ECM Records

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  • #7266485  | PERMALINK

    vorgarten

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    ECM 1045
    terje rypdal: whenever I seem to be far away

    rypdals dritte runde bei ecm versucht ein bisschen was ähnliches wie priester – ein sinfonisches abheben aus dem irdischen, bei ihm wie immer richtung nacht, nicht richtung space, aber die erzeugung eines bewegten klangraums ist beiden eigen, auch der gebrauch des mellotrons, hier vom popol-vuh-mitglied pete knutsen eingesetzt (wenn es sowas wie den“ecm-sound“ wirklich gegeben hätte, müssten popol vuh eigentlich bei eicher untergekommen sein).

    damit hat es sich aber auch mit dem vergleich, denn rypdals postmoderner einsatz von orchester plus solostimmen, seiner kreissägengitarre, einem hundstrocken aufgenommenen e-bass, jazzrock und chansonmelodien (vieles erinnert hier sehr an peer rabens fassbindermusiken) groovt nicht, erzeugt kein geheimnis, bewegt sich nicht, klingt nicht gut, wirkt alles andere als zeitlos und wirft die frage auf, was er in seiner bildhaften geste eigentlich illustrieren will. respekt vor so viel bereitgestellter spielwiese – darauf wird aber nur ein bisschen herumgeturnt.

    Terje Rypdal electric guitar, guitar
    Sveinung Hovensjø 6- & 4-string basses
    Pete Knutsen mellotron, electric piano
    Odd Ulleberg French horn
    Jon Christensen percussion
    Südfunk Symphony Orchestra
    Mladen Gutesha conductor
    Recorded 1974 in Oslo and Ludwigsburg
    Engineers: Jan Erik Kongshaug and Martin Wieland
    Produced by Manfred Eicher

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    #7266487  | PERMALINK

    vorgarten

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    ECM 1046
    dave liebman: drum ode

    die tendenz zum großorchestralen geht weiter, hier versucht sich nun dave liebman an einem konzeptalbum über unterschiedliche facetten der schlagzeugbegleitung. das reicht von einigen tighten und einigen eher nokturnalen latin-stücken, die deutlich return to forever aufgreifen (es gibt auch ein frauengesangsstück zu warmen fender rhodes), bis zu tabla-studien, latinisiertem coltrane („your lady“) und einem klanglich etwas aufgespaceten duell von liebman gegen eine doppel-drummer-front (moses und williams). altschul spielt irgendwo percussion, roy und walcott tabla, ansonsten sind die kollegen beirach und abercrombie wieder dabei, zusammengehalten wird das alles hauptsächlich vom bassisten (gene perla).

    ist alles in sich sehr stimmig, vom playing her gekonnt, außerdem abwechslungsreich – aber nach neuen sounds oder wirklich zwingenden grooves muss man hier nicht suchen. ein ziemlich kompaktes standard-früh70er-album.

    Dave Liebman soprano and tenor saxophones, alto flute
    Richard Beirach electric piano
    Gene Perla basses
    John Abercrombie guitars
    Jeff Williams drums
    Bob Moses drums
    Patato Valdez congas
    Steven Satten percussion
    Barry Altschul percussion
    Badal Roy tablas
    Collin Walcott tablas
    Ray Armando bongos
    Eleana Steinberg vocal
    Recorded May 1974, Record Plant, New York
    Engineer: Jay Messina
    Produced by Manfred Eicher

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    #7266489  | PERMALINK

    john-the-relevator

    Registriert seit: 16.04.2005

    Beiträge: 8,075

    @ vorgarten:

    Danke jetzt schon für die vielen, vielen Infos über Platten, die mir bis dato gar nix sagten, da ich auch überhaupt keine Zugang zu ECM Veröffentlichungen gefunden habe – bis jetzt!!! Hilft mir persönlich enorm weiter, wenigstens die Kaufmenge ein wenig einzuschränken bzw. natürlich auch zu erweitern – wenn ich doch irgendwo noch die Möglichkeit hätte in ECM Ausgaben reinzuhören :-( – bitte weitermachen und schreiben :bier:

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    Music is like a river, It's supposed to flow and wash away the dust of everyday life. - Art Blakey
    #7266491  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    vorgartenECM 1044
    julian priester pepo mtoto: love, love

    während maupins THE JEWEL AND THE LOTUS sich aus der mwandishi-erfahrung ganz den klangmalereien widmet, die dort zwischen zwei grooves stattfanden, konzentriert sich das viel unmittelbarer anknüpfende album von julian priester (z.t ein jahr zuvor entstanden) auf das gegenteil: die hypnose der grooves, um die herum sich geräusche, stimmen, fremdkörper anlagern. mit dem elektronikpionier patrick gleeson in dessen different-furs-studio zusammen konzipiert, wird hier etwas weitergesponnen, was bei hancock zu früh zu ende ging – das zeigt sich auch an dem beharren auf den afrikanischen namen (mwandishi stand ja für hancock, hier sind jetzt pepo, umbra, ndugu, nyimbo, kamau und mguanda zu hören).

    ein rascheln leitet den prolog ein, ein bass in space, dann rutscht ein etwas schwülstiges piano hinein, um kurz eine andere ecm-welt anzudeuten, die schleunigst wieder verlassen wird. irre flöten bleiben über, ein moog-rauschen, in der ferne hört man schon die snare. und dann schiebt sich der mörderbeat nach vorne, die snare im phaser, ein fetter e-bass, der für die verbleibenden 18 minuten ein 10-ton-riff wiederholt. 15/8.

    die hypnose kommt zu ihrem vollen recht, keine entwicklung, keine erzählung. in der ferne ab und zu ein kleines bläser-motiv, das der weltraumsynthesizer mitspielt. es gibt ein langgezogenes e-gitarren-solo, nach pete-cosey-art-verzerrt, aber ganz nach vorne darf es nicht. ganz hinten flüstert und rauscht es, statische entladungen funken durch den raum, der leader ist an der posaune entweder gar nicht oder so elektronisch verzerrt zu hören, dass er sich mit der gitarre verwebt. priester und gleeson lassen ihre arp-synthesizer zwitschern, aber niemals penetrant werden. ok, irgendwann ein sopransaxssolo, relativ klar im raum. aber auch das geht in elektronische verzerrung über, man weiß nicht, hat jemand übernommen oder sich die stimme nur verändert. langsam schält sich noch eine zweiakkord-fender-rhodes-fläche heraus. congas. aber die ganze zeit: snare, bass, 15/8. eine ganz dünne synthiewand kommt immer häufiger, wenn auch wie aus einem anderen film. auf ihr endet der groove macht das aufwachen unvermeidlich.

    der zweite teil (dreigeteilt: „images“/“eternal worlds“/“epilogue“) klingt wesentlich anders, ist auch fast ein halbes jahr später, mit z.t. anderen musikern aufgenommen worden. die groovemaschine von eric gravatt und ron mcclure weicht zunächst einem freien wirbel von leon chancler und henry franklin, in den sich geräusche, echos und fanfaren mischen, priesters so verlorene posaunenstimme macht sich hier zum ersten mal bemerkbar, auch calimans bassklarinette (die hier maupin ersetzt), bevor alles im elektronischen rauschen entschwebt. dann setzt ein swingrhythmus ein, der gegen ein bass-ostinato gesetzt ist und zu dem ein thema akustisch nochmals in einem anderen metrum erklingt. die elektronik wird hier auf wenige effekte zurückgefahren, die improvisationen und kollektiven akzente beziehen ihre spannung jetzt in einem kinetischen fluss aus den gegeneinander arbeitenden rhythmen (die sich manchmal in einer latin sophistication etwas begradigen). priester hat auf dem höhepunkt einen großen moment, wo er quasi darüberatmet, walgesänge unterschiebt, den vollen musikalischen raum mit staccati zerhackt. gleichzeitig ist sein sound der wärmste und humanste von allen, zart und doch dominierend. im epilog übernehmen natürlich wieder die moogs und arps und die bläser verschwimmen im echo. doch ganz am ende kommen sie noch einmal mit einer romantischen melodie, wie ein ellington-orchester aufschluchzend.

    was für ein trip.

    Tolle Beschreibung einer mir bis heute rätselhaft gebliebenen Einspielung …. die (aka meine) ungelösten Rätsel bilden jedoch auch die verbliebene Anziehungskraft diese dann und wann wieder aufzulegen …. und die „Groovemaschine“ Gravatt+McCLure läuft hier wirklich heiss …. aber Henry Franklin +Ndugu Chance könnens auch ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #7266495  | PERMALINK

    vorgarten

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    John The Relevator
    Danke jetzt schon für die vielen, vielen Infos über Platten, die mir bis dato gar nix sagten, da ich auch überhaupt keine Zugang zu ECM Veröffentlichungen gefunden habe – bis jetzt!!! Hilft mir persönlich enorm weiter, wenigstens die Kaufmenge ein wenig einzuschränken bzw. natürlich auch zu erweitern – wenn ich doch irgendwo noch die Möglichkeit hätte in ECM Ausgaben reinzuhören :-( – bitte weitermachen und schreiben :bier:

    oh, gerne geschehen, mir hilfts auch enorm weiter ;-)
    der plan ist, dass ich nach 1050 mal eine kleine zusammenfassung der labelanfänge mache, mit unbedingten und bedingten kaufempfehlungen. ab 1051 höre ich allenfalls quer und vielleicht können wir hier gemeinsam auf ein paar sachen hinweisen, die uns aufgefallen sind (passiert ja auch schon).

    soulpopeTolle Beschreibung einer mir bis heute rätselhaft gebliebenen Einspielung …. die (aka meine) ungelösten Rätsel bilden jedoch auch die verbliebene Anziehungskraft diese dann und wann wieder aufzulegen …. und die „Groovemaschine“ Gravatt+McCLure läuft hier wirklich heiss …. aber Henry Franklin +Ndugu Chance könnens auch ….

    die a-seite ist wohl das beste beispiel für das, was man später „kozmigroove“ genannt hat. wundert mich, dass du als fan der mwandishi-sachen damit probleme hast.

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    #7266497  | PERMALINK

    atom
    Moderator

    Registriert seit: 10.09.2003

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    Irres Tempo mit vielen tollen Besprechungen. Vielen Dank zwischendurch!

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    Hey man, why don't we make a tune... just playin' the melody, not play the solos...
    #7266499  | PERMALINK

    vorgarten

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    ECM 1047
    john abercrombie: timeless

    ich finde sowohl abercrombie als auch dejohnette zu dieser zeit an ihren instrumenten unschlagbar, und auch wenn der grund dafür hier erst in der letzten nummer, dem immerhin 12-minütigen titelsong, sehr deutlich wird, ist das album auch als ganzes wirklich toll. sieht nach aktualisierung des orgeltrio-formats aus, aber weit gefehlt, auch wenn jan hammer den orgelbass ganz gut im fuß hat, macht er damit aber eigentlich proto-techno und kein chitlin circuit oder wie das heißt ;-)

    abercrombie zumindest hat den schönsten e-gitarrensound der 70er, dazu eine immense musikalität, die alles ganz flüssig in die formen hineinspült, dazu setzt er die paar effekte, die es schon gibt, so sicher ein, als kämen sie direkt aus dem körper (oder aus der seele). das ist später schwerfälliger, mühsamer, auch verpeilter geworden (aber oft ist auch das reizvoll).

    auf „lungs“ jagen sich er und hammer sehr sportlich, es fasert aber schnell in etwas nächtliches aus und wird dann zum dejohnettschen funkgroove, wo alle virtuosität nicht mehr so wichtig ist. mit zwei akustikgitarren/klavier-balladen wird dann der großohrigen harmonieproduktion von towner und konsorten gehuldigt, bevor es mit einer tatsächlichen towner-huldigung weitergeht („ralph’s piano waltz“), einer ziemlich schönen komposition abercrombies, die ein bisschen post-riot-melancholie nachspürt. nach dem besagten techno-bass-stück („red and orange“) und der zweite akustikballade dann das titelstück, mit ambientkirchenorgel und schwebenden gitarrensinustönen angekündigt, dann kommt das thema, der ultraentspannte ungerade rhythmus, eine durch dejohnette kaum bemerkbare, aber zielsichere intensivierung, dann eines der schönsten gitarrensoli der jazzgeschichte und, ganz allgemein, ein loop todsicherer akkordfolgen, fantastischem dazuspiel und einem groove aus dem kleinen finger. wenn man „timeless“ einmal gehört hat, weiß man, wo ecm hinführen kann – die arbeit ist dann nur, zu den edelsteinen im geröll vorzustoßen, wenn immer die sonne scheint und alles glitzert.

    John Abercrombie guitar
    Jan Hammer organ, synthesizer, piano
    Jack DeJohnette drums
    Recorded June 11 & 12, 1974, Generation Sound Studios, New York
    Engineers: Tony May and Jan Erik Kongshaug
    Produced by Manfred Eicher

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    #7266501  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

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    vorgarten
    die a-seite ist wohl das beste beispiel für das, was man später „kozmigroove“ genannt hat. wundert mich, dass du als fan der mwandishi-sachen damit probleme hast.

    Probleme habe ich damit weniger – vermute darin inhaltlich einfach mehr als sich mir bis dato erschlossen hat ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #7266503  | PERMALINK

    vorgarten

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    so, endspurt.

    ECM 1048
    paul motian: tribute

    paul motian bekommt auch für sein zweites album studiozeit in new york, und diesmal wirkt alles (obwohl wieder unterschiedliche musiker an unterschiedlichen stücken beteiligt sind) geschlossener und konzentrierter. eine art aggressiver melancholie liegt über allem, ausgeklammert aus dem spirit des music liberation orchestra, dessen mitglieder haden und brown dabei sind und dessen material hier zum teil wiederverwendet wird („song for che“ und „war orphans“). carlos ward, als saxofonist auf zwei stücken, ist wiederum nicht weit weg von der ornette-welt und auch nicht weit weg von aggressiver melancholie als grundhaltung. neben den rubato-protestliedern gibt es also zwei rubato-balladen mit sax und ein tolles quasi-rock-tune mit zwei e-gitarren, die sich aufs tollste (und ziemlich 90s-mäßig) ergänzen: sam brown und paul metzke. seele des ganzen sind die autoriären, trocken vibrierenden haden-basstöne, ein durchs album stampfendes fundament für alles, was momenthaft darauf aufbaufähig ist. motian intensiviert das mit gerumpel und feinnervig anschwellenden becken, verdichtet wird es von den gitarren (brown ist auch akustisch super), ab und zu begleitet von wards klagelauten.

    ein trauriges und feierliches und wütendes album aus festem geist, so emotional aufgeladen wie kaum etwas anderes zu dieser zeit auf ecm, keine folklore, keine weiten klanglandschaften, just drum&bass&soul.

    Carlos Ward alto saxophone
    Sam Brown acoustic and electric guitars
    Paul Metzke electric guitar
    Charlie Haden bass
    Paul Motian percussion
    Recorded May 1974, Generation Sound Studios, New York
    Engineers: Tony May and Martin Wieland
    Produced by Manfred Eicher

    --

    #7266505  | PERMALINK

    vorgarten

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    ECM 1049
    keith jarrett: luminessence

    der nächste großdimensionierte jazzklassikfusion-versuch von jarrett, erstmals mit garbarek zum drüberspielen – entstanden allerdings kurz nach der BELONGING-session (nächster post). jarrett selbst spielt nicht mit, sondern hat den score aus sinfonischen streichern möglichst dicht angelegt, damit garbarek völlig frei (heißt: monologisch) damit umgehen kann.

    alles komponierte hier finde ich rechtschaffend uninteressant, im zweiten stück gibt es ein paar leicht irritierende mikrotonale passagen, die sich mit den soundmodulationen des saxofons verbinden, im finish des dritten stücks wird eine einfache tonfolge geloopt, das eignet sich natürlich auch gut als improvisationsfundament. ansonsten dürfte das weder die freunde der neuen kammermusik noch die jazzfans erfreuen – man kann es höchstens als ausdruck verspielter hochkultur hören und etwas neues darin entdecken. ich dagegen habe die ganze zeit den eindruck: auch bei gleichen prämissen hätte man einfach was besseren komponieren (und spielen) können.

    Jan Garbarek tenor and soprano saxophones
    Strings of Radio Symphony Orchestra Stuttgart
    Mladen Gutesha conductor
    Recorded April 29 and 30, 1974 at Tonstudio Bauer, Ludwigsburg
    Engineers: Kurt Rapp and Martin Wieland
    Produced by Manfred Eicher

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    #7266507  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

    Registriert seit: 02.12.2013

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    vorgartenso, endspurt.

    ECM 1048
    paul motian: tribute

    paul motian bekommt auch für sein zweites album studiozeit in new york, und diesmal wirkt alles (obwohl wieder unterschiedliche musiker an unterschiedlichen stücken beteiligt sind) geschlossener und konzentrierter. eine art aggressiver melancholie liegt über allem, ausgeklammert aus dem spirit des music liberation orchestra, dessen mitglieder haden und brown dabei sind und dessen material hier zum teil wiederverwendet wird („song for che“ und „war orphans“). carlos ward, als saxofonist auf zwei stücken, ist wiederum nicht weit weg von der ornette-welt und auch nicht weit weg von aggressiver melancholie als grundhaltung. neben den rubato-protestliedern gibt es also zwei rubato-balladen mit sax und ein tolles quasi-rock-tune mit zwei e-gitarren, die sich aufs tollste (und ziemlich 90s-mäßig) ergänzen: sam brown und paul metzke. seele des ganzen sind die autoriären, trocken vibrierenden haden-basstöne, ein durchs album stampfendes fundament für alles, was momenthaft darauf aufbaufähig ist. motian intensiviert das mit gerumpel und feinnervig anschwellenden becken, verdichtet wird es von den gitarren (brown ist auch akustisch super), ab und zu begleitet von wards klagelauten.

    ein trauriges und feierliches und wütendes album aus festem geist, so emotional aufgeladen wie kaum etwas anderes zu dieser zeit auf ecm, keine folklore, keine weiten klanglandschaften, just drum&bass&soul.

    Ist zwar kein absolutes Favoritenalbum von mir, aber eines kann man dieser Scheibe nicht absprechen – hier entsteht, wächst und verglüht jede menge Energie und dies verleiht der Session jenes Leben, welches ich bei manch anderen ECM Aufnahmen tlws vermisse – und Carlos Ward der „agressive Melancholiker (schön gesagt !) hat hier was drauf, was ich – vor allem in seinem Aufnahmen mit Dollar Brand – sonst vermisse …. blitzt noch mal kurz bei seinem Gastspiel auf Kip Hanrahan`s „Cou De Tete“ auf ….

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
    #7266509  | PERMALINK

    vorgarten

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    ECM 1050
    jan garbarek / keith jarrett / palle danielsson / jon christensen: belonging

    von manfred eicher angeregt, hat die band von witchi-tai-to stenson rausgeworfen und sich keith jarrett angekoppelt, der sich zur abwechslung mal mit einer braven nordischen variante seines chaotischen und zur hälfte permanent zugedröhnten amerikanischen quartetts aufs wesentliche konzentrieren konnte. alle songs dafür stammen aus seiner feder und seiner offensichtlich ziemlich fröhlichen grundhaltung dieser tage.

    die poppigen und gospeligen motive sind virtuos ins spiralenhafte verdreht, mit „blossom“ ist ihm tatsächlich eine ziemlich schöne ballade gelungen, den rest kann er gar nicht genug pointieren, um seine drei jugendlichen begleiter bei der stange zu halten: alles kickt, hüpft, exakt wie geschrieben. große spielfreude überall. es gibt nichts zu mäkeln. jazz hat hier nichts depressives, ängstliches, vorsichtiges, zweifelndes, nichts stellt sich hier in frage, es ist klar, warum es diese musik gibt. kein wunder, dass später sogar branford marsalis das virtuoseste der stücke, „the windup“, mit seinem quartett nochmal nachspielen und jarrett donald fagen erfolgreich des plagiierens bezichtigen wird. ohne wahrscheinlich jemals daran gedacht zu haben, liefert manfred eicher mit seiner 50. albumproduktion und seinen vier wunderkindern darauf der welt ganz unprovokant einen der gründe, warum es 1974 noch jazz gibt.

    Keith Jarrett piano
    Jan Garbarek tenor and soprano saxophones
    Palle Danielsson bass
    Jon Christensen drums
    Recorded April 24 and 25, 1974 at Arne Bendiksen Studio, Oslo
    Engineer: Jan Erik Kongshaug
    Produced by Manfred Eicher

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    #7266511  | PERMALINK

    gypsy-tail-wind
    Moderator
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    Schöne Sache, vorgarten! Auf die Priester- und Maupin-Alben hast Du mir grad wieder mächtig Lust gemacht, beide Posts werde ich vor dem Wiederhören auf alle Fälle noch einmal durchlesen. Von Maupin kenne ich nur den CD-Remix, habe das Album überhaupt erst damals kennengelernt, als es endlich auf CD neu aufgelegt wurde (bzw. eine geraume Weile später als ich die CD dann mal kaufte). Mir geht es da eher so, dass ich Priesters Album sehr schätze und bei Maupin noch nicht sehr weit gekommen bin, aber Du lieferst ja mehr als genug Ansätze, das mal zu überdenken bzw. -hören.

    --

    "Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba
    #7266513  | PERMALINK

    vorgarten

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    ECM 1001-1050. kleines resümee.

    ich kannte relativ wenig von den frühen ecm-aufnahmen, aber schon das meiste von dem, was jetzt auch nach genauerer inspektion übrigbleibt (holland quartet, priester, maupin, TIMELESS), aber es gab dann doch einige entdeckungen und viel wirklich interessantes (eigentlich bleibt von fast allen alben was hängen).

    überraschend war für mich schon der frühe fokus auf freier improvisation ganz unterschiedlicher ausprägung (just music, music improvisation company, holland mit phillips oder bailey, der FAUN von marion brown), dann der bley-schwerpunkt, das z.t. treue dokumentieren von musikerentwicklungen durch ganz verschiedene genres (corea, jarrett, burton), und das durchgängige kontakthalten zur (afroamerikanischen) us-szene.

    schräg ist, dann man in zig „besprechungen“ einzelner alben liest, hier sei „der ecm-sound“ erfunden worden – was da „erfunden“ wurde, scheint somit eher aus der retrospektive unterschiedlich konstruiert worden zu sein. der kongshaug-sound der frühen 70er, zu dem eicher schnell ein besonderes zutrauen entwickelt, klingt jedenfalls dreckiger und vor allem direkter als so manches, was die kollegen in new york und san francisco so herausgearbeitet haben (später ändert sich das, aber die zunehmende kristalline und digital cleane transparenz hat wohl was mit entsprechenden musikalischen konzepten zu tun, die sich anfang der 70er eben noch anders angehört haben und deshalb auch bei ecm anders klangen).

    eigener ist wohl eher das musikalische material, das richtung „eigener“ folklore geht oder sich postmodern den globalem liedgut verschreibt – daneben gibt es aber eben auch viel von carla bley (ob vom ex-mann, von garbarek, von burton oder wem auch immer eingespielt), korrespondenzen zu coltrane, zu ornette, weiterführungen von mwandishi und ordentlich jazzrock-fusion, letztlich also alles an die entwicklungen der zeit anschlussfähig. ob die vielen versuche richtung klassik eine ecm-spezialität waren oder allgemein anstanden, kann ich nicht gut beurteilen, da ich sowas kaum höre und mich da nicht auskenne.

    hier mal eine hochsubjektive empfehlungsliste:

    muss
    ECM 1003 Paul Bley Trio Paul Bley with Gary Peacock (1964/68)
    ECM 1005 The Music Improvisation Company s/t (Aug 1970)
    ECM 1022 Chick Corea Return To Forever (Feb 1972)
    ECM 1023 Paul Bley Open, To Love (Sep 1972)
    ECM 1027 Dave Holland Quartet Conference of the Birds (Nov 1972)
    ECM 1035-37 Keith Jarrett Solo Concerts Bremen/Lausanne (Mar/Jul 1973)
    ECM 1043 Bennie Maupin The Jewel In The Lotus (Mar 1974)
    ECM 1044 Julian Priester Love, Love (Jun/Sep 1973)
    ECM 1047 John Abercrombie Timeless (Jun 1974)
    ECM 1048 Paul Motian Tribute (May 1974)

    kann
    ECM 1001 Mal Waldron Trio Free At Last (Nov 1969)
    ECM 1002 Just Music s/t (Dec 1969)
    ECM 1007 Jan Garbarek Quartet Afric Pepperbird (Sep 1970)
    ECM 1008 Robin Kenyatta Girl From Martinique (Oct 1970)
    ECM 1011 Dave Holland/Barre Phillips Music From Two Basses (Feb 1971)
    ECM 1012 Stenson/Anderson/Christensen Underwear (May 1971)
    ECM 1013 Dave Holland/Derek Bailey Improvisations for Cello and Guitar (Jan 1971)
    ECM 1014 Chick Corea Piano Improvisations Vol. 1 (Apr 1971)
    ECM 1026 Stanley Cowell Trio Illusion Suite (Nov 1972)
    ECM 1028 Paul Motian Conception Vessel (Nov 1972)
    ECM 1039 Dave Liebman Lookout Farm (Oct 1973)
    ECM 1041 Jan Garbarek Witchi-Tai-To (Nov 1973)
    ECM 1042 Eberhard Weber The Colours Of Chloë (Dec 1973)
    ECM 1050 Keith Jarrett Belonging (Apr 1974)

    (man möge mir verzeihen, wenn die ansonsten konsensualen alben von circle und marion brown nicht dabei sind. und menschen, die ohnehin auf paul bley stehen, müssen natürlich auch BALLADS haben, das ich trotzdem nicht für ein unverzichtbares album halte.)

    --

    #7266515  | PERMALINK

    soulpope
    "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"

    Registriert seit: 02.12.2013

    Beiträge: 56,361

    vorgartenECM 1001-1050. kleines resümee.

    hier mal eine hochsubjektive empfehlungsliste:

    muss
    ECM 1003 Paul Bley Trio Paul Bley with Gary Peacock (1964/68)
    ECM 1005 The Music Improvisation Company s/t (Aug 1970)
    ECM 1022 Chick Corea Return To Forever (Feb 1972)
    ECM 1023 Paul Bley Open, To Love (Sep 1972)
    ECM 1027 Dave Holland Quartet Conference of the Birds (Nov 1972)
    ECM 1035-37 Keith Jarrett Solo Concerts Bremen/Lausanne (Mar/Jul 1973)
    ECM 1043 Bennie Maupin The Jewel In The Lotus (Mar 1974)
    ECM 1044 Julian Priester Love, Love (Jun/Sep 1973)
    ECM 1047 John Abercrombie Timeless (Jun 1974)
    ECM 1048 Paul Motian Tribute (May 1974)

    kann
    ECM 1001 Mal Waldron Trio Free At Last (Nov 1969)
    ECM 1002 Just Music s/t (Dec 1969)
    ECM 1007 Jan Garbarek Quartet Afric Pepperbird (Sep 1970)
    ECM 1008 Robin Kenyatta Girl From Martinique (Oct 1970)
    ECM 1011 Dave Holland/Barre Phillips Music From Two Basses (Feb 1971)
    ECM 1012 Stenson/Anderson/Christensen Underwear (May 1971)
    ECM 1013 Dave Holland/Derek Bailey Improvisations for Cello and Guitar (Jan 1971)
    ECM 1014 Chick Corea Piano Improvisations Vol. 1 (Apr 1971)
    ECM 1026 Stanley Cowell Trio Illusion Suite (Nov 1972)
    ECM 1028 Paul Motian Conception Vessel (Nov 1972)
    ECM 1039 Dave Liebman Lookout Farm (Oct 1973)
    ECM 1041 Jan Garbarek Witchi-Tai-To (Nov 1973)
    ECM 1042 Eberhard Weber The Colours Of Chloë (Dec 1973)
    ECM 1050 Keith Jarrett Belonging (Apr 1974)

    (man möge mir verzeihen, wenn die ansonsten konsensualen alben von circle und marion brown nicht dabei sind. und menschen, die ohnehin auf paul bley stehen, müssen natürlich auch BALLADS haben, das ich trotzdem nicht für ein unverzichtbares album halte.)

    Pur Subjektives aus diesem Haus :

    MUSS

    ECM 1001 Mal Waldron Trio Free At Last (Nov 1969)
    ECM 1003 Paul Bley Trio Paul Bley with Gary Peacock (1964/68)
    ECM 1011 Dave Holland/Barre Phillips Music From Two Basses (Feb 1971)
    ECM 1022 Chick Corea Return To Forever (Feb 1972)
    ECM 1023 Paul Bley Open, To Love (Sep 1972)
    ECM 1027 Dave Holland Quartet Conference of the Birds (Nov 1972)

    SOLL

    ECM 1012 Stenson/Anderson/Christensen Underwear (May 1971)
    ECM 1026 Stanley Cowell Trio Illusion Suite (Nov 1972)
    ECM 1035-37 Keith Jarrett Solo Concerts Bremen/Lausanne (Mar/Jul 1973)

    KANN

    ECM 1043 Bennie Maupin The Jewel In The Lotus (Mar 1974)
    ECM 1044 Julian Priester Love, Love (Jun/Sep 1973)
    ECM 1050 Keith Jarrett Belonging (Apr 1974)

    Jedenfalls Dank für Deinen unermüdlichen Einsatz und jetzt, wo „wir“ schon so im Groove sind, sage ich nur „Go For 100“ :director: !!

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      "Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)
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