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friedrich <b>[…] </b>Gleichzeitig ist das Album selbst aber ein Potpourri verschiedenster Stile, keineswegs (nur) Soul, so als versuche man ein möglichst breites Spektrum von Simones Musik abzubilden. […] Das Album ist keine Compilation, klingt aber so. […] Mir mag einiges davon besser, anderes weniger gefallen. Aber irgendwie funktioniert das und Nina Simone klingt dabei immer wie die Chefin im Ring. […] Kessel Buntes […]
Gut beschrieben, so höre ich das auch, und so geht es mir bei vielen Nina-Simone-Alben. Wenn man gewohnt ist, in gängigen Album-Kategorien von Geschlossenheit zu denken, können die Alben von Simone schon manchmal wie Sampler klingen.
Normalerweise würde ich das kritisieren, aber diese ungewöhnliche, bisweilen zerfasernde Form ist eben, bei aller Schwäche, doch auch ein Zeichen für Simones Stärke. Da bricht sich eine entgrenzte Musikalität Bahn, die sich einfach nicht auf einen Punkt bringen lässt, sondern jederzeit in alle beliebigen Richtungen aus- und aufbrechen kann. Folk, Afrikanisches, Showtunes, Cohen-Cover, Jazz, Bach … verrückt! Wobei ich das Wort „verrückt“ gleich wieder zurücknehme, denn ich will dem Verdacht nicht Vorschub leisten, dass ich da was pathologisiere.
Simones Vielschichtigkeit mag auf manche bisweilen erratisch, undiszipliniert vorkommen, nicht verdichtet durch eine (selbst)kritische Kontrollinstanz, aber all das wurzelt eben in dieser – wie soll man das nennen? Musikalischen Unerschöpflichkeit? Das Unstete und das Grandiose – es gehört bei ihr zusammen.
Bei jemandem mit etwas weniger überbordender Begabung würde ich es wohl als klare Schwäche beschreiben und auch bei Simone wünschte ich mir, dass sie ein paar mehr Alben gemacht hätte, die geschlossener sind, weniger den Eindruck vermitteln, als folge sie jederzeit jedem Impuls, der ihr in den Sinn kommt. Aber andererseits: Es gibt von ihr ja keine einzige Platte, die nicht wenigstens das eine oder andere völlig verblüffende, sich schräg von der Seite anschleichende und plötzlich voll reinhauende Genie-Ding enthält.
Wenn ich eine Liste der allergrößten x oder y Alben aller Zeiten machen müsste, wäre womöglich nur ihr Debüt dabei (und „‚Nuff Said!“ wäre nicht nur ein großartiges, intensives Live-Album, sondern eines der großartigsten, aufwühlendsten, intensivsten, faszinierendsten, zornigsten, zärtlichsten, auratischsten Live-Alben aller Zeiten, wenn es konsequenter kompiliert worden wäre aus den damals vorliegenden und teilweise erst nachher veröffentlichten Performances dieses Abends).
Aber in einer Liste der größten MusikerInnen darf sie bei mir niemals fehlen!
In dieser Künstler-Persona überschneiden sich obendrein auch noch so viele komplexe Diskurse, biografische Traumata, Feminismus und Unterdrückung, Bürgerrechts-Power und rassistische Diskriminierung: enorme Kraft, Wut, Stärke und gleichzeitig so tiefe Wunden. Was ist da sozial bedingt, was psychisch? Und kann man das überhaupt trennen? Und in welchem Verhältnis stehen ihre psychische Verletzbarkeit, ihre Sensibilität für soziale Ungerechtigkeiten und ihre künstlerische Stärke? Bedingen sie sich gegenseitig? Lauter unauslotbare Fragen, die mich zum halt- und ziellosen Schwadronieren bringen. Aber es ist eben auch ein unauslotbares künstlerisches Monumentalwerk, das diese Frau geschaffen hat.
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WerbungIm Abspann (und auch kurz im Trailer) läuft Ain’t Got No, I Got Life von Nina Simone. Überwältigend! <iframe src=“https://www.youtube.com/embed/L5jI9I03q8E?feature=oembed“ width=“500″ height=“375″ frameborder=“0″ allowfullscreen=“allowfullscreen“></iframe>
Hallo,
ist diese Version mal auf Platte erschienen?
Den Film hab ich mir auch angesehen, finde ihn sehr gut
Gruß, Ben
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Danke @stefane, @herr-rossi, @gypsy-tail-wind und auch @bullschuetz für seine schöne, komplexe und sensible Einschätzung von Nina Simone.
Ich war hier eher zufällig auf Nina Simone gekommen. Vor gut einem Jahr durch ein Stück von ihr in einem Film (dessen Hauptfigur übrigens ebenfalls „erratisch, undiszipliniert (…), nicht verdichtet durch eine (selbst)kritische Kontrollinstanz“ ist – wenn auch in anderer Hinsicht kaum mit Simone vergleichbar. Aber Nina Simones I Got Life passte da perfekt!) und vorgestern, als ich am Frühstückstisch in der Wikipedia über ihr Geburtsdatum stolperte.
Ich bin alles andere als ein Experte, besitze neben High Priestess nur ein reguläres Album von Nina Simone, Sings The Blues, das chronologisch unmittelbar folgte, aber völlig unterschiedlich klingt. Der bunt schillernde stilistische Gemischtwarenladen von High Priestess einerseits und die erdige Blues-Platte mit vergleichsweise kleiner Besetzung von Sings The Blues andererseits.
Ansonsten noch ein paar Compilations – Anthology (sehr gut), Finest Hour (15 tracks aus der Philips-Phase) und eine weitere billig wirkende aber auch gute Compi, die mir mal irrtümlich (!) zugeschickt wurde. Diese Compis bestätigen eigentlich nur Nina Simones stilistischen Spagat, oder besser: ihre extremen stilistischen Pendelausschläge von Folk über Jazz, Gospel, Blues, Chanson, Musical-Hits und Beatles-Covers bis zu Protestsongs. Genau das ist wohl typisch für Nina Simone, wie bullschuetz schreibt.
Und dann habe ich noch ein Album, das für manche wohl nichts anderes als ein Sakrileg ist: Nina Simone – Remixed & Reimagined. Selbst das klingt in meinen Ohren gut.
Edit: @vibroverb, I Got Life ist meines Wissens auf ‚Nuff Said! – oder auf der Anthology.
zuletzt geändert von friedrich--
„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Edit: @vibroverb, I Got Life ist meines Wissens auf ‚Nuff Said! – oder auf der Anthology. <iframe src=“https://www.youtube.com/embed/uvRfDQzZnTY?list=OLAK5uy_mYR_eTQBW2V2_fd9lzbXn6B-mxYh08etk“ width=“500″ height=“375″ frameborder=“0″ allowfullscreen=“allowfullscreen“></iframe>
Hallo,
auf der Nuff Said ist es glaube ich die Studio Version. In dem Film ist es eine andere etwas reduziertere Live Version, die mir besser gefällt
Gruß, Ben
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@vibroverb Live-Versionen gibt es auf „Black Gold“:
sowie auf „A Very Rare Evening“:
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #156 – Benny Golson (1929–2024) – 29.10.2024 – 22:00 / #157: Benny Golson & Curtis Fuller – 12.11.2024 – 22:00 / #158 – 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tbagypsy-tail-wind@vibroverb Live-Versionen gibt es auf „Black Gold“: sowie auf „A Very Rare Evening“:
Danke
zuletzt geändert von vibroverb--
Oder auch ganz großartig hier
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and now we rise and we are everywhereJep, wie bereits hier gepostet
http://forum.rollingstone.de/foren/topic/nina-simone-2/page/6/#post-10941215
Permalink funktioniert nicht…sorry.
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike RoykokrautathausJep, wie bereits hier gepostet http://forum.rollingstone.de/foren/topic/nina-simone-2/page/6/#post-10941215 Permalink funktioniert nicht…sorry.
Diese Version meinte ich….ob es die auf Platte gibt. Ist wohl Live in London 68….
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friedrich Und dann habe ich noch ein Album, das für manche wohl nichts anderes als ein Sakrileg ist: Nina Simone – Remixed & Reimagined. Selbst das klingt in meinen Ohren gut.
Oh ja (und danke für den Tipp)! Es spricht für Simones zeitlose Klasse, dass diese derart anderen musikalischen Settings teils so stimmig klingen, als seien es heutige Originale. Wobei die Remixer und Reimaginierer natürlich auch starke Arbeit geleistet haben. Mannomann, was ne Künstlerin.
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friedrich Und dann habe ich noch ein Album, das für manche wohl nichts anderes als ein Sakrileg ist: Nina Simone – Remixed & Reimagined. Selbst das klingt in meinen Ohren gut.
Oh ja (und danke für den Tipp)! Es spricht für Simones zeitlose Klasse, dass diese derart anderen musikalischen Settings teils so stimmig klingen, als seien es heutige Originale. Wobei die Remixer und Reimaginierer natürlich auch starke Arbeit geleistet haben. Mannomann, was ne Künstlerin.
Gern geschehen!
Ob es Nina Simone gefallen hätte, dass sie „remixed & reimagined“ wird, wissen wir nicht. Aber Nina Simones erratisches, in verschiedenen Farben schillerndes Werk ist wohl ein gefundenes Fressen für „Remixer und Reimaginierer“. Da gibt es was zu interpretieren, in andere Zusammenhänge zu versetzen und auf den dancefloor oder in die Cocktailbar und vor allem in eine andere Zeit zu verpflanzen. Auch da klingt einiges deep und funky, anderes leicht und süß, einiges gefällt mir mehr (Mosquito, Save Me, Here Comes The Sun) anderes weniger (The Look Of Love oder der „Stadium Rocker Remix“ von To Love Somebody). Einige Aspekte von Simones Werk werden dabei zwangsläufig ausgespart, aber das ist gar nicht zu vermeiden. Insgesamt auch in seiner Vielfalt ein gutes, unterhaltsames und hörenswertes Album.
Hast Du persönliche Album-Favoriten von Nina Simone?
@vibroverb: Die Live-Version von I Got No … in Systemprenger ist wohl die gleiche wie in dem Video. Ob es die auf Tonträger gibt, weiß ich nicht. Vielleicht wird man hier fündig. Die Version auf ‚Nuff Said! (und auf den erwähnten Compis) ist eine andere, die auch als Single veröffentlicht wurde. Ist aber auch live und in meinen Ohren überwältigend. Weiteres kannst Du hier lesen.
Kennt hier jemand diese Doku?
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)Das hier ist das andere Nina Simone-Album, das ich neben High Priestess besitze:
Nina Simone Sings The Blues (1967)
Chronologisch direkt nach High Priestess veröffentlicht, nachdem Simone von Philips zu RCA gewechselt war. Doch der Kontrast zwischen High Priestess und Sings the Blues könnte kaum stärker sein. Dort ein bunt schillernder Gemischtwarenladen mit teils großem Orchester, hier ein Blues-Album mit kleiner Besetzung (piano, guitar, bass, funky drummer Bernard Purdie, hier und dort sax, harmonica + organ), das klingt, wie im Club an der Ecke aufgenommen.
Wobei der Begriff Blues hier sogar noch recht frei interpretiert wird. Do I Move You? passt genau ins Schema, Real Real könnte auch als Gospel durchgehen und man könnte debattieren, ob man Gershwins My Man‘s Gone Now und The House Of the Rising Sun als Blues bezeichnen kann. Aber egal, Nina Simone und ihre Band halten das alles so fest zusammen, dass es wie aus einem Guss klingt. Da darf es auch thematisch abwechselnd um sexuelle Notstände (Do I Move You?, I Want A Little Sugar in My Bowl), das Klagen um den ermordeten Liebsten (My Man, in einer emotional ergreifenden Aufnahme!) oder Bürgerrechte (Backlash Blues: „You give me second class houses / And second class schools / Do you think that all colored folks / Are just second class fools / … / But the world is big / Big and bright and round / And it’s full of folks like me / Who are black, yellow, beige and brown / Mr. Backlash, I’m gonna leave you with the backlash blues“) gehen. Ein schönes Spektrum innerhalb des gesetzten Rahmens. Dabei ist Nina Simone immer die Chefin, klingt absolut souverän und macht jeden Song zu ihrem eigenen.
Keine Ahnung, ob die Idee für so ein thematisches Album von Nina Simone selbst, RCA oder dem Produzenten stammte, ob es überhaupt so geplant war oder ob man erst im Nachhinein den Titel Sings The Blues drauf geklebt hat. Auf jeden Fall ist Sings The Blues ein geschlossen, absolut stimmig klingendes und starkes Album.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)@friedrich
„Nina Simone aka Jazz as Played in an exklusive sie street Club“ aka offizielles Debut gehört zu meinen liebsten Nina-Simone-Alben, sicher auch Let It All Out und die erweiterte Nuff Said.
Zur Erklärung: Ich habe die Philips-Recordings-Box „Four Women“, die „Complete RCA-Albums“-Box und diverse einzelne Alben, und in der RCA-Box sind diverse Outtakes des auf Nuff Said dokumentierten historischen Konzertabends zwei Tage nach Martin Luther Kings Ermordung enthalten. Und da muss man sagen: Die originale Zusammenstellung ist eine verpasste Chance. Erst mit den ursprünglich weggelassenen Tracks offenbart sich dieses Konzert, das sich in einem kollektiven Ausnahmestand ereignet hat, in seiner ganzen Trauer und tröstenden Kraft, aber auch in seiner Wut, seinem hochpolitisierten, fast revolutionär aufgeladenen Zorn, kurzum, in seiner ganzen vielschichtigen emotionalen Wucht.Insofern: Nuff Said in der Boxfassung mit den Zusatztracks ist wohl meine persönliche Nina-Nummer-Eins.
Den Film kenne ich: empfehlenswert!
zuletzt geändert von bullschuetz--
Aber wie weiter oben gesagt: Bei Nina Simone ist die Suche nach dem einen vollkommen runden, geschlossenen Album vielleicht der falsche Weg. Was mich immer wieder flasht, sind die Juwelen, die sich selbst auf durchwachseneren Alben finden. Zum Beispiel die grandios zärtliche Umdeutung von Dylans „Just like Tom Thumb’s Blues“ auf „To Love Somebody“ (wobei, wenn ich so drüber nachdenke: Das ganze Album ist schon auch stark …)
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bullschuetzAber wie weiter oben gesagt: Bei Nina Simone ist die Suche nach dem einen vollkommen runden, geschlossenen Album vielleicht der falsche Weg. Was mich immer wieder flasht, sind die Juwelen, die sich selbst auf durchwachseneren Alben finden. Zum Beispiel die grandios zärtliche Umdeutung von Dylans „Just like Tom Thumb’s Blues“ auf „To Love Somebody“ (wobei, wenn ich so drüber nachdenke: Das ganze Album ist schon auch stark …)
Ja, gut beschrieben. Die perfekten Alben von Simone sind für mich das Debut und Sings The Blues. An der Höchstwertung schrammen bei mir die „Let it all out“ und „Pastell Blues“ knapp vorbei. Ist aber auch nicht so wichtig, man braucht sowieso das meiste aus ihrem Gesamtwerk, denn als Künstlerin und Sängerin steht sie für mich ganz oben mit den in ihrer Zeit großgewordenen Kolleginnen im Soul, Jazz, Folk etc.. Mir gehen jedenfalls ihre Interpretationen und Gesang so nah, wie nur irgendwie möglich. Ihr Ton transportiert so selbstverständlich, Hingabe, Liebe, Verzweiflung, Wut und sie spielt diese Palette der Gefühle so überzeugend, weil sie mit ihrer Stimme das so einfach vermag.
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“It's much harder to be a liberal than a conservative. Why? Because it is easier to give someone the finger than a helping hand.” — Mike Royko -
Schlagwörter: Jazzsänger*innen, Nina Simone, Singer-Pianists, The High Priestess of Soul
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