel Wert auf den alles umfassenden, güldenen Albumrelease zu legen. Lieber wie Gucci Mane und Co., also amerikanische Vorbilder, den Markt mit Dutzenden von free mixtapes befeuern. Ein an und für sich schöner Ansatz, träge er nicht zuletzt miserable Blüten – eine Art Ballermannisierung des HipHop.
„Füchse 2015“ ist schnell gehört, aber es steckt letztlich enorm viel zwischen den prächtigen Enaka Beats. Zunächst: Der Track ist ein Abriss des „Füchse“ Classics der Beginner – hier beginnt bereits das Zähnefletschen. Die ersten beiden Zeilen greifen unfassbar zynisch nicht nur die Mentalität des bisweilen saturierten HipHop Camps auf, sondern auch die Frage, wie schnell man seine eigene Glaubwürdigkeit letztlich verspielt, wenn der Rubel erst rollt – ein Schicksal, das auch Eißfeld (Jan Delay) trifft, der diese Zeile ehemals von sich gab, dessen Magen aber heute vermutlich nur „knurrt“, wenn er „gerade das Kobe Rind verdaut“. Oder gar Samy Deluxe, der vom moralischen Wickeda MC zum Typ mit den lackierten Fingernägeln wurde und heute Schundzeilen en masse ins Mikrofon poltert. Es ist einfach ein Kreuz mit dem Altern. Die „Gucci Bäuche gegen Rechts“ von Testo greift die Thematik des Tracks „Guccibauch“ erneut auf – also die von goldbezahnten Gangstern, die munter ihre Scheinchen zählen. Oder um es mit einer Zeile des Tracks zu sagen: „Und Staiger sagt: „Nur weil viele arm sind, bist du so reich“. Mein Kopf sagt „Ja“, aber mein Guccibauch sagt „Nein“.
Der grim104 Part wirft den Blick etwas aus der Rapszene heraus – u.a. zu Julien Sewering, einem youtube-Blogger, der u.a. wegen Sexismus und Volksverhetzung verurteilt wurde. Das Format begann als Plattform eines schnöseligen Typen, der es besonders orginiell fand Raptexte anhand von Doppelreimen und Silbengeflexe zu beurteilen und der sich für keine Schmähung und noch so widerliche Beleidigung zu doof war – später kam noch das JBB (JuliensBlogBattle) hinzu, eine Art Contest Veranstaltung für Rapper im Videoformat usw. Letztlich passt aber auch die Blogger-Welt ideal in das Schema des Songs – eine Welt voller eitler It Boy Dudes, die sich durch billigste Provokationen profilieren und dabei nichtmal vor KZ Witzen zurückschrecken. Folglich schickt Grim solche Halunken direkt ins Gulag, ebenso die Gesellen, die so lange „bemüht sozialkritisches Street Art machen, bis dein Galerist endlich den Auftrag von Nike an Land zieht“ (Audio88) – Heerscharen von volunteering wannabes.
Lgoony häutet letztlich im letzten Part die HipHop Szene selbst – all die Realkeeper, die vom Konformismus und dem bösen Kapitel warnen, dann aber ihre Deluxeboxen voller Schund anpreisen bzw. Oldboys wie Damian Davis, die sich über Money boy ausließen und die Wandlungen der Szene heute mit absoluter Entäuschung begleiten (weil sich HipHop über „BAAAARRSSS!“ auszuzeichnen hat). Dazwischen eine Reihe üblicher Goon Squad Metaphern, die typisch für Lgoony sind – die Zylon Referenz (sein neues Album tauft sich auch direkt „Intergalactica“), das „Sohn der Medusa“ (eine Anspielung auf das Versace Logo, also ein Art Codierung des eigenen Reichtums) oder „Pegasus Bruder“ (ein Gruß an Brudy Crack Ignaz bzw. dessen aka Boy Pegasus, ein österreichischer Trap Künstler, mit welchem Goony zuletzt das Album „Aurora“ releast hat).
Einer meiner liebsten HipHop Tracks der letzten Jahre – pointiert, sehr umfassend auf das Geschehen der Welt bedacht. Dazu großartig in Produktion und Stil.
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Hold on Magnolia to that great highway moon
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
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„HipHop ist eine Art soap opera.“
Junge, du ziehst dir zu viele Schmutzrapper rein. Und einen Schmierlappen, ein hundsgemeines Mittelstandskind wie J. sollte man nicht erwähnen. Der gehört in den Kofferraum und danach in den See. Dort schläft er dann bei den Fischen…“während einem Aaale und Krebse durch die Augäpfel krabbeln. I chop rappers and throw ‚em in the river.“
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harry-rag„HipHop ist eine Art soap opera.“ Junge, du ziehst dir zu viele Schmutzrapper rein. Und einen Schmierlappen, ein hundsgemeines Mittelstandskind wie J. sollte man nicht erwähnen. Der gehört in den Kofferraum und danach in den See. Dort schläft er dann bei den Fischen…“während einem Aaale und Krebse durch die Augäpfel krabbeln. I chop rappers and throw ‚em in the river.“
Vermutlich auch das, aber was hat das jetzt genau nochmal mit diesem Track hier zu tun?
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Schlagwörter: Musik-Blog
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