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MatzKendrick Lamar würde mich ja fast schon reizen.
Lamar ist großartig. Zumindest M.a.a.d. City. Section 80 war nur so okay, den Rest kenne ich nicht.
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WerbungMatzKendrick Lamar würde mich ja fast schon reizen. Ich habe Ami-Rap der Sprache wegen bisher fast gänzlich ausgelassen. Zumindest den Typus, der mehr textlich als musikalisch geprägt ist, wenn du verstehst was ich meine.
Lohnt sich sehr. „good kid, m.A.A.d. city“ ist ein Klassiker, „Section.80“ fantastisch, die Tapes durchweg hörenswert, mit einer Reihe fabelhafter Peaks nach oben.
captain kiddDu hast jetzt nicht wirklich Lamar mit Knallchargen wie Pi und Casper verglichen, oder? Das ist doch nicht mal die selbe Sportart
Wenn Du nur doofe Floskeln wie „Teenager-Sorgen-Musik“ übrig hast, macht jede weitere Diskussion sowieso keinen Sinn. Daher: Ende.
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Hold on Magnolia to that great highway moonAber jetzt mal ehrlich: Die molekülgenauen, poetischen Sittengemälde eines Kendrick Lamar, willst du mit den biederen Auf-zum-Horizont-Liedchen von Casper und Pi vergleichen? Nun gut. Das ist ja so, als würde man Dylan mit Springsteen vergleichen…
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Do you believe in Rock n Roll?captain kiddHast du für die beiden doch sehr steilen Thesen auch nur ein Beispiel? Wo ist denn Dagobert zum Beispiel ironisch? Und wo macht er Schlagerversprechen? Bitte jetzt mal Faktencheck…
Ich finde Deine Argumentation aus einem anderen Thread, nach der man sich nicht eingehender mit Musik beschäftigen mag, die man nicht mag, sehr einleuchtend. Das trifft auch für mich hier zu. Ich mach von Dagobert jetzt keine Textexegese.
Ich erinnere mich an die plumpen Reimschemen aa-bb; ich erinnere mich an den inflationären Gebrauch des Wortes Liebe; auch an die Glücksversprechen, die der Schlager macht, in Dagoberts Zeilen. Das reicht dann, zusammen mit der Instrumentierung/den Arrangements, es für mich schlagerhaft zu machen. Gleichzeitig wird/will Dagobert ernst genommen/werden. Das geht dann doch wohl nur über ironische Umdeutung, oder?
In den meisten Deiner Bewertungen kann ich Dir folgen, z.B. zuletzt die Savages. Mir gefällt auch die Unerschrockenheit und Unbeirrtheit, mit der Du vorträgst – denn meistens ist an dem, was Du sagst, was dran. Aber Deine Vorliebe für Dagobert will mir bisher nicht einleuchten.
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„Weniger, aber besser.“ D. RamsDanke für das Lob – und ich bin ganz bei dir, dass man die Musik von Dagobert als schlagerhaft bezeichnen kann. Aber das ist für mich nichts negatives. Es gibt ja ganz wunderbare Schlagersongs. Und ich würde sogar die frühen Beatles-Gassenhauer als Schlager bezeichnen. Vielleicht ist dieses Wort einfach zu belastet, um es mit klarer Bezeichnung zu verwenden.
Hörst du denn andere Musik auch so analytisch, dass due zunächst nach dem Reimschema schaust? Und was ist gegen das Wort Liebe einzuwenden. Finde ja, es zeigt, in was für einer Welt wir leben, wenn Songs über die Liebe nur ironisch gemeint sein können.
Die Musik von Dagobert berührt mich einfach. Fand „Morgens um halb vier“ anfangs schrecklich – aber irgendwann habe ich das nicht mehr mit Distanz gehört, sondern einfach gefühlt. Habe es mal so gehört, dass er das vielleicht alles ernst meinen könnte. Und dann hat es Zoom gemacht. Halte das Album für ganz ganz große Kunst. Es ist so unglaublich dunkel unter der oft eher schlageresken Oberfläche. Schlager natürlich nicht im Sinne von DJ Ötzi und den Toten Hosen sondern Blumfeld und Münchener Freiheit.
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Do you believe in Rock n Roll?captain kidd…Schlager natürlich nicht im Sinne von DJ Ötzi und den Toten Hosen sondern Blumfeld und Münchener Freiheit.
So sehe ich das auch! Ich glaube wir sind da Seelenverwandt.
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captain kiddSchlager natürlich nicht im Sinne von DJ Ötzi und den Toten Hosen sondern Blumfeld und Münchener Freiheit.
Also die Künstler da oben, egal in welcher Konstellation, kriege ich irgendwie musikalisch überhaupt nicht zusammen. Ich vermute, DJ Ötzi und die Toten Hosen magst du und schätzt du nicht, Blumfeld und die Münchener Freiheit schon?
Sehr guter Artikel im Hamburger Abendblatt: Dagobert fühlt so echt wie Rio Reiser
[…] Seine Songs heißen „Bild“, „Ich bin verstrahlt“ oder „Ich mag deine Freunde nicht“. Das Spannende an ihnen ist ihre totale Umarmung der romantischen Liebe, wie sie auch Joseph von Eichendorff nicht energischer hingekriegt hätte, und zugleich die listig-entspannte Distanz zum eigenen, liebenden Ich. In „Bild“ heißt es zum Beispiel: „Doch bis dahin leb‘ ich weiterhin im Spannungsfeld, / das sich zwischen Bild und Wirklichkeit aufrechterhält.“ So was ist Heino noch nie eingefallen.
Das Lied „Ich bin zu jung“, ein Go-West-artiges Stampferchen, das Berliner Radios begeistert rauf und runter spielen, könnte auch der höhnische Abschiedsbrief eines bindungsunwilligen Stenzes sein: „Ich bin zu jung für alle deine Pläne, viel zu jung.“ In Wirklichkeit beklagt das lyrische Ich verblüffend unzeitgemäß die eigene Jugend, die der reiferen Frau nicht genügt. Da kann es noch so sehr beschwören: „Ungestüme Jugendtage lass‘ ich bald schon hinter mir.“ Gegen Ende des Albums schmachtet Dagobert zu Glockenklang und La-la-la-Chören: „Du bist viel zu schön, um auszusterben. Lass neue Kinder deine Schönheit erben.“
Wie man sieht, ist Dagobert vollkommen furchtlos. Er stürzt sich ins Gefühl wie in die Flut von Reimen, denen man unrecht täte, würde man schlicht mit schlecht verwechseln: „Ich will mit dir ans Meer. / Und dich will ich noch mehr.“ Der Song „Raumpilot“ steht den größten Klassikern deutscher Liedermacherkunst weder musikalisch noch textlich nach. Er ist das wahre Meisterwerk des Albums: „Heute bin ich Raumpilot. / Ich sterbe hier und bin dann tot. / Und morgen bin ich nur noch dieses Lied.“ Dagobert fühlt so echt wie Rio Reiser, nur ist er nicht so wütend.
Noch bemerkenswerter als seine Musik ist allerdings die Möglichkeit von Freiheit, die er, wenn er sie auch nicht erreicht hat, so doch nie aus den Augen lässt. Dagobert sitzt ruhig auf dem Stuhl vor dem Café in der Ackerstraße, in dessen Hinterzimmer er anderthalb Jahre übernachtet hat. Es ist spät geworden. Dagobert macht keine Anstalten zu gehen. Er wirkt sehr überzeugend wie jemand, der nirgendwo hin muss, aus dem einfachen Grund, dass er das Konzept des Müssens aus seinem Leben verbannt hat. Die Bewohner der Ackerstraße eilen von der Arbeit nach Hause, gehen einkaufen oder schieben Kinderwagen durch die Gegend. Wenn sie Dagobert sehen, winken sie ihm zu und lächeln.
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Do you believe in Rock n Roll?PinbackAlso die Künstler da oben, egal in welcher Konstellation, kriege ich irgendwie musikalisch überhaupt nicht zusammen. Ich vermute, DJ Ötzi und die Toten Hosen magst du und schätzt du nicht, Blumfeld und die Münchener Freiheit schon?
Eingängige, deutschsprachige Musik bezeichne ich gerne mal als Schlager – gerade auch wenn sich die Texte um die ganz normale Liebe drehen.
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Do you believe in Rock n Roll?Dagobert hat auf dem Maifeld-Derby gespielt, ich habe hier ganz kurz etwas darüber geschrieben (ist eigentlich hauptsächlich eine Fotogalerie).
Es war ein faszinierendes Konzert. Er hat es geschafft, das anfangs schwer verwirrte Publikum rumzukriegen. Trotz aller Ironie zelebriert er seinen Auftritt mit absoluter Ernsthaftigkeit, zeigt dem Publikum bei „Ich mag deine Freunde nicht“ den Finger. Ein Erlebnis.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.captain kiddEingängige, deutschsprachige Musik bezeichne ich gerne mal als Schlager – gerade auch wenn sich die Texte um die ganz normale Liebe drehen.
Eigentlich müsstest du doch prädestiniert für Teles „Wovon Sollen Wir Leben“ sein.
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"Man kann nicht verhindern, dass man verletzt wird, aber man kann mitbestimmen von wem. Was berührt, das bleibt!Und warum ist das hier eigentlich nicht auf dem Album?
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Do you believe in Rock n Roll?Der Auftritt im Fernsehgarten zeigt ja meiner Meinung nach gut, dass Dagobert dort eigentlich überhaupt nicht reinpasst. Und er kommentiert das gut mit dem „Was mache ich hier eigentlich?“-Dauergrinsen. Famos.
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Do you believe in Rock n Roll?Der Verstörer
Sehnsuchtsbarde Dagobert veröffentlicht ein Debüt-Album zwischen Schlager und Synthie-Pop
Schnulzensänger aus den Bergen nennt er sich, der Dagobert. Und genau das ist der in Berlin lebende Schweizer, der gerade sein zwischen Schlager und Synthie-Pop oszillierendes Debüt-Album veröffentlicht hat – und doch irgendwie nicht. Oder zumindest: Irgendwie anders. Das fängt bei seiner Vita an, die einfach echt sein muss, weil sie sich für ausgedacht viel zu verrückt anhört.
Angeblich hat er nach der Schule als Penner gelebt, ist im Probenraum bei Freunden auf die Musik gekommen und hat erste Songs geschrieben. Für eines dieser Lieder bekam er einen Preis, hat das Geld aber in Berlin kurzerhand versoffen. Enttäuscht von der der Welt im Allgemeinen und der Liebe im Speziellen zog er dann für fünf Jahre in eine schweizer Berghütte fernab der Zivilisation. Dort ernährte er sich den Erzählungen nach nur von Reis und schrieb fast im Wahn mehr als 100 Lieder. Dann schickte er eine Promo-CD an Universal und plötzlich fuhren Plattenfirmen-Menschen in großen Autos auf den Berg, um ihn zu besuchen – und fuhren unverrichteter Dinge wieder runter von dem Berg. Doch irgendwann fühlte er sich dann bereit für irgendetwas, ging zurück nach Berlin und hat nun schließlich sein Debüt-Album rausgebracht. Und das ist, machen wir es kurz, das beste Schlageralbum seit „Old Nobody“ von Blumfeld.
Da stehen herzzerreißende Balladen wie „In unserem Garten“ oder „Raumpilot“ neben dem Pet-Shop-Boys-Pop von „Ich bin zu jung“ oder dem halluzinogenen Abgesang „Morgens um halb vier“. Und dann gibt es da noch Poltigeres wie „Ich mag deine Freunde nicht“. Und auch wenn man sich in der Post-Brüderle-Correctness wahrscheinlich dem Rassismus-Verdacht aussetzt, solche Stücke können einfach nur in diesem, nennen wir es mal, Schweizer Schmäh, gesungen werden, von dem es nur ein Kanton bis zum Taubenvergiften ist: „Ich mag all deine Freunde nicht, sie sind auch alle hässlich, sie sind langweilig und lästig.“
Doch es sind nicht nur die Songs und die unglaubliche Lebensgeschichte (wahrscheinlich doch ausgedacht wie bei Dylan), die den Reiz des Schweizer Sehnsuchtsbarden ausmachen und ihn wie einen popkulturellen Schwippschwager von Croonermädchen Lana Del Ray wirken lassen. Es ist auch dieser dauernde Widerspruch, in dem Dagobert in seinem von der Schwägerin genähten Gehrock daherstolziert. Seine Musik ist glücklicherweise komplett unironisch – aber die Inszenierung der Kunstfigur als solche nicht, wie auch sein gestriger Auftritt im ZDF-Fernsehgarten zeigte. Doch er ist eben kein neuer Guildo Horn, Alexander Marcus oder wie all diese Flitzpiepen für die Hossa-Meute und die Remmi-Demmi-Generation hießen. Gleichzeitig verstört er mit Trash-Aussagen, dass er die biederen Scorpions genauso liebt wie den legendären Country-Schmerzensmann Hank Williams.
Und vielleicht ist dies das größte Erfolgsgeheimnis von Dagobert. Dass er in einer Welt, die anscheinend schon alles gesehen hat und in der die nächste Perversion nur ein Facebook-Freund entfernt scheint, es doch noch schafft, zu verstören. Dass er sich nicht einfach in eine Schublade ablegen lassen lässt, sondern den Hörer herausfordert. Dass er seine Kunst ernst nimmt, sich selbst aber vielleicht nicht so sehr. Ein Schnulzensänger, ja – aber manchmal braucht es genau das. Zum Beispiel morgens um halb vier.
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Do you believe in Rock n Roll?Live hat DAGOBERT gestern Abend vor gut 30 Leuten im Weinheimer Cafe Central große Schau gemacht. Trockeneis bis nichts mehr zu sehen war, ein geiler Introsong (nicht auf der Platte – wo gibt’s den?) und eine absolut abgeklärte Performance. Live funktioniert das Ganze für mich viel besser, auch wenn es im Grunde ein Karaoke-Act ist, der natürlich auch das partygeile Schlagervolk (gestern nur als krasse Minorität vertreten) anzieht. Der Sarkasmus ist sparsam aber spürbar und die flehenden Liebestexte stehen wie Monolithe im Raum. Dagobert spielte etliche Songs vom nächsten Album, die allesamt gut waren u. musikalisch, teilweise in eine aggressivere Early-Eighties UK New Wave (frühe Human League) Richtung gingen. Nice evening
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"And everything I know is what I need to know and everything I do's been done before." -
Schlagwörter: Albert Hammond, Dagobert, Hank Williams, Mannheim, Neil Young
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